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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 27.04.2007
Aktenzeichen: 6 B 2676/06
Rechtsgebiete: BRL Pol


Vorschriften:

BRL Pol Nr. 8.1
BRL Pol Nr. 9.2
1. Erfolgloser Antrag eines Kriminaloberkommissars auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Dienstherrn zu verpflichten, fünf freie Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A11 BBesO vorläufig nicht mit Konkurrenten zu besetzen.

2. Zu den Anforderungen an die Begründungen nach Nrn. 8.1 und 9.2 BRL Pol.


Tatbestand:

Der Antragsteller ist Kriminaloberkommissar (A10 BBesO). Nachdem ein Auswahlverfahren zur Besetzung mehrerer Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A11 BBesO zu seinen Ungunsten ausgegangen war, beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Besetzung der Beförderungsplanstellen mit Konkurrenten zu verhindern. Das VG gab dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes statt, da die aktuelle Beurteilung des Antragstellers, die dem Auswahlverfahren zu Grunde gelegt worden war, an Plausibilitätsmängeln litt. Der Antragsgegner beurteilte den Antragsteller neu und wiederholte das Auswahlverfahren unter Zugrundelegung der Neubeurteilung. Der Antragsteller wurde wiederum nicht ausgewählt und beantragte erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Freihaltung der besagten Beförderungsplanstellen. Zur Begründung machte er geltend, auch die Neubeurteilung sei rechtsfehlerhaft. Der Rechtsschutzantrag blieb in beiden Rechtszügen erfolglos.

Gründe:

Einen Anordnungsanspruch des Antragstellers, der gegebenenfalls in der sich aus dem Antrag ergebenden Form zu sichern wäre, hat die Beschwerde nicht glaubhaft gemacht. Sie zeigt keine Gesichtspunkte auf, die auf eine Verletzung des dem Antragsteller zustehenden Rechts auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren hindeuten könnten.

Ein Fehler der der angefochtenen Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden dienstlichen Beurteilung des Antragstellers vom 20.9.2006 ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich.

Der Antragsgegner hat erklärt, dass im Hinblick auf die Neubeurteilung des Antragstellers am 20.9.2006 eine Endbeurteilerkonferenz stattgefunden habe, bei der - auch in Bezug auf die Submerkmale - eine vergleichende Betrachtung der im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen des Antragstellers mit den Leistungen der übrigen Beamten der Vergleichsgruppe der Oberkommissare vorgenommen worden sei. Der Endbeurteilerkonferenz seien Vorgespräche mit den "Zwischenvorgesetzten" des Antragstellers vorausgegangen, bei denen sein Leistungsbild erörtert worden sei. Zum Beleg seiner Angaben hat der Antragsgegner das Ergebnisprotokoll der Konferenz und die schriftlichen Stellungnahmen des KOR T. und des POR S. zum Leistungsbild des Antragstellers vorgelegt. In dem Ergebnisprotokoll, das auch die Teilnehmer der Konferenz bezeichnet, heißt es unter Nr. 43 - Personalangelegenheiten - Buchstabe b: KOK D. - Die anlässlich der Neubeurteilung des Herrn D. erforderliche Endbeurteilerkonferenz gemäß Ziffer 9.2 BRL Pol hat stattgefunden.

Angesichts der konkreten und in der beschriebenen Weise belegten Schilderungen des Zustandekommens der Neubeurteilung reicht das in der Beschwerdeschrift erfolgte unsubstanziierte Bestreiten der geschilderten Vorgänge mit Nichtwissen nicht aus, um einen Fehler des Beurteilungsverfahrens im Hinblick auf die Vorbereitung und die Durchführung der Endbeurteilerkonferenz glaubhaft zu machen.

Soweit die Beschwerde die Neubeurteilung des Antragstellers für fehlerhaft hält, weil Einschätzungen des KOR T. und des POR S., die dem Antragsteller im Beurteilungszeitraum als Unterabteilungsleiter vorgesetzt waren, in die Endbeurteilung eingeflossen sind, ist dem nicht zu folgen. Nach Nr. 9.2 Satz 3 der Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen (BRL Pol) zieht der Endbeurteiler zur Beratung weitere personen- und sachkundige Bedienstete heran. Dazu können auch weitere Vorgesetzte des zu Beurteilenden zählen, die in der Hierarchie über dem Erstbeurteiler stehen. Die Behauptung der Beschwerde, KOR T. und POR S. seien tatsächlich nicht in der Lage gewesen, die Leistungen des Antragstellers im Beurteilungszeitraum einzuschätzen, weil sie keinen unmittelbaren dienstlichen Kontakt mit ihm gehabt hätten, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, KOR T. und POR S. hätten in ihrer Funktion als jeweiliger Leiter der damaligen Unterabteilung "Zentrale Kriminalitätsbekämpfung" auf Grund zahlreicher Gespräche und Besprechungen auch Rückmeldungen über die Leistungen einzelner Beamter erlangt. Dies sei insbesondere bei Gesprächen über den stetig anzupassenden Personaleinsatz und die Kräfteverteilung der Fall gewesen. KOR T. habe sich auch durch die Teilnahme an mehreren Dienstbesprechungen mit dem Kommissariat "Vorbeugung" ein persönliches Bild von den Leistungen des Antragstellers machen können.

