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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 16.02.2004
Aktenzeichen: 5 A 637/02
Rechtsgebiete: GG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1
GG Art. 4 Abs. 1
GG Art. 4 Abs. 2
GG Art. 6 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 1 Satz 1
Zu Rechtsgrundlage und Grenzen staatlicher Warnungen vor sogenannten Sekten, hier der Vereinigungskirche e.V. ("Mun-Bewegung").
Tatbestand:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, in dem sich die deutschen Mitglieder der von Sun Myung Mun gegründeten und geleiteten, weltweiten Vereinigungskirche zusammengeschlossen haben. Mit seiner Klage wendete sich der Kläger gegen die weitere Verbreitung einer im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erstellten und im Jahre 1996 herausgegebenen Broschüre, die über Geschichte, Lehre und Organisation der Mun-Bewegung informierte sowie neben staatlichen auch kirchliche Ansprechstellen anführte. Die Klage wurde in erster Instanz im Wesentlichen abgewiesen; allein mit Blick auf drei vom Kläger im Einzelnen beanstandete Behauptungen wurde die Rechtswidrigkeit der Verbreitung festgestellt. Kläger und Beklagte beantragten erfolglos die Zulassung der Berufung.

Gründe:

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu.

a) Die allgemeinen Grenzen staatlicher Informationspolitik im Bereich des Art. 4 Abs. 1 GG bedürfen entgegen der Antragsschrift auch hinsichtlich der insoweit maßgeblichen rechtlichen Anforderungen an Sachlichkeit und Sorgfalt keiner weiteren Klärung. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es staatlichen Verantwortungsträgern nicht verwehrt ist, die Öffentlichkeit sowie interessierte Bürger über religiöse und weltanschauliche Gruppen zu informieren. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG schützt nicht dagegen, dass sich staatliche Organe mit den Trägern des Grundrechts öffentlich - auch kritisch - auseinander setzen. Untersagt sind dem Staat lediglich die Regelung genuin religiöser oder weltanschaulicher Fragen sowie die parteiergreifende Einmischung in die Überzeugungen, die Handlungen und in die Darstellung Einzelner oder religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften. Er darf weder bestimmte Bekenntnisse privilegieren noch andere um ihres Bekenntnisinhalts willen benachteiligen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279, 294 f.

Er muss zudem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, demzufolge Eingriffe in die Freiheitssphäre nur dann und insoweit zulässig sind, als der Schutz öffentlicher Interessen sie erfordert. Ferner ergibt sich aus dem Willkürverbot die Forderung, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden müssen und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen.

Vgl. BVerfG (1. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 15.8.1989 - 1 BvR 881/89 -, NJW 1989, S. 3269, 3270; BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 - BVerwG 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76, 83; OVG NRW, Beschluss vom 31.5.1996 - 5 B 993/95 -, NVwZ 1997, 302, m. w. N.

Mit Blick auf die von ihm in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu wahrende Neutralität hat er sich im Umgang mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften besondere Zurückhaltung aufzuerlegen. Die notwendige Zurückhaltung ist gewahrt, wenn sich der Staat bei seiner Informationstätigkeit diffamierender oder verfälschender Darstellungen enthält und auch im Übrigen das Gebot der Sachlichkeit beachtet.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279, 294 f.; BVerfG (1. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 15.8.1989 - 1 BvR 881/89 -, NJW 1989, S. 3269, 3270; BVerwG, Beschluss vom 13.3.1991 - 7 B 99.90 -, NJW 1991, 1770, 1771.

