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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.06.2003
Aktenzeichen: 19 A 4066/01
Rechtsgebiete: RuStAG


Vorschriften:

RuStAG § 17 Nr. 6 a. F.
Der mit Ablauf des 31.3.1953 außer Kraft getretene Verlustgrund des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. (Verlust deutscher Staatsangehörigkeit für eine Deutsche durch Eheschließung mit einem Ausländer) verstieß nicht generell gegen den grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG, insbesondere nicht gegen die Eheschließungsfreiheit.

Die Anwendung des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. im konkreten Einzelfall kann jedoch gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die betroffene deutsche Frau ein konkretes schützenswertes Interesse an der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit hatte.

Allein die Unkenntnis vom Eintritt der Rechtsfolge des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. steht der Anwendung der Vorschrift im Regelfall nicht entgegen.

Der Verlustgrund des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. verstieß nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).


Tatbestand:

Die am 17.11.1932 in Groß Strehlitz, Oberschlesien, geborene Klägerin heiratete am 14.11.1952 einen polnischen Staatsangehörigen. Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Antrag der Klägerin auf Umstellung eines deutschen Staatsangehörigkeitsausweises mit der Begründung ab, die Klägerin habe ihre deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund der Heirat verloren. Nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhob die Klägerin Klage, die das VG abwies. Das OVG lehnte den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ab.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sie habe ihre mit der Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch die am 14.11.1952 erfolgte Heirat mit dem am 2.3.1933 in Laurahütte nichtehelich geborenen Z., verloren. Das VG habe den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit fehlerhaft aus § 17 Nr. 6 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913, RGBl I S. 583, in der bei ihrer Heirat geltenden Fassung (RuStAG a. F.) hergeleitet. Die Vorschrift sei nicht anwendbar, weil sie gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Davon abgesehen lägen auch die Voraussetzungen des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. nicht vor.

Das VG ist zu Recht von der Anwendbarkeit des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. ausgegangen. Danach geht die deutsche Staatsangehörigkeit für eine Deutsche durch Eheschließung mit einem Ausländer verloren. Verfassungsrechtliche Vorschriften stehen entgegen der Auffassung der Klägerin der Anwendbarkeit des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. nicht entgegen.

Die Vorschrift verstößt zwar gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 2 GG). Wegen des Verstoßes gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz ist § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. jedoch gemäß Art. 117 Abs. 1 GG erst mit Ablauf des 31.3.1953 außer Kraft getreten und ist deshalb bezogen auf den Zeitpunkt der Heirat der Klägerin am 14.11.1952 ungeachtet des Verstoßes gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz anwendbar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.2.1993 - 9 C 25.92 -, NJW 1993, 2129 (2129 f.); Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Stand: Februar 2002, § 17 StAG Rdn. 67; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 2001, § 17 StAG Rdn. 9; Makarov/von Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Kommentar, 12. L., Juni 1998, Art. 3 GG, Rdn. 9.; Marx, Kommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, 1997, § 17 StAG, Rdn. 26.

Da die Heirat der Klägerin nach Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgte, vgl. zur Anwendbarkeit des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. bei einer vor Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgten Heirat: BVerwG, Beschluss vom 16.1.1992 - 9 B 192.91 -, NVwZ-RR 1992, 439 (440), sowie Urteile vom 25.10.1960 - I C 222.58 -, Buchholz 132.0, § 1 1. StaRegG, Nr. 1, vom 9.6.1959 - I C 6.58 -, BVerwGE 8, 340 (341), und vom 22.5.1958 - I C 124.56 -, BVerwGE 6, 351 (352); OVG NRW, Urteile vom 10.11.1993 - 25 A 1492/91 - und vom 26.2.1957 - VII A 1499/55 -, OVGE 12, 147 (148), galt allerdings bezogen auf den Zeitpunkt der Heirat der Klägerin Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. ist deshalb im vorliegenden Verfahren verfassungskonform dahin anzuwenden, dass eine Deutsche durch Eheschließung mit einem Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit nur dann verlor, wenn sie nicht gegen ihren Willen staatenlos wurde.

