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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 07.11.2007
Aktenzeichen: 6t A 3788/05.T
Rechtsgebiete: GOÄ, HeilBerG, BO, StPO


Vorschriften:

GOÄ § 1 Abs. 2 Satz 1
GOÄ § 2
GOÄ § 2 Abs. 2 Satz 2
HeilBerG § 29 Abs. 1
HeilBerG § 60
HeilBerG § 91
HeilBerG § 112
BO § 2 Abs. 1
BO § 2 Abs. 2
BO § 11 Abs. 1
BO § 11 Abs. 2
BO § 12
BO § 12 Abs. 1
BO § 27 Abs. 1
StPO § 318 Satz 1
Die Berufung gegen ein Urteil des Berufsgerichts für Heilberufe kann auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden, wenn zwischen Schuld- und Maßnahmefrage kein unauflösbarer innerer Zusammenhang besteht.

Die Berufungsbeschränkung ist unbeachtlich, wenn der Schuldspruch auf einem nicht oder nicht mehr gültigen Gesetz beruht, wenn die für die Maßnahmebemessung festgestellten Tatsachen zugleich zur Verneinung der Schuld führen können oder wenn ein offen zu Tage liegendes Unrecht anderenfalls perpetuiert würde. Dazu gehört auch die Verurteilung wegen eines Vorwurfs, der nicht Gegenstand der Anschuldigung und des Eröffnungsbeschlusses war.


Tatbestand:

Der Beschuldigte ist seit dem 1.10.2000 niedergelassener Arzt und in D. tätig. Er ist habilitierter Urologe und darf die Zusatzbezeichnung "Naturheilverfahren" führen; zur vertragsärztlichen Versorgung ist er nicht zugelassen. Seit 1992 übt er eine bioelementare Kombinationstherapie zur Heilung von Krebserkrankungen aus, zu deren Therapiebestandteilen u.a. Mistel-Infusionen und Tiefenwärmebehandlungen gehören.

Auf Antrag der Antragstellerin eröffnete das Berufsgericht für Heilberufe beim VG Köln das berufsgerichtliche Verfahren und legte dem Beschuldigten zur Last,

"die ihm obliegende Verpflichtung, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm bei seiner Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen,

und seine Honorarforderungen nach der GOÄ zu bemessen,

und seine Patientinnen und Patienten mit geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gewissenhaft zu versorgen,

und Heilerfolge, insbesondere bei nicht heilbaren Krankheiten nicht als gewiss zuzusichern,

sowie nicht berufswidrig für seine ärztliche Tätigkeit zu werben, verletzt zu haben,

indem er

im Dezember 2000 im Rahmen einer Vortragsveranstaltung in D. behauptet hat, den Fußballer F. zu behandeln,

am 05.03.2001 in einem Gespräch mit dem Patienten H. im Beisein der Zeugin H. behauptet hat, dem Patienten helfen zu können, der sonst verloren sei, und der Zeugin H. eine "Honorarvereinbarung" zur Unterschrift vorgelegt hat, die nicht den inhaltlichen und formalen Anforderungen des § 2 GOÄ entsprach, und eine Anzahlung i.H.v. 2.000,00 DM verlangt hat,

am 06.02.2001 eine "Blutwerte/Ozontherapie" bei dem Patienten H. durchgeführt hat,

unter dem 22.02.2001 eine nicht den inhaltlichen und formalen Anforderungen entsprechende Liquidation erteilt hat

sowie einen in der "NRZ" vom 24.01.2001 erschienenen Bericht mit Hinweis auf seine Praxisanschrift und unter Beifügung einer Ablichtung in Berufskleidung veranlasst bzw. geduldet hat.

Verstoß gegen § 29 Abs. 1 HeilBerG NRW i.V.m. §§ 2 Abs. 2, 11 Abs. 1 u. 2, 12 Abs. 1 u. 27 Abs. 1 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte in der Fassung vom 18.03.2000."

Mit Urteil vom 15.4.2005 erkannte das Berufsgericht wegen Verletzung der Berufspflichten auf einen Verweis und gleichzeitig auf eine Geldbuße in Höhe von 30.000 Euro. Der Beschuldigte legte gegen das Urteil Berufung ein, die er während des Berufungsverfahrens auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. Die Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das angegriffene Urteil wurde geändert; neben einem Verweis wurde nur noch auf eine Geldbuße in Höhe von 5000,- Euro erkannt.

Gründe:

Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.

