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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 6 A 793/05
Rechtsgebiete: LBG NRW, Verf NRW


Vorschriften:

LBG NRW § 15 Abs. 1
Verf NRW Art. 70 Satz 2
§ 15 Abs. 1 LBG NRW stellt eine den Anforderungen des Art. 70 Satz 2 Verf NRW genügende Ermächtigung für den Erlass der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze durch Rechtsverordnung dar.
Tatbestand:

Der am 4.11.1963 geborene Kläger ist als Lehrer im Angestelltenverhältnis im Schuldienst des beklagten Landes tätig und begehrt seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Am 15.12.1994 legte er die Erste Staatsprüfung und am 8.10.1997 die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter für die Sekundarstufe II und für die Sekundarstufe I in den Fächern Geschichte und Katholische Religionslehre ab.

Nach einer Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter und als Lehrer an einer privaten Schule war er ab November 2000 zunächst befristet als Lehrkraft im Schuldienst des beklagten Landes beschäftigt, bevor er mit Wirkung vom 20.8.2001 auf unbestimmte Zeit als Lehrer im Angestelltenverhältnis eingestellt wurde.

Seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe lehnte die Bezirksregierung Detmold mit Bescheid vom 22.7.2003 unter Hinweis auf das Überschreiten der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze von 35 Jahren ab.

Der dagegen eingelegte Widerspruch sowie die anschließend erhobene Klage blieben erfolglos.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung machte der Kläger geltend, dass es für die in der LVO NRW getroffenen Regelungen des Einstellungshöchstalters an einer den Anforderungen des Art. 70 Verf NRW genügenden Ermächtigung fehle, die Inhalt, Zweck und Ausmaß genau bestimme.

Außerdem stelle die mit der Höchstaltersgrenze verbundene Ungleichbehandlung zwischen jüngeren und älteren Bewerbern eine Diskriminierung wegen Alters dar, die gegen höherrangiges nationales und europäisches Recht verstoße.

Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Gemäß den §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a) LVO NRW in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Eine Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe ist ausgeschlossen, weil er die Höchstaltersgrenze von 35 Jahren bereits am 4.11.1998 und damit mehrere Jahre vor seiner Einstellung in ein unbefristetes Dauerbeschäftigungsverhältnis mit Wirkung vom 20.8.2001 überschritten hatte.

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Zulassung einer Ausnahme nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW besteht nicht. (wird ausgeführt)

Es bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung der oben genannten laufbahnrechtlichen Vorschriften. Die in den §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW vorgesehene Höchstaltersgrenze steht im Einklang mit dem höherrangigen nationalen und europäischen Recht.

Die Bestimmung der Höchstaltersgrenze durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 LBG NRW ist mit dem höherrangigen Bundesrecht und dem europäischen Recht vereinbar. Sie verstößt weder gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14.8.2006 (BGBl. I S. 1897) noch gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 22.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. (wird ausgeführt; vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.3.2006 - 6 A 4625/04 -)

Die laufbahnrechtliche Höchstaltersgrenze steht im Einklang mit dem Verfassungsrecht des beklagten Landes.

Ein Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt und die in Art. 70 Satz 2 Verf NRW enthaltenen Anforderungen an die zum Erlass der Laufbahnverordnung NRW ermächtigende gesetzliche Regelung ist nicht erkennbar.

Nach Art. 70 Satz 2 Verf NRW muss das Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Dabei hat der Gesetzgeber die Grenzen der dem Verordnungsgeber übertragenen Rechtssetzungsmacht so genau zu umreißen, dass aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was zulässig sein soll. Es ist allerdings ausreichend, wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Wege der Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang oder dem Sinn und Zweck des ermächtigenden Gesetzes erkennen lassen. Dabei hängt der Grad der zu fordernden Bestimmtheit einerseits von den je nach Eigenart des Regelungsgegenstandes variierenden Konkretisierungsmöglichkeiten, andererseits aber maßgeblich von der Bedeutsamkeit der normativen Regelungen ab, zu denen die Exekutive ermächtigt wird.

Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 24.8.1993 - VerfGH 13/92 -, NWVBl. 1993, 460 (461).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist für die Festlegung der Höchstaltersgrenze eine hinreichende Ermächtigung anzunehmen. § 15 Satz 1 LBG NRW ermächtigt die Landesregierung zum Erlass von Vorschriften über die Laufbahnen von Beamten. Neben den in Satz 2 der Ermächtigungsnorm beispielhaft aufgeführten Regelungsgegenständen wird das Laufbahnrecht seit jeher aber auch durch eine Reihe weiterer Elemente - so auch die Regelung von Altersgrenzen oder Mindestdienstzeiten - geprägt. In diesem Sinne nimmt auch die ständige Rechtsprechung des BVerwG und des OVG NRW an, dass unter anderem Altersgrenzen oder Mindestdienstzeiten der näheren Ausgestaltung der verschiedenen Laufbahnen dienen und damit auch im Zusammenhang mit den "Vorschriften über die Laufbahnen" in zulässiger Weise einer Regelung unterworfen werden dürfen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.1962 - II C 151.60 -, Buchholz 237.1 Art. 7 BayBG Nr. 2, Beschluss vom 16.12.1970 - II B 35.70 -, Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 7, Urteile vom 31.1.1980 - 2 C 15.78 -, Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 11, und vom 23.10.1980 - 2 C 22.79 -, ZBR 1981, 228; OVG NRW, Beschluss vom 25.9.1992 - 6 B 3897/92 -, Schütz BeamtR ES/E III 1 Nr. 15, Urteil vom 6.7.1994 - 6 A 1725/93 -, DÖD 1995, 88.

Eine Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe korrespondiert zudem mit dem Zweck des Laufbahnrechts, das grundsätzlich auf Lebenszeit angelegte Beamtenverhältnis (vgl. § 5 Abs. 2 LBG NRW) auszugestalten, und setzt damit Mindestdienstzeiten zur Gewährleistung der Dauerhaftigkeit des Dienstverhältnisses regelmäßig voraus.

Vgl. zur Lebenszeiternennung als Strukturprinzip im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG BVerwG, Beschluss vom 16.12.1970, und OVG NRW, Beschluss vom 25.9.1992, jeweils a. a. O.

Ein Blick auf die rahmenrechtlichen Vorgaben des Beamtenrechts (vgl. etwa §§ 6 Abs. 1, 12 Abs. 2, 25 Abs. 1 Satz 2, 26 Abs. 3 BRRG) bestätigt, dass Altersgrenzen beziehungsweise Mindestdienstzeiten dem Laufbahnrecht immanent und somit als vom Laufbahnbegriff mit erfasst anzusehen sind. Dass die Ermächtigungsnorm die Möglichkeit der Festlegung eines Einstellungshöchstalters in der Laufbahnverordnung NRW nicht ausdrücklich erwähnt, kann deshalb auch nicht als ein Verstoß gegen die landesverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen angesehen werden. Die Grundrechtsrelevanz ist zudem beschränkt, weil mit der Höchstaltersgrenze - anders als der Kläger offenbar meint - nicht die (auch im Angestelltenverhältnis mögliche) Einstellung in den öffentlichen Dienst überhaupt, sondern lediglich der Beamtenstatus in Rede steht. Daher bedarf es auch keiner weiteren Konkretisierung durch den Gesetzgeber - etwa in Form differenzierter Vorgaben für die Altersgrenzen -, zumal es mit Blick auf die unterschiedlichen Erfordernisse der einzelnen Verwaltungsbereiche sachgerecht ist, die nähere Ausgestaltung dem Verordnungsgeber zu überlassen.

Vgl. dazu auch BVerwG, Urteile vom 31.1.1980 und vom 23.10.1980, jeweils a. a. O., zur Unbedenklichkeit in formeller Hinsicht von in Verwaltungsvorschriften und Rechtsverordnungen festgesetzten Höchstaltergrenzen.

Ende der Entscheidung

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