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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: 18 B 2522/06
Rechtsgebiete: AufenthG, GG, EMRK


Vorschriften:

AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG § 36
AufenthG § 60a Abs. 2
GG Art. 6
EMRK Art. 8
Angesichts der Wertung des Gesetzgebers in § 36 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist bei ausschließlich ausländischen Familienangehörigen das Fehlen einer nicht nachhaltig gesicherten wirtschaftlichen Existenz ein gewichtiges öffentliches Interesse, das grundsätzlich bereits einem Duldungsanspruch entgegensteht. Dies gilt auch, wenn ein Familienangehöriger über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt.
Tatbestand:

Der Antragsteller, ein mazedonischer Staatsangehöriger, ist vollziehbar ausreisepflichtig. Er beruft sich zur Begründung eines Anspruchs auf Erteilung einer Duldung aus § 60a Abs. 2 AufenthG auf eine aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK folgende rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen seiner familiären Bindung an seine beiden Kinder, die bei ihrer serbischen Mutter leben. Der Antragsteller lebt von Sozialhilfe und ist in der Zeit von 1991 bis 1999 in erheblichem Umfang straffällig geworden. Das VG lehnte seinen Antrag, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu untersagen, ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Der Antragsteller hat mit seinem Beschwerdevorbringen (unverändert) einen Anordnungsanspruch auf Erteilung der von ihm begehrten Duldung und auf seinen Schutz vor Abschiebung nicht glaubhaft gemacht. Er beruft sich zur Begründung eines Anspruchs aus § 60a Abs. 2 AufenthG allein auf eine aus Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK folgende rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 26.5.2004 - 18 B 2206/04 -, vom 10.1.2005 - 18 B 40/05 -, vom 20.4.2005 - 18 B 2723/04 - und vom 8.3.2006 - 18 B 22/06 -.

Davon kann indes vorliegend nicht ausgegangen werden. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG zu den ausländerrechtlichen Schutzwirkungen, die Art. 6 GG in solchen Fällen entfaltet, in denen der Ausländer familiäre Bindungen an möglicherweise berechtigterweise in Deutschland lebende Personen geltend macht, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.12.1989 - 2 BvR 377/88 -, NJW 1990, 895 = InfAuslR 1990, 74 = FamRZ 1990, 363, vom 31.8.1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ 2000, 59 = InfAuslR 2000, 67 = FamRZ 1999, 1577, vom 30.1.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849 = DVBl. 2002, 693 = InfAuslR 2002, 171 = FamRZ 2002, 601, vom 22.12.2003 - 2 BvR 2108/00 -, NVwZ 2004, 606 = FamRZ 2003, 356, und vom 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04- , AuAS 2006, 26 = FamRZ 2006, 187, und der dabei gebotenen Betrachtung des Einzelfalles, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 31.8.1999, vom 30.1.2002, vom 22.1.22003 und vom 8.12.2005, jeweils a.a.O., ist nämlich festzustellen, dass es hier anders als in den vom BVerfG entschiedenen Fällen nicht um familiäre Bindungen an ein deutsches Kind geht, dem wegen der Beziehung zu seinem deutschen Elternteil das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist. Der Antragsteller beruft sich für sein Bleiberecht auf seine schützenswerte Beziehung zu seinen bei ihrer serbischen Mutter lebenden Kindern, die nicht deutsche Staatsangehörige sind und zudem den Angaben des damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers vom 28.7.2004 zufolge zu diesem Zeitpunkt im Gegensatz zu ihrer damals noch mit einem deutschen Staatsangehörigen verheirateten Mutter keine Aufenthaltserlaubnis besaßen. Da weder die Kinder noch ihre Mutter deutsche Staatsangehörige sind und die Mutter sich im Sommer 2004 von ihrem deutschen Ehemann getrennt hat, ist es dem Antragsteller sowie der Kindesmutter durchaus zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft mit den Kindern entweder in Mazedonien oder in Serbien zu führen.

Zudem stellt der Umstand, dass dem jahrelang von Sozialleistungen lebenden und von Ende 2004 bis zu seiner Festnahme am 6.9.2006 untergetauchten oder ausgereisten, seinen eigenen Angaben zufolge zeitweilig in Serbien-Montenegro gewesenen und dann aus Mazedonien eingereisten Antragsteller ersichtlich eine nachhaltig gesicherte wirtschaftliche Existenz fehlt, ein gewichtiges öffentliches, gegen die Duldung einer familiären Lebensgemeinschaft in Deutschland sprechendes Interesse dar, welches nach der gefestigten Senatsrechtsprechung grundsätzlich einem Duldungsanspruch entgegensteht.

Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 8.12.2003 - 18 B 2337/02 -, vom 8.3.2006 - 18 B 22/06 -, vom 17.5.2006 - 18 B 687/06 - und vom 22.5.2006 - 18 B 782/06 -.

Insoweit ist die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, demzufolge die Sicherung des Lebensunterhalts allgemeine Erteilungsvoraussetzung für einen Aufenthaltstitel ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), von welcher im Rahmen des Familiennachzugs gemäß § 36 AufenthG auch nicht generell abgesehen werden kann. Diese Wertung verlangt vorliegend Beachtung, wenn es auch nur um einen Duldungsanspruch geht, der aber nach der Vorstellung des Antragstellers ebenfalls auf ein dauerhaftes Bleiberecht hinauslaufen soll. Gegen ein Bleiberecht des Antragstellers spricht ferner seine erhebliche Straffälligkeit in einer Vielzahl von Fällen in der Zeit von 1991 bis 1999.

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