Vgl. zur verfassungskonformen Anwendung des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. auf in der Zeit vom Inkrafttreten des Grundgesetzes bis zum 31.3.1953 geschlossene Ehen: BVerwG, Urteile vom 16.2.1993 - 9 C 25.92 -, a. a. O., und vom 7.7.1959 - I C 119.57 -, Buchholz 11, Art. 16 GG, Nr. 4, S. 8 (8 f.); Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, a. a. O., Rdn. 65; Hailbronner/Renner, a. a. O., Rdn. 9; Makarov/von Mangoldt, a. a. O.; Marx, a. a. O., Rdn. 25.

Der Anwendbarkeit des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. mit den sich aus Art. 16 Abs. 1 Satz 2 ergebenden Einschränkungen stehen sonstige verfassungsrechtliche Bestimmungen nicht entgegen.

Die Vorschrift verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin, wie die Klägerin: VG Osnabrück, Urteil vom 23.8.1995 - 6 A 612/94 -, NVwZ-RR 1996, 298, nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, der bei der Heirat der Klägerin bereits in Kraft war.

Art. 6 Abs. 1 GG stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die Vorschrift enthält sowohl ein Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates als auch eine Institutsgarantie und eine wertentscheidende Grundsatznorm. Bei der Erfüllung seiner Pflichten zum Schutz und zur Förderung von Ehe und Familie kommt dem Staat ein Gestaltungsspielraum zu, der es ihm auch ermöglicht, die Belange der Allgemeinheit angemessen zu wahren. Wesentlicher Bestandteil des Grundrechts auf Schutz und Förderung der Ehe ist das Recht oder die Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen.

Vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 16.9.1990 - 2 BvR 1864/88 -, NJW 1991, 633 (634), vom 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83, 101, 313/84 -, BVerfGE 76, 1 (49), vom 30.11.1982 - 1 BvR 818/81 -, BVerfGE 62, 323 (329), vom 21.10.1980 - 1 BvR 179, 464/78 -, BVerfGE 55, 114 (127), und vom 4.5.1971 - 1 BvR 636/68 -, BVerfGE 31, 58 (78 ff.), jeweils m. w. N.

Unmittelbar wird das Recht der Eheschließungsfreiheit durch § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. weder eingeschränkt noch sonst beeinträchtigt. Die Vorschrift zielt sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Zweck nicht darauf ab, Voraussetzungen für die Eheschließung zu normieren. Sie knüpft vielmehr an den Tatbestand einer (bereits) geschlossenen Ehe an und regelt die sich aus der Heirat ergebende staatsangehörigkeitsrechtliche Folge, dass die deutsche Ehefrau mit der Heirat des Ausländers ihre deutsche Staatsangehörigkeit verliert.

Allerdings kann sich im Einzelfall der in § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. vorgesehene Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit als mittelbare Beeinträchtigung der Eheschließungsfreiheit darstellen. So stellt sich die Vorschrift des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. für eine deutsche Staatsangehörige dann als mittelbares Ehehindernis dar, wenn im konkreten Einzelfall ein schützenswertes Interesse an der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit besteht. Die denkbaren Fälle, in denen sich § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. im Ergebnis als mittelbares Eheschließungshindernis darstellen kann, hängen jedoch jeweils von den individuellen Interessen der deutschen Ehefrau und ihren Gründen für die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ab. Die in Betracht kommenden Fälle sind damit so verschieden, dass deswegen die generelle Entscheidung des Gesetzgebers für einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. nicht in Frage gestellt wird und die Anwendung des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. nicht stets die Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG sowie die in diesem Grundrecht zum Ausdruck kommenden Wertentscheidungen des Verfassungsgebers verletzt. Hinzu kommt, dass nicht ausnahmslos ein schützenswertes Interesse an der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit gegeben sein muss, sondern in einer nicht überschaubaren Zahl von Fällen der staatsangehörigkeitsrechtliche Status für die deutsche Ehefrau keine Bedeutung hat oder eventuell sogar ein Interesse an dem Eintritt der Rechtsfolge des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. besteht.

