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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 6 A 1702/05
Rechtsgebiete: LVO NRW


Vorschriften:

LVO NRW § 39 Abs. 3
LVO NRW § 52 Abs. 4
Eine Dienstzeit im öffentlichen Dienst gemäß § 39 Abs. 3 LVO NRW kann nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses zu einem kirchlichen Arbeitgeber geleistet werden.

Hat ein Lehrer als kirchlicher Bediensteter an einer öffentlichen Schule unterrichtet und begehrt die Anrechnung dieser Tätigkeit auf seine laufbahnrechtliche Probezeit, ist § 52 Abs. 4 LVO NRW analog anzuwenden.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrte die Anrechnung ihrer Tätigkeit als Lehrerin am E. - Schulzentrum als Vordienstzeit auf ihre beamtenrechtliche Probezeit. Das beklagte Land lehnte dies unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin ihre Lehrtätigkeit als Angestellte einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft ausgeübt habe. Es handle sich daher nicht um eine Dienstzeit im öffentlichen Dienst im Sinne des § 39 Abs. 3 LVO NRW. Eine Anrechnung gemäß § 52 Abs. 4 LVO NRW scheide ebenfalls aus, weil die Klägerin nicht an einer Ersatz- oder Auslandsschule, sondern an einem öffentlichen Gymnasium unterrichtet habe. Das VG gab der Klage statt. Die Berufung des beklagten Landes hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an der Neubescheidung ihres Antrags auf Anrechnung der am Gymnasium im E. - Schulzentrum ausgeübten Lehrtätigkeit auf ihre Probezeit. Dieses Begehren hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin am 22.8.2005 unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit zur Studienrätin ernannt worden ist. Die Dauer der Probezeit bzw. der Zeitpunkt der Anstellung sind auch nach Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit für ihre Laufbahn bedeutsam, da hiervon die Festsetzung des allgemeinen Dienstalters abhängt, das wiederum für Beförderungen maßgeblich sein kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1983 - 2 C 17.82 -, RiA 1984, 139; OVG NRW, Urteil vom 27.11.1985 - 1 A 764/84 -, DÖD 1986, 275.

Die Klage ist auch begründet.

(.....) Die Ablehnung des Antrags der Klägerin, ihre im Zeitraum vom 14.2.2000 bis zum 31.7.2000 ausgeübte Lehrtätigkeit auf ihre Probezeit anzurechnen, ist rechtswidrig. Sie hat einen Anspruch darauf, dass das beklagte Land über diesen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entscheidet (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Allerdings sind die Voraussetzungen für eine Anrechnung ihrer Lehrtätigkeit gemäß § 39 Abs. 3 LVO NRW nicht gegeben. Nach dieser für Lehrer an Schulen gemäß den §§ 49 Abs. 1, 52 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a LVO NRW geltenden Regelung sollen Dienstzeiten im öffentlichen Dienst auf die Probezeit angerechnet werden, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung mindestens der Tätigkeit in einem Amt der Laufbahn entsprochen hat. Die Tätigkeit am Gymnasium im E. - Schulzentrum ist keine Dienstzeit im öffentlichen Dienst im Sinne dieser Vorschrift, da die Klägerin sie als Angestellte der katholischen Kirche ausgeübt hat.

Was unter dem Begriff des "öffentlichen Dienstes", der im geltenden Recht nicht einheitlich verwendet wird, zu verstehen ist, ist für die jeweilige Rechtsnorm im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs zu ermitteln.

Vgl. - jeweils zu § 7 Abs. 4 BLV - OVG Rh. - Pf., Urteil vom 7.10.1981 - 2 A 155/80 -, DÖD 1982, 68; Bay. VGH, Urteil vom 25.1.2000 - 3 B 96.3061 -, sowie zum Nebentätigkeitsrecht BVerfG, Beschluss vom 25.11.1980 - 2 BvL 7/76 -, BVerfGE 55, 207.

Die Auslegung des § 39 Abs. 3 LVO NRW ergibt, dass ein Dienstverhältnis zu einem kirchlichen Dienstherrn unabhängig von der im Rahmen dieses Dienstverhältnisses ausgeübten Tätigkeit nicht als "öffentlicher Dienst" angesehen werden kann.