Das konkrete Maß der dem Staat auferlegten Zurückhaltung und damit die Grenzen der zulässigen Information bestimmen sich im Übrigen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279, 295, und sind daher einer weiteren grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren nicht zugänglich.

b) Die weitere vom Kläger als grundsätzlich bezeichnete Frage, ob "eine Broschüre, wenn sie insgesamt als Tendenzschrift dem Zurückhaltungs- und Neutralitätsgebot nicht genügt, auch insgesamt für rechtswidrig zu erklären ist", rechtfertigt die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht. Zum einen ist sie erst mit Schriftsatz vom 30.8.2002 und damit nach Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO gestellt worden. Zum anderen ergibt sich bereits unmittelbar aus dem zuvor Gesagten, dass eine Informationstätigkeit insoweit rechtswidrig ist, als sie die gebotene Zurückhaltung nicht wahrt. Diese Aussage bezieht sich auch auf den gegenständlichen Umfang der Informationstätigkeit. Danach ist eine Broschüre, die insgesamt das Zurückhaltungsgebot nicht wahrt, auch in vollem Umfang rechtswidrig.

c) Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es dem Staat im Rahmen seiner Informationstätigkeit gestattet ist, auch auf kirchliche Beratungsstellen zu verweisen, nötigt schließlich gleichfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Frage lässt sich vielmehr schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung beantworten.

Einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedarf der im Rahmen einer von der Regierung zu verantwortenden Informationsbroschüre gemachte Hinweis auf verschiedene mit der Sektenthematik vertraute und befasste private Ansprechstellen nicht. Dieser Hinweis ist integraler Bestandteil der staatlichen Informationstätigkeit. Diese erschöpft sich nicht in der unmittelbaren Vermittlung von sachlichen Informationen, sondern kann dem Leser durch Angabe entsprechender Literatur, aber auch durch Hinweis auf andere fachkundige Stellen weitere Informationsmöglichkeiten aufzeigen. Insoweit ist die Auflistung von Adressen derartiger Stellen zu unterscheiden von der finanziellen Förderung eines Privaten, der sich seinerseits mit der Sektenproblematik kritisch befasst und entsprechende Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Bei einer solchen Förderung aus staatlichen Haushaltsmitteln handelt es sich um ein - von der regierungseigenen Informationstätigkeit unterschiedenes - echtes Verwaltungshandeln. Nur dieses bedarf nach der Rechtsprechung des BVerwG einer eigenen gesetzlichen Ermächtigung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.1992 - BVerwG 7 C 21.90 -, BVerwGE 90, 112, 123.

Freilich hat die Regierung, wenn sie den Bürger auf weitere Informations- und Ansprechstellen verweist, auch insoweit die gebotene Neutralität zu wahren. Dem hat die Beklagte in der streitigen Broschüre gerade dadurch entsprochen, dass sie nicht nur die Anschriften staatlicher, sondern auch privater und kirchlicher Ansprechstellen aufgeführt hat. Der ratsuchende Bürger hat so die Möglichkeit, selbst aus dem breiten Spektrum der auf diesem Gebiet tätigen Stellen die ihm geeignet erscheinende auszuwählen. Allein durch den Hinweis auf kirchliche und private Ansprechstellen macht sich der Staat weder deren Tätigkeit zu Eigen noch übernimmt er auf diese Weise die Mitverantwortung für die inhaltliche Ausgestaltung der dortigen Beratung.

2. ...

3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind ebenfalls nicht ersichtlich.

a) Die in der Antragsschrift geäußerten Zweifel am Bestehen einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage für die informierend-warnende Öffentlichkeitsarbeit sind spätestens durch die Entscheidung des BVerfG vom 26.6.2002 ausgeräumt. Die Bundesregierung ist danach auf Grund ihrer Aufgabe der Staatsleitung überall dort zur Informationsarbeit berechtigt, wo ihr eine gesamtstaatliche Verantwortung zukommt, die mit Hilfe von Informationen wahrgenommen werden kann. Für dieses Informationshandeln der Bundesregierung im Rahmen der Staatsleitung bedarf es über die Zuweisung der Aufgabe der Staatsleitung hinaus auch dann keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung, wenn es zu mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279 (Leitsätze 2 und 3), 301 ff.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 - BVerwG 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76, 80 f., und Beschluss vom 13.3.1991 - 7 B 99.90 -, NJW 1991, 1770; OVG NRW, Beschluss vom 31.5.1996 - 5 B 993/95 -, NVwZ 1997, 302.

