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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: 6 B 228/06
Rechtsgebiete: LBG


Vorschriften:

LBG § 78g
LBG § 85a Abs. 5
Zur Anrechnung von Zeiten des Urlaubs aus familienpolitischen Gründen (§ 85a LBG) auf das Hilfskriterium Dienstalter.

Zum Benachteiligungsverbot gemäß §§ 85a Abs. 5, 78g LBG.


Tatbestand:

Die Antragstellerin, eine Fachlehrerin (Besoldungsgruppe A 9 FS LBesO), trat 1973 in den öffentlichen Schuldienst im Angestelltenverhältnis ein und war nachfolgend 9 Jahre in analoger Anwendung des § 85a LBG aus familienpolitischen Gründen beurlaubt. Sie erstrebte einstweiligen Rechtsschutz dagegen, dass der Dienstherr sie bei der Besetzung der von der Bezirksregierung ausgeschriebenen Beförderungsstellen für Fachlehrer/innen an Sonderschulen (Besoldungsgruppe A 10 FS LBesO) nicht berücksichtigen wollte. Das VG lehnte ihren entsprechenden einstweiligen Rechtsschutzantrag ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO) führen nicht zum Erfolg des Rechtsmittels. ...

Damit ist nicht dargelegt, dass das VG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte entsprechen müssen. Vielmehr ist ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin bezüglich der vier in Rede stehenden Beförderungsstellen nach wie vor nicht gegeben. Nach der in Verfahren der vorliegenden Art vorzunehmenden summarischen Prüfung verfangen die von ihr vorgebrachten Einwände nicht.

Die Antragstellerin wendet sich nicht gegen die Ausführungen des VG, der Antragsgegner sei rechtlich einwandfrei von einer gleich guten Qualifikation sämtlicher Mitbewerberinnen ausgegangen und habe demzufolge über die Stellenbesetzung nach Hilfskriterien entscheiden können. Der Streit geht darum, ob das vom Antragsgegner vorrangig angewendete und zur Begründung der Nichtberücksichtigung der Antragstellerin herangezogene Hilfskriterium des Dienstalters unter den vorliegenden Umständen als rechtlich einwandfrei einzuordnen ist. Die Antragstellerin hat jedoch keine Aspekte dargelegt, die ernstliche Zweifel daran rechtfertigen, dass das VG dies zu Recht bejaht hat. Die seitens des Antragsgegners erfolgte Anrechnung des neunjährigen Urlaubs der Antragstellerin aus familienpolitischen Gründen mit nur zwei Jahren auf ihr Dienstalter stellt keine rechtlich relevante Benachteiligung ihres beruflichen Fortkommens dar; insbesondere unterliegt sie nicht dem Verbot der §§ 85a Abs. 5, 78g LBG.

Bei einem Qualifikationsgleichstand der Mitbewerber kann der Dienstherr - nach sachgerechten Gesichtspunkten und in den Grenzen des Willkürverbots - grundsätzlich frei darüber befinden, welche zusätzlichen Gesichtspunkte für die Auswahlentscheidung den Ausschlag geben sollen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13.4.2005 - 6 B 2711/04 -, vom 24.11.2003 - 6 B 2129/03 -, vom 4.3.2002 - 6 B 116/02 - und vom 4.1.1999 - 6 B 2096/98 -, RiA 2000, 43.

Eine starre Reihenfolge möglicher Hilfskriterien besteht dabei nicht; das Willkürverbot erfordert es aber, dass der Dienstherr eine einmal eingeschlagene und noch fortbestehende Praxis bei der Anwendung von Hilfskriterien durchgängig befolgt.

OVG NRW, Beschluss vom 13.4.2005 - 6 B 2711/04 -.

Den so verstandenen Ermessensspielraum hat die Bezirksregierung gewahrt. Dass sie als primär zu beachtendes Hilfskriterium das Dienstalter herangezogen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dieses Hilfskriterium hält sich im Rahmen des vom Dienstherrn bei Beförderungen zu beachtenden Leistungsprinzips und darf auch bei einem verhältnismäßig geringen Unterschied den Ausschlag geben.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24.11.2003 - 6 B 2129/03 -, vom 7.3.2003 - 6 B 163/03 - m.w.N. und vom 4.3.2002 - 6 B 116/02 -.

Ist danach die Heranziehung des Hilfskriteriums Dienstalter als solches in das Ermessen des Dienstherrn gestellt, hat Gleiches hinsichtlich der Einzelheiten zur näheren Bestimmung des Dienstalters - unter Wahrung der Willkürgrenze - zu gelten. Davon ausgehend ist die hier erfolgte Anrechnung des familienpolitischen Urlaubs der Antragstellerin mit zwei Jahren auf ihr Dienstalter nicht ermessensfehlerhaft und erst recht nicht willkürlich. Der von dem Antragsgegner dargelegte Bezug des Dienstalters zum Leistungsprinzip lässt eine solche begrenzte Anrechnung sachlich vertretbar erscheinen, zumal sie an der Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 LVO orientiert ist. Hat danach die Bezirksregierung die Dienstzeit der Antragstellerin mit insgesamt 25 Jahren ermessensfehlerfrei in Ansatz gebracht, ist damit auch den Zwecken des § 85a Abs. 5 i.V.m. § 78g LBG in hinreichendem Maße Rechnung getragen.

Sonstige Fehler seitens des Antragsgegners bei der Berechnung des Dienstalters der Antragstellerin sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. ... (wird ausgeführt)

Schließlich verfängt auch nicht ihr Vorbringen, ausgehend von der Dienstaltersberechnung des Antragsgegners sei zwischen allen Mitbewerberinnen nur ein geringfügiger Unterschied von weniger als zwölf Monaten zu verzeichnen, der sich in der Praxis nicht qualifikationserhöhend auswirken könne; alle Mitbewerberinnen unter Einschluss ihrer Person seien auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Dienstalters als gleich geeignet anzusehen, sodass sie angesichts ihrer Schwerbehinderung vorrangig zu berücksichtigen sei. Auf Grund des geringeren Dienstalters der Antragstellerin ist die getroffene Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei ergangen. Bei nur vier Beförderungsstellen sind angesichts der Vielzahl von Bewerbungen Härten - wie sie insbesondere bei einer auf das Dienstalter als zulässigem Hilfskriterium gestützten Auswahlentscheidung auftreten - selbst bei noch geringeren Unterschieden unvermeidbar; dem nachrangigen weiteren Hilfskriterium der Schwerbehinderung kam damit keine Bedeutung für die Auswahlentscheidung mehr zu.

Ende der Entscheidung

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