Die vom Beschuldigten erklärte Rechtsfolgenbeschränkung gilt - als Unterfall der in der StPO geregelten Berufungsbeschränkung (vgl. § 318 Satz 1 StPO) - auch im Heilberufsrecht (a). Soweit sie wirksam ist, hat sie zur Folge, dass das Berufungsgericht die Tatsachen- und Schuldfeststellungen des mit der Berufung angegriffenen Urteils ohne eigene Nachprüfung zugrunde zu legen hat; ansonsten gilt das Urteil (insoweit) als vollumfänglich angefochten (b). Die Berufungsbeschränkung ist an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gebunden (c). Im vorliegenden Fall bewirkt sie nur zum Teil eine Bindung an die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen (d). Im Ergebnis führt die Berufung des Beschuldigten wegen des trotz der Rechtsfolgenbeschränkung bewirkten Wegfalls eines gewichtigen Vorwurfs zu einer (deutlichen) Herabsetzung der verhängten Geldbuße (e).

a) Gem. § 318 Satz 1 StPO kann die Berufung "auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden". Über § 112 HeilBerG findet diese strafprozessuale Vorschrift - soweit nicht das Prinzip der Einheit des Berufsvergehens entgegensteht - auch im Heilberufsrecht Anwendung. Ein Unterfall der Berufungsbeschränkung ist die hier erklärte Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch, die nach der sog. Trennbarkeitsformel des BGH voraussetzt, dass zwischen Schuld- und Straffrage kein unauflösbarer innerer Zusammenhang besteht.

Vgl. nur BGH, Beschl. vom 21.10.1980 - 1 StR 262/80 -, BGHSt 29, 359 (365 ff.).

b) Die Rechtsfolgenbeschränkung bewirkt, dass der Schuldspruch in Rechtskraft erwächst. Zwar ist die Schuld der Hauptzumessungsgrund der Strafe. Die beschriebene Bindungswirkung hindert das Berufungsgericht im Strafprozess aber nicht daran, statt der im Straftatbestand typisierten Schuld den individuellen Grad des Verschuldens für die Strafzumessung zu bestimmen. Dies bedeutet, dass das Berufungsgericht Billigkeit und Gewicht der vom Ersturteil festgestellten Strafzumessungstatsachen nach eigenem Ermessen neu zu würdigen hat. Gegebenenfalls kann es auch im Rahmen der Strafzumessung neue Feststellungen treffen, etwa über das Verhalten des Angeklagten und anderer Personen vor und nach der Tat, sowie über die sonstigen, außerhalb der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung liegenden Umstände, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind.

Ausführl. Gössel, in: Löwe/Rosenberg, StPO und GVG, Großkommentar, 25. Aufl. 2003, § 318 Rn.74 und 76 f.

Diese Grundsätze sind aufgrund der Verweisungsnorm des § 112 HeilBerG auf das Berufungsverfahren im Heilberufsrecht übertragbar. Soweit die Rechtsfolgenbeschränkung wirksam ist, hat das Berufungsgericht nur noch über die nach § 60 HeilBerG zu verhängenden Maßnahmen zu entscheiden.

c) Die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen hat allerdings zur Voraussetzung, dass eine tragfähige Grundlage für die neu festzusetzenden Rechtsfolgen vorhanden ist. Der Schuldspruch und die ihm zugrunde liegenden Feststellungen müssen eine isolierte Betrachtung der Rechtsfolgen ermöglichen. Eine Beschränkung ist daher ausgeschlossen, wenn die Feststellungen zum Schuldspruch so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass das Berufungsgericht eine Entscheidung über die Rechtsfolgen nicht treffen kann, ohne erneut die Schuldfrage zu prüfen.

Eine Berufungsbeschränkung ist ferner unbeachtlich, wenn der Schuldspruch auf einem nicht oder nicht mehr gültigen Gesetz beruht, wenn die für die Strafbemessung festgestellten Tatsachen zugleich zur Verneinung der Schuld führen könnten oder wenn "offen zu Tage liegendes Unrecht" anderenfalls perpetuiert würde.

Vgl. ausführl. zu Einschränkungen der Rechtsfolgenbeschränkung: Gössel, a.a.O., § 318 Rn. 52 ff.; Meyer-Goßner, StPO-Kommentar, 49. Aufl. 2006, § 318 Rn.16 ff., und Krekeler/ Löffelmann, Anwaltskommentar StPO, 2007, § 318 Rn. 18, jeweils m.w.N.

