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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 30.07.2009
Aktenzeichen: 19 A 957/09
Rechtsgebiete: VwGO, FS, BestG NRW


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 1
FS § 11 Abs. 2
BestG NRW § 3
Der Wille verstorbener Ehegatten, die letzte Ruhe in einer gemeinsamen Grabstätte zu finden, führt nur dann auf einen die Umbettung rechtfertigenden wichtigen Grund, wenn er auch darauf gerichtet war, diese Form der letzten Ruhe durch eine Umbettung herbeizuführen.
Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zustimmung zur Umbettung seines 1996 verstorbenen Vaters in das Doppelgrab, in dem seine 2007 verstorbene Mutter beerdigt ist. Seine Mutter hatte ihren Ehemann zunächst in einem Einzelgrab beigesetzt und in ihrem Testament den Wunsch geäußert, in dem Einzelgrab über ihrem verstorbenen Ehemann bestattet zu werden oder, wenn dies nicht möglich sei, ihn in ein gemeinsames Doppelgrab umzubetten. Der beklagte Kirchenkreis verweigerte die Zustimmung zur Umbettung, weil ein wichtiger Grund nicht vorliege. Das VG schloss aus dem vom Kläger geschilderten innigen und engen Verhältnis seiner Eltern auf den mutmaßlichen Willen des Vaters, mit der Umbettung in das Doppelgrab seiner Ehefrau einverstanden zu sein, und gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten führte zur Änderung des Urteils und zur Klageabweisung.

Gründe:

Das VG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Diese ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 25. 7. 2007 ist in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 23. 1. 2008 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn er hat keinen Anspruch auf die begehrte Zustimmung zur Umbettung der sterblichen Überreste seines Vaters (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dieser Anspruch ergibt sich nicht aus § 11 Abs. 2 der Friedhofssatzung für den Zentralfriedhof in N. vom 1. 7. 2005 (Friedhofssatzung - FS). Nach dieser Vorschrift können die Kirchengemeinden nach Genehmigung des Ordnungsamtes "bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (vgl. § 3 BestG NRW)" einer Umbettung zustimmen. Hiernach steht die Entscheidung der Kirchengemeinden über einen Umbettungsantrag in deren Ermessen, sofern die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift, insbesondere das Tatbestandsmerkmal des wichtigen Grundes, erfüllt sind. Dieses Tatbestandsmerkmal ist hier entgegen der Auffassung des VG nicht erfüllt. Ein wichtiger Grund für die Umbettung des Vaters des Klägers besteht nicht.

Für die Interpretation dieses Tatbestandsmerkmals, das hier Bestandteil der Satzung eines kirchlichen Friedhofsträgers ist, greift der Senat auf die Rechtsprechung zu dem gleichlautenden Begriff in den Umbettungsbestimmungen in Satzungen staatlicher Friedhofsträger zurück. Denn es bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der kirchliche Satzungsgeber des § 11 Abs. 2 FS mit dem Begriff des wichtigen Grundes denjenigen des staatlichen Rechts übernehmen wollte. Dafür spricht die Bezugnahme im beigefügten Klammerzusatz auf die staatliche Norm des § 3 BestG NRW, welche die Schließung und Entwidmung von Friedhöfen regelt und insbesondere eine Entwidmung von der Durchführung kostenfreier Umbettungen durch den Friedhofsträger abhängig macht (Abs. 2). Auch der Beklagte selbst hat in seinen Stellungnahmen zum vorliegenden Verfahren zur Bestimmung des Begriffs des wichtigen Grundes diejenigen Maßstäbe zugrunde gelegt, welche die Rechtsprechung zu dem gleichlautenden Begriff im staatlichen Recht entwickelt hat. Dieses Begriffsverständnis hat er auf ausdrücklichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

Wie der Senat in seinem Urteil vom 29. 4. 2008 - 19 A 2896/07 -, juris, grundsätzlich ausgeführt hat, liegt ein wichtiger Grund vor, wenn das Interesse an der Umbettung ausnahmsweise die durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Totenruhe überwiegt, die angesichts des Art. 79 Abs. 3 GG nicht nur höchsten Verfassungsrang genießt, sondern darüber hinaus allgemeinem Sittlichkeits- und Pietätsempfinden und den Interessen des öffentlichen Gesundheitsschutzes entspricht. Im Konflikt mit dem Recht der Angehörigen des Verstorbenen auf Totenfürsorge kommt dem Schutz der Totenruhe regelmäßig Vorrang zu.

