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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 4 B 2757/06
Rechtsgebiete: GewO, SpielV


Vorschriften:

GewO § 33 c
SpielV § 6a
1. Spielgeräte, die aufgrund ihrer technischen Ausstattung die Möglichkeit eines Gewinns bieten könnten, nach ihren aktuellen Spielabläufen tatsächlich aber nicht bieten, sind keine Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit.

2. Solche Geräte müssen weder der Bauart nach zugelassen sein noch sonst der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zur Prüfung vorgestellt werden.

3. Zur rechtlichen Bewertung von sog. Highscore-Listen.


Tatbestand:

Die Antragstellerin betrieb in ihrer Spielhalle u.a. das dort aufgestellte Gerät "Magic Game". Mit diesem von der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) nicht zugelassenen oder sonst geprüften Gerät wurde, nachdem zwischenzeitlich ein Update durchgeführt worden war, um Punkte gespielt. Die von einem Spieler erzielten Punkte wurden addiert; die Punktsumme konnte nach Spielende auf der internen Festplatte des Gerätes in einer Liste (Highscore-Liste) gespeichert und später wieder abgerufen werden. Mit dem Gerät konnten sechs Freispiele gewonnen werden. Darüber hinausgehende spielzeitverlängernde Punktgewinne waren nicht vorgesehen. Der Antragsgegner untersagte der Antragstellerin die Aufstellung und den Betrieb dieses Geräts. Das VG gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt. Das OVG wies die Beschwerde des Antragsgegners zurück.

Gründe:

Die Darlegungen des Antragsgegners rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses zu Lasten der Antragstellerin.

1. Die Aufstellung und der Betrieb des Geräts sind nicht schon deshalb verboten, weil dessen Bauart nicht gemäß § 33 c Abs. 1 Satz 2 GewO zugelassen ist und das Gerät auch sonst nicht von der PTB geprüft worden ist.

Es mag zwar zutreffen, dass es vor der Durchführung des Updates als Geldspielgerät im Sinne des § 33 c GewO anzusehen war, vgl. BVerwG, Urteil vom 23.11.2005 - 6 C 8.05 -, NVwZ 2006, 600, es deshalb einer Bauartzulassung bedurfte und in Ermangelung einer solchen illegal aufgestellt und betrieben worden ist; das ist aber nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob es auch heute noch als Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit anzusehen ist und deshalb der Zulassungs- und Erlaubnispflicht des § 33 c Abs. 1 Satz 2 GewO unterliegt. Das ist zu verneinen.

Moderne Spielgeräte bieten nicht zuletzt aufgrund ihrer praktisch vollständigen Elektronifizierung vielfältige Spielmöglichkeiten. Diese werden nicht nur durch die verwendete Hardware und durch in die Geräte eingebaute Schalter, sondern maßgeblich auch durch die Software bestimmt. Das erweitert ihre Einsatzmöglichkeiten, weil für den Export bestimmte Geräte ohne großen Aufwand den im Ausland geltenden rechtlichen Regelungen angepasst werden können, und erlaubt damit eine wirtschaftlichere Herstellung. Entsprechendes gilt für aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland importierte Geräte. So ist es zum Beispiel bei vielen Geräten ohne weiteres möglich, die Auswurfschächte für Münzen bzw. Wertspielmarken (Token) oder den Zugriff auf Speicherkarten zu deaktivieren. Um ein Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit handelt es sich aber nicht schon dann, wenn das Gerät aufgrund seiner technischen Ausstattung mit Hard- und Software sowie seiner Beschaltung so eingesetzt werden könnte, dass es Geld- oder Sachgewinne bietet, sondern erst dann, wenn es auch tatsächlich so eingesetzt wird. Die Gefahr, der durch die Bauartzulassung begegnet werden soll, nämlich unangemessen hohe Verluste in kurzer Zeit zu vermeiden, vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33 c Rdnr. 33 (Stand: April 2006); ders., GewArch 2007, 89, 91, geht nicht abstrakt von dem Spielgerät, sondern von dem zum Einsatz kommenden aktuellen Spielablauf aus. Auf diesen konkreten Spielablauf stellen im Übrigen auch die in § 6 a SpielV enthaltenen Regelungen ab. Der Senat folgt deshalb nicht der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, die Umrüstung eines vormals zulassungspflichtigen Gerätes könne - unabhängig von den aktuellen Spielabläufen - die Zulassungspflicht nicht beseitigen bzw. erfordere jedenfalls eine Überprüfung durch die PTB.

So: OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 8.5.2006 - 6 B 10359/06.OVG -, GewArch 2007, 38, Hess. VGH, Beschluss vom 23.3.2005 - 11 TG 175/05 -, GewArch 2005, 255; VG Gießen, Beschluss vom 12.7.2006 - 8 G 1644/06 -, juris; VG Neustadt, Beschluss vom 8.3.2006 - 4 L 180/06. NW -, juris; vgl. aber VG Dresden, Beschluss vom 6.7.2006 - 1 K 1186/06 -, GewArch 2006, 476.

