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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 4 A 2618/02
Rechtsgebiete: VwVfG NRW


Vorschriften:

VwVfG NRW § 49a
1. Wird der von einem Hoheitsträger gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassene Zuwendungsbescheid zurückgenommen bzw. widerrufen oder wird er infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam, so dürfen Erstattungs- und Zinsforderungen nach § 49a VwVfG NRW durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden.

2. Es bleibt offen, ob sich der nach § 49a VwVfG NRW zur Erstattung verpflichtete Hoheitsträger auf Entreicherung berufen kann.


Tatbestand:

Die beklagte Bezirksregierung gewährte der klagenden Stadt eine Zuwendung. Durch Bescheid vom Oktober 1999 widerrief sie den entsprechenden Bewilligungsbescheid, verlangte die Erstattung des ausgezahlten Betrages und machte einen Zinsanspruch geltend. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das VG ab. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG ab.

Gründe:

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) insoweit, als das VG die Ansicht vertreten hat, der Rückforderungs- und Zinsanspruch gemäß § 49a Abs. 1 und 3 VwVfG NRW könne gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden, obwohl sie selbst Hoheitsträger sei.

Es entspricht verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, dass ein Hoheitsträger, wenn er einen gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassenen Zuwendungsbescheid zurücknimmt bzw. widerruft oder wenn dieser Bescheid infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, seine Erstattungs- und Zinsforderung nach § 49a VwVfG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen durch Verwaltungsakt geltend machen darf. Davon sind die Gerichte stets ausgegangen, ohne dies allerdings näher zu begründen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.2002 - 8 C 30.01 -, NVwZ 2003, 221, 223; BayVGH, Urteil vom 6.4.2001 - 4 B 00.334 -, BayVBl 2002, 80, 82; OVG Bbg., Urteil vom 22.2.2001 - 4 A 69/99 - , juris.

Dass § 49a VwVfG, dem die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen nachgebildet sind, diese Fallgestaltung erfasst, folgt ohne Weiteres aus der Entstehungsgeschichte der Norm. § 49a VwVfG ist durch Gesetz vom 2.5.1996 (BGBl. I S. 656) in das Verwaltungsverfahrensgesetz eingefügt worden und hat damit u.a. § 44a BHO ersetzt. Ziel dieser gesetzgeberischen Maßnahme war es, die im Bereich der Zuwendungen bestehenden Sondervorschriften des § 44a BHO in das Verwaltungsverfahrensgesetz zu integrieren.

BT-Drucks. 12/2297, S. 5; vgl. in diesem Zusammenhang auch: Sachs/Wermeckes, NVwZ 1996, 1185.

Zu den von § 44a BHO erfassten Zuwendungen zählten aber nicht nur solche an Rechtssubjekte des Privatrechts, sondern auch solche an nachgeordnete Verwaltungsträger, insbesondere kommunale Körperschaften.

Weides, NJW 1981, 841.

Deshalb fallen auch Erstattungs- und Zinsansprüche aus derartigen Subventionsverhältnissen in den Geltungsbereich des § 44a BHO und des an seine Stelle getretenen § 49a VwVfG.

Dagegen spricht nicht, dass in Rechtsprechung und Literatur betont wird, § 49a VwVfG finde nur auf Ansprüche der Verwaltung gegen den Bürger Anwendung. Denn damit soll lediglich verdeutlicht werden, dass die Vorschrift den umgekehrten Fall, nämlich Ansprüche des Bürgers gegen die Verwaltung nicht erfasst.

Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, § 29 III 1 Rn. 21 mit Fn. 103; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 49a Rn. 12 und 13; Suerbaum, VerwArch 1999, 361, 381; OVG NRW, Urteil vom 30.9.1997 - 24 A 5373/94 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 21.4.1999 - 8 K 199/97 Me -, juris; a.A. Baumeister, NVwZ 1997, 19, 23.

Gegen die Anwendbarkeit des § 49a VwVfG lässt sich schließlich auch nicht einwenden, die Vorschrift sei auf die hier in Rede stehende Fallkonstellation nicht zugeschnitten, weil sie in Absatz 2 die Entreicherungseinrede zulasse, öffentliche Rechtsträger sich aber grundsätzlich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen könnten.

So aber Hüttenbrink/Windmöller, SächsVBl 2001, 181, 184.

Richtig ist, dass es der öffentlichen Hand versagt ist, sich gegenüber dem allgemeinen, gesetzlich nicht geregelten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf Entreicherung zu berufen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.9.1970 - 2 C 48.68 -, BVerwGE 36, 108, 113, und vom 12.3.1985 - 7 C 48.82 -, BVerwGE 71, 85, 89, sowie Beschluss vom 27.12.1989 - 2 B 84.89 -, Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 16; Erichsen, a.a.O., § 29 III 2 Rn. 26; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 1999, § 28 IV 2 Rn. 26.

Ob dies in gleicher Weise für die von § 49a VwVfG erfassten Erstattungsansprüche von Hoheitsträgern gilt, ist zweifelhaft, bedarf aber hier keiner Entscheidung.

Bejahend BayVGH, Urteil vom 6.4.2001 - 4 B 00.334 -, a.a.O..; unklar: OVG Bbg., Urteil vom 22.2.2001 - 4 A 69/99 - , a.a.O..

Auch wenn man dies bejahen würde, wäre nicht etwa § 49a VwVfG insgesamt unanwendbar; vielmehr wäre lediglich eine einschränkende Auslegung des § 49a Abs. 2 VwVfG geboten.

So im Ergebnis BayVGH, Urteil vom 6.4.2001 - 4 B 00.334 -, a.a.O.

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