Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 28.01.2005
Aktenzeichen: 3 B 364/04
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 125 Abs. 3
Zur planwidrigen Herstellung einer Stichstraße ohne Wendeplatz, durch welche die Grundzüge der Planung berührt werden (§ 125 Abs. 3 BauGB).
Tatbestand:

Der Antragsteller wurde als Wohnungseigentümer an einer Stichstraße vom Antragsgegner zum Erschließungsbeitrag herangezogen. Sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides wurde vom VG zurückgewiesen, hatte aber in der Beschwerdeinstanz Erfolg.

Gründe:

Der Bebauungsplan Nr. 168 weist für die genannte Stichstraße eine Regelbreite von 12 m aus und am Ende der Straße eine Aufweitung auf etwa 18 m Breite, auf deren Fläche ein Wendekreis mit einem Radius von ca. 9 m angelegt werden könnte. Durch den Ausbau hat die Stichstraße eine Fahrbahn von durchgehend 5 m Breite, einen 2 m breiten Gehweg auf der Westseite und über zwei Dutzend Parkstellen auf der Ostseite erhalten, die (abgesehen von zwei Behindertenparkplätzen) quer zur Fahrbahn liegen und 2,5 m x 4,3 m groß sind. Der Ausbauplan verzeichnet auf der Ostseite in etwa 4,5 m Abstand zum Fahrbahnende eine Ausbuchtung mit (Eckabrundungen) von etwa 4 m Länge und etwa 3 m Tiefe. Als Straßenfläche nicht ausgebaut ist die zusätzlich zur Regelbreite vorgesehene trapezförmige Fläche, die im Bebauungsplan für die Straßenaufweitung auf der Westseite vorgesehen ist.

Das VG hat ausgeführt, im Minderausbau am Ende der Stichstraße sei keine mängelbegründende Abweichung von den Grundzügen der Planung sowie keine wesentliche Beeinträchtigung der betroffenen Grundstücke (§ 125 Abs. 3 BauGB) zu sehen, da eine Wendemöglichkeit wegen der genannten Ausbuchtung erhalten bleibe, zumal der Antragsteller insoweit nicht substantiiert vorgetragen habe. Dieser Beurteilung vermag der Senat im Beschwerdeverfahren nicht zu folgen. In der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller vorgetragen, die im Ausbauplan vorgesehene Ausbuchtung, durch die nach Auffassung des VG eine Wendemöglichkeit erhalten bleibe, sei tatsächlich nicht vorhanden; es gebe einzig und allein eine ca. 2,5 m breite Abstellfläche für Mülltonnen. Da der Antragsgegner dem im Beschwerdeverfahren nichts entgegengesetzt hat, ist bei summarischer Beurteilung von diesem Vortrag des Antragstellers auszugehen. Zudem ergibt sich weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den vorliegenden Plänen, dass (insbesondere am Ende der Stichstraße) eine Möglichkeit bestünde, private Grundstückszufahrten o. dgl. zum Fahrzeugwenden in Anspruch zu nehmen. (wird ausgeführt) Unter diesen Umständen dürfte der hier gegebene Minderausbau mit den Grundzügen der Planung nicht vereinbar sein (§ 125 Abs. 3 BauGB).

Die im Bebauungsplan Nr. 168 vorgesehene großzügige Straßenaufweitung sollte offenbar die Anlegung eines geräumigen Wendeplatzes nicht nur für Personenwagen, sondern auch für Lastwagen ermöglichen.

Vgl. die Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (EAE 85/95), S. 52.

Diesem Planungszweck dürfte auch erhebliches Gewicht beigelegt worden sein.

Vgl. zu diesem Gesichtspunkt für die Bestimmung der "Grundzüge der Planung" BVerwG, Urteil vom 9.3.1990 - 8 C 76.88 -, DVBl 1990, 786, ferner dessen Beschluss vom 15.3.2000 - 4 B 18.00 -, NVwZ-RR 2000, 759 (zu § 13 BauGB).

Denn angesichts der (vorhandenen bzw. geplanten) massiven Bebauung beiderseits der Straße mit bis zu viergeschossigen Wohnhäusern und angesichts einer Straßenlänge von ca. 115 m musste es dem Rat als problematisch erscheinen, insbesondere Lastkraftwagenfahrer (Müllfahrer) mangels Wendemöglichkeit rückwärts aus der Straße herausfahren zu lassen. Mit solchem (nicht nur auf wenige Fälle beschränkten) Rückwärtsfahren ist nämlich nicht selten eine Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern (insbesondere Kindern) verbunden. Zudem lässt auch die konkrete Aufteilung der Straßenfläche ein Rückwärtsfahren als problematisch erscheinen: Die Fahrbahnbreite von 5 m ist für den zu erwartenden Begegnungsverkehr zwischen einfahrenden Personenwagen und rückwärts ausfahrenden Lastwagen eher knapp bemessen, und die zahlreichen Parkstellen an der Ostseite der Straße vergrößern zusätzlich das Risiko einer Kollision mit Personenwagen. Somit ist bei vorläufiger Beurteilung anzunehmen, dass der vorhandene Straßenausbau diese Probleme unbewältigt lässt und dass insofern die Planungskonzeption des Bebauungsplanes Nr. 168 durch den Minderausbau in einem wesentlichen Punkt angetastet wird.

Vgl. auch den vom Senat im Urteil vom 22.2.1988 - 3 A 1490/85 - entschiedenen Fall.



Ende der Entscheidung

Zurück