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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: 7 A 1862/06
Rechtsgebiete: BauGB, ROG, LPlG NRW, LEPro NRW, 3. DVO LPlG NRW


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 1
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 4
BauGB § 6 Abs. 1
BauGB § 6 Abs. 2
BauGB § 34 Abs. 1
ROG § 3 Nr. 2
LPlG NRW § 12
LEPro NRW § 20 Abs. 2
3. DVO LPlG NRW § 2 Abs. 5
Durch Gebietsentwicklungsplan darf die Planungshoheit der Gemeinde für außerhalb der allgemeinen Siedlungsbereiche gelegene Ortsteile nicht derart beschränkt werden, dass die Ortsteile nur bei einem Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung durch Bauleitplan überplant werden dürfen.
Tatbestand:

Die Klägerin begehrte die Genehmigung der Änderung ihres Flächennutzungsplans von Fläche für die Landwirtschaft in Wohnbaufläche für die Teilfläche E 1. Die Beklagte lehnte die Genehmigung ab, da gemäß B. I. Ziele 1 bis 3 und 5 des Gebietsentwicklungsplans (GEP) regionalplanerisch nicht als allgemeine Siedlungsbereiche dargestellte Gemeindegebietsteile nur entsprechend dem Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung entwickelt werden dürften. Für die Teilfläche E1. widerspreche die Darstellung einer Wohnsiedlungsfläche schon § 2 Abs. 5 3. DVO LPlG NRW, denn der Ortsteil habe weniger als 2000 Einwohner. Inhaltlich widerspreche die Darstellung dem Ziel des Gebietsentwicklungsplans, Streu- und Splittersiedlungen zu verhindern. Gefordert sei die standörtliche Bündelung von öffentlichen und privaten Infrastruktureinrichtungen in Verbindung mit einer deutlichen Konzentration von Wohnungen und Arbeitsplätzen in den im Gebietsentwicklungsplan dargestellten Siedlungsbereichen. Ein Prognosespielraum stehe der Klägerin insoweit nicht zu.

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die nach § 6 Abs. 1 BauGB erforderliche Genehmigung des Flächennutzungsplans hinsichtlich der Teilfläche E1. Die Genehmigung eines Flächennutzungsplans darf nur unter den in § 6 Abs. 2 BauGB genannten Voraussetzungen versagt werden, und zwar u. a. dann, wenn der Flächennutzungsplan dem Baugesetzbuch widerspricht. Die vom Rat der Klägerin beschlossene Darstellung einer Wohnbaufläche für die Teilfläche E1. widerspricht den gemäß § 1 Abs. 4 BauGB beachtlichen Zielen der Raumordnung.

Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB sind Bauleitpläne, und damit auch ein Flächennutzungsplan (vgl. § 1 Abs. 2 BauGB), den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die aus den Zielen der Raumordnung folgenden Bindungen sind gleichsam vor die Klammer des Abwägungsprozesses gezogen und lösen eine Anpassungspflicht aus, nach der die planerischen Entscheidungen der Gemeinde mit den Zielen der Raumordnung in Übereinstimmung gebracht werden müssen. Die Ziele enthalten Festlegungen, die in der Bauleitplanung als verbindliche Vorgaben hinzunehmen sind, wobei sie allerdings - je nach dem Konkretisierungsgrad der Zielaussage - der Gemeinde durchaus Spielraum für eigene planerische Aktivitäten belassen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BRS 54 Nr. 12.

Die Pflicht zur Anpassung endet nicht im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan. Bauleitpläne sind den gültigen Zielen der Raumordnung anzupassen, unabhängig davon, wann diese in Kraft getreten sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.3.2006 - 4 B 75.05 -, UPR 2006, 236.

Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. § 3 Nr. 2 ROG). Solche Ziele legen in Richtung auf die örtliche Planung Rahmenbedingungen fest, die tendenziell auf weitere Konkretisierung angelegt sind. Sie bieten Lösungen, die auf landes- oder regionalplanerischer Ebene keiner Ergänzung mehr bedürfen, auf der nachgeordneten Planungsstufe der Bauleitplanung jedoch grundsätzlich noch einer Verfeinerung und Ausdifferenzierung zugänglich sind. Wie groß der Spielraum ist, der der Gemeinde für eigene planerische Aktivitäten verbleibt, hängt vom jeweiligen Konkretisierungsgrad der Zielaussage ab. Je nachdem, ob ein Ziel eine eher geringere inhaltliche Dichte aufweist, die Raum für eine Mehrzahl von Handlungsalternativen lässt, oder durch eine hohe Aussageschärfe gekennzeichnet ist, entfaltet es schwächere oder stärkere Rechtswirkungen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, a.a.O.

