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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: 6 B 638/05
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Der Dienstherr darf einer früheren Regelbeurteilung, die der Endbeurteiler bezüglich des Gesamturteils um einen Punkt abgesenkt, hinsichtlich der durchgängig besseren Hauptmerkmale aber unverändert übernommen hat, im Rahmen der inhaltlichen Ausschöpfung für den Qualifikationsvergleich keine Bedeutung beimessen.
Tatbestand:

Der Antragsteller und die Beigeladenen haben als Polizeikommissare jeweils eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 BBesO inne. In ihren aktuellen Regelbeurteilungen sind sie sowohl im Gesamturteil als auch in den bewerteten drei Hauptmerkmalen jeweils mit 4 Punkten beurteilt worden. In der vorangegangenen Regelbeurteilung hatten sie im Gesamturteil 3 Punkte erhalten. Bei dem Antragsteller hatte der Endbeurteiler den auf 4 Punkte lautenden Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers auf 3 Punkte herabgesetzt. In den drei Hauptmerkmalen hatte es der Endbeurteiler bei der vorgeschlagenen Beurteilung belassen. Den Beigeladenen waren demgegenüber in den drei Hauptmerkmalen jeweils 3 Punkte zuerkannt worden.

Der Antragsgegner beabsichtigt, die ihm zugewiesenen Stellen der Besoldungsgruppe A 10 BBesO zu besetzen.

Dem dagegen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das VG stattgegeben: Der Antragsgegner sei verpflichtet gewesen, vor einer Berücksichtigung von Hilfskriterien die Bewertungen der Hauptmerkmale der vorletzten dienstlichen Beurteilungen inhaltlich auszuwerten. Die vorletzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers weise in drei Hauptmerkmalen 4 Punkte auf und vermittle ihm gegenüber seinen Mitbewerbern einen deutlichen Qualifikationsvorsprung. Dass sie wegen der Diskrepanz zwischen den Bewertungen der Hauptmerkmale und dem Gesamturteil nicht schlüssig sei, sei unerheblich: Sie sei bisher nicht angefochten worden und angesichts der inzwischen verstrichenen Zeitspanne voraussichtlich auch nicht mehr angreifbar, so dass sie der Auswahlentscheidung so zu Grunde zu legen sei, wie sie seinerzeit gefasst worden sei.

Die dagegen eingelegten Beschwerden der Beigeladenen hatten Erfolg.

Gründe:

Soweit der Antragsgegner zunächst davon ausgegangen ist, dass sich bei Zugrundelegung der aktuellen Beurteilungen kein Qualifikationsvorsprung des Antragstellers oder der Beigeladenen ergebe, da alle im Gesamturteil und in den Hauptmerkmalen mit 4 Punkten benotet worden seien, ist dies nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des VG begegnet es ferner keinen rechtlichen Bedenken, dass der Antragsgegner einen Qualifikationsvorsprung des Antragstellers gegenüber den Beigeladenen auch nicht mit Blick darauf angenommen hat, dass der Antragsteller in seiner vorletzten Beurteilung in allen drei bewerteten Hauptmerkmalen 4 Punkte erhalten hat, die Beigeladenen hingegen insoweit nur 3 Punkte erzielt haben. Diesen Unterschied durfte der Antragsgegner vernachlässigen. Er hat dies damit begründet, dass die Gesamtnote des Antragstellers gegenüber dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers durch den Endbeurteiler um einen Punkt auf 3 Punkte abgesenkt, andererseits aber die durch den Erstbeurteiler vorgeschlagene Benotung der Hauptmerkmale mit jeweils 4 Punkten unverändert übernommen worden ist. Eine derartige Beurteilung sei nicht nachvollziehbar. Diese Erwägung stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.2.2005 - 6 B 2449/04 -, und stellt in der Sache zu Recht darauf ab, dass den solchermaßen beurteilten Hauptmerkmalen keine Aussagekraft für den Qualifikationsvergleich beigemessen werden kann.

Dieser Mangel wäre nur durch eine nachträgliche Korrektur der vorletzten Regelbeurteilung behebbar. Hierzu ist der Antragsgegner - von allem weiteren abgesehen - aber jedenfalls nicht verpflichtet, nachdem der Antragsteller diese - vom 24.1.2000 datierende - Beurteilung unwidersprochen hingenommen und danach eine weitere, nämlich die nunmehr aktuelle Beurteilung vom 20.1.2003 erhalten hat.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, der Personalentscheidung fehle es aufgrund des Plausibilitätsmangels der vorletzten Regelbeurteilung überhaupt an einer tragfähigen Grundlage. Eine solche wäre nur dann nicht gegeben, wenn eine verwertbare aktuelle Beurteilung des Antragstellers nicht vorläge.

Vgl. in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Beschlüsse vom 28.4.2005 - 6 B 541/05 - und vom 16.6.2005 - 6 B 735/05 -.

Dies ist jedoch nicht der Fall, da gegen die aktuelle Beurteilung des Antragstellers nichts einzuwenden ist.

Die Entscheidung des Antragsgegners, von einer Auswertung der Hauptmerkmale in der vorletzten Regelbeurteilung Abstand zu nehmen, hält sich unter diesen Umständen in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit. Bei der Auswertung früherer Beurteilungen ist dem Dienstherrn ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen, innerhalb dessen er sich schlüssig werden muss, ob und inwieweit aus den jeweiligen Beurteilungen Erkenntnisse für den Qualifikationsvergleich gewonnen werden können. Dem entspricht eine - unter Umständen erhöhte - Begründungs- und Substantiierungspflicht des Dienstherrn, wenn er früheren Beurteilungen für den Qualifikationsvergleich keine Bedeutung beimessen will.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22.12.2003 - 6 B 2321/03 - und vom 14.4.2005 - 6 B 457/05 -.

Dem hat der Antragsgegner mit der oben wiedergegebenen Begründung entsprochen.

Ende der Entscheidung

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