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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 31.03.2004
Aktenzeichen: 18 E 1162/03
Rechtsgebiete: AuslG, OBG NRW, VwVfG NRW, VwVG NRW


Vorschriften:

AuslG § 4 Abs. 1
OBG NRW § 14 Abs. 1
VwVfG NRW § 44
VwVG NRW § 61
1. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist die Anordnung der Ersatzzwangshaft grundsätzlich vertretbar zur Klärung der Identität und Nationalität eines Ausländers, zur Sicherung seiner Abschiebung und in diesem Zusammenhang zur Durchsetzung der Passpflicht.

2. Eine Haftanordnung erweist sich in derartigen Fällen als unverhältnismäßig, wenn dem Betroffenen die Befolgung des im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzenden Gebots subjektiv unmöglich ist.

3. Die vollständige Ausschöpfung des für die Ersatzzwangshaft gesetzlich vorgesehenen Rahmens ist bei der erstmaligen Anordnung dieses Zwangsmittels unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nur zulässig, wenn davon auszugehen ist, dass eine Festsetzung in geringerer Höhe nicht zu dem mit dem Zwangsmittel beabsichtigten Erfolg führt.


Tatbestand:

Der Vollstreckungsschuldner, der behauptet, Staatsangehöriger Sierra-Leones zu sein, ist nach erfolglos verlaufenem Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig. Nachdem eine zwecks Ausstellung eines Passes erfolgte Vorführung des Vollstreckungsschuldners bei der Botschaft Sierra-Leones ergebnislos blieb und er von der Vollstreckungsgläubigerin ferner vergeblich aufgefordert worden war, seiner Passpflicht nachzukommen oder zu belegen, dass er ein Passersatzpapier beantragt habe, gab ihm die Vollstreckungsgläubigerin mittels Ordnungsverfügung auf, den für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen gültigen Pass innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Verfügung vorzulegen, und ordnete deren sofortige Vollziehung an. Gleichzeitig wurde dem Vollstreckungsschuldner für den Fall der nicht fristgerechten Befolgung ein Zwangsgeld in bestimmter Höhe angedroht. Der Vollstreckungsschuldner kam der ihm aufgegebenen Verpflichtung nicht nach und ließ insoweit auch weitere zusammen mit erneuten Zwangsgeldandrohungen erfolgte Fristsetzungen verstreichen. Die daraufhin jeweils gegen ihn festgesetzten Zwangsgelder konnte der von Sozialhilfeleistungen lebende Vollstreckungsschuldner nicht bezahlen. Auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin ordnete das VG daraufhin gegen ihn eine Ersatzzwangshaft in Höhe von 14 Tagen an. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte insoweit Erfolg, als die angeordnete Ersatzzwangshaft einen Zeitraum von vier Tagen übersteigt.

Gründe:

Rechtsgrundlage für die Haftanordnung ist § 61 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW. Nach dieser Vorschrift kann das VG auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn ein Zwangsgeld uneinbringlich ist und der Pflichtige bei der Anordnung des Zwangsgeldes auf die Möglichkeit der Anordnung einer Ersatzzwangshaft hingewiesen worden ist. Voraussetzung der Haftanordnung als einem unselbständigen Zwangsmittels ist ferner, dass die Zwangsgeldfestsetzung unanfechtbar oder sofort vollziehbar und nicht nichtig ist. Das VG entscheidet nach seinem freien richterlichen Ermessen in Ansehung aller Umstände des konkreten Falles und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13.2.1976 - X B 1427/95 -, NJW 1976, 1284, vom 13.6.1989 - 17 B 1975/86 -, NWVBl. 1990, 19, vom 18.12.1996 - 5 E 1035/95 -, jeweils m.w.N., und vom 24.6.1998 - 5 E 470/98 -.

1. Hiervon ausgehend sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftanordnung gegeben.

Die mit Bescheiden vom 5.9.2002, vom 19.9.2002 und vom 4.10.2002 festgesetzten Zwangsgelder sind uneinbringlich. (wird ausgeführt)

Des Weiteren enthalten die Bescheide der Vollstreckungsgläubigerin, mit denen die hier maßgeblichen Zwangsgelder angedroht worden sind, jeweils den Hinweis, dass das VG im Falle ihrer Uneinbringlichkeit auf Antrag die Ersatzzwangshaft anordnen könne.