Entsprechend ist es der Bundesregierung ohne weitere einfachgesetzliche Grundlage gestattet, durch ihre Informationsarbeit den Beitrag in der Auseinandersetzung mit neuen religiösen und weltanschaulichen Gruppierungen zu leisten, den Bundestag und Bevölkerung von ihr als staatsleitendem Organ erwarten.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279, 308; siehe auch BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 - BVerwG 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76, 80 f., und Beschluss vom 13.3.1991 - 7 B 99.90 -, NJW 1991, 1770; OVG NRW, Beschluss vom 31.5.1996 - 5 B 993/95 -, NVwZ 1997, 302.

b) Unter Zugrundelegung des oben dargestellten Maßstabes begegnet auch die in dem angegriffenen Urteil vorgenommene Bewertung der Broschüre insgesamt (hierzu aa) sowie der vom Kläger monierten Einzelaussagen der Informationsschrift (hierzu bb) im Ergebnis keinen ernsthaften Zweifeln.

aa) Zu Unrecht unterstellt der Kläger der streitigen Aufklärungsschrift in Gänze einen "abwertenden, aggressiv gegen die Vereinigungskirche gerichteten Grundtenor". Dies gilt ebenso für den Vorwurf einer "reinen Tendenzschrift" mit "einseitig-suggestiver Stoßrichtung". Die hierfür in der Antragsschrift angeführten Indizien tragen diese Bewertung nicht.

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers bewegt sich der Titel der Reihe, in der auch die streitige Schrift "Die Mun-Bewegung" erschienen ist, im Rahmen einer sachlich geführten Informationstätigkeit über die betroffenen Gemeinschaften. Wenn diese Gemeinschaften dort als "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" bezeichnet werden, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Staat ist es auf Grund der Pflicht zur religiös-weltanschaulichen Neutralität nicht verwehrt, in der öffentlichen Diskussion über religiöse oder weltanschauliche Gruppen für diese die Bezeichnungen zu verwenden, die in der aktuellen Situation dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen und in diesem Sinne von den Adressaten der jeweiligen Äußerung verstanden werden. Danach begegnet sowohl der Begriff der Sekte als auch der Psychogruppe keinen Bedenken, zumal durch den einleitenden Zusatz ("sogenannte") eine Distanz zu diesen im allgemeinen Sprachgebrauch üblichen Bezeichnungen zum Ausdruck gebracht worden ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279, 295 ff.

(2) Der warnende Charakter des Vorworts zur streitigen Broschüre ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Wenn die damalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dort in allgemeiner Form auf von Sekten und Psychogruppen ausgehende "potentielle Gefährdungen für den einzelnen und für die Gesellschaft" sowie auf spezifische mit dem Beitritt zur Mun-Bewegung verbundene Probleme hinweist, legt sie damit den legitimierenden Grund für die kritische Auseinandersetzung mit den genannten Gruppen dar. Die Informationstätigkeit der Bundesregierung in diesem Bereich findet ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung gerade in der ihr zugewiesenen Aufgabe, die Bevölkerung vor derartigen überregionalen und als gefährlich eingestuften Phänomenen zu warnen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279, 308.

(3) Der Vorwurf des Klägers, die Informationen zur Geschichte der Mun-Bewegung und ihres Gründers seien in einer negativen suggestiven Diktion verfasst, geht fehl. Soweit von dem religiösen Erweckungserlebnis Muns und den weiteren von ihm behaupteten religiösen Erfahrungen die Rede ist, können diese nicht als feststehende Tatsache wiedergegeben werden. Die Verwendung des Konjunktivs wie auch die anderen Formulierungen machen deutlich, dass es sich insoweit um nicht kontrollierbare Selbstaussagen Muns handelt. Auch in der nachfolgenden weiteren Beschreibung des Lebenswegs Muns wird klar zwischen unstreitigen und umstrittenen Daten differenziert. Soweit die Sachlage unklar ist, wird entweder der Konjunktiv verwendet, Zusätze wie "angeblich" hinzugefügt oder die verschiedenen Versionen dargestellt. Die streitige Broschüre kann naturgemäß nur einen biographischen Überblick gewähren; eine ausführlichere Beschreibung des Lebens Muns würde den Rahmen einer handhabbaren Information sprengen und damit den Sinn und Zweck der Broschüre verfehlen. Damit ist notwendig eine Auswahl bei Darstellung der biographischen Daten verbunden. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese einseitig erfolgt wäre. Zwar bemängelt der Kläger, von den unternehmerischen Tätigkeiten Muns werde an dieser Stelle nur die Waffenproduktion, nicht aber der Ginsengexport und die Fischerei erwähnt. Indes ist die Hervorhebung der Tätigkeit in der Rüstungsproduktion nicht zu beanstanden, da sie für die Beurteilung der Person Muns sowie der von ihm verkündeten Botschaft - anders als andere wirtschaftliche Betätigungen - ersichtlich von besonderem Interesse ist.