Ob eine "Dienstzeit im öffentlichen Dienst" vorliegt, richtet sich allein nach dem Charakter des Dienstverhältnisses und mithin danach, ob es gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn besteht. Dieses Erfordernis ist auch nicht verzichtbar, wenn der Probebeamte - wie die Klägerin - im Rahmen des früheren Dienstverhältnisses eine Tätigkeit ausgeübt hat, die typischerweise für einen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn verrichtet wird oder sogar derjenigen weitgehend entspricht, die er im Rahmen des Probebeamtenverhältnisses wahrnimmt. Dass insoweit nur der Charakter des Dienstverhältnisses, nicht aber die Art der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich ist, ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik des § 39 Abs. 3 LVO NRW. Der Tatbestand der Norm macht die Anrechnung von zwei Voraussetzungen abhängig, und zwar von einer "Dienstzeit" im öffentlichen Dienst und von der Art und Bedeutung der ausgeübten Tätigkeit. Danach kommt es auf die Art und Bedeutung der ausgeübten Tätigkeit nur an, wenn diese im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses wahrgenommen worden ist. Diese Sichtweise stützt § 23 Abs. 3 LBG NRW. Die dort gewählte Formulierung verdeutlicht, dass Gegenstand der Anrechnung die Dienstzeit im öffentlichen Dienst ist. Diese soll lediglich unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 2 LBG NRW unberücksichtigt bleiben.

Ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis wurde durch den Arbeitsvertrag der Klägerin mit der Diözese T. nicht begründet, denn die katholische Kirche ist kein öffentlich-rechtlicher Dienstherr im Sinne des § 39 Abs. 3 LVO NRW. Zwar ist sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst, sodass es nicht - wie beispielsweise bei Dienstverhältnissen mit Privaten - schon aufgrund ihrer Organisationsform ausgeschlossen ist, ein Dienstverhältnis zu einer Kirche als ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu verstehen. § 39 Abs. 3 LVO NRW verlangt jedoch darüber hinaus, dass es sich um ein Dienstverhältnis zu einem Träger staatlicher Gewalt handelt. Nur unter dieser Voraussetzung ist gewährleistet, dass sich die Vordienstzeit im Hinblick auf die an Eignung, Befähigung und Leistung des Bediensteten zu stellenden Anforderungen nicht in wesentlichen Merkmalen von dem Probedienst im Dienst des beklagten Landes unterscheidet.

Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 25.1.2000, a. a. O.

Nach § 39 Abs. 3 LVO NRW "soll" eine in fremden Diensten verbrachte Dienstzeit an die Stelle eines Teils der von dem Probebeamten an sich bei seinem Dienstherrn zu leistenden Probezeit treten. Die Regelung sieht damit eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass allein der Dienstherr auf der Grundlage des Eindrucks, den er sich in der Probezeit verschafft hat, darüber entscheidet, ob der Beamte auf Probe den Anforderungen genügen wird, die an einen Beamten seiner Laufbahn in körperlicher, geistiger, charakterlicher und fachlicher Hinsicht zu stellen sind. Zugleich gibt § 39 LVO NRW, ohne besondere Vorgaben hinsichtlich der Anforderungen und der Maßstäbe zu machen, unter denen der vorherige Dienst geleistet worden sein muss, dem Dienstherrn die Anrechnung der Dienstzeiten im öffentlichen Dienst - sofern die weitere Voraussetzung des Tatbestandes vorliegt - für den Regelfall auf. Vor diesem Hintergrund ist die Ausnahme von dem oben genannten Grundsatz nur gerechtfertigt, wenn die anzurechnende Dienstzeit im Wesentlichen unter den gleichen Anforderungen geleistet wurde, die der Dienstherr selbst an den Beamten auf Probe stellt. Nur dann kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass eine Ableistung der vollen laufbahnrechtlichen Probezeit nicht erforderlich ist, da der Beamte bereits im Dienst eines anderen Dienstherrn unter vergleichbaren Anforderungen an Eignung, Befähigung und Leistung tätig war und sich insoweit bewährt hat.