Nicht ausgeschlossen ist die Beschränkung hingegen, wenn die Vorinstanz das geltende Recht nur falsch angewandt hat; eine fehlerhafte Subsumtion steht der Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung nicht entgegen, BGH, Urt. vom 22. Februar 1996 - 1 StR 721/94 -, NStZ 1996, 352 (353), m.w.N.

d) Das Urteil des Berufsgerichts weist einen Mangel der vorgenannten Art, der einer Rechtsfolgenbeschränkung entgegensteht, im Hinblick auf den Vorwurf "Behandlung des Zeugen H. ohne vorherige Einsichtnahme in die Befunde" auf (aa). Hinsichtlich der übrigen durch das Berufsgericht festgestellten Verfehlungen (Werbung mit dem Fußballer F., Honorarvereinbarung, Verlangen eines Honorarvorschusses und fehlerhafte Rechnung) ist die Rechtsfolgenbeschränkung wirksam (bb). Gleiches gilt in Bezug auf die beiden Vorwürfe, von denen der Beschuldigte durch das Berufsgericht freigestellt wurde; auch hier führt die Rechtsfolgenbeschränkung zu einer Bindung an die Feststellungen des Berufsgerichts (cc).

aa) Die Feststellungen zum Schuldspruch wegen "Behandlung mit der bioelementaren Kombinationstherapie, ohne die bisherigen Krankheitsbefunde und Arztberichte anzusehen oder danach gefragt zu haben" (...), entbehren einer Grundlage, wie sie für eine gesonderte Rechtsfolgenentscheidung erforderlich ist. Denn diese Feststellungen finden keine Entsprechung im Eröffnungsbeschluss; Anschuldigung und Verurteilung fallen auseinander. Dies verstößt gegen § 91 HeilBerG, demzufolge zum Gegenstand der Urteilsfindung nur solche Verfehlungen gemacht werden können, die in dem Eröffnungsbeschluss oder seinen Ergänzungen aufgeführt sind.

Während die vom 19.3.2002 datierende Antragsschrift der Antragstellerin dem Beschuldigten zunächst die Vornahme ärztlicher Behandlungen "unter Ausnutzung der Hilflosigkeit und Leichtgläubigkeit seines Patienten H." ohne Vorliegen einer medizinischen Indikation vorgeworfen hatte, verzichtete die Antragstellerin in ihrer "Präzisierung" vom 30.6.2004 auf diese Formulierung und legte dem Beschuldigten lediglich die Durchführung einer "Blutwerte/Ozontherapie" am 6.2.2001 zur Last. Diesen Wortlaut greift der Eröffnungsbeschluss vom 21.2.2005 auf. Von einer fehlenden Einsichtnahme in die bisherigen Krankenberichte und Befunde des Patienten H. ist weder in dem ersten Antrag der Antragstellerin noch in der späteren Klarstellung die Rede.

bb) An die übrigen Schuldfeststellungen sieht sich der Senat weitgehend gebunden. Dies betrifft - in der Reihenfolge des Eröffnungsbeschlusses - die Werbung mit der Behandlung des Profifußballers F., die Honorarvereinbarung und das Verlangen eines Honorarvorschusses i.H.v. von 2000,- DM (jeweils vom 5.2.2001) sowie die Rechnung vom 22.2.2001.

Das Berufsgericht hat angenommen, dass der Beschuldigte im Dezember 2000 im Rahmen einer Vortragsveranstaltung in D. wahrheitswidrig mit der Behandlung des Fußballers geworben hat. Dass es hierin einen Verstoß gegen § 29 Abs. 1 HeilBerG (Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung und dem entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen) iVm. § 2 Abs. 1 BO (gleichlautend) gesehen hat, statt auf das spezielle Werbeverbot (vgl. § 27 Abs. 1 BO) abzustellen, steht nach Auffassung des Senats einer durch die Rechtsfolgenbeschränkung ausgelösten Bindungswirkung nicht entgegen, da es sich lediglich um eine versehentliche Falschbezeichnung der zugrunde liegenden Norm handelt.

Mit der ausdrücklich als solche bezeichneten "Honorarvereinbarung" hat der Beschuldigte dem Urteil zufolge gegen § 2 Abs. 2 Satz 2 GOÄ verstoßen, da für eine Honorarvereinbarung wesentliche, gesetzlich vorgeschriebene Bestandteile fehlten (Nummer und Bezeichnung der Leistung; Steigerungssatz, vereinbarter Betrag). Insoweit ist ebenfalls von einer uneingeschränkten Bindungswirkung auszugehen.