Hiervon ausgehend kann ein wichtiger Grund, der der Totenruhe vorgeht, insbesondere dann gegeben sein, wenn die Umbettung die Würde des Verstorbenen besser wahrt und seinem Willen besser Rechnung trägt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW). Danach kann die mit der Umbettung verbundene Störung der Totenruhe gerechtfertigt sein, wenn - erstens - der Verstorbene zu Lebzeiten sein ausdrückliches Einverständnis mit der Umbettung erklärt hat. Fehlt ein solches, kann - zweitens - eine Umbettung auch aus einem entsprechenden mutmaßlichen Willen gerechtfertigt sein, der voraussetzt, dass zumindest Tatsachen und Umstände gegeben sind, aus denen der diesbezügliche Wille des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann.

Der Wille verstorbener Ehegatten, die letzte Ruhe in einer gemeinsamen Grabstätte zu finden, führt nur dann auf einen die Umbettung rechtfertigenden wichtigen Grund, wenn er auch darauf gerichtet war, diese Form der letzten Ruhe durch eine Umbettung herbeizuführen. In diesem Sinn ist es zu verstehen, wenn der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt hat, von einem mutmaßlichen Umbettungswillen könne "auszugehen sein, wenn nur die Umbettung die von Ehegatten erkennbar gewünschte gemeinsame Bestattung ermöglicht."

Urteil vom 29. 4. 2008 - 19 A 2896/07 -, juris, Rdn. 27.

Lässt sich ein Einverständnis des Verstorbenen mit der Umbettung nicht feststellen, kommt es - drittens - unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalls darauf an, ob das Interesse des Totenfürsorgeberechtigten an der Umbettung nach allgemeiner Verkehrsauffassung schutzwürdig ist und seine Gründe so gewichtig sind, dass die Achtung der Totenruhe zurücktreten muss. Ein wichtiger Grund kann dann im Einzelfall auch vorliegen, wenn das Recht auf Totenfürsorge in unzumutbarer Weise erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. Denn in diesem Fall kann auch die Würde des Verstorbenen, die sich auch auf die Totenfürsorge wie Grabpflege und Totengedenken bezieht, nicht hinreichend zur Geltung kommen. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob der geltend gemachte Anspruch der herrschenden sittlichen Auffassung entspricht und ob der Wunsch des Angehörigen auf andere Weise nicht erfüllt werden kann.

In Anwendung dieser Grundsätze ist ein wichtiger Grund für das Umbettungsbegehren des Klägers nicht gegeben. Weder liegt dessen ausdrückliches oder mutmaßliches Einverständnis mit einer Umbettung vor, noch ergibt sich aus einer Abwägung, dass sich das in der Totenfürsorge begründete Interesse des Klägers gegenüber der Totenruhe durchsetzt.

Ein ausdrückliches Einverständnis des Vaters des Klägers mit der Umbettung seiner sterblichen Überreste liegt aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht vor.