Dass KOR T. und POR S. auf dieser Grundlage keine Rückmeldungen über die Leistungen des Antragstellers im Beurteilungszeitraum erlangt haben können, zeigt die Beschwerde nicht auf. Mehr war aber nicht erforderlich. Insbesondere bedurfte es zur Gewinnung solcher Erkenntnisse keiner persönlichen Gespräche zwischen den Unterabteilungsleitern und dem Antragsteller.

Die angegriffene Beurteilung ist hinreichend plausibel. Insbesondere genügt die Abweichungsbegründung des Endbeurteilers nach Nr. 9.2 BRL Pol den an sie zu stellenden Plausibilitätsanforderungen. Ziffer 1 der Abweichungsbegründung ist so zu verstehen, dass auch die gegenüber dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers niedrigere Bewertung der darin angesprochenen Submerkmale jeweils auf einem Quervergleich innerhalb der Vergleichsgruppe der Oberkommissare beruht. Entgegen der Beschwerde ist der Umstand, dass der Endbeurteiler die den herabgesetzten Bewertungen der Submerkmale zugeordneten textlichen Beschreibungen unverändert gelassen hat, für die Plausibilität der Beurteilung ohne Belang. Die dem "Beschreibungskatalog" in der Anlage 2 zu den BRL Pol entnommenen standardisierten Verbalangaben ("Beschreibungen") entsprechen bestimmten Punktwerten bei den jeweiligen Submerkmalen. Durch die Herabsetzung der Punktwerte im Rahmen der Endbeurteilung werden die Beschreibungen gegenstandslos, ohne dass der Endbeurteiler hierzu eine Aussage treffen muss. Der Wegfall einzelner oder sämtlicher Beschreibungen berührt weder die Plausibilität noch die Vollständigkeit der Beurteilung. An welcher Stelle der Beurteilte bei einem Qualifikationsvergleich steht, bestimmt sich nach dem Gesamtergebnis seiner Beurteilung und gegebenenfalls nach den darin enthaltenen Bewertungen der Haupt- und Submerkmale. Ist die Beurteilung insoweit vollständig und widerspruchsfrei, kann sie ihren Zweck erfüllen, ohne dass es in irgendeiner Weise auf die den Submerkmalen zugeordneten Beschreibungen ankäme. Diese Beschreibungen enthalten auf Grund ihrer Standardisierung keine auf den Einzelnen individuell zugeschnittenen Aussagen, zumal die BRL Pol in Nr. 6.3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 eine Beschränkung auf zwei bis drei Beschreibungen vorsehen und freie oder ergänzende Formulierungen für unzulässig erklären. Sie haben bei einem späteren Qualifikationsvergleich keine praktische Bedeutung, sondern sind vor allem eine Orientierungshilfe für den Erstbeurteiler und können im Übrigen zur Illustration der Bewertungen dienen.

Die Begründung nach Nr. 8.1 BRL Pol, die - wie hier - erforderlich wird, wenn sich die Lebens- und Diensterfahrung des Beamten nicht positiv auf dessen Leistungsbild ausgewirkt haben, ist nicht zu beanstanden. Der Endbeurteiler hat insoweit ausgeführt: Die von Herrn D. gezeigte Gesamtleistung hob sich nicht deutlich genug vom Gesamtergebnis der vorherigen Regelbeurteilungen ab. Dies beruhte insbesondere darauf, dass Herr D. in hektischen Situationen zuweilen Planungs- und Dispositionsmängel erkennen ließ und in diesem Zusammenhang leichte Schwächen bei der Entscheidungsfindung zeigte. Zudem war er körperlich nicht immer ausreichend belastbar. Trotz der zunehmenden Lebens- und Diensterfahrung konnte er deswegen im Quervergleich innerhalb seiner Vergleichsgruppe kein positiveres Gesamturteil erzielen.