Schließlich beeinträchtigt die in § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. vorgesehene Rechtsfolge die Eheschließungsfreiheit nicht generell in unzumutbarer Weise und verletzt auch nicht stets die Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG sowie die in diesem Grundrecht zum Ausdruck kommenden Wertentscheidungen des Verfassungsgebers, weil sich der in § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. vorgesehene Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit jedenfalls im Regelfall nicht als übermäßige mittelbare Beeinträchtigung der Eheschließungsfreiheit darstellt. Auf Grund der mit Blick auf Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG gebotenen verfassungskonformen Anwendung des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. ist nämlich staatsangehörigkeitsrechtlich sichergestellt, dass die deutsche Ehefrau auf Grund der Heirat nicht staatenlos wird. Sie untersteht dem Schutz des ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie durch die Heirat erwirbt oder dessen Staatsangehörigkeit sie - wie die Klägerin - unabhängig von der Heirat (bereits) besitzt. Im Übrigen bezweckt § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. die Herstellung einer einheitlichen Staatsangehörigkeit in Ehe und Familie.

Vgl. hierzu Makarov/ von Mangoldt, a. a. O., Art. 3 GG Rdn. 8.

Das Prinzip der einheitlichen Staatsangehörigkeit in Ehe und Familie ist zwar kein verfassungsrechtlicher Grundsatz. Es hat auch sonst keinen Vorrang gegenüber verfassungsrechtlichen und staatsangehörigkeitsrechtlichen Grundsätzen, BVerfG, Urteil vom 18.8.1981 - 1 C 185.79 -, BVerfGE 64, 7 (11 f.), und hat weitgehend an rechtlicher Bedeutung verloren, weil die Eheschließung im Allgemeinen nicht mehr zur (zwangsläufigen) Änderung der Staatsangehörigkeit der Ehefrau führt.

BVerfG, Beschluss vom 21.5.1974 - 1 BvL 22/71 und 21/72 -, BVerfGE 37, 217 (253),

Eine einheitliche Staatsangehörigkeit in Ehe und Familie ist aber weiterhin auch mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG wünschenswert, BVerfG, Beschlüsse vom 16.9.1990 - 2 BvR 1864/88 -, a. a. O., und vom 21.5.1974 - 1 BvL 22/71 und 21/72 -, a. a. O.; BVerwG, Urteile vom 17.5.1983 - 1 C 163.80 -, BVerwGE 67, 177 (183), und vom 18.8.1981 - 1 C 185.79 -, BVerwGE 64, 7 (11 f.); Kanein/Renner, a. a. O., § 8 StAG, Rdn. 86 ff., jeweils m. w. N. so dass der Gesetzgeber mit darauf abzielenden staatsangehörigkeitsrechtlichen Regelungen ein verfassungsrechtlich nicht zu beanstandendes Allgemeininteresse verfolgt.

Vor diesem Hintergrund kommt es deshalb allein darauf an, ob die Anwendung des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. im konkreten Einzelfall mit dem Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG und damit auch der Eheschließungsfreiheit vereinbar ist. Das ist hier der Fall.

Die Klägerin hat am 14.11.1952 geheiratet, ohne sich Gedanken über ihre deutsche Staatsangehörigkeit und den infolge der Heirat eintretenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. zu machen. Dies lässt erkennen, dass für sie im Zeitpunkt der Heirat die mit ihrer Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit keine Bedeutung hatte und sich die Rechtsfolge des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. nicht als mittelbares Eheschließungshindernis darstellte. Soweit sie geltend macht, es könne "konkret unterstellt" werden, dass sie später geheiratet hätte, wenn sie die Rechtsfolge des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. gekannt und gewusst hätte, dass sie bei einer Eheschließung im April 1953 die deutsche Staatsangehörigkeit behalten hätte, ist ein konkretes schützenswertes Interesse an der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht substantiiert dargelegt und auch sonst nicht erkennbar. Im Übrigen steht die - behauptete - mangelnde Kenntnis der Klägerin vom Eintritt der Rechtsfolge des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. der verfassungsrechtlich zulässigen Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen, weil die geltend gemachte Unkenntnis vorwerfbar ist. Wer - wie die Klägerin - deutscher Abstammung ist, hat schon aus diesem Grund hinreichend Anlass, sich über seine deutsche Staatsangehörigkeit und/oder Möglichkeiten zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit Gedanken zu machen und, soweit erforderlich, Rechtsauskünfte einzuholen.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 25.6.1998 - 1 C 6.96 -, NVwZ-RR 1999, 70 (71); OVG NRW, Beschlüsse vom 28.5.2003 - 19 A 1979/02 - und vom 21.1.2003 - 19 E 592/02 -.