Die der Ersatzzwangshaft zugrunde liegenden Zwangsgeldfestsetzungen sind auch unanfechtbar und erweisen sich nicht als nichtig. Ihre Nichtigkeit folgt nicht aus der hier insofern nur in Betracht kommenden Fehlerhaftigkeit der ihnen zugrunde liegenden bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 1.8.2002, durch die der Vollstreckungsschuldner unter Fristsetzung aufgefordert wurde, der Vollstreckungsgläubigerin "den" für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet "erforderlichen gültigen Pass vorzulegen". Diese Ordnungsverfügung ist zwar rechtswidrig, weil die Vollstreckungs-gläubigerin damit das ihr insoweit nach § 14 Abs. 1 OBG NRW zustehende Ermessen überschritten hat (wird im Folgenden unter (a) weiter ausgeführt; vgl hierzu im Einzelnen auch OVG NRW, Beschluss vom 9.2.2004 - 18 B 811/03 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, dem eine vergleichbare Ordnungsverfügung zugrunde lag); sie ist aber nicht nichtig (b).

a) ...

b) Die Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung könnte nur dann die Nichtigkeit einer darauf basierenden Zwangsgeldfestsetzung nach sich ziehen, wenn sie ihrerseits nichtig ist. Dies ist nicht der Fall. In diesem Zusammenhang kann sich der Vollstreckungsschuldner nicht erfolgreich auf die Unmöglichkeit der ihm abverlangten Leistung berufen.

Insoweit liegt zunächst keiner der Nichtigkeitsgründe des § 44 Abs. 2 VwVfG NRW vor. Namentlich greift dessen Nr. 4 nicht ein, nach dem ein Verwaltungsakt nichtig ist, den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann. Diese Vorschrift erfasst nur die objektive tatsächliche Unmöglichkeit, das heißt, niemand kann den mit dem Verwaltungsakt beabsichtigten Erfolg herbeiführen. Daraus folgt, dass der Pflichtige die zur Erfüllung der abverlangten Leistung erforderlichen Handlungen nicht alle selbst vornehmen muss. Es ist vor allem grundsätzlich unbedeutend, durch wen und auf welche Weise er sich dabei durch Dritte helfen lässt bzw. helfen lassen muss. Dementsprechend betrifft die tatbestandsmäßige Voraussetzung der Nr. 4 allein die Frage, ob der Pflichtige die von ihm verlangte Leistung unter keinen Umständen bewirken kann.

Vgl. Kopp/Ramsauer, § 44 VwVfG, Rdnr. 40; Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, § 44 VwVfG, Rdnr. 139 ff.;

Das ist hier zu verneinen. Die verlangten Leistung (Passvorlage) ist ihrer Natur nach grundsätzlich jedem Ausländer möglich, sofern nicht der atypische Ausnahmefall vorliegt, dass ein Staat seinem Staatsbürger unter keinen für diesen zumutbaren Umständen einen Pass auszustellen bereit ist. Die dazu erforderlichen Handlungen können unterschiedlichster Art sein und sich ggf. auch auf die Beantragung eines Passes bei der zuständigen Auslandsvertretung des Heimatstaates erstrecken. Demzufolge ist eine objektive Unmöglichkeit im vorgenannten Sinne zu verneinen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die zuständige Auslandsvertretung bereit sein wird, dem Ausländer einen Pass auszustellen.

Vgl. hierzu Sachs, in Stelkens/Bonk/Sachs, § 44 VwVfG, Rdnr. 143; a.A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.2.1994 - 1 S 2882/93 -, InfAuslR 1994, 243 (ohne nähere Begründung).

Daraus erhellt zugleich, dass - wie hier - bei der Erforderlichkeit von Mitwirkungshandlungen erst deren endgültige Erfolglosigkeit auf eine tatsächliche Unmöglichkeit der abverlangten Handlung führt. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

Der Vollstreckungsschuldner vermochte nicht darzutun, dass es unmöglich ist, für ihn einen Pass zu beschaffen und ihn der Vollstreckungsgläubigerin vorzulegen. Er hat in diesem Zusammenhang lediglich behauptet, sierra-leonischer Staatsangehöriger zu sein; der Beschaffung eines Passes stehe entgegen, dass die sierra-leonische Botschaft sich weigere, ihn als solchen anzuerkennen. Das reicht schon deshalb nicht, weil an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens zur Staatsangehörigkeit erhebliche Zweifel bestehen. Bereits die Angaben des Vollstreckungsschuldners während seines Asylverfahrens rechtfertigen die Annahme, dass es sich bei ihm nicht um einen sierra-leonischen Staatsangehörigen handelt. Schon seinerzeit war er nicht in der Lage, über die Stadt Freetown, in der er angeblich lange Jahre gelebt haben und dort zehn Jahre zur Schule gegangen sein will, sowie über deren Umgebung anschaulich und detailliert zu berichten. Gleiches gilt für seine Einlassungen anlässlich seiner Vorführung bei der Botschaft Sierra-Leones. Plausible Gründe für sein Unvermögen vermochte der Vollstreckungsschuldner bei beiden Gelegenheiten nicht darzulegen.