Keine weitergehende Bedeutung kommt demgegenüber der - ebenfalls im Urteil enthaltenen - Feststellung zu, die Honorarvereinbarung sei nicht angemessen und verstoße gegen § 12 BO. Danach muss die Honorarforderung angemessen sein (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BO). Für die Bemessung ist die GOÄ die Grundlage, soweit nicht andere gesetzliche Vergütungsregelungen gelten (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BO). Sollte mit der im Urteil enthaltenen Bezugnahme auf das Angemessenheitserfordernis des § 12 BO nur noch einmal die Bindung an die GOÄ betont werden, würde es sich um eine bloße Wiederholung des bereits festgestellten (Formal-)Verstoßes handeln; eine eigenständige Bedeutung käme der Passage mithin von vornherein nicht zu. Wollte das Berufsgericht - wofür der Schriftsatz der Antragstellerin vom 9.9.2002 sprechen könnte - darüber hinaus den Vorwurf erfassen, der Beschuldigte habe eine unzulässige Pauschalforderung (hier i.H.v. 10.000 DM) verlangt, so stünde der Wirksamkeit der Rechtsfolgenbeschränkung wiederum die fehlende Kongruenz von Eröffnungsbeschluss und Verurteilung entgegen (s. bereits oben unter d) aa) zu § 91 HeilBerG). Denn im Eröffnungsbeschluss wird dem Beschuldigten lediglich zur Last gelegt, der Zeugin H. eine nicht den Anforderungen des § 2 GOÄ entsprechende Honorarvereinbarung vorgelegt zu haben. Diese Vereinbarung beziffert aber gerade keinen Betrag, obwohl § 2 Abs. 2 Satz 2 GOÄ dies verlangt (s.o.), so dass die Höhe der vereinbarten Vergütung nicht von dem angeschuldigten Vorwurf erfasst sein kann.

Durch das Verlangen eines Vorschusses i.H.v 2000,- DM in bar am 5.2.2000 hat der Beschuldigte nach den Feststellungen des Berufsgerichts gegen § 29 Abs. 1 HeilBerG (Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung und dem entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen) verstoßen. Der Honoraranspruch des Arztes werde nach § 12 GOÄ erst mit der Rechnungslegung fällig. Verlange ein Arzt dennoch einen Vorschuss, verstoße das möglicherweise nicht gegen die GOÄ, wohl aber gegen das ärztliche Standesrecht. Der Senat sieht sich auch insoweit an die erstinstanzlichen Tatsachen- und Schuldfeststellungen gebunden. Zwar ist dem Beschuldigten zuzugestehen, dass das Recht eines Arztes, von seinen Patienten einen Vorschuss zu verlangen, rechtlich problembehaftet ist, insbesondere dann, wenn es sich - wie hier - um eine Verlangensleistung i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ handelt. Das Spektrum der im Zusammenhang mit ärztlichen Vorschussanforderungen vertretenen Auffassungen ist außerordentlich breit. Es reicht von der Auffassung, jedes Verlangen eines Vorschusses sei unzulässig, über die Ansicht, ein Arzt dürfe von seinen Privatpatienten jederzeit für alle Behandlungsmaßnahmen einen Vorschuss verlangen, bis hin zu der vermittelnden Ansicht, es komme auf das Vorliegen besonderer Voraussetzungen an, wie etwa die Vorauszahlung für Materialkosten oder das Bestehen berechtigter Zweifel des Arztes an der Leistungsfähig- oder -willigkeit des Patienten. Einigkeit scheint lediglich darüber zu bestehen, dass ein Arzt nicht eine notwendige Behandlung von einer Vorschusszahlung abhängig machen darf - ein Vorwurf, der hier nicht in Rede steht.

Vgl. zu Fragen des Vorschusses genauer Kern, Arzt und Vorschuss?, GesundheitsRecht 2007, 241 ff.; Ratzel, in: Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO), 3. Aufl. 2002, § 12 Rn. 16 jeweils m.w.N.

Den aufgeworfenen Fragen muss nicht weiter nachgegangen werden. Denn die Entscheidung des Berufsgerichts kann angesichts der kontrovers diskutierten Problematik jedenfalls nicht als offenkundig ohne Rechtsgrundlage ergangen bewertet werden, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass es angesichts der Unzulässigkeit der von dem Beschuldigten verwendeten Honorarvereinbarung (s.o.) jedenfalls im konkreten Fall an der Grundlage für ein Vorschussverlangen gefehlt haben dürfte.

