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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 6 A 4839/04
Rechtsgebiete: BBesG, LBG NRW, MVergV, EGV


Vorschriften:

BBesG § 6
LBG NRW § 78 a
MVergV § 3
MVergV § 5
EGV Art. 141
Erfolglose Klage einer teilzeitbeschäftigten Lehrerin auf zusätzliche Besoldung für die Teilnahme an einer Klassenfahrt (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.9.2004 - 2 C 61.03 -, BVerwGE 122, 65).
Tatbestand:

Die Klägerin steht als teilzeitbeschäftigte Lehrerin im Beamtenverhältnis im Dienst des beklagten Landes. Sie beantragte, für die Dauer der Teilnahme an einer Klassenfahrt wie eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft besoldet zu werden. Das beklagte Land lehnte den Antrag ab, weil Richtlinien einen selteneren Einsatz teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte bei Klassenfahrten vorsähen. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg.

Gründe:

Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Die Klägerin macht geltend, sie sei für die Dauer der Klassenfahrt denselben Belastungen wie eine Vollzeitkraft ausgesetzt gewesen. Dass sie hierfür eine geringere Besoldung erhalte als vollzeitbeschäftigte Lehrer, sei mit § 6 Abs. 1 BBesG und Art. 141 EGV nicht vereinbar. Es sei zweifelhaft, ob teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte tatsächlich in geringerem Umfang als vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte zu Klassenfahrten herangezogen würden. Jedenfalls könne eine solche Kompensation dem geltend gemachten Besoldungsanspruch nicht entgegengehalten werden.

Diese Einwände stellen das vom VG gefundene Ergebnis nicht durchgreifend in Frage.

§ 6 Abs. 1 BBesG kommt als Grundlage für das Klagebegehren nicht in Betracht. Die Besoldung teilzeitbeschäftigter Beamter knüpft nach dieser Vorschrift an die mit der Bewilligung der Teilzeitbeschäftigung festgelegte Arbeitszeit an. Bei Lehrern ist auf die Zahl der festgelegten Pflichtstunden abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2004 - 2 C 61.03 -, BVerwGE 122, 65; v. Zwehl in: Schwegmann/Summer, Bundesbesoldungsgesetz, Stand Juni 2008, § 6 Rdnr. 6). Die Pflichtstundenzahl ändert sich durch die Teilnahme an einer Klassenfahrt nicht.

Auf die §§ 78 a Abs. 2 LBG NRW, 48 Abs. 1 BBesG i. V. m. den Vorschriften der Mehrarbeitsvergütungsverordnung lässt sich der geltend gemachte Anspruch ebenfalls nicht stützen. Die Teilnahme an einer Klassenfahrt ist bereits keine Mehrarbeit im Sinne der Mehrarbeitsvergütungsverordnung. Aus § 5 Abs. 2 MVergV ergibt sich, dass die Mehrarbeitsvergütungsverordnung unter Mehrarbeit im Schuldienst nur die Leistung zusätzlicher Unterrichtsstunden versteht. Darüber hinaus scheitert ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung an dem Vorrang des Freizeitausgleichs gemäß § 78 a Abs. 2 Satz 1 LBG NRW und § 3 Abs. 1 Nr. 3 MVergV. Danach entsteht ein Vergütungsanspruch nur, wenn die Mehrarbeit aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann. Für einen derartigen Ausnahmefall sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Auch aus Art. 141 Abs. 1 und 2 EGV i. V. m. der Richtlinie 75/117/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften folgt nicht, dass das VG der Klage hätte stattgeben müssen.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG begründet der in diesen Vorschriften enthaltene Entgeltgleichheitsgrundsatz keinen Anspruch teilzeitbeschäftigter beamteter Lehrkräfte auf eine zusätzliche Vergütung für die Teilnahme an Klassenfahrten. Eine gleichheitswidrige Benachteiligung teilzeitbeschäftigter Lehrer gegenüber Vollzeitkräften sei zu verneinen, wenn vorübergehende Belastungen durch Entlastungsmaßnahmen des Dienstherrn innerhalb des maßgeblichen Zeitraums, der bis zu zwölf Kalendermonate betragen könne, ausgeglichen würden. Dies sei der Fall, wenn - wie hier - durch Richtlinien ein seltenerer Einsatz teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte bei Klassenfahrten möglich gemacht werde (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.2004, a. a. O.)

Zwar ist einzuräumen, dass diese Erwägung mit der neueren Rechtsprechung des EuGH, des BVerwG und des Senats zur Mehrarbeit teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist. Nach dieser Rechtsprechung sind Unterrichtsstunden, die ein solcher Lehrer zusätzlich zu seinem Pflichtstundendeputat bis zur regulären Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Lehrers leistet, anteilig zu besolden (vgl. EuGH, Urteil vom 6.12.2007 - C-300/06 -; BVerwG, Urteil vom 13.3.2008 - 2 C 128.07 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 22.8.2008 - 6 A 2445/05 -, vom 10.9.2008 - 6 A 2446/05 - und vom 17.9.2008 - 6 A 3421/05 -). Es verstößt gegen den Entgeltgleichheitsgrundsatz, dass Teilzeitbeschäftigte aufgrund der Vorschriften der Mehrarbeitsvergütungsverordnung für die gleiche Arbeit und gleiche Anzahl von Stunden eine geringere Vergütung erhalten als Vollzeitbeschäftigte. Auch während einer Klassenfahrt werden teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte im selben Umfang in Anspruch genommen wie vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte, dabei jedoch geringer besoldet.

Der Senat stellt seine Bedenken jedoch zurück und schließt sich dem BVerwG im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung an. Eine Rechtfertigung hierfür sieht er in einer Besonderheit, welche die Leistung zusätzlicher Unterrichtsstunden von der Mehrbeanspruchung durch die Teilnahme an einer Klassenfahrt unterscheidet. Zusätzliche Unterrichtsstunden eines teilzeitbeschäftigten Lehrers führen zu einer unmittelbaren Erhöhung der Vergleichsgröße, an die der europarechtliche Entgeltgleichheitsgrundsatz anknüpft. Nach Art. 141 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchstabe b) EGV muss das Entgelt für eine nach Zeit bezahlte Arbeit bei gleichem Arbeitsplatz gleich sein. Bei beamteten Lehrkräften bedeutet dies, dass mit der Zahl der Unterrichtsstunden, die der Maßstab für die Höhe der Besoldung ist, auch eben diese Besoldung in demselben Verhältnis ansteigen muss. Die Teilnahme an einer Klassenfahrt führt demgegenüber zu keiner unmittelbaren Erhöhung dieser Vergleichsgröße.

Ende der Entscheidung

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