Entgegen seiner Auffassung ergibt sich eine sierra-leonische Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsschuldners auch nicht aus der von ihm vorgelegten ID-Card, weil erhebliche Zweifel an deren Echtheit bestehen. Diese resultieren daraus, dass die auf diesem Schriftstück angegebene Adresse - den seitens des Vollstreckungsschuldners unwidersprochen gebliebenen Angaben der sierra-leonischen Botschaft zufolge - in Freetown nicht existiert.

Dem Vollstreckungsschuldner ist es nicht ansatzweise gelungen, die aufgezeigten Ungereimtheiten aufzulösen und zu erklären. Insbesondere hat er seine im Protokoll der Grenzschutzdirektion Koblenz vom 3.7.2002 über seine Vorführung bei der Botschaft Sierra Leones zum Ausdruck gekommene fehlende Kooperationsbereitschaft zu keiner Zeit aufgegeben. Deshalb kann nicht angenommen werden, dass es unmöglich ist, - gegebenenfalls mit Hilfe Dritter - einen Nationalpass eines anderen Staates, nämlich des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er tatsächlich besitzt, zu beschaffen.

Die bestehenden Zweifel in Bezug auf die Unmöglichkeit einer Passbeschaffung gehen zu Lasten des Vollstreckungsschuldners, weil er für die ausschließlich seinem Einflussbereich unterliegenden, ihm günstigen Tatsachen, und damit auch für die Unmöglichkeit der Passbeschaffung, darlegungs- und beweispflichtig ist. Dies gilt auch in Ansehung einer für ihn möglicherweise schwierigen Beweissituation.

Eine Nichtigkeit der Ordnungsverfügung folgt auch nicht aus § 44 Abs. 1 VwVfG NRW. Danach ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ungeachtet der Frage, ob die Ordnungsverfügung überhaupt mit einem schwerwiegenden Fehler behaftet ist, erweist sich deren Fehlerhaftigkeit jedenfalls nicht als offenkundig. Offenkundigkeit bedeutet, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich sein, sich geradezu aufdrängen muss.

Vgl. Kopp/Ramsauer, § 44 VwVfG, Rdnr. 12.

Einer derartigen Annahme steht bereits entgegen, dass sich die Fehlerhaftigkeit der Ordnungsverfügung vom 1.8.2002 nicht schon bei der direkten Anwendung der insoweit maßgeblichen Vorschriften ergibt, sondern erst nach deren Auslegung und nach Ermittlung ihres Regelungszusammenhangs, wobei Letzterem in diesem Zusammenhang maßgebliche Bedeutung zukommt.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 9.2.2004 - 18 B 811/03 -.

Außerdem scheitert eine Offenkundigkeit auch daran, dass nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob der Vollstreckungsschuldner die verlangte Handlung letztlich erbringen kann.

2. Wenn nach allem die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftanordnung erfüllt sind, dann darf sie gleichwohl nur erfolgen, wenn sie verhältnismäßig ist.

Insoweit bestehen dem Grunde nach hier keine Bedenken. Die Haftanordnung ist das einzige noch zur Verfügung stehende Zwangsmittel. An seiner Erforderlichkeit fehlt es insbesondere nicht, weil der Vollstreckungsschuldner verpflichtet gewesen wäre, nach Uneinbringlichkeit des festgesetzten Zwangsgeldes zunächst das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs (§§ 57 Abs. 1 Nr. 3, 62 VwVG NRW) als das nunmehr im Vergleich zur Ersatzzwangshaft mildere Zwangmittel anzuwenden. Jenes ist nicht geeignet, die geforderte Passvorlage durchzusetzen. Die wegen des vom Vollstreckungsschuldner behaupteten fehlenden Passbesitzes hier allein angezeigten Mitwirkungshandlungen können nur durch ihn selbst erfolgen. (wird ausgeführt)

Die Haftanordnung ist auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Hiervon wäre allerdings wegen des mit der Ersatzzwangshaft verbundenen schwerwiegenden Eingriffs in die persönliche Freiheit (Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG) des davon Betroffenen auszugehen, wenn sie außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stünde. Die Ersatzzwangshaft kann nur das letzte Mittel des Staates sein, um seine Anordnungen gegenüber unnachsichtigen Bürgern durchzusetzen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.12.1956 - 1 C 10.56 -, BVerwGE 4, 196; OVG NRW, Beschlüsse vom 13.2.1976 - X B 1427/75 -, a.a.O., vom 13.6.1989 - 17 B 1975/86 -, a.a.O., vom 18.7.1996 - 4 E 461/95 -, NWVBl. 1996, 484 m.w.N., und vom 18.12.1996 - 5 E 1035/95 -; Engelhardt/App, § 16 VwVG, Anmerkung 1.