Soweit Bestimmungen der Raumordnung eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, erreichen sie die Merkmale einer bindenden Zielvorgabe nur, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlegt, so dass der Gemeinde die Identifizierung eines raumordnerischen Ausnahmefalls möglich ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BRS 66 Nr. 5.

Gemäß § 12 LPlG NRW i.d.F. der Bekanntmachung vom 3.5.2005, GV. NRW S. 446, werden die Ziele der Raumordnung im Landesentwicklungsprogramm sowie in Raumordnungsplänen dargestellt (Satz 1). Raumordnungsplan ist u. a. der Regionalplan, hier der Gebietsentwicklungsplan. Mit den dort niedergelegten Zielen zur Siedlungsstruktur ist die Darstellung einer Wohnbaufläche für die Teilfläche E1. nach Maßgabe der derzeitigen Sachlage nicht vereinbar.

Aus den unter B. I. 1. Ziele 1 bis 8 formulierten "Zielen" (im Folgenden zitiert als Ziel X GEP) ergeben sich, jedenfalls soweit dies im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist, also hinsichtlich der Ziele 1 und 2 Abs. 3, hinreichend bestimmbare Vorgaben für die Bauleitplanung der Klägerin. Die Gemeinde ist gemäß Ziel 1 gehalten, ihre Siedlungsentwicklung auf den Flächen zu vollziehen, die als Siedlungsbereiche im Gebietsentwicklungsplan dargestellt sind. Ziel 2 Abs. 3 legt mit hinreichender Bestimmbarkeit fest, unter welchen Voraussetzungen außerhalb der Siedlungsbereiche gelegene Wohnplätze entwickelt werden können, wie weiter unten im Einzelnen noch ausgeführt wird. Mit dem Gebietsentwicklungsplan sind der Klägerin danach nach § 1 Abs. 4 BauGB bindende Grenzen für die Entwicklung von Bauflächen gezogen, die sie überschritten hat.

Ziel 1 GEP gibt vor, dass sich die Siedlungsentwicklung der Gemeinde auf den Flächen zu vollziehen hat, die als Siedlungsbereiche dargestellt sind. Dass E1. nicht zu einem Siedlungsbereich gehört, ergibt sich aus der zeichnerischen Darstellung des Gebietsentwicklungsplans. Zwar können, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, Wohnplätze mit einer Aufnahmefähigkeit von weniger als 2000 Einwohnern im Gebietsentwicklungsplan nicht als Siedlungsbereich dargestellt werden (vgl. § 2 Abs. 5 3. DVO LPlG NRW). Hieraus ergibt sich jedoch kein durchgreifender Gesichtspunkt, der gegen die auf die Siedlungsbereiche bezogene Vorgabe des Gebietsentwicklungsplans spricht. Denn Ziel des Gebietsentwicklungsplans ist die Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf die Siedlungsschwerpunkte. Sonstige, nicht als allgemeine Siedlungsbereiche dargestellte Wohnplätze sind im Gebietsentwicklungsplan auch nicht unberücksichtigt geblieben, sondern in die weiteren, in ein Regel-Ausnahmeverhältnis eingebetteten Zielvorgaben eingegangen. Denn nach Ziel 2 Abs. 3 können sonstige regionalplanerisch nicht als allgemeine Siedlungsbereiche dargestellte Wohnplätze nach landesplanerischen Kriterien (nur) entsprechend dem Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung entwickelt werden (sog. Eigenentwicklung, Ziel 2 Abs. 3 Satz 1). Von der Bedingung für die Eigenentwicklung eines Wohnplatzes, nämlich der Bedarf für die ortsansässige Bevölkerung, kann gemäß Ziel 2 Abs. 3 Satz 2 GEP dann abgesehen werden, wenn es sich bei dem Wohnplatz um einen Ortsteil handelt und weitere Voraussetzungen gegeben sind, auf die weiter unten noch einzugehen sein wird.