Ein kirchliches Dienstverhältnis weist gegenüber einem Dienstverhältnis zu einem staatlichen Hoheitsträger Besonderheiten auf, die die von § 39 Abs. 3 LVO NRW geforderte Vergleichbarkeit grundsätzlich ausschließen. Diese Unterschiede beruhen auf der besonderen Stellung der Kirchen. Sie sind zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts, indessen nicht Teil der Staatsverwaltung, sondern aufgrund Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV zur selbständigen Verwaltung und Ordnung ihrer Angelegenheiten berechtigt. Ihnen wird damit die Freiheit gewährt, innerhalb der Schranken des geltenden Rechts den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen zur Verwirklichung ihrer religiösen Grundsätze selbständig zu gestalten. Durch die daraus folgenden Besonderheiten wird auch das einzelne Dienstverhältnis geprägt. Das äußert sich nicht nur - wie in der überwiegenden Zahl der Fälle - in der Art der übertragenen Aufgaben, sondern auch in der rechtlichen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses. So werden den Bediensteten auf der Grundlage kirchlicher Normen oder individueller vertraglicher Abreden regelmäßig besondere persönliche Obliegenheiten einer den religiösen Überzeugungen entsprechenden Lebensführung sowie sonstige Verhaltens- oder Loyalitätspflichten auferlegt. Beispielsweise war nach § 2 Abs. 2 des zwischen der Klägerin und der Diözese T. geschlossenen Arbeitsvertrages die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse Bestandteil des Arbeitsvertrages. Diese Grundordnung hebt die "Eigenart" des kirchlichen Dienstes hervor, stellt besondere Anforderungen an die Mitarbeiter der Kirche und sieht Reaktionen des Dienstherrn für den Fall vor, dass ein Mitarbeiter diese "Beschäftigungsanforderungen" nicht mehr erfüllt. In § 4 des Arbeitsvertrages wurden die Loyalitäts- und Verhaltenspflichten aufgegriffen sowie die Folgen eines Verstoßes gegen diese Pflichten geregelt.

Derartige Loyalitäts- und Verhaltenspflichten sind mit den Pflichten eines Beamten im Dienst eines Trägers staatlicher Gewalt nicht vergleichbar. Sie können sich nicht nur in vielfältiger Weise auf die konkrete Aufgabenerledigung durch den Bediensteten auswirken, sondern prägen vor allem die Anforderungen, die der kirchliche Arbeitgeber an die Eignung, Befähigung und Leistung seiner Bediensteten stellt. Mit Blick darauf, dass den besonderen kirchlichen Pflichten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses regelmäßig - so auch hier - ein bedeutsamer Stellenwert eingeräumt ist, ist es nicht auszuschließen, dass ihnen der kirchliche Arbeitgeber bei der Beurteilung der Bediensteten ein nicht unerhebliches Gewicht beimisst. Angesichts dieser Besonderheiten kann die Regelrechtsfolge des § 39 Abs. 3 LVO NRW nicht für Vordienstzeiten in kirchlichen Dienstverhältnissen gelten.

Bestätigt wird dieses Verständnis des § 39 Abs. 3 LVO NRW durch die Systematik der für Lehrer an Schulen geltenden besonderen Vorschriften im fünften Abschnitt der Laufbahnverordnung NRW. Wären "Dienstzeiten im öffentlichen Dienst" auch in einem kirchlichen Dienstverhältnis absolvierte Zeiten, unterläge die Anrechung einer beruflichen Tätigkeit als Lehrer an Ersatzschulen, wenn diese sich - wie häufig - in kirchlicher Trägerschaft befinden, auf die laufbahnrechtliche Probezeit unterschiedlichen Rechtsfolgen. Da in diesen Fällen regelmäßig ein kirchliches Dienstverhältnis besteht, wäre der Dienstherr bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für eine Anrechnung einerseits gemäß den §§ 52 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a, 39 Abs. 3 LVO NRW im Regelfall zur Anrechnung der im kirchlichen Dienst verbrachten Zeit auf die Probezeit verpflichtet. Andererseits wäre die Anrechnung aber gemäß § 52 Abs. 4 LVO NRW, wonach Zeiten einer beruflichen Tätigkeit als Lehrer an Ersatz- und Auslandsschulen auf die Probezeit angerechnet werden "können", in das Ermessen des Dienstherrn gestellt.

Der Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Anrechnung ihrer Lehrtätigkeit am Gymnasium im E. - Schulzentrum auf ihre Probezeit folgt aus einer analogen Anwendung des § 52 Abs. 4 LVO NRW. Danach können auf die Probezeit Zeiten einer beruflichen Tätigkeit als Lehrer an Ersatzschulen oder Auslandsschulen, die nicht bereits auf den Vorbereitungsdienst oder die für den Erwerb der Befähigung vorgeschriebene Zeit der hauptberuflichen Tätigkeit angerechnet worden sind, über die in Absatz 3 dieser Vorschrift bestimmten Zeiten hinaus angerechnet werden, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung mindestens der Tätigkeit in einem Amt der Laufbahn entsprochen hat.