Anders als das VG vermag der Senat auch das mutmaßliche Einverständnis des verstorbenen Vaters des Klägers mit einer Umbettung seiner sterblichen Überreste in die Doppelgrabstätte seiner Ehefrau nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Welche Einstellung der Verstorbene überhaupt zu der Frage einer Umbettung hatte, lässt sich aus den vom Kläger angeführten Umständen nicht verlässlich erschließen. Tatsachen, aus denen der diesbezügliche Wille des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Aus dem Umstand, dass seine Mutter bei ihrer testamentarischen Verfügung vom 30. 4. 1996 (und auch danach) - subjektiv - vom mutmaßlichen Willen des Vaters des Klägers ausging, mit der späteren Umbettung zu den sterblichen Überresten seiner Ehefrau einverstanden zu sein, erschließt sich kein objektiver Anhalt oder tragfähiges Indiz für den mutmaßlichen Umbettungswillen des Vaters des Klägers.

Entsprechendes gilt auch für die - subjektiv gewisse - Annahme des Klägers und seines Bruders, ihr Vater wäre unter den gegebenen Umständen mit der in Rede stehenden Umbettung einverstanden gewesen. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem VG angeführten Umstände, sein Vater habe für seine Mutter seine Heimat verlassen, wäre für sie "durchs Feuer gegangen", seine Eltern hätten 26 Jahre zusammengelebt und ein "warmes" und inniges Verhältnis gehabt und seien insbesondere in den letzten Jahren unzertrennlich gewesen, lassen nicht den Schluss zu, dass im Fall einer zunächst vorgenommenen Bestattung in getrennten Grabstätten auch das Einverständnis mit einer Umbettung bestehen würde.

Vgl. dazu, dass auch ein 60-jähriges Zusammenleben für die Feststellung des mutmaßlichen Willens allein nicht ausreicht: OVG NRW, Urteil vom 29. 4. 2008 - 19 A 2896/07 -, juris, Rdn. 33.

Ein enges Zusammenleben, auch über einen langen Zeitraum, ist nicht als Ausnahmefall anzusehen; darauf ist typischerweise eine eheliche Lebensgemeinschaft angelegt. Aus dem wohl anzunehmenden Wunsch des Vaters des Klägers, in einer gemeinsamen Grabstätte mit seiner Ehefrau bestattet zu sein, lässt sich nicht ableiten, dass der Vater für den Fall zunächst getrennter Bestattung auch die Umbettung seiner sterblichen Überreste in Kauf genommen hätte. Es entspricht allgemeinem Sittlichkeits- und Pietätsempfinden, dass einmal bestattete sterbliche Überreste grundsätzlich unangetastet bleiben. Sie sollen auch tunlichst nicht den bei jeder Umbettung möglichen, bei Umbettungen nach Jahren mit Blick auf den fortgeschrittenen Verwesungszustand naheliegenden Beschädigungen ausgesetzt werden. Dafür, dass der Vater des Klägers, hätte er die jetzt strittige Situation bedacht, dies auch bei Berücksichtigung der engen Verbundenheit mit seiner Ehefrau zu Lebzeiten anders gesehen hätte, fehlt jeglicher Anhalt. Angesichts dessen, dass im Regelfall der Wunsch von Eheleuten nach einer gemeinsamen Grabstätte durch den sofortigen Erwerb einer Doppelgrabstelle bei Bestattung des Erstverstorbenen verwirklicht werden kann, konnte der Vater nicht mit dem eine Umbettung erforderlich machenden, atypischen Geschehensablauf rechnen, dass seine Ehefrau ihn zunächst in einem Einzelgrab bestatten lassen und versuchen würde, diese Bestattung durch testamentarische Verfügung wieder zu korrigieren, indem sie für den Fall ihres eigenen Ablebens vor Ablauf der Ruhefrist ihren Wunsch nach seiner Umbettung verfügen würde.