E1. kann nach derzeitiger Sachlage auch nicht als Ortsteil im Sinne des Ziels 2 Abs. 3 Satz 2 GEP entwickelt werden, obwohl E1. ein "Ortsteil" ist. Was ein Ortsteil im Sinne des Gebietsentwicklungsplans ist, muss durch Auslegung ermittelt werden.

Unter einem Ortsteil im Sinne von Ziel 2 Abs. 3 Satz 2 GEP ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde zu verstehen, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Der Begriff ist somit nicht anders zu verstehen, als er auch bei der Bewertung vorausgesetzt wird, ob ein Bebauungszusammenhang das Gewicht eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB hat.

Vgl. zum Begriff des Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB: BVerwG, Urteile vom 6.11.1968 - IV C 31.66 -, BVerwGE 31, 22 und vom 3.12.1998 - 4 C 7.98 -, BRS 60 Nr. 81.

Eine dahingehende Auslegung von Ziel 2 Abs. 3 Satz 2 GEP ist letztlich aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Der Gebietsentwicklungsplan selbst definiert nicht, was in seinem Sinne unter einem Ortsteil verstanden werden soll. Die Wortlautauslegung alleine lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, welchen rechtlichen Gehalt der Ortsteilbegriff haben soll. Der Landesplanung lässt sich ebenfalls keine Aussage dahin entnehmen, der Ortsteil im Sinne des Ziel 2 Abs. 3 Satz 2 GEP müsse von erheblich größerem Gewicht sein als ein beispielsweise nur aus Wohnhäusern bestehender Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB oder könne - wie die Beklagte erwogen hat - nur innerhalb der Siedlungsbereiche bestehen. Letztgenannter Auslegung steht bereits § 20 Abs. 2 Satz 2 LEPro NRW entgegen, denn danach sind im Freiraum (und damit nicht in Siedlungsräumen) gelegene Ortsteile in ihrer städtebaulichen Entwicklung vor allem auf den Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung auszurichten. § 20 Abs. 2 Satz 2 LEPro NRW geht demnach von in Freiräumen gelegenen Ortsteilen aus. Aber auch die Annahme, der Ortsteil im Sinne des Gebietsentwicklungsplans müsse ein größeres Gewicht haben als der Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist unzutreffend. Denn bei einem dahingehenden Verständnis des Gebietsentwicklungsplans würden der Gemeinde von vornherein planerische Gestaltungsmöglichkeiten genommen, die ihr verfassungsrechtlich zustehen. Schränkt die Regionalplanung die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen. Verpflichtet der Landesgesetzgeber die Regionalplanung unter bestimmten Voraussetzungen zu Eingriffen in die kommunale Planungshoheit, ist der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in die Planungshoheit der einzelnen Gemeinden muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung verhältnismäßig sein. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist anhand der konkreten Gegebenheiten im Wege der Güterabwägung zu ermitteln.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = BRS 66 Nr. 4.

Die Planungshoheit der Gemeinde umfasst die Bauleitplanung. Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe des Baugesetzbuches vorzubereiten und zu steuern (vgl. § 1 Abs. 1 BauGB), und zwar durch die Gemeinde in ihrer eigenen Verantwortung (vgl. § 2 Abs. 1 BauGB). Ihrer Aufgabe kommt die Gemeinde durch den Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und durch Bebauungspläne (verbindliche Bauleitpläne) nach (vgl. § 1 Abs. 2 BauGB). Der Gemeinde steht ein Planungsermessen zu, das neben dem "Wie" auch das "Ob" und das "Wann" planerischer Gestaltung umfasst. Grundsätzlich bleibt es der Gemeinde überlassen, ob sie nach ihren städtebaulichen Vorstellungen einen Bebauungsplan aufstellt, ändert oder aufhebt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.8.2002 - 4 BN 32.02 -, NVwZ-RR 2003, 7 = BRS 65 Nr. 232; Urteil vom 7.6.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 = BRS 64 Nr. 79.

