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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: 21 A 819/01
Rechtsgebiete: BImSchG, 17. BImSchV


Vorschriften:

BImSchG § 29 Abs. 1
BImSchG § 31 S. 2
17. BImSchV § 11
Der Betreiber einer Verbrennungsanlage für Abfälle und ähnliche Stoffe im Sinne der 17. BImSchV (hier: Klärschlammverbrennungsanlage) kann regelmäßig verpflichtet werden, der Überwachungsbehörde die kontinuierlich aufzuzeichnenden Emissionsdaten im Wege der Datenfernübertragung (hier: Anschluss an das Emissionsfernüberwachungssystem - EFÜ - des Landes Nordrhein-Westfalen) zu übermitteln. Für die insofern zu treffende Ermessensentscheidung sind im Grundsatz dieselben Erwägungen einschlägig, die nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 13.2.1997 - 7 C 47.95 -, NVwZ 1997, 998) für eine Großfeuerungsanlage nach der 13. BImSchV gelten.
Tatbestand:

Die Klägerin, die auf ihrem Betriebsgelände eine Klärschlammverbrennungsanlage betreibt, wandte sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Ordnungsverfügung, mit der ihr - unter anderem - aufgegeben wurde, der zuständigen Überwachungsbehörde die Ergebnisse kontinuierlicher Messungen von durch die Verbrennungsanlage emittierten Schadstoffen durch Anschluss an das landesweite System der Emissionsfernüberwachung (EFÜ) im Wege der Datenfernübertragung zu übermitteln. Das VG wies die Klage insoweit ab. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die von der Klägerin aufgeführten Gesichtspunkte sind insgesamt nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu wecken, soweit hiermit die Klage abgewiesen worden ist.

a) Die Klägerin beanstandet es als fehlerhaft, dass sich das VG zur Untermauerung seiner Auffassung, die Anordnung des Anschlusses der Klärschlammverbrennungsanlage an das Emissionsfernüberwachungssystem des Landes Nordrhein-Westfalen sei ermessensfehlerfrei, tragend auf Erwägungen des BVerwG in seinem Urteil vom 13.2.1997 - 7 C 47.95 -, NVwZ 1997, 998, gestützt hat. Diese Kritik geht fehl. Zwar trifft es zu, dass das BVerwG seinerzeit - ausschließlich - über die Zulässigkeit einer Anordnung zu befinden hatte, die ein - großes - Kraftwerk, mithin eine Großfeuerungsanlage im Sinne der 13. BImSchV betraf, und dass das BVerwG eine solche Anlage in den Urteilsgründen als "Großemittenten" bezeichnete. Gleichwohl ist die Übertragung der vom BVerwG aus diesem Anlass angestellten Erwägungen auf den - hier vorliegenden - Fall einer unter die 17. BImSchV fallenden Abfallverbrennungsanlage nicht nur zulässig, sondern nach dem Zusammenhang der Gründe des benannten Urteils vom BVerwG ersichtlich auch beabsichtigt. Die dort enthaltenen rechtlichen Ausführungen beziehen sich nämlich nicht allein auf Großfeuerungsanlagen im Sinne der 13. BImSchV als den eigentlichen Verfahrensgegenstand; vielmehr bezieht das BVerwG in seine Erörterungen sowohl zur Anwendbarkeit des § 31 Satz 2 BImSchG als auch zur Ermessensrichtigkeit und Verhältnismäßigkeit eines EFÜ-Anschlusses die Abfallverbrennungsanlagen und die hierauf bezogenen Bestimmungen der 17. BImSchV durchgängig mit ein, wobei es Abfallverbrennungsanlagen ebenso wie Großfeuerungsanlagen als "potentiell besonders luftverunreinigend[ ]" und als "vergleichbare[ ] 'Großemittenten'" einstuft, vgl. Urteil vom 13.2.1997, a.a.O., S. 11 und 16 des amtlichen Umdrucks = NVwZ 1997, 998 (999 und 1000).

Angesichts dessen sind die dortigen Erwägungen ohne weiteres und ohne Abstriche auf Abfallverbrennungsanlagen wie die hier streitgegenständliche übertragbar.

Vgl. das Urteil des Senats vom 25.10.2001 - 21 A 1022/97 -, NWVBl. 2002, 229.

b) Die Klägerin bemängelt des Weiteren, dass das VG bei der Überprüfung der nach § 31 S. 2 BImSchG getroffenen Ermessensentscheidung dem Umstand ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, dass die Klärschlammverbrennungsanlage nach den Regelungen der 17. BImSchV kontinuierlichen Messungen unterworfen ist; richtig sei es demgegenüber, "das konkrete Gefährdungspotential der Anlage anhand der Meßdaten zu ermitteln und die Ermessensentscheidung nach dem tatsächlichen Gefahrpotential zu treffen". Da der Abgasvolumenstrom der von ihr betriebenen Klärschlammverbrennungsanlage lediglich bei einem Drittel des in § 29 Abs. 1 Satz 2 BImSchG genannten Schwellenwertes von 50.000 m3/h liegt und die Grenzwerte der 17. BImSchV durch die Anlage deutlich unterschritten würden, komme die Anordnung einer automatischen Messwertübermittlung "bei sachgerechter Ausübung des von § 31 Satz 2 BImSchG i.V.m. der 17. BImSchV eingeräumten Ermessens" nicht in Betracht. Auch diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit des angefochtenen Urteils im hier gegebenen Zusammenhang ernstlich in Frage zu stellen.

Der Klägerin ist darin beizupflichten, dass die Entscheidung über die Anordnung kontinuierlicher Messungen nach § 29 Abs. 1 BImSchG von derjenigen über eine telemetrische Übertragung der Messwerte nach § 31 S. 2 BImSchG zu unterscheiden ist, dass auch das Unterworfensein einer Anlage unter kontinuierliche Messungen nach § 11 der 17. BImSchV nicht zwangsläufig die Anordnung einer telemetrischen Messwertübertragung zur Folge haben muss und dass für eine derartige Anordnung auch dem Gefährdungspotential der jeweils betroffenen Anlage Bedeutung zukommt. Bei ihrer primär auf § 29 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und die konkreten Emissionswerte ihrer Anlage bezogenen Argumentation übersieht die Klägerin jedoch, dass der in § 11 der 17. BImSchV vorgesehenen generellen Verpflichtung der Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen zu kontinuierlichen Messungen ungeachtet dessen durchaus ein Aussagegehalt auch für die Frage der Ermessensrichtigkeit einer Anordnung der telemetrischen Messwertübertragung entnommen werden kann. Diese Regelung spiegelt nämlich die Bewertung des Normgebers wider, dass Abfallverbrennungsanlagen generell - insbesondere unabhängig von ihrer Größe und ihrem Abgasvolumenstrom - als potentiell besonders luftverunreinigend anzusehen sind. Diese normative Wertung des Gefährdungspotentials aber rechtfertigt zugleich den Einsatz einer intensivierten Überwachungsform, wie sie die Emissionsfernübertragung darstellt, es sei denn, dass der damit verbundene Mehraufwand des Betreibers im Einzelfall zum Vorteil der schnelleren Verfügbarkeit und breiteren Auswertbarkeit der Emissionsdaten auf Seiten der Behörde im Missverhältnis steht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.2.1997, a.a.O., UA S. 17 = NVwZ 1997, 998 (1000).

Insofern geht das BVerwG davon aus, dass sich der Anschluss von kontinuierlichen Messungen unterworfenen Anlagen an ein Emissionsfernüberwachungssystem als "Maßnahme bestmöglicher Emissionsüberwachung dar[stellt], die vorbehaltlich ihrer Verhältnismäßigkeit regelmäßig keiner weitergehenden Ermessenserwägung bedarf".

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.2.1997, a.a.O., UA S. 16 = NVwZ 1997, 998 (1000).

Unzutreffend ist demgemäß auch die von der Klägerin aus § 12 Abs. 2 Satz 3 der 17. BImSchV herausgelesene Annahme, die Anordnung einer kontinuierlichen Messwertübertragung, die die Vorlage eines gesonderten Messberichts der Sache nach entbehrlich macht, stelle nach der Konzeption der 17. BImSchV die Ausnahme dar.

Rechtfertigt demgemäß im Grundsatz bereits der Umstand, dass die Abfallverbrennungsanlage nach § 11 der 17. BImSchV kontinuierlichen Messungen unterworfen ist, die hier streitbefangene Maßnahme, so ergibt sich Abweichendes auch nicht aus den von der Klägerin mitgeteilten Emissionsdaten. Der Umfang des Abgasvolumenstroms ist nach § 11 der 17. BImSchV für die Verpflichtung zur Durchführung kontinuierlicher Messungen ohne Bedeutung; dass nach - dem hier nicht angewandten - § 29 Abs. 1 Satz 2 BImSchG anderes gilt, ist ohne Belang. Auch der Umstand, dass die Emissionen der Anlage nach ihrer individuellen Auslegung im Normalbetrieb die Grenzwerte der 17. BImSchV nicht überschreiten bzw. sicher einhalten, stellt die Anordnung eines Anschlusses an das EFÜ nicht in Frage.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.2.1997, a.a.O., UA S. 17 = NVwZ 1997, 998 (1000).

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