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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 21d A 2732/04.O
Rechtsgebiete: StGB, LBG NRW, BDO Nr. 6, LDG NRW, DO NRW


Vorschriften:

StGB § 243 Abs. 2
StGB § 248 a
LBG NRW § 83 Abs. 1 Satz 1
BDO Nr. 6 § 82
LDG NRW § 14
DO NRW § 14
Trotz Anlehnung an die zu § 248a StGB entwickelten starren Wertgrenzen der höchst- und obergerichtlichen Strafgerichte geht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 11.6.2002 - 1 D 31.01 -, BVerwGE 116, 308) davon aus, dass bei einem Zugriff auf Gegenstände, deren Wert bei etwa 50 Euro liegt, noch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit greift.
Tatbestand:

Der disziplinar- und strafrechtlich nicht vorbelastete Beamte wurde wegen Unterschlagung von Sachen, die ihm vom Dienstherrn anvertraut waren, durch Strafurteil zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 100,00 DM verurteilt.

Im förmlichen Disziplinarverfahren wurde dem Beamten zur Last gelegt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er während eines Einsatzes im Rahmen des Castortransportes im Abschnitt Versorgung in der Verpflegungsstelle G. größere Mengen Einsatzverpflegung unterschlagen hat. Die Disziplinarkammer entfernte den Beamten aus dem Dienst.

Der Beamte beschränkte seine zulässige Berufung auf das Disziplinarmaß. Der Disziplinarsenat des OVG NRW stellte das Verfahren ein.

Gründe:

Nach den Tat- und Schuldfeststellungen und der Würdigung des Verhaltens des Beamten als Dienstvergehen im Urteil der Disziplinarkammer steht fest, dass der Beamte die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt und ein Dienstvergehen im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW begangen hat, indem er sich im innerdienstlichen Bereich in strafrechtlicher Hinsicht einer veruntreuenden Unterschlagung schuldig gemacht hat. Der Beamte war im Rahmen eines Großeinsatzes für die Ausgabe von Warm- und Kaltverpflegung an die eingesetzten Polizeikräfte verantwortlich. In dieser Funktion hat der Beamte Verpflegung aus der Verpflegungsstelle getragen, in seinen Pkw geladen und nach Beendigung seiner Schicht mitgenommen.

Der Beamte hat dadurch im innerdienstlichen Bereich ein Verhalten gezeigt, das geeignet ist, die Achtung und das Vertrauen zu beeinträchtigen, auf die er zur Ausübung des Dienstes angewiesen ist (§§ 57 Satz 3, 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW). Ein Polizeibeamter, der selbst kriminell handelt, obwohl gerade er dazu berufen ist, Straftaten aufzuklären und zu verhindern, beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Vertrauen des Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit in besonderem Maße.

Bei der Wahl der danach auszusprechenden Disziplinarmaßnahme ist vom Zweck des Disziplinarverfahrens auszugehen. Es dient der Erhaltung der Funktionsfähigkeit und des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Hat ein Beamter durch das Dienstvergehen im Kernbereich seines Pflichtenkreises schuldhaft versagt, ist damit regelmäßig ein endgültiger Ansehens- und Vertrauensverlust verbunden. In einem solchen Fall ist der Beamte für den öffentlichen Dienst objektiv untragbar geworden und sein Verbleib für den Dienstherrn nicht länger zumutbar. Der Beamte ist aus dem Dienst zu entfernen. Ist er für den öffentlichen Dienst jedoch noch tragbar und hat er aus objektiver Sicht das Vertrauen des Dienstherrn nicht endgültig verloren, kommen lediglich erzieherische Maßnahmen in Betracht, die Ansehen und Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wiederherstellen und den Beamten zur künftigen korrekten Pflichterfüllung anhalten sollen. Ein Polizeibeamter, der die ihm übertragene Aufgabe, Verpflegungsmittel auszuteilen, zu eigenen Zwecken missbraucht, indem er diese teilweise bei Seite schafft, vergreift sich am Eigentum seines Dienstherrn und verstößt damit gegen eine Kernbereichspflicht. Er zeigt ein so hohes Maß an Pflichtvergessenheit, dass er regelmäßig das Vertrauensverhältnis, das ihn mit seinem Dienstherrn verbindet, zerstört und deshalb grundsätzlich nicht im Dienst verbleiben kann. Die Verwaltung ist auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten im Umgang mit ihren sächlichen Mitteln angewiesen, zumal eine lückenlose Kontrolle und Überwachung eines jeden Mitarbeiters nicht möglich ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 5.3.2002 - 1 D 8.01 -, und vom 28.3.1984 - 1 D 63.83 -, BVerwGE 76, 145, 146; OVG NRW, Urteil vom 15.5.2002 - 6d A 5368/00.O -.

