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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 6 B 557/07
Rechtsgebiete: GG, SchulG NRW


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
SchulG NRW § 57 Abs. 7 Satz 1
SchulG NRW § 59 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2
Laufbahnwechsler dürfen nicht allein deshalb aus dem Bewerberkreis für schulscharf ausgeschriebene Stellen ausgeschlossen werden, weil den Schulen die Entscheidung überlassen werden soll, bei ihnen zu vergebende öffentliche Ämter nur mit Neubewerbern zu besetzen.

Auch der zusätzliche Verwaltungsaufwand für die dienstliche Beurteilung von Laufbahnwechslern kann - vorbehaltlich näherer Darlegung - den Ausschluss aus dem Bewerberkreis nicht rechtfertigen.


Tatbestand:

Der Antragsteller steht als Lehrer im Beamtenverhältnis. Er besitzt die Befähigung für das Lehramt für die Sekundarstufen II und I, wurde aber als Lehrer (A 12 BBesO) in den gehobenen Dienst eingestellt und an einer Gesamtschule eingesetzt. Das Land NRW schrieb einige Jahre nach seiner Einstellung in zwei getrennten Verfahren zum selben Termin schulscharf Stellen für Studienräte (A 13 BBesO) aus. Die in dem Verfahren "LEO" ausgeschriebenen Stellen waren nur für Neubewerber zugelassen. Die im Verfahren "OLIVER" zu vergebenden Stellen waren für bereits im Beamtenverhältnis stehende Bewerber vorgesehen, bei denen die Ernennung zum Studienrat eine Beförderung und einen Laufbahnwechsel darstellt. Die Entscheidung, ob eine Stelle mit einem Neubewerber oder einem Laufbahnwechsler zu besetzen war, traf der Schulleiter. Der Antragsteller erstrebt, auch in die Auswahl der im Verfahren "LEO" ausgeschriebenen Stellen einbezogen zu werden, obwohl er kein Neubewerber ist. Den hierauf gerichteten Eilantrag lehnte das VG ab. Die Beschwerde des Antragstellers führte zum Erfolg.

Gründe:

Der Antragsteller kann als Lehrer (A 12 BBesO) nicht bereits deswegen von der Bewerbung auf Stellen für Studienräte (A 13 BBesO) ausgeschlossen werden, weil diese von den ausschreibenden Schulleitungen nicht ausdrücklich für die Besetzung mit Laufbahnwechslern vorgesehen sind. Ein solcher Ausschluss steht mit dem von der Beschwerde angeführten Art. 33 Abs. 2 GG nicht in Einklang.

Nach dem in dieser Vorschrift verankerten Prinzip der Bestenauslese hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Bestenauslese dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen im öffentlichen Dienst, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zugleich wird damit dem rechtlichen Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung getragen und ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die jeweilige Auswahlentscheidung begründet.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237 und - 2 C 9.04 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31.

Die daraus folgenden Bindungen für den Entscheidungsspielraum des Dienstherrn entfalten ihre Wirkung nicht nur bei der abschließenden Personalauswahl selbst, sondern auch bei der ihr vorgelagerten Entscheidung, welcher Personenkreis für die Stellenbesetzung angesprochen werden soll. Da in solche Entscheidungen des Dienstherrn regelmäßig auch organisatorische, personalwirtschaftliche und personalpolitische Erwägungen einfließen, ist ihm jedoch ein weitgefasster Spielraum zuzubilligen, ob er eine Stelle überhaupt besetzt und welchen Personenkreis er dafür in Betracht zieht. Dieses dem Dienstherrn zustehende Organisationsermessen muss allerdings willkürfrei ausgeübt werden. Das heißt, dass Beschränkungen des Bewerberkreises einen sachlich vertretbaren Grund haben müssen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26.3.2007 - 6 B 26/07 - und - 6 B 48/07 -, Juris.

Der Antragsgegner hat den Ausschluss der bereits im öffentlichen Dienst befindlichen Lehrer von einer Bewerbung auf die für Neubewerber im Lehrereinstellungsverfahren ausgeschriebenen Stellen ("LEO - Lehrereinstellung Online.NRW") lediglich damit begründet, das Neueinstellungs- und das Laufbahnwechslerverfahren seien getrennt worden, damit die Schulen selbst darüber entscheiden könnten, ob sie eine Stelle für Laufbahnwechsler oder Neubewerber ausschreiben wollen.

Aus welchem Grund den Schulen die Möglichkeit eröffnet wird, den Zugang zu den bei ihnen zu vergebenden öffentlichen Ämtern in dieser Weise zu lenken bzw. zu beschränken, ergibt sich weder aus § 57 Abs. 7 Satz 1 SchulG, den Gesetzgebungsmaterialien (LT-Drs. 14/1572 S. 96) noch dem Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29.12.2006, Az. 113 - Laufbahnwechsel. Allein der Wunsch, den angesprochenen Personenkreis auf Neubewerber zu beschränken, stellt noch keinen sachlichen Grund dar, der die aus Art. 33 Abs. 2 GG erwachsenden Bindungen bei der Festlegung des Bewerberkreises zu lösen vermag.

Es ist nicht ersichtlich, dass der durch die grundsätzlich notwendige Beurteilung von Versetzungsbewerbern ausgelöste Verwaltungsaufwand ein Ausmaß erreicht, das den Ausschluss dieser Bewerbergruppe von den bei LEO ausgeschriebenen Stellen sachlich rechtfertigen könnte: Jeder Versetzungsbewerber ist zwar nach Nr. 3.1.2 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Studienseminaren (RdErl. vom 2.1.2003, ABl. NRW. S. 7 - BRL -) zu beurteilen. Da hiervon nach Nr. 3.4 BRL aber in vielen Fällen nach einer erstmaligen Beurteilung abgesehen werden kann, lässt sich ohne nähere Darlegungen ein ständig auftretender übermäßiger Verwaltungsaufwand nicht ohne Weiteres annehmen. Das gilt auch deshalb, weil die schulfachlichen Schulaufsichtsbeamten von ihren Beurteilungsaufgaben dadurch erheblich entlastet worden sind, dass seit dem Schuljahr 2006/07 der Schulleiter die dienstliche Beurteilung vor einer Übertragung des ersten Beförderungsamtes einer Laufbahn erstellt (§ 59 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SchulG NRW). Hinzu tritt, dass die obere Schulaufsichtsbehörde Versetzungsbewerber, die sich - wie der Antragsteller - auch auf für sie zugelassene Stellen bewerben, ohnehin beurteilen muss.

Die zusätzliche Bewerbung auf gleichzeitig ausgeschriebene weitere Stellen verursacht im Regelfall also keinen weiteren Beurteilungsaufwand. Ein Mehraufwand entsteht damit nur für die Versetzungsbewerber, die sich ausschließlich auf Stellen bewerben, die nicht für Laufbahnwechsler zugelassen sind, und die über keine Beurteilung verfügen, die den Anforderungen der Nr. 3.4 BRL genügt.



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