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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 25.08.2003
Aktenzeichen: 18 B 978/03
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 44 Abs. 1 Nr. 2
AuslG § 44 Abs. 1 Nr. 3
1. Ob ein Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grunde ausgereist ist (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG), beurteilt sich nicht nach seinem inneren Willen, sondern auf Grund einer Würdigung des Einzelfalls, wozu auch die Dauer der Abwesenheit zählt.

2. Ein Ausländer kann das Erlöschen seiner Aufenthaltsgenehmigung nicht dadurch vermeiden, dass er jeweils kurz vor Ablauf von sechs Monaten nach der Ausreise mehr oder weniger kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehrt.


Tatbestand:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Aus den vom Antragsteller dargelegten, gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vom Senat nur zu prüfenden Gründen, ergibt sich nicht, dass die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch das VG zu Unrecht erfolgt ist.

Der Antragsgegner und ihm folgend das VG haben zu Recht ein Erlöschen der dem Antragsteller erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG festgestellt und dies zutreffend zur Grundlage der hier streitigen Abschiebungsandrohung gemacht. Hieran werden durch das Beschwerdevorbringen keine beachtenswerten rechtlichen Zweifel aufgezeigt. Es erschöpft sich im Wesentlichen in der durch eidesstattliche Versicherung des Bruders unter Beweis gestellten Behauptung, der Antragsteller habe seinen Lebensmittelpunkt ununterbrochen in Deutschland gehabt und trotz seiner zwischenzeitlichen Aufenthalte in der Türkei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, die Bundesrepublik Deutschland für immer zu verlassen. Dieses Vorbringen geht an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG vorbei. Nach dieser Vorschrift erlischt eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist.

Bei der Auslegung dieser Vorschrift kann der Senat von seiner ständigen, in Übereinstimmung mit dem BVerwG stehenden Rechtsprechung zu der gleichlautenden Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG 1965 ausgehen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.12.1988 - 1 B 135.88 -, Buchholz 402.24 § 9 AuslG Nr. 4 = InfAuslR 1989, 114; OVG NRW, Beschlüsse vom 26.8.1988 - 18 B 1063/88 -, NVwZ-RR 1989, 104 = NWVBl. 1989, 23 = StGR 1989, 127 und vom 16.12.1993 - 18 B 2039/93 -, NVwZ 1994, 1234 = NWVBl. 1994, 232 = EZAR 019 Nr. 4; in diesem Sinne auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01 -, InfAuslR 2002, 234.

Denn mit dem jetzigen § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG wollte und hat der Gesetzgeber an der vormaligen Regelung festgehalten.

Vgl. BT-Drucks. 11/6321, 71.

Danach liegt ein Ausreisegrund zweifelsfrei in den Fällen der auf Dauer beabsichtigten Rückkehr des Ausländers in sein Heimatland vor. Aber auch dann, wenn der Ausländer beabsichtigt, später in das Bundesgebiet zurückzukehren, kann der Grund für das Verlassen des Bundesgebietes seiner Natur nicht nur vorübergehend sein. Dies ist er vor allem nicht, wenn der Aufenthalt im Ausland auf unabsehbare Zeit angelegt ist. Ob er dies ist, beurteilt sich nicht nach dem inneren Willen des Ausländers, sondern aufgrund einer Würdigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles, zu denen auch die Dauer der Abwesenheit zählt. Je länger sie währt und je deutlicher sie über einen bloßen Besuchs- und Erholungsaufenthalt im Ausland hinausgeht, desto mehr spricht dafür, dass der Auslandsaufenthalt nicht nur vorübergehender Natur ist. Dabei ist es selbstverständlich, dass der Ausländer das Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis nicht dadurch vermeiden kann, dass er jeweils kurz vor Ablauf von 6 Monaten nach der Ausreise (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG) mehr oder weniger kurzfristig in das Bundesgebiet zurückkehrt.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann von einem nur vorübergehenden Aufenthalt des Antragstellers in der Türkei nach den Gesamtumständen, wie sie sich aus den Akten und dem Vorbringen des Antragstellers ergeben und wie sie im Wesentlichen vom Antragsgegner und vom VG ihren Entscheidungen zu Grunde gelegt wurden, nicht die Rede sein. Vielmehr ist der Antragsteller am 2.6.1994 nicht nur aus vorübergehendem Grunde in die Türkei zurückgekehrt. Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller bei seiner Ausreise beabsichtigt hat, auf Dauer in sein Heimatland zurückzukehren. Jedenfalls ergibt eine Würdigung der konkreten Umstände im Streitfall, dass der Aufenthalt des Antragstellers in der Türkei auf unabsehbare Zeit angelegt war. Maßgeblich ist insoweit insbesondere die Länge des Auslandsaufenthalts in der Zeit vom 2.6.1994 bis 14.11.1995, der lediglich zweimal kurz unterbrochen wurde (vom 1. bis 8.12.1994 und vom 30.5. bis 7.6.1995) und folglich nach Abzug der Unterbrechungszeiten insgesamt noch mehr als ein Jahr und fünf Monate gedauert hat. Damit wird bei Weitem der Zeitraum von sechs Monaten überschritten, bei dem nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG regelmäßig unwiderleglich feststeht, dass ein Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausgereist und deshalb seine Aufenthaltsgenehmigung erloschen ist.

Vgl. BT-Drucks. 11/6321, 71.

Dem Antragsteller kann gegenüber den von § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG erfassten Fällen nicht zugute kommen, dass er (dreimal) jeweils kurz vor Ablauf der 6-Monatsfrist in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt ist. Allein eine derartige wiederholte Rückkehr ist - wie ausgeführt - grundsätzlich nicht geeignet, die nur vorübergehende Natur der Ausreise zu belegen. Hinzukommen müssen vielmehr nachvollziehbare Umstände. Solche hat der Antragsteller aber nicht ansatzweise vorgetragen. Auch sind solche Gründe aus den vorliegenden Akten nicht erkennbar. Im Gegenteil deutet vielmehr die Tatsache der zwischenzeitlichen Eheschließung des Antragstellers in der Türkei und der dortige Verbleib seiner Ehefrau darauf hin, dass er seinen Lebensmittelpunkt - zumindest vorübergehend - in die Türkei verlagert hatte. Unter all diesen Umständen wäre es sogar unerheblich, wenn der Antragsteller seine Entscheidung, im Heimatland zu bleiben oder in das Bundesgebiet zurückzukehren, zu keinem Zeitpunkt endgültig getroffen haben sollte. Es ist mit dem Sinn und Zweck des § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AuslG, dem Ausländer trotz vorübergehenden Auslandsaufenthalten sein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zu erhalten, nicht vereinbar, dass ein Ausländer sein einmal hier erworbenes Aufenthaltsrecht gewissermaßen "in Reserve halten" kann für den Fall, dass er - aus welchen Gründen auch immer - irgendwann einmal in die Bundesrepublik zurückkehren möchte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.8.1988, a.a.O.

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