Dass der Beschuldigte schließlich durch die Rechnung vom 22.2.2001 unter verschiedenen, im Urteil näher ausgeführten Gesichtspunkten gegen seine Berufspflichten verstoßen hat, muss nicht erneut dargelegt werden, zumal er diese Vorwürfe selbst einräumt. Auch insoweit führt die Rechtsfolgenbeschränkung zu einer uneingeschränkten Bindung an die Feststellungen der Vorinstanz.

cc) Das Berufsgericht hat den Beschuldigten aus Mangel an Beweisen von dem Vorwurf freigestellt, er habe am 5.3.2001 in einem Gespräch mit dem Patienten H. im Beisein der Zeugin H. behauptet, dem Patienten helfen zu können, der sonst verloren sei. Für eine Unwirksamkeit der Rechtsfolgenbeschränkung ist nichts ersichtlich. Damit bleibt dieser Vorwurf bei der Maßnahmenbestimmung außer Acht. Vor diesem Hintergrund geht die in seinem letzten Schriftsatz vom 25.10.2007 geäußerte Kritik des Beschuldigten, in Bezug auf den Vorwurf "Versprechen eines Heilerfolgs" ergäben sich Widersprüche zwischen Tatbestand und Sitzungsprotokoll, ins Leere.

Ebenfalls ausgeklammert bleibt der Vorwurf der berufswidrigen Werbung durch einen in der NRZ vom 24.1.2001 erschienenen Bericht, nachdem das Berufsgericht insoweit keinerlei Schuldfeststellungen zulasten des Beschuldigten getroffen hat. Zwar ist die Begründung des Berufsgerichts, die Antragstellerin habe diesen Vorwurf in der Hauptverhandlung fallengelassen, insofern missverständlich, als eine Rücknahme des Antrags auf Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nur bis zur Zustellung des Eröffnungsbeschlusses möglich ist (vgl. § 71 Abs. 3 HeilBerG); in der Hauptverhandlung war eine Rücknahme daher ausgeschlossen. Der Senat versteht die Ausführungen aber dahin, dass das Berufsgericht in Übereinstimmung mit der Antragstellerin angesichts der zunehmenden Liberalisierung der ärztlichen Werbung für die Annahme einer Berufspflichtverletzung keine Rechtsgrundlage mehr gesehen hat. Hierauf hatte der Beschuldigte im Vorfeld der Hauptverhandlung schriftsätzlich zutreffend hingewiesen; ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung bestand "Einvernehmen, dass der Anklagepunkt bezüglich der berufswidrigen Werbung aus rechtlichen Gründen nicht aufrechterhalten werden kann".

e) Zusammenfassend ist damit für die Maßnahmenbestimmung von drei Verfehlungen im Zusammenhang mit der Abrechnung ärztlicher Leistungen (Honorarvereinbarung, Vorschuss, Rechnung) sowie von einem Werbeverstoß (wahrheitswidrige Werbung mit der Behandlung eines Profifußballers) auszugehen. Keiner dieser Vorwürfe betrifft den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit. Der Vorwurf "Behandlung ohne vorherige Einsicht in die Krankenunterlagen", der nach Auffassung des Berufsgerichts einen "schwerwiegenden Verstoß gegen ärztliche Grundpflichten" bedeutete, ist als Grundlage für die neu vorzunehmende Rechtsfolgenentscheidung entfallen.

Zugunsten des Beschuldigten sind die bereits vom Berufsgericht angeführten Umstände zu berücksichtigen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Vorwurf in Bezug auf die Honorarvereinbarung eher formale Aspekte betrifft und nicht - wovon das Berufsgericht noch ausging - die Angemessenheit der vereinbarten Höhe erfasste. Des Weiteren ist dem Beschuldigten positiv anzurechnen, dass er die fehlerhafte Rechnung zeitnah, nämlich bereits am 1.3.2001, korrigiert und anteilig zurückgezahlt hat. Zwar hat auch die Vorinstanz dieses Verhalten als milderungswürdig erkannt; die mangelnde Erwähnung bei der Erläuterung der Maßnahmen sowie die Formulierung "allenfalls" sprechen aber gegen eine tatsächliche Berücksichtigung bei der abschließenden Maßnahmenfestlegung. Der Senat wertet die umgehende Korrektur als mildernden Umstand, weil sie offenbar ohne Druck von außen erfolgte.

Gegen den Beschuldigten sprechen sein zunächst uneinsichtiges Verhalten sowie Anzahl und Gewicht der Verstöße. Zwar handelt es sich nicht um Verfehlungen im Kernbereich ärztlichen Handelns; besondere Bedeutung kommt nach Auffassung des Senats aber dem Umstand zu, dass es sich bei dem betroffenen Zeugen H. um einen schulmedizinisch austherapierten Patienten mit einer Krebserkrankung handelte, bei dem auch schon der Anschein des Ausnutzens einer hilflosen Lage vermieden werden musste.

Bei Abwägung aller Umstände war danach ein Verweis unumgänglich. Gleiches gilt für eine Geldbuße, die jedoch auf einen wesentlich geringeren, gleichwohl aber noch empfindlichen Betrag herabzusetzen war.

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