Aus dieser Regelung kann die Klägerin den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag zwar nicht unmittelbar herleiten, weil sie nur die Anrechnung von Tätigkeiten als Lehrer an einer Ersatzschule oder Auslandsschule vorsieht, die Klägerin aber an einer öffentlichen Schule unterrichtet hat. Hat ein (ehemals) kirchlicher Bediensteter an einer öffentlichen Schule unterrichtet und begehrt die Anrechnung dieser Tätigkeit auf seine laufbahnrechtliche Probezeit, ist § 52 Abs. 4 LVO NRW jedoch analog anzuwenden. Diese Vorschrift weist insoweit eine Regelungslücke auf.

§ 52 Abs. 4 LVO NRW sieht für Lehrer gegenüber § 39 Abs. 3 LVO NRW einen besonderen Fall der Anrechnung von Zeiten einer beruflichen Tätigkeit auf die Probezeit vor. Während Hauptgrund für die Anrechnung nach § 39 Abs. 3 LVO NRW der öffentlich-rechtliche Charakter des Dienstverhältnisses und die Annahme ist, dass Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst unter vergleichbaren Anforderungen geleistet werden, stehen nach § 52 Abs. 4 LVO NRW die Aufgaben im Vordergrund, die der Probebeamte vor seinem Probedienstverhältnis wahrgenommen hat. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass der Dienstherr aus einer Lehrtätigkeit, die mit der Unterrichtstätigkeit im öffentlichen Schuldienst weitgehend vergleichbar ist, auch dann Schlüsse für die von ihm anzustellende Bewährungsprognose ziehen kann, wenn der ehemalige Arbeitgeber andere Anforderungen an Eignung, Befähigung und Leistung des Bediensteten gestellt hat. Dabei ist dem Dienstherrn - mit Rücksicht darauf, dass es einer einzelfallbezogenen Wertung bedarf, ob allein die Wahrnehmung dieser Unterrichtstätigkeit ausreichend ist, um aus ihr Schlüsse für die Bewährung des Beamten in der Probezeit zu ziehen - ein Ermessensspielraum eingeräumt.

Den Fall, dass der Probebeamte seine Vortätigkeit außerhalb eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses an einer öffentlichen Schule ausgeübt hat, hat der Verordnungsgeber zwar nicht in § 52 Abs. 4 LVO NRW geregelt. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, er habe die Ausnahmeregelung bewusst nicht auf diesen Fall erstrecken wollen. Denn hierbei handelt es sich um den atypischen Fall, dass der Arbeitgeber den Bediensteten nicht im eigenen Verantwortungsbereich einsetzt, sondern ihn einem anderen Aufgabenträger zur Erfüllung von Aufgaben außerhalb dieses Bereichs zur Verfügung stellt. Diesen Fall hat der Verordnungsgeber offensichtlich nicht als regelungsbedürftig erkannt. Dies mag sich vor dem Hintergrund erklären, dass in Nordrhein-Westfalen zur Erteilung des Religionsunterrichts von den Kirchen typischerweise Geistliche und entsprechend ausgebildete Laien, nicht aber staatlich ausgebildete Lehrkräfte entsandt werden (vgl. hierzu auch die Vereinbarungen mit der katholischen Kirche und mit den evangelischen Kirchen, RdErl. des Kultusministeriums vom 18.2.1956, BASS 20-53 Nr. 1, und Bekanntmachung des Kultusministeriums vom 17.1.1974, BASS 20-52 Nr. 2).

Mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 52 Abs. 4 LVO NRW ist es nicht zu rechtfertigen, Vortätigkeiten an öffentlichen Schulen von der Anrechnung auszunehmen. Eine solche Vortätigkeit ist nicht nur mit derjenigen an einer Ersatz- oder Auslandsschule vergleichbar, sondern rechtfertigt, da der Einsatzbereich sich im Grundsatz nicht von dem des Probebeamten unterscheidet, erst Recht die Annahme, dass der Dienstherr aus ihr auf die Bewährung des Probebeamten schließen kann. Es ist auch sonst kein Grund ersichtlich, diesen Fall anders zu behandeln als die in den Tatbestand des § 52 Abs. 4 LVO NRW aufgenommenen Fälle. Andernfalls würde ein mit den von der Vorschrift erfassten Fällen vergleichbarer Sachverhalt ohne sachliche Rechtfertigung von der Anrechnungsmöglichkeit ausgeschlossen. Dieses Ergebnis wäre mit dem Gleichheitssatz nicht in Einklang zu bringen.