Auch wenn diese Ausführungen zum Teil auf tatsächliche Beobachtungen gestützt sind, enthalten sie letztlich nur zusammenfassende Werturteile des Endbeurteilers, die sich auf Verhaltensweisen des Antragstellers im Dienst beziehen. Derartige Werturteile des Dienstherrn sind als solche einer Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte nicht zugänglich.

Allerdings muss der Dienstherr im gerichtlichen Verfahren auf begründete Einwände des Beurteilten allgemein und pauschal formulierte Werturteile erläuternd konkretisieren, sodass sie für den Beamten einsichtig und für Außenstehende nachvollziehbar sind. Nur auf der Grundlage solcher Erläuterungen und Konkretisierungen kann das Verwaltungsgericht überprüfen, ob der Dienstherr bei der Abgabe der dienstlichen Beurteilung oder einzelner in ihr enthaltener Werturteile von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verletzt hat. Die Konkretisierung kann durch weitere Werturteile oder durch die Schilderung tatsächlicher Vorgänge erfolgen. Im letzteren Fall wird dabei der Weg zur Überprüfung tatsächlicher Grundlagen eröffnet, sofern es sich um Tatsachen handelt, die für das zu konkretisierende Werturteil nicht nur von beispielhaftem, sondern von prägendem Gewicht sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.12.1999 - 6 A 3593/98 -, ZBR 2001, 339).

Der Antragsgegner hat die besagten Werturteile betreffend die körperliche Belastbarkeit des Antragstellers sowie seine Fähigkeiten im Bereich Planung, Disposition und Entscheidungsfindung mit der Antragserwiderung vom 11.10.2006 im erstinstanzlichen Verfahren näher erläutert.

Dass diese Werturteile - wie die Beschwerde behauptet - auf einem unrichtigen Sachverhalt beruhen, lässt sich anhand des Beschwerdevorbringens nicht feststellen. Die Beschwerde tritt den Erläuterungen des Antragsgegners lediglich mit einer eigenen Bewertung der Umstände durch den Antragsteller entgegen, die keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür liefert, dass den umstrittenen Werturteilen des Endbeurteilers unzutreffende Tatsachen zu Grunde liegen.

Dass der Antragsteller - wie die Beschwerde ausführt - nur in wenigen Fällen krankheitsbedingt dem Dienst ferngeblieben ist, bedeutet nicht, dass er auch in Situationen, die über die tägliche Routinearbeit hinausgingen, jederzeit ausreichend körperlich belastbar war.

Anhaltspunkte dafür, dass die Neubeurteilung - wie die Beschwerde meint - auf sachfremden Erwägungen beruht, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dass der Dienstherr des Antragstellers im Rahmen der Neubeurteilung die bei der vorangegangenen Beurteilung zu Tage getretenen Plausibilisierungsmängel zu vermeiden sucht, ist im Interesse aller Beteiligten geboten. Allein der Umstand, dass die Neubeurteilung im Ergebnis nicht besser ausgefallen ist als die vorangegangene Beurteilung, lässt den von der Beschwerde gezogenen Schluss auf eine sachwidrige Plausibilisierung - koste es, was es wolle - nicht zu. Nichts anderes gilt hinsichtlich der geänderten Begründung nach Nr. 8.1 BRL Pol, bei der der Satz, "bei KOK D. handelt es sich um einen leistungsfähigen Kriminalbeamten", entfallen ist. Auch wenn der Satz positiv formuliert war, führte die darin enthaltene Aussage über eine dem Durchschnitt entsprechende Gesamtbewertung des Antragstellers mit drei Punkten - entspricht voll den Anforderungen - nicht hinaus.

Soweit die Beschwerde schließlich bemängelt, dass die Herabsetzung der Bewertung des Submerkmals 1.4 "Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit" von fünf auf drei Punkte nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden könne, der Antragsteller habe leichte Schwächen bei der Entscheidungsfindung gezeigt, irrt sie. Abgesehen davon, dass der Endbeurteiler die entsprechende Herabsetzung der Bewertung des Submerkmals 1.4 gar nicht mit Schwächen des Antragstellers bei der Entscheidungsfindung begründet, sondern dieses aus seiner Sicht gegebene Defizit des Antragstellers lediglich im Rahmen der Begründung nach Nr. 8.1 BRL Pol angesprochen hat, würde ein solches Defizit eine Bewertung mit drei Punkten ohne weiteres tragen. Eine Bewertung des Submerkmals 1.4 jenseits der drei Punkte setzt eine überdurchschnittliche Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit voraus, die auch bei nur leichten Schwächen des zu Beurteilenden bei der Entscheidungsfindung regelmäßig zu verneinen sein dürfte.

Ende der Entscheidung

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