Es ist durch keine überwiegenden Gesichtspunkte der Landesplanung oder der Regionalplanung gerechtfertigt, der Gemeinde die entsprechenden Planungsmöglichkeiten von vornherein und für alle im Freiraum gelegenen Ortsteile zu entziehen, wenn es keinen entsprechenden Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung gibt. Auf eine solche Konsequenz liefe jedoch die Ansicht der Beklagten hinaus, für einen im Freiraum gelegenen Ortsteil (der zwar ein Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, gleichzeitig jedoch von geringerer Bedeutung für die Siedlungsentwicklung in der Gemeinde ist) könne ohne entsprechenden Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung keine Darstellung als Wohnbaufläche erfolgen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. (Die Möglichkeit, gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB auch ohne Flächennutzungsplan die gemeindliche Entwicklung zu steuern, ist für den Bereich der Klägerin nicht in Betracht zu ziehen.) Der Flächennutzungsplan stellt demgemäss die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen dar (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Will die Gemeinde von ihrer Planungsbefugnis Gebrauch machen, muss sie demnach zunächst mit einer der beabsichtigten Entwicklung entsprechenden Darstellung im Flächennutzungsplan die Bebauungsplanung vorbereiten. Ist ein Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB im Freiraum im Sinne der Landesplanung vorhanden, kann sich ein entsprechender Handlungsbedarf oder sogar eine Handlungsverpflichtung ergeben, um die städtebauliche Entwicklung durch Bebauungsplan steuern zu können.

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. § 1 Abs. 3 BauGB stellt die Planungsbefugnis der Gemeinden unter den Vorbehalt der städtebaulichen Erforderlichkeit und wirkt damit in zweierlei Weise auf das gemeindliche Planungsermessen ein. Nach seinem eindeutigen Wortlaut verpflichtet § 1 Abs. 3 BauGB zur Aufstellung eines Bebauungsplans, sobald und soweit dies aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass sich das planerische Ermessen der Gemeinde aus städtebaulichen Gründen objektivrechtlich zu einer strikten Planungspflicht verdichten kann; das gilt grundsätzlich für die erstmalige Planung im Innen- oder Außenbereich ebenso wie für die inhaltliche Änderung oder Aufhebung eines bestehenden Bauleitplans. Zugleich setzt der Maßstab der städtebaulichen Erforderlichkeit der Ausübung der Planungsbefugnis inhaltliche Schranken. § 1 Abs. 3 BauGB verbindet somit das Gebot erforderlicher Planungen mit dem Verbot nicht erforderlicher Planungen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die städtebauliche Entwicklung nicht vollständig dem Spiel der freien Kräfte oder isolierten Einzelentscheidungen nach §§ 34 und 35 BauGB überlassen bleiben soll, sondern der Lenkung und Ordnung durch Planung bedarf. Wenn sich die Planmäßigkeit der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung auch nicht strikt durchhalten lässt, so schließt sie doch in letzter Konsequenz - und unter besonderen Voraussetzungen - auch die Verdichtung des gemeindlichen Planungsermessens zu einer strikten Planungspflicht ein. Die prinzipielle Verankerung dieser Planungspflicht in § 1 Abs. 3 BauGB ist ihrerseits mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) vereinbar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = BRS 66 Nr. 1.