Diese Erkundigungspflicht umfasst die Pflicht, sich vor einer Heirat über etwaige staatsangehörigkeitsrechtliche Rechtsfolgen der Heirat zu erkundigen. Denn es gibt keinen allgemein anerkannten Grundsatz mit dem Inhalt, dass eine Heirat stets und ohne Einschränkungen keinen Einfluss auf die (bisherige) Staatsangehörigkeit hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin vor ihrer Heirat keine Möglichkeiten hatte, sich etwa durch eine Rücksprache bei der deutschen Botschaft in Polen die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Regelung in § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. und ihre Anwendung im vorliegenden Fall verstoßen entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, der es bei sachverhaltsbezogener Differenzierung verbietet, wesentlich gleiche Fallgestaltungen ohne sachlich rechtfertigenden Grund und damit willkürlich ungleich zu behandeln. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf, dass sie mit der Heirat ihre doppelte Staatsangehörigkeit verloren habe, während ledige Frauen ihre doppelte Staatsangehörigkeit nicht verlören, solange sie ledig blieben. Die Situation verheirateter und lediger Frauen ist auch staatsangehörigkeitsrechtlich nicht, wie von Art. 3 Abs. 1 GG vorausgesetzt, wesentlich gleich.

Der Anwendbarkeit des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. steht entgegen der Auffassung der Klägerin schließlich nicht entgegen, dass nach dem polnischen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8.1.1951 der Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit durch Heirat nicht (mehr) möglich gewesen ist.

Auszugsweise abgedruckt bei Lichter, Die Staatsangehörigkeit nach deutschem und auländischem Recht, 2. Aufl., 1955, S. 728 ff.

Insoweit macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, sie sei allein deshalb mit der Heirat nicht staatenlos geworden, weil sie wie ihr Ehemann bereits vor der Heirat polnische Staatsangehörige gewesen sei. Die Rechtsfolge des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn sie mit der Heirat die polnische Staatsangehörigkeit ihres Ehemannes erworben hätte. Diese Auffassung der Klägerin trifft so nicht zu. Der mit § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. verfolgte Zweck der einheitlichen Staatsangehörigkeit in der Ehe ist in Bezug auf die Klägerin und ihren Ehemann gewahrt. Sie besaßen nach der Heirat eine einheitliche, nämlich die polnische Staatsangehörigkeit. Daran ändert nichts, dass die einheitliche Staatsangehörigkeit nur deshalb bestand, weil die Klägerin bereits vor ihrer Heirat polnische Staatsangehörige war. Ob, wie die Klägerin meint, der mit § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. verfolgte Zweck der einheitlichen Staatsangehörigkeit in Ehe und Familie der Anwendbarkeit dieser Vorschrift dann entgegensteht, wenn sie vor ihrer Heirat nicht die polnische, sondern eine andere ausländische Staatsangehörigkeit besessen hätte, bedarf keiner näheren Erörterung. Die Klägerin besaß vor ihrer Heirat neben der polnischen keine andere ausländische Staatsangehörigkeit.

Das VG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 17 Nr. 6 RuStAG a. F. erfüllt sind. Die Klägerin hat am 14.11.1952 die Ehe mit einem Ausländer geschlossen. Ihr Ehemann war bei der Heirat nicht deutscher Staatsangehöriger. Dies steht auch zur Überzeugung des Senats fest, so dass sich die Frage, wer hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Ehemannes der Klägerin die Beweislast trägt, vgl. allgemein zur Beweislast in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren: BVerwG, Beschluss vom 16.1.1992 - 9 B 192.91 -, NVwZ-RR 1992, 439 (441), nicht stellt. (wird ausgeführt)

Ende der Entscheidung

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