Auch aus den sonstigen Angaben des Klägers und seines Bruders in der mündlichen Verhandlung ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen ihres Vaters. Soweit sie zum Ausdruck gebracht haben, "aus der Erinnerung heraus könne man sich nicht vorstellen, dass er allein in einem Grab hätte beerdigt werden wollen", schildern sie allein ihren subjektiven Eindruck und ihre eigene Einschätzung, aber keine konkreten Tatsachen oder Umstände, die auf seinen Willen schließen lassen. Soweit sie erläutert haben, dass ihre Eltern zusammen bestattet werden wollten, stand dahinter nach ihren eigenen Angaben vielmehr immer der geäußerte Wunsch ihrer Mutter. So haben sie angegeben, der sehnlichste Wunsch ihrer Mutter sei es immer gewesen, mit ihrem Ehemann bestattet zu werden. Es kommt hier aber nicht darauf an, ob die Umbettung dem (letzten) Willen der Mutter des Klägers entspricht. Über den mutmaßlichen Willen des Vaters sagen diese Angaben hingegen nichts aus. Sonstige Anhaltspunkte, die für den eine Umbettung einschließenden mutmaßlichen Willen des Vaters des Klägers sprechen, sind nicht ersichtlich.

Der mutmaßliche Umbettungswille des Vaters des Klägers lässt sich auch nicht aus den Umständen der Bestattungsentscheidung der Mutter im Februar 1996 herleiten. Auch diese lassen lediglich auf ihre eigene Motivlage in der im Februar 1996 gegebenen Entscheidungssituation schließen. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Mutter des Klägers bei ihrer Entscheidung für ein Einzelgrab - auch in ihrer besonderen Belastungssituation nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod ihres Ehemanns - dessen Bedeutung, nämlich die Möglichkeit der Bestattung nur einer Person innerhalb der Ruhezeit bewusst war. Ferner kommt es nicht darauf an, ob sie sich auch für ein nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten verfügbares Doppelgrab hätte entscheiden können und sich nach den zusätzlichen Informationen, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung dem Senat mitgeteilt hat, darauf verlassen hat, dass nach der damaligen Praxis des Beklagen eine spätere Umbettungsmöglichkeit bestehe, und deshalb vom Erwerb eines Doppelgrabs bereits 1996 abgesehen hat.

Ein wichtiger Grund für die Umbettung liegt schließlich auch nicht darin, dass das Interesse des Totenfürsorgeberechtigten an der Umbettung unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtig ist, dass die Achtung der Totenruhe zurückstehen muss. Das Recht des Klägers auf Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG wird ohne Umbettung nur in einem so geringen Maße eingeschränkt, das ihm unter Berücksichtigung des hohen Rangs der Totenruhe ohne Weiteres zumutbar ist. Beide Gräber seiner Eltern befinden sich auf demselben Friedhof nur ca. 150 Meter voneinander entfernt. Diese Entfernung bringt eine unzumutbare Erschwerung der Grabpflege und des Totengedenkens nicht mit sich. Dies macht der Kläger auch nicht geltend.

Für die Umbettung streitet auch nicht deshalb ein wichtiger Grund, weil der für beide Elternteile totenfürsorgeberechtigte Kläger den letzten Willen seiner früher totenfürsorgeberechtigten Mutter erfüllen will, die von ihr zunächst getroffene Entscheidung, ihren Ehemann in einem Einzelgrab zu bestatten, nach ihrem eigenen Ableben zu korrigieren. Diesem Umbettungswunsch der Mutter kommt bestattungsrechtlich keine den Schutz der Totenruhe des Ehemanns überwiegende Bedeutung zu. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass sich die Mutter des Klägers, wie dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, gestützt auf die Angaben des Bestatters ihres verstorbenen Ehemanns, nach der damaligen großzügigen - wie noch ausgeführt wird, rechtswidrigen - Praxis des Beklagten auf das Bestehen einer Umbettungsmöglichkeit verlassen hat. Auch insofern hatte die Mutter des Klägers nachträglich ihre ursprüngliche Bestattungsentscheidung geändert. Sinnes- und Meinungsänderungen der Angehörigen - hier der Mutter - stellen grundsätzlich keine unerwarteten Ereignisse dar, die zur Annahme eines wichtigen Grundes führen.

Vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 15. November 2006 - 8 LA 128/06 -, juris, Rdn. 7.