Will die Gemeinde einen nach ihrem städtebaulichen Konzept bestehenden, § 1 Abs. 3 BauGB entsprechenden Bedarf durch Bebauungsplan gerecht werden (oder muss sie gar einer entsprechenden Handlungspflicht genügen), hat sie den Bebauungsplan durch entsprechende Flächennutzungsplanung vorzubereiten oder (im Fall des Parallelverfahrens oder des vorzeitigen Bebauungsplans, vgl. § 8 Abs. 3, Abs. 4 BauGB) zu begleiten. Für einen im Freiraum gelegenen Ortsteil wird eine solche Planung jedenfalls zumeist voraussetzen, dass die Planung die vorhandenen Nutzungen aufgreift. Stellt sich - wie im vorliegenden Fall - der Ortsteil z. B. als (reines) Wohngebiet dar, ist regelmäßig eine Darstellung im Flächennutzungsplan erforderlich, die diesem Charakter entspricht oder ihn jedenfalls nicht negiert, wenn die städtebauliche Entwicklung des Ortsteils beabsichtigt ist. Die Vorstellung der Beklagten, es könne bei einer solchen Gegebenheit eine Fläche für die Landwirtschaft dargestellt werden, geht daran vorbei, dass auch ein Flächennutzungsplan im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich sein muss. Dass auf Grundlage der Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft kein Bebauungsplan möglich ist, der den Ortsteil als das verbindlich festsetzt, was er ist, etwa ein (reines) Wohngebiet, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Auch ist es Ausdruck der Planungshoheit der Gemeinde, dass sie im Rahmen der gesetzlichen Beschränkungen die beabsichtigte Entwicklung der Ortsteile steuern kann.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass durch die Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft der Klägerin keine Möglichkeit eröffnet sei, einen Bebauungsplan zur Steuerung der Wohnbebauung zu erlassen. Sie hat der Darstellung einer Wohnbaufläche ihre Befürchtung entgegengesetzt, auf Grundlage einer solchen Darstellung sei ein Bebauungsplan möglich, der andere als die vorhandenen Nutzungsarten festsetze oder eine Bebauungsverdichtung ermögliche, was der Intention des Gebietsentwicklungsplans widerspreche. Der Sache nach hat die Beklagte damit wohl darauf abheben wollen, der Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde (der darin liege, dass im Freiraum gelegene Ortsteile überhaupt nicht durch Bebauungsplan in ihrer Entwicklung gesteuert werden dürfen, es sei denn, ein Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung bestehe) sei unter Berücksichtigung dieser möglichen Folgen verhältnismäßig. Dies ist jedoch nicht der Fall. § 34 Abs. 1 BauGB beschränkt die bauliche Entwicklung des Ortsteils nach Maßgabe der dort genannten Tatbestandsmerkmale insbesondere des Einfügens nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll. Eine Detailsteuerung des zulässigen Baugeschehens lässt § 34 Abs. 1 BauGB nicht zu. Auch die gemäß § 34 Abs. 4 BauGB zulässigen Satzungen geben kein einem Bebauungsplan entsprechendes Instrumentarium. Namentlich der die Grenzen des im Zusammenhang bebauten Ortsteils festlegenden Satzung können keine (einzelnen) Festsetzungen gemäß § 9 BauGB beigefügt werden (vgl. § 34 Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 BauGB). Die Ansicht der Beklagten kann letztlich sogar zu einem die Absichten des Gebietsentwicklungsplans konterkarierenden Ergebnis dann führen, wenn die Gemeinde beabsichtigt, durch Bebauungsplan die bisherige bauliche Nutzung zurückzuführen oder jedenfalls gegenüber den sich auf Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB ergebenden Möglichkeiten zu beschränken. Schließlich muss auch der Bebauungsplan den Zielen der Raumordnung angepasst werden. Die von der Beklagten möglicherweise mit bedachte Möglichkeit, eine Gemeinde könne die Flächennutzungsplandarstellung einer Wohnbaufläche zu einer mit den Zielen der Raumordnung nicht zu vereinbarenden städtebaulichen Entwicklung nutzen, würde keine den Begriff des Ortsteils einschränkende Auslegung gebieten. Denn einem etwaig rechtswidrigen Bebauungsplan kann die Beigeladene mit Aufsichtsmitteln oder mit der Normenkontrollklage entgegentreten.

Schließlich ist dem Anliegen der Regionalplanung dadurch genügt, dass alleine ein im Freiraum gelegener Ortsteil die Gemeinde noch nicht berechtigt, für diesen im Flächennutzungsplan eine Darstellung zu wählen, die der grundsätzlich angestrebten Ausrichtung der Siedlungsstruktur auf die Siedlungsschwerpunkte zuwiderläuft (vgl. Ziel 1, Ziel 2 Abs. 3 Satz 3 GEP). Denn der Gebietsentwicklungsplan stellt die städtebauliche Entwicklung des im Freiraum gelegenen Ortsteils unter die weiteren Voraussetzungen, dass die Entwicklung unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der vorhandenen Infrastruktur und unter Berücksichtigung landschaftspflegerischer Erfordernisse sinnvoll ist. Schließlich lässt er lediglich eine "Abrundung" oder "Ergänzung" zu, was den Fall, dass lediglich der bebaute Bereich ohne Erweiterung erfasst werden soll, (erst recht) umfasst. Gegen diese Beschränkungen der Befugnis der Gemeinde, im Freiraum gelegene Ortsteile auch über den Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung hinaus zu entwickeln, sind verfassungsrechtliche Bedenken von der Klägerin nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.

Die Teilfläche E1. ist ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von Ziel 2 Abs. 3 Satz 2 GEP. Seine Entwicklung ist jedoch nicht sinnvoll im Sinne dieser Bestimmung (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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