Die weiteren Voraussetzungen des § 52 Abs. 4 LVO NRW liegen vor. Insbesondere entsprach die Lehrtätigkeit der Klägerin am Gymnasium im E. - Schulzentrum nach Art und Bedeutung mindestens der Tätigkeit in dem Amt einer Studienrätin in der Laufbahn des Lehramtes für die Sekundarstufe II.

Maßgebend ist insoweit die im Einzelfall tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Sie muss ihrer Qualität nach mindestens einer Tätigkeit in einem Amt in der betreffenden Laufbahn entsprechen. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Probezeit, die Bewährung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in der Laufbahn nach dem Erwerb der Laufbahnbefähigung festzustellen. Diese Feststellung darf durch die Anrechnung nicht beeinträchtigt werden. Da der Verordnungsgeber nur verlangt, dass die Tätigkeit nach Art und Schwierigkeit mindestens der Tätigkeit "in einem Amt" der betreffenden Laufbahn entsprochen hat, kann allerdings nicht gefordert werden, dass sie mit dem gesamten Tätigkeitskatalog der Beamten der entsprechenden Laufbahn vergleichbar ist oder dass eine Identität der Aufgaben besteht. Es genügt, ist aber auch erforderlich, dass im Einzelfall die Tätigkeit überwiegend einer Tätigkeit in der jetzigen Laufbahn entsprochen hat und von ihr maßgeblich geprägt worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1983, a. a. O.

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Klägerin hat eine Lehrtätigkeit ausgeübt, deren Qualität nach Art und Schwierigkeit mindestens der Tätigkeit in dem Amt einer Studienrätin entsprochen hat. Sie hat am Gymnasium im E. - Schulzentrum Aufgaben wahrgenommen, die Studienräten an Gymnasien obliegen, indem sie zu einem Anteil von 13 Wochenstunden in der Sekundarstufe I und zu einem Anteil von 10 Wochenstunden in der Sekundarstufe II unterrichtet hat.

Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Klägerin mit der überwiegenden Zahl der Wochenstunden in der Sekundarstufe I eingesetzt war. Ein überwiegender Unterrichtseinsatz in der Sekundarstufe II ist nämlich entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht erforderlich. Maßstab ist insoweit die Art und Bedeutung der von Studienräten an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen auszuübenden Lehrtätigkeit. Im Rahmen der danach erforderlichen Gesamtbetrachtung lässt sich nicht feststellen, dass das Amt eines Studienrates an nordrhein-westfälischen Gymnasien gerade dadurch geprägt ist, dass er überwiegend in der Sekundarstufe II unterrichtet. Zwar sind nach § 50 LVO NRW die Laufbahnen des Lehramtes für die Sekundarstufe I und II jeweils als besondere Laufbahnen ausgewiesen. Eine strikte Trennung existiert aber in der Praxis an Gymnasien nicht. Vielmehr werden dort Studienräte, die - wie die Klägerin - die Befähigung für die Sekundarstufe I und II haben, in der Regel bedarfsabhängig in beiden Stufen eingesetzt. § 28 Abs. 5 LABG NRW sieht insoweit ausdrücklich vor, dass in einer Schulform, die teilweise der Sekundarstufe I und teilweise der Sekundarstufe II zuzuordnen ist, Lehrer, die - wie die Klägerin - unterschiedliche Lehramtsbefähigungen haben, vorrangig nach dem Erfordernis einer langfristigen Deckung des fächerspezifischen Unterrichtsbedarfs sowie nach dem Erfordernis der Bildungsziele verwendet werden. Dies ermöglicht aber gerade einen Einsatz von Studienräten, die über die Lehramtsbefähigungen für die Sekundarstufe I und II verfügen, in beiden Schulstufen. Dass danach die Unterrichtstätigkeit in der Sekundarstufe I einen bedeutsamen Anteil der Lehrtätigkeit eines Studienrates einnimmt, liegt schon deshalb nahe, weil der Unterrichtsbedarf in der Sekundarstufe I größer ist als in der Sekundarstufe II, die deutlich weniger Schuljahre umfasst.

Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls ausreichend, wenn der Probebeamte - wie hier die Klägerin - über den gesamten in Betracht kommenden Zeitraum in der Sekundarstufe II eingesetzt war. Zwar mag es Fälle geben, in denen der Probebeamte nur zu einem zu vernachlässigenden Anteil in der Sekundarstufe II unterrichtet hat. Dem kann der Dienstherr jedoch im Rahmen seiner Ermessensentscheidung Rechnung tragen.

Ende der Entscheidung

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