...

(5) Das VG hat der Beurteilung der Broschüre auch nicht einen rechtlich unzutreffenden Maßstab zu Grunde gelegt. Wie der Kläger in der Antragsschrift selbst einräumt, hat das VG durchaus berücksichtigt, dass die in der Broschüre mit Staatsautorität ausgesprochene Warnung wie auch die weiteren Informationen für die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Glaubensfreiheit des Klägers schwerwiegende und beabsichtigte Folgen hat. Das VG hat hieraus - in Anlehnung an die damals vorliegende Rechtsprechung des BVerfG, BVerwG und des beschließenden Gerichts - hohe Anforderungen an die Zulässigkeit derartiger staatlicher Informationstätigkeit abgeleitet. Legitimiert sei sie allein, wenn ein mit Blick auf die auch der Bundesregierung obliegende Schutzpflicht insbesondere für die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG hinreichend gewichtiger Anlass bestehe. Die mitgeteilten Tatsachen müssten zutreffen und negative Werturteile dürften nicht unsachlich sein, sondern müssten auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen. Gegen diesen Prüfungsmaßstab ist auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BVerfG nichts zu erinnern.

bb) Die Richtigkeit des Urteils unterliegt auch, soweit in der Antragsschrift die gerichtliche Würdigung einzelner, in der Broschüre enthaltener Aussagen angegriffen wird, jedenfalls im Ergebnis keinen Zweifeln.

II.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung ist ebenfalls unbegründet.

Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Die Beklagte geht in ihrer Antragsschrift irrig davon aus, es sei Aufgabe der Gerichte, nachzuforschen, ob es irgend welche Belege für die von ihr in der Broschüre aufgestellte Behauptung, Mun selbst rechtfertige die himmlische Täuschung bei Mitgliederwerbung und Spendensammlung gebe. Dies verkennt indes bereits im Ansatz die sich aus dem Sachlichkeitsgebot ergebenden Anforderungen an eine staatliche Informationstätigkeit. Will die Regierung die Bevölkerung über bestimmte, von ihr als gefährlich eingestufte Bewegungen informieren, darf sie dies nur auf Grundlage einer sorgfältigen Auswertung der zur Verfügung stehenden Quellen. Es ist ihr hingegen verwehrt, Behauptungen abwertender Art ohne entsprechende Belege aufzustellen in der Hoffnung oder Erwartung, das Gericht werde in einem sich möglicherweise anschließenden Verfahren im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht die nötigen Nachweise hervorbringen.

Das Gericht ist seinerseits nicht gehalten, ohne entsprechende konkrete Anhaltspunkte Nachforschungen anzustellen. Seine sich aus § 86 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz VwGO ergebende Aufklärungspflicht ist insoweit begrenzt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 - 4 B 88.80 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 129, Urteil vom 23.11.1982 - 9 C 74. 81 -, BVerwGE 66, 237, 238.

Führt die Beklagte im gerichtlichen Verfahren keine konkreten Belege an, die einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sind, und weist keinen gangbaren Weg, auf dem das Gericht die streitigen Tatsachen zu klären vermag, kann sie auch nicht unter Hinweis auf die gerade dadurch bedingten tatsächlichen Schwierigkeiten bei Ermittlung des Wahrheitsgehalts ihrer streitigen Behauptung mit Erfolg die Zulassung der Berufung begehren.

Ende der Entscheidung

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