Vielmehr würde die Anerkennung solcher Veränderungen im subjektiven Bereich zur Folge haben, dass der vom Gesetz gewollte Schutz der Totenruhe ins Leere liefe. Denn das Schicksal der sterblichen Überreste unterläge somit der - gewillkürten - Disposition der totenfürsorgeberechtigten Angehörigen. Dies liefe dem Ausnahmecharakter der Umbettung und der dargestellten Bedeutung der Totenruhe zuwider und könnte zu einem - unerwünschten - erheblichen Anstieg der Zahl der Umbettungen führen.

Der Senat sieht keinen Anlass dafür, der Beweisanregung des Klägers nachzukommen und im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht über die frühere großzügige Praxis des Beklagten bei der Zustimmung zu Umbettungen und der Änderung dieser Praxis Beweis zu erheben. Das Bestehen der behaupteten Umbettungspraxis kann als wahr unterstellt werden. Sollte es im Jahre 1996 tatsächlich die behauptete großzügigere, von den hier dargestellten Grundsätzen abweichende Praxis des Beklagten bei Umbettungen gegeben haben, kommt es darauf nicht an. Das Vertrauen der Mutter des Klägers auf eine solche Praxis, hätte sie bestanden, wäre nicht schutzwürdig gewesen, weil diese schon damals nicht im Einklang mit dem geltenden Recht gestanden hätte, der Beklagte eine solche rechtswidrige Praxis vielmehr ändern konnte und musste. Der hohe Stellenwert der Totenruhe als Ausfluss eines aus Art. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten postmortalen Persönlichkeitsrechts und die daher nur ausnahmsweise bestehende Möglichkeit einer Umbettung aus wichtigem Grund sind bereits lange vor dem Jahre 1996 tradierter Inhalt der hierzu ergangenen Rechtsprechung gewesen.

Vgl. nur OVG NRW, Urteile vom 5. 12. 1984 - 2 A 799/84 -, juris, und 28. 11. 1991 - 19 A 1925/90 -, juris, Rdn. 24 ff.

Eine Gleichbehandlung mit Fällen, in denen nach einer solchen Praxis möglicherweise rechtswidrige Zustimmungen erteilt wurden, kann der Kläger nicht beanspruchen, da es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.

Schließlich wiegt die Totenruhe angesichts des Zeitablaufs von zwei Dritteln der auf dem Zentralfriedhof zu wahrenden Ruhezeit von zwanzig Jahren (§ 10 Abs. 1 FS und die zum Zeitpunkt der Bestattung des Vaters des Klägers geltenden Nr. 16 a der Friedhofsordnung für den Zentralfriedhof in N. vom Juni 1994) deutlich schwerer als der Wunsch des Klägers, den letzten Willen seiner Mutter zu erfüllen, in einer gemeinsamen Grabstätte an der Seite ihres vorverstorbenen Ehemanns die letzte Ruhe zu finden. Eine Umbettung nach nunmehr 13 Jahren würde angesichts des vom Beklagten geschilderten Verwesungszustands von Sarg und Leiche und des hohen Risikos der Beschädigung von sterblichen Überresten eine besonders schwere Störung der Totenruhe verursachen. Demgegenüber kann der Wunsch des Klägers auf Zusammenführung der sterblichen Überreste seiner Eltern nach Ablauf der Ruhefrist noch erfüllt werden. Es bleibt ihm unbenommen, mit dem Beklagten erneut in Kontakt zu treten und vor einer eventuellen Neubelegung der Grabstelle seines Vaters eine Umbettung der dann noch vorhandenen sterblichen Überreste zu veranlassen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 2. 7. 2009 signalisiert, dass der Kläger nach Ablauf der Ruhezeit seinen Wunsch voraussichtlich verwirklichen könne. Insofern ist ihm ein Abwarten von weiteren etwa sieben Jahren zumutbar, um sein Ziel der Bestattung seiner Eltern in einem gemeinsamen Grab letztlich doch noch zu erreichen.

Ende der Entscheidung

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