Diese Rechtsprechung wird letztlich von der Erwägung getragen, nur durch eine Einschaltung der PTB werde gewährleistet, dass eine Nutzung der Geräte als Gewinnspielgeräte für die Zukunft dauerhaft ausgeschlossen sei; die Ordnungsbehörden seien mit derartigen Prüfungen überfordert. Dies überzeugt nicht. Eine Zulassung von Spielgeräten im Sinne des § 33 c GewO durch die PTB kann überhaupt nur dann erfolgen, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird (vgl. § 11 ff SpielV). Soll das Gerät im späteren Einsatz keine Gewinnmöglichkeit bieten, so wird der Hersteller auf einen Zulassungsantrag verzichten. In diesem Falle obliegt es - nicht anders als bei neu auf den Markt kommenden und als Unterhaltungsspielgeräte deklarierten Geräten - der zuständigen Ordnungsbehörde zu prüfen, ob es sich wirklich nur um ein Unterhaltungsspielgerät handelt. Dabei versteht es sich von selbst, dass der Ordnungsbehörde alle für die Bewertung der Spielabläufe erforderlichen Auskünfte zu erteilen sind (vgl. § 29 GewO). Erst wenn die Ordnungsbehörde eine Gewinnmöglichkeit bejaht, stellt sich die weitere Frage, ob das Gerät der Bauart nach von der PTB zugelassen ist und über ein Zulassungszeichen verfügt (vgl. §§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 16 Abs. 6 SpielV). Ist dies nicht der Fall, sind die Aufstellung und der Betrieb des Gerätes verboten. Außerhalb des Zulassungsverfahrens sieht weder die Gewerbeordnung noch die Spielverordnung eine Einschaltung der PTB zum Zwecke der Geräteüberprüfung vor; für die Erteilung von Negativbescheinigungen, also Bescheinigungen darüber, dass es sich bei Geräten nicht mehr um solche mit Gewinnmöglichkeit handelt, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

Vgl. auch VG Dresden, Beschluss vom 6.7.2006 - 1 K 1186/06 -, a.a.O.; ferner Odenthal, ZfWG 2006, 286, 288 ff.

Dafür, dass das hier in Rede stehende Spielgerät auch nach Durchführung des Updates noch Spielabläufe aufweist, aufgrund derer es als Geldspielgerät im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG anzusehen ist, besteht kein Anhaltspunkt. Zwar ist es mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet; indessen bietet es nach den aktuellen Spielabläufen nicht die Möglichkeit eines Gewinns im Sinne des § 33 c GewO. Der Spieler kann weder Geld noch Waren noch sonstige geldwerte Vorteile (von sechs Freispielen abgesehen) gewinnen.

Wie sich die Rechtslage darstellen würde, wenn auf der Grundlage der Highscore-Liste je nach erzieltem Punktestand von der Spielhallenaufsicht Geldauszahlungen vorgenommen würden, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die bis zum Ablauf der Begründungsfrist erfolgten Darlegungen des Antragsgegners geben nichts Konkretes dafür her, dass in dieser Weise verfahren worden ist oder jedenfalls in Zukunft damit zu rechnen wäre. Allein die theoretische Möglichkeit, dass solche Zahlungen erfolgen, rechtfertigt eine andere rechtliche Bewertung jedenfalls nicht.

2. Die Aufstellung und der Betrieb des Gerätes verstoßen auch nicht gegen § 6 a Satz 1 Buchst. b) SpielV.

Die Vorschrift betrifft Spielgeräte, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis nach den §§ 4, 5, 13 oder 14 SpielV erhalten haben oder die keiner Erlaubnis nach § 5 a SpielV bedürfen, und erfasst damit Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit.

OVG NRW, Beschluss vom 26.2.2007 - 4 B 1552/06 -, juris und NRWE.

Ob darüber hinaus auch Unterhaltungsspielgeräte (ohne Gewinnmöglichkeit) in den Anwendungsbereich der Norm fallen, ist zweifelhaft.

Vgl. auch Hahn, GewArch 2007, 89, 96/97.

Diese Frage bedarf hier aber keiner Entscheidung, weil das in Rede stehende Spielgerät jedenfalls die weiteren Voraussetzungen des § 6a Satz 1 Buchst. b) SpielV nicht erfüllt. Seine Aufstellung und sein Betrieb wären nur dann verboten, wenn auf der Grundlage seiner Spielergebnisse Gewinne ausgegeben, ausgezahlt, auf Konten, Geldkarten oder ähnliche zur Geldauszahlung benutzbare Speichermedien aufgebucht würden. Das ist aber nicht der Fall.

Die von einem Spieler erzielten Spielergebnisse werden in Punkten dargestellt. Dafür, dass auf der Grundlage des Punktestandes Gewinne ausgezahlt werden, ist - wie bereits erörtert - nichts dargelegt. Auf der Grundlage des Punktestandes werden auch keine Gewinne auf "ähnliche zur Geldauszahlung benutzbare Speichermedien aufgebucht". Vielmehr wird der Punktestand selbst, nicht aber ein irgendwie gearteter Gewinn im internen Gerätespeicher abgelegt. Damit fehlt es bereits an einem aufgebuchten Gewinn.

Im Ergebnis a.A.: Bund-Länder Ausschuss "Gewerberecht", vgl. Schönleitner/Böhme, GewArch 2007, 108, 111 f.

Der Senat braucht deshalb nicht der Frage nachzugehen, ob die Vorschrift außer externen auch - wie hier - interne Speichermedien erfasst.

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