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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 04.06.2003
Aktenzeichen: 7a D 131/02.NE
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs 2 Satz 1
BauGB § 14 Abs 1
BauGB § 245b Abs 1 Satz 1
1. Die Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag gegen eine Satzung, mit der eine Veränderungssperre in einem im Flächennutzungsplan dargestellten Vorrang-gebiet für Windenergieanlagen erlassen wird, kann sich auch daraus ergeben, dass der Antragsteller die ernsthafte Absicht und die gesicherte zivilrechtliche Möglichkeit dartut, in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen Windpark zu beantragen.

2. Das Auslaufen der befristeten Möglichkeit nach § 245b Abs. 1 Satz 1 BauGB, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen i.S. d. § 35 Abs. 2 Nr. 6 BauGB auszusetzen, schließt nicht die Befugnis der Gemeinde aus, die Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Vorranggebiet für Windenergieanlagen durch den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB zu sichern.

3. Ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan, mit dem die planerische Feinsteuerung der Errichtung von Windenergieanlagen in einem Vorrangegebiet u.a. bezüglich der Anzahl und der maximal zulässigen Höhe erfolgen soll, hat eine hinreichend konkrete Plankonzeption zum Gegenstand, um den Erlass einer Verände-rungssperre zu rechtfertigen.


Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Satzung der Antragsgegnerin, mit der für ein im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin dargestelltes Vorranggebiet für Windkraftanlagen eine Veränderungssperre erlassen wurde. Die Antragsgegnerin hat für alle drei im Flächennutzungsplan dargestellten Vorranggebiete Veränderungssperren erlassen, die jeweils der Sicherung des Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan für das Vorranggebiet dienen. Die Antragstellerin ist ein im Bereich von Planung, Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen tätiges Unternehmen und plant die Errichtung von Windparks in allen drei Vorranggebieten.

Der Normenkontrollantrag hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Der Antrag ist zulässig.

Die Antragstellerin hat sich zur Begründung ihrer Antragsbefugnis auf die von ihr in allen drei betroffenen Vorranggebieten abgeschlossenen Nutzungsverträge mit den dortigen Grundstückseigentümern berufen, die ihr das Recht zur Planung, Aufstellung und zum Betrieb von Windenergieanlagen sichern. Ihre Antragsbefugnis ergibt sich insoweit allerdings nicht allein aus ihrer Stellung als obligatorisch Nutzungsberechtigte an den Grundstücken im Geltungsbereich der Veränderungssperre. Die von der Antragstellerin insoweit angeführte Entscheidung des BVerwG trägt diese Ansicht nicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.11.1999 - 4 CN 3.99 -, BRS 62 Nr. 50.

Denn die dort bejahte Antragsbefugnis des Pächters einer landwirtschaftlich genutzten Fläche für einen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan leitete sich in jenem Fall aus dem drittschützenden Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB her, dem die Veränderungssperre als Mittel der Sicherung der Bauleitplanung aber nicht unterliegt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.9.1992 - 4 N 35.92 -, BRS 54 Nr. 72.

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich hingegen aus dem Umstand, dass sie die ernsthafte Absicht und die gesicherte zivilrechtliche Möglichkeit dargetan hat, in den von den Veränderungssperren betroffenen Gebieten immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für zwei weitere Windparks beantragen zu wollen. Denn damit hat sie zwar - anders als im Fall des Vorranggebietes, in welchem sie bereits ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren betreibt - keine aktuelle Rechtsbeeinträchtigung geltend gemacht. Sie hat aber die Möglichkeit dargelegt, in absehbarer Zeit in ihren Rechten verletzt zu werden.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.1.2001 - 6 CN 4.00 -, BRS 64 Nr. 55.

Nach ihrem Vortrag bestehen nämlich keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Antragstellerin die Errichtung von Windparks auch im Geltungsbereich des durch die hier streitige Veränderungssperre zu sichernden Bebauungsplans ernsthaft beabsichtigt. Für die geplanten Windparks in den drei Vorranggebieten im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin und auf einer Fläche der Nachbargemeinde hat sie ein Gesamtkonzept erstellt und sich die Nutzungsrechte für Planung, Aufstellung und Betrieb von Windenergieanlagen in allen drei betroffenen Vorranggebieten im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gesichert. Für den geplanten Windpark im Gebiet des künftigen Bebauungsplans hat sie bereits einen Genehmigungsantrag gestellt.

Der danach zulässige Antrag ist jedoch in der Sache nicht begründet.