Im Rahmen der dabei gebotenen Abwägung sind alle Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen. Die Bedeutung des mit der Ordnungsverfügung erstrebten Erfolgs ist dem besonderen Gewicht gegenüberzustellen, dass der beantragten Freiheitsentziehung zukommt. Zu berücksichtigen sind Umfang und Stärke der polizeilichen Ordnungsstörung, das Gewicht der mit der Ordnungsverfügung zu schützenden Rechtsgüter, Notwendigkeit und Schwere des Drucks auf den Willen des Vollstreckungsschuldners sowie ggf. auch besondere persönliche Umstände des Betroffenen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13.6.1989 - 17 B 1975/86 -, a.a.O., und vom 18.12.1996 - 5 E 1035/95 -.

Davon ausgehend ist die Anordnung der Ersatzzwangshaft grundsätzlich vertretbar zur Klärung der Identität und Nationalität eines Ausländers, zur Sicherung seiner Abschiebung und in diesem Zusammenhang zur Durchsetzung der Passpflicht. Es handelt sich hierbei um zentrale Regelungen des Ausländerrechts, deren Einhaltung erforderlich ist, um eine im öffentlichen Interesse liegende unerwünschte Zuwanderung von Ausländern zu verhindern.

Gleichwohl erwiese sich eine Haftanordnung in derartigen Fällen als unverhältnismäßig, wenn dem Betroffenen die Befolgung des im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzenden "Gebots", dessen hinreichende inhaltlich Bestimmtheit vorliegend durch den Vollstreckungsschuldner nicht in Abrede gestellt wird,

- vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 16.1.1998 - 10 B 3029/97 -, BRS 60 Nr. 171, und vom 11.5.2000 - 10 B 306/00 -

subjektiv unmöglich (Unvermögen) ist.

Vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, § 44 VwVfG, Rdnr. 40.

Dies hat der Gesetzgeber einfachgesetzlich in § 65 Abs. 3 Satz 1 lit.b VwVG NRW für den Fall zum Ausdruck gebracht, dass dem Betroffenen die Erfüllung der zu erbringenden Leistung (nachträglich) unmöglich geworden ist. Gleiches gilt erst recht für den Fall des anfänglichen Unvermögens. Auf ein solches beruft sich indessen der Vollstreckungsschuldner vergeblich. Hierfür liegen keine Gesichtspunkte vor, die über diejenigen hinaus gehen, die bereits oben im Zusammenhang mit der Frage nach der objektiven Unmöglichkeit geprüft und schon dort als unerheblich bewertet wurden.

Unverhältnismäßig und damit rechtswidrig ist jedoch die Dauer der angeordneten Ersatzzwangshaft. Das VG hat mit einer Ersatzzwangshaft in Höhe von 14 Tagen das nach § 61 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW zulässige Höchstmaß vollständig in Ansatz gebracht. Dies ist vorliegend mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren. Die vollständige Ausschöpfung des für die Ersatzzwangshaft gesetzlich vorgesehenen Rahmens ist bei der erstmaligen Anordnung dieses Zwangsmittels unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nur zulässig, wenn davon auszugehen ist, dass eine Festsetzung in geringerer Höhe nicht zu dem mit dem Zwangsmittel beabsichtigten Erfolg führt. Hierfür sind vorliegend hinreichende Anhaltspunkte nicht erkennbar. Zwar konnte der Vollstreckungsschuldner durch - mittlerweile - mehrfach erfolgte Zwangsgeldfestsetzungen nicht dazu veranlasst werden, der ihm auferlegten Pflicht nachzukommen. Dieser Umstand lässt aber keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass er sich von einer Ersatzzwangshaft von einer geringeren Dauer als 14 Tagen unbeeindruckt zeigen wird. Denn eine Inhaftierung stellt für ihn eine wesentlich stärkere Beeinträchtigung dar als die zuvor gegen ihn ergangenen Zwangsgeldfestsetzungen, die ihn als zahlungsunfähigen Sozialhilfeempfänger ohnehin nicht empfindlich trafen. Berücksichtigt man ferner, dass der Vollstreckungsschuldner - soweit ersichtlich - noch nicht hafterfahren ist, kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nicht bereits eine kurze Haftdauer ausreichen wird, um seinen Willen zu beugen. Bei Abwägung aller hier maßgeblichen Gesichtspunkte erscheint dem Senat insoweit eine Haftdauer von vier Tagen als angemessen.

Ergänzend sei für Fälle der vorliegenden Art angemerkt, dass bei einer etwaigen erneuten Haftanordnung angesichts der geringen Spanne des für eine Ersatzzwangshaft gesetzlich vorgesehenen Rahmens (§ 61 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW) eine weitere Differenzierung in Bezug auf die Haftdauer regelmäßig nicht geboten sein dürfte.



Ende der Entscheidung

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