Bei dem Dienstvergehen handelt es sich um ein Zugriffsdelikt. Ein solches liegt vor, wenn der Beamte auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift und damit das Vermögen seines Dienstherrn unmittelbar verkürzt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.6.2002 - 1 D 31.01 -, BVerwGE 116, 308.

Der Umstand, dass die vom Beamten bei Seite geschafften Lebensmittel ohnehin zum Verzehr bestimmt waren, mithin alsbald aus dem wertmäßigen Bestand herausgefallen wären, ändert an dieser Einordnung nichts. Die für Großeinsätze seitens der Polizei georderte Verpflegung stellt einen erheblichen Warenwert dar. Dieser Wert bleibt dem Dienstherrn bis zum bestimmungsgemäßen Verzehr der Waren bzw. bis zum Ablauf des Verfalldatums der Nahrungsmittel erhalten. Dass in der Praxis am Ende von Großeinsätzen häufig die übrig gebliebene Verpflegung unter den noch anwesenden Polizeibeamten verteilt wird und dies auch bei dem Großeinsatz am Ende des Einsatzes während der nachfolgenden Tagesschicht angeordnet worden sein mag, besagt nicht, dass die Verpflegung bereits während der Nachtschicht keinen Wert mehr besessen hätte.

Bei innerdienstlichen Zugriffsdelikten (hier die veruntreuende Unterschlagung) kommt wegen der besonderen Schwere des Vertrauensbruchs eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nur in Betracht, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund die Annahme rechtfertigt, der Beamte habe das in ihn gesetzte Vertrauen seiner Vorgesetzten und der Allgemeinheit noch nicht verloren. Ein solcher Milderungsgrund liegt hier vor.

Milderungsgründe hat die Rechtsprechung u.a. anerkannt, wenn der Wert des Zugriffsobjekts gering ist und durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten Interessen verletzt worden sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.3.2002 - 1 D 8.01 -.

Von einem Zugriff auf geringwertige Gegenstände - Maßstab ist insoweit die Rechtsprechung zu § 248a StGB -, vgl. BVerwG, Urteile vom 24. 11. 1992 - 1 D 1.91 -, DokBer B 1993, 137, und vom 11.6.2002 - 1 D 31.01 -, a.a.O., ist vorliegend auszugehen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerwG, vgl. Urteil vom 11.6.2002 - 1 D 31.01 -, a.a.O., geht der Senat davon aus, dass bei einem Zugriff auf Gegenstände im Wert von etwa 50,00 Euro anders als bei einem ungehemmten Zugriff auf höhere Werte grundsätzlich noch vertrauenserhaltende Persönlichkeitselemente, eine noch vorhandene Hemmschwelle und ein häufig vermindertes Unrechtsbewusstsein vorliegen. Der Wert der Waren, die der Beamte unterschlagen hat, bewegt sich innerhalb der eröffneten Bandbreite, so dass es sich um einen Zugriff auf geringwertige Gegenstände handelt.

Der vorliegende Fall bietet allerdings Anlass, näher auf die in Anlehnung an die strafgerichtliche Praxis zu § 248a StGB entwickelte Wertgrenze einzugehen. Eine Auswertung der veröffentlichten einschlägigen Rechtsprechung zeigt, dass es den Strafgerichten um eine starre obere Wertgrenze geht. So hat der BGH im Jahr 2004 entschieden, dass eine Sache im Sinne von § 243 Abs. 2 StGB geringwertig sei, wenn sie die Wertgrenze von 25,00 Euro nicht übersteige. Die Instanzgerichte weichen davon nur insoweit ab, als die Wertgrenze der Geringfügigkeit bei 30,00 Euro oder 50,00 Euro gesehen wird; dass die Wertgrenze eine Bandbreite eröffnet, wird dagegen nicht vertreten.

BGH, Beschluss vom 9.7.2004 - 2 StR 176/04 -; OLG Oldenburg, Beschluss vom 13.1.2005 - Ss 426/04(I 44), NJW 2005, 1879; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.1.2000 - 1 Ss 266/99 -, NStZ 2000, 536.

Das BVerwG hat in seinen Urteilen vom 24.11.1992 - 1 D 1.91 - (DokBer B 1993, 137) und - 1 D 66.91 - (BVerwGE 93, 314 = NJW 1994, 210) den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 248 a StGB auf das Disziplinarrecht übertragen, dies jedoch ausdrücklich mit dem Hinweis darauf, dass damit keine starre Wertgrenze festgesetzt werde. Folgerichtig ist z.B. in dem bereits zitierten Urteil des BVerwG vom 11.6.2002 ausgeführt, die obere Wertgrenze für den Milderungsgrund der Geringwertigkeit, der bei einem Zugriffsdelikt oder einem vergleichbaren Fehlverhalten zum Absehen von der Höchstmaßnahme führen könne, werde mit etwa 50,00 Euro bemessen. Der Senat sieht die Berechtigung für die von den Strafgerichten abweichende Praxis darin, dass der starren Wertgrenze im Strafverfahren eine vom Disziplinarverfahren abweichende Bedeutung zukommt. Dort wird die Verfolgung von Diebstahl oder Unterschlagung geringwertiger Gegenstände nur auf Antrag oder bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses zugelassen. Klare Wertgrenzen erleichtern hier dem potentiell Antragsberechtigten die Entscheidung, ob er einen Antrag stellt. Stellt er ihn oder bejaht die Strafverfolgungsbehörde ein öffentliches Interesse, stehen der Staatsanwaltschaft oder dem Strafrichter die gesamte strafprozessuale sowie -rechtliche Bandbreite der Sanktionierung der Tat offen. Demgegenüber ist die Geringwertigkeit der Sache beim Zugriffsdelikt im Disziplinarverfahren erst im Rahmen der Disziplinarzumessungserwägungen bedeutsam, bei denen grundsätzlich alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen sind und den Besonderheiten des Einzelfalls bei einer starren Wertgrenze nicht hinreichend Rechnung getragen werden könnte, wenn nur aufgrund einer Gesamtschau die Entfernung aus dem Dienst entweder notwendig oder noch nicht erforderlich ist, weil erschwerende Umstände fehlen und insgesamt Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Vertrauensverhältnis noch nicht völlig zerstört ist.

Eine nähere Prüfung des Wertes der vom Beamten unterschlagenen Verpflegung ergibt, dass die Wertgrenze von etwa 50,00 Euro nicht so deutlich überschritten ist, dass die für den Beamten sprechenden Gesichtspunkte gegenüber den Interessen des Dienstherrn zurücktreten müssten.

Der Senat ist durch die Beschränkung der Berufung nicht gehindert, Feststellungen zur Schadenshöhe zu treffen, obwohl bereits die Disziplinarkammer unter Berufung auf eigenes Wissen angenommen hat, dass der Wert der unterschlagenen Waren mindestens 100,00 DM betrage. Dazu setzt sich der Senat nicht in Widerspruch. Die von der Berufungsbeschränkung ausgelöste Bindung erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Feststellungen des Disziplinargerichts zur Höhe des Wertes der von dem Beamten unterschlagenen Waren, weil diese sich nicht trennen lassen von der Schilderung des das Dienstvergehen begründenden Verhaltens in dem angefochtenen Urteil. Eine Bindung tritt jedoch nur an eindeutige und zweifelsfreie Feststellungen ein, die ein ausreichendes Maß an Substantiierung aufweisen. Daran gemessen ist der Senat an die Feststellungen der Disziplinarkammer, der Schaden belaufe sich auf "mindestens 100,00 DM" nur insoweit gebunden, als er gehindert ist, einen geringeren Schaden als 100,00 DM (= 51,13 Euro) festzustellen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. 10. 2000 - 1 D 46.98 -, Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 6. Soweit die Disziplinarkammer von einem darüber hinausgehenden Schaden ausgegangen ist, erweist sich dies als zu unbestimmt, um an der Bindungswirkung teilzuhaben.

Da der Wert der vom Beamten seinerzeit unterschlagenen Waren im förmlichen Disziplinarverfahren nicht ermittelt wurde und die Beschaffungsunterlagen mittlerweile vernichtet sind, ist von folgendem auszugehen. ...

Die Aufstellung (Gesamtsumme 53,87 Euro) zeigt, dass der Wert der vom Beamten unterschlagenen Einsatzverpflegung den von der Disziplinarkammer als Mindestbetrag festgestellten Wert von 100,00 DM (= 51,13 Euro) nicht wesentlich übersteigt und sich innerhalb der Bandbreite der disziplinarrechtlichen Geringfügigkeit bewegt.

Dem Durchgreifen des Milderungsgrundes steht nicht entgegen, dass durch das Dienstvergehen weitere wichtige öffentliche oder private Interessen verletzt sind.

Anlass zu Erörterungen bietet hier allenfalls der Umstand, dass der Beamte während eines noch offenen Großeinsatzes aus egoistischen Gründen Einsatzverpflegung bei Seite geschafft hat. Mit dem Zugriff auf die Einsatzverpflegung wurde das Vermögen des Dienstherrn geschmälert, der allein darüber zu befinden hatte, was mit der Verpflegung nach dem Ende des Einsatzes geschehen sollte. Außerdem wurden dem Dienstherrn Mittel entzogen, die er zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bereitgestellt hatte. Dies allein unterscheidet das vorliegende Zugriffsdelikt nicht von anderen Zugriffsfällen. Ob weitere wichtige öffentliche oder private Interessen verletzt worden sind, hängt hier davon ab, ob am Einsatz beteiligten Kolleginnen und Kollegen die ihnen zustehende Verpflegung vorenthalten wurde. Anhaltspunkte in dieser Hinsicht bestehen nicht. Nach den bindenden Feststellungen im Urteil des Landgerichts hat nicht der Beamte, sondern der Zeuge H. zwei Einsatzkräften die Herausgabe von Einsatzverpflegung verweigert. Dass diese Weigerung einen Bezug zum Zugriffsdelikt des Beamten gehabt hätte, etwa eine durch den Zugriff eingetretene Erschöpfung der Vorräte, ist nicht festgestellt worden.

Damit können Gesichtspunkte zum Tragen kommen, die in Verbindung mit dem Milderungsgrund der Geringwertigkeit ein Absehen von der Höchstmaßnahme zulassen. Dazu gehört, dass in der Praxis am Ende von Großeinsätzen - wie vom Beamten vorgetragen, von der Vertreterin der obersten Dienstbehörde nicht substantiiert bestritten und von den Beamtenbeisitzern bestätigt - häufig die übrig gebliebene Verpflegung unter den noch anwesenden Polizeibeamten verteilt wird. Diese Erfahrung konnte neben dem nur geringen Wert der unterschlagenen Verpflegung das Unrechtsbewusstsein des Beamten zusätzlich trüben, als er sich während des noch offenen Einsatzes mit Vorräten "eindeckte".

Vorliegend sind weitere Umstände objektivierbar, die auf vertrauenserhaltende Persönlichkeitselemente, eine noch vorhandene Hemmschwelle und ein durchaus vorhandenes Unrechtsbewusstein schließen lassen. So hat der Beamte in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkammer ein Geständnis abgelegt, indem er die tatbestandlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts einräumte. Dass er die Tat mit der Bemerkung zu erklären suchte, er habe sich für berechtigt gehalten, die Lebensmittel mitzunehmen, weil übrig gebliebene Lebensmittel nach einem Einsatz regelmäßig vernichtet würden, schmälert die Bedeutung des Geständnisses nicht wesentlich. Mit dieser Erklärung wollte der Beamte lediglich darlegen, was seine Hemmschwelle zur Begehung der Tat herabgesetzt hat. Der Erklärung ist dagegen nichts dafür zu entnehmen, dass der Beamte ungeachtet des rechtskräftigen Strafurteils sein Handeln nach wie vor für erlaubt hält.

Das vom Beamten begangene Dienstvergehen fordert grundsätzlich eine Maßnahme mit Außenwirkung - die Versetzung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt -, um den Beamten nachhaltig an seine Wohlverhaltenspflicht zu erinnern und anderen deutlich zu machen, dass das Fehlverhalten ernst zu nehmen ist. Das Eigengewicht des vom Beamten begangenen Dienstvergehens ist so groß, dass diesem trotz des aufgezeigten Milderungsgrundes mit einer Gehaltskürzung nicht mehr angemessen Rechnung getragen würde.

Der Versetzung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt steht jedoch das Maßnahmeverbot in § 14 LDG NRW entgegen. Nach dieser Vorschrift, die, weil sie materiellrechtlich eine günstigere Regelung als § 14 DO NRW enthält, auch für die nach der Disziplinarordnung zu Ende zu führenden Altfälle anzuwenden ist, darf eine Versetzung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt (Zurückstufung/Degradierung) bei unanfechtbar verhängter Strafe nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. Dies setzt eine Prognose voraus, wie sich die gerichtliche Strafe auf den Handlungswillen und das zukünftige Verhalten des Beamten auswirken wird. Eine Disziplinarmaßnahme kann daher neben einer außerdisziplinarischen Ahndung nur verhängt werden, wenn die konkrete Befürchtung besteht, der Beamte werde sich trotz der ihm bereits auferlegten Strafe erneut einer Verletzung seiner Beamtenpflichten schuldig machen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 5.5.1993 - 1 D 49.92 -, NVwZ 1994, 1219 = ZBR 1993, 219, und vom 17.3.2004 - 1 D 23.03 - , a.a.O.

Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und kann etwa bei konkret festzustellender Wiederholungsgefahr zu bejahen sein.

BVerwG Urteil vom 17.3.2004 - 1 D 23.03 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 27.4.2005 - 22d A 268/04.O -.

Für eine Wiederholungsgefahr bestehen vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte. Der Beamte hat sich vor der Disziplinarkammer geständig gezeigt. Es handelt sich um das erstmalige Dienstvergehen des bisher - auch strafrechtlich - unbescholtenen und dienstlich zuverlässigen Beamten.

Ende der Entscheidung

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