Der Antragsgegnerin ist die Anwendung des Instruments der Veränderungssperre im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bebauungsplänen für Windenergiegebiete aus dem Gedanken des § 245b Abs. 1 Satz 1 BauGB entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht grundsätzlich verwehrt.

Nach § 245b Abs. 1 Satz 1 BauGB hatte die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bis längstens zum 31. Dezember 1998 auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hatte, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und beabsichtigte zu prüfen, ob Darstellungen zu Windenergieanlagen i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in Betracht kamen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Befristung der Aussetzungsmöglichkeit nach § 245b Abs. 1 BauGB habe die Aufstellung von Flächennutzungsplänen mit der Ausweisung von Windeignungsflächen beschleunigen und so letztlich auch die Belange der Windenergie fördern sollen. Diese Zielvorstellung des Gesetzgebers dürfe nicht durch die Aufstellung eines Bebauungsplans bei gleichzeitiger Anordnung einer Veränderungssperre unterlaufen werden.

Von einem unzulässigen Unterlaufen der Zielvorstellungen des Gesetzgebers kann hier jedoch keine Rede sein.

Die Zurückstellungsmöglichkeit nach § 245b Abs. 1 Satz 1 BauGB ist 1996 im Zusammenhang mit der Privilegierung der Windenergie durch § 35 Abs. 1 Nr. 7 (seit 1998: § 35 Abs. 1 Nr. 6) BauGB in das BauGB eingeführt worden, "um den für die Flächennutzungsplanung zuständigen Gemeinden ausreichend Vorlauf für die erforderliche Planung zu ermöglichen".

Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in BT-Drs. 13/4978, S. 7.

Sie sollte den Gemeinden die Möglichkeit geben, durch Darstellungen im Flächennutzungsplan "Konzentrationszonen" für Windenergie vorzusehen und damit die planlose Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich zeitlich begrenzt zu unterbinden. Denn mit dem Inkrafttreten der Privilegierungsvorschriften für Windenergieanlagen (am 1.1.1997) wurden diese im Außenbereich erleichtert zulässig; die Konzentration derartiger Anlagen in bestimmten Gebieten (und ihr Ausschluss im übrigen Außenbereich) setzt seither die Ausweisung entsprechender Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan voraus. Durch die Zurückstellungsmöglichkeit nach § 245b Abs. 1 BauGB sollte den Gemeinden Gelegenheit gegeben werden, ihre Flächennutzungspläne in diesem Sinne anzupassen, ohne in der Zwischenzeit die Erteilung von Baugenehmigungen für Windenergieanlagen außerhalb der (späteren) Konzentrationszonen und damit ein Unterlaufen ihrer Planungen befürchten zu müssen. Die Befristung dieser Möglichkeit bis zum 31.12.1998 sollte die Gemeinden anhalten, die Planungen zügig durchzuführen. Vgl. auch Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB-Kommentar, 7. Aufl. 1999, § 245b, Rdnrn. 1 und 3, der in der Befristung auch eine mittelbare Förderung der Windenergie sieht.

Aus der gesetzgeberischen Zielsetzung lässt sich die von den Antragstellern gezogene Schlussfolgerung nicht herleiten. Die Vorschrift des § 245b Abs. 1 Satz 1 BauGB bezieht sich schon ihrem Wortlaut nach ausschließlich auf die Aufstellung von Flächennutzungsplänen. Durch die befristete Einführung eines Sicherungsinstruments, das dem Flächennutzungsplanaufstellungsverfahren - anders als dem Bebauungsplanaufstellungsverfahren - nach geltender Rechtslage fremd ist, sollte - wie dargestellt - einer Übergangssituation Rechnung getragen werden, ohne dieses Sicherungsinstrument für das Aufstellungsverfahren für Flächennutzungspläne dauerhaft einzuführen. Das Aufstellungsverfahren für Bebauungspläne kennt hingegen seit jeher verschiedene Instrumente zur Sicherung der Planung, wie etwa die Veränderungssperre nach § 14 BauGB und die Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB. Angesichts dieser grundsätzlichen Unterschiede zwischen den beiden Arten von Bauleitplänen hinsichtlich der Sicherungsmöglichkeiten für die Planungen verbietet es sich, aus der bloßen Übergangsregelung des § 245b BauGB eine Einschränkung der herkömmlichen Sicherungsinstrumente für das Bebauungsplanverfahrens abzuleiten, mit der Folge, dass nach Ablauf der in § 245b BauGB bestimmten Frist das gesetzlich vorgesehene Sicherungsmittel für die Aufstellung von Bebauungsplänen nicht mehr zur Verfügung stünde.

Danach war es der Antragsgegnerin nicht von vornherein verwehrt, das Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan durch eine Veränderungssperre zu sichern.

Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperren fehlte es auch nicht an einem hinreichend konkreten Planungskonzept.

Materiell-rechtliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Veränderungssperre ist - neben dem Aufstellungsbeschluss für den zu sichernden Bebauungsplan -, dass die zu sichernde Planung einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Unzulässig ist die Veränderungssperre dann, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist.

Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 -, BRS 30 Nr. 76; Beschluss vom 9.8.1991 - 4 B 135.91 -, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 17.

Andererseits kann aber ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept noch nicht gefordert werden. Die Wirksamkeit der Veränderungssperre kann nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die für den Bebauungsplan erst in einem späteren Stadium des Planaufstellungsverfahrens vorliegen müssen. Wollte man etwas anderes verlangen, würde sich die Gemeinde bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre, die häufig - so auch hier - am Beginn der Planungsphase steht, inhaltlich in einer Weise binden, die den Grundsätzen der Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange und vor allem dem Prinzip des Abwägungsgebots widerspräche.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, BRS 55 Nr. 95.

Diesen Anforderungen genügt die Veränderungssperre.

Sie dient der Sicherung der Bebauungsplanung, die mit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan eingeleitet worden ist. Aus diesem Aufstellungsbeschluss ergibt sich, welche Ziele mit der Planung verfolgt werden. Danach soll im Hinblick auf die im nördlichen Gemeindegebiet der Antragsgegnerin und im unmittelbaren Anschluss daran auf dem Gebiet der Nachbargemeinde geplante Vielzahl von Windkraftanlagen eine planerische Feinsteuerung der Errichtung von Windkraftanlagen erfolgen, u.a. bezüglich der Anzahl und der maximal zulässigen Höhe der Anlagen. Das ist kein "nichtssagendes Konzept", sondern beschreibt ausreichend die planerische Zielrichtung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Bebauungsplanung eines außerhalb zu bebauender Gebiete gelegenen Bereichs für Windenergieanlagen naturgemäß weniger umfassende planerische Festsetzungen in Betracht kommen als im Rahmen eines Bebauungsplans für zu bebauende Gebiete. Regelungen der maximalen Höhe und der zulässigen Anzahl von Windenergieanlagen (letztere beispielsweise durch die Festlegung ihrer Standorte) betreffen wesentliche bauplanungsrechtliche Eigenschaften von Bereichen für Windenergieanlagen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin fehlte es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Satzungsbeschlüsse auch nicht an einer Vorstellung über die Art der baulichen Nutzung der Bebauungsplangebiete.

Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103.

Denn die Gebiete sollen weiterhin (auch) der Errichtung von Windenergieanlagen dienen. Nach der Begründung des gleichzeitig mit dem Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplangebiet gefassten Aufstellungsbeschlusses für die 32. Flächennutzungsplanänderung, die u.a. auch den Geltungsbereich dieses Bebauungsplans zum Gegenstand hat, sollen die bisherigen Vorrangflächen für Windenergieanlagen als Sondergebiete (§ 1 Abs. 2 Nr. 10 BauNVO) dargestellt werden. Daraus ergibt sich, dass für den Bebauungsplan eine Festsetzung als Sonstiges Sondergebiet nach § 11 BauNVO ins Auge gefasst ist.

Die Antragstellerin hält der Antragsgegnerin ferner vor, sie betreibe mit dem Bebauungsplan eine reine Verhinderungsplanung. Alleiniger Zweck der Planung sei nämlich die Verhinderung der Vorhaben der Antragstellerin. Hierzu beruft sie sich auf Äußerungen von Ratsmitgliedern und Fraktionen in der Ratssitzung sowie auf Äußerungen einzelner Ratsmitglieder außerhalb des Rates und seiner Ausschüsse. Schließlich lasse der bisherige Verlauf des Planungsverfahrens sowie der Umstand, dass die Antragsgegnerin - anstatt auf die vorliegenden Planungsunterlagen der Antragstellerin zurückzugreifen - alle Planungsschritte selbst ausführen wolle, eindeutig eine Verschleppungsabsicht erkennen.

Mit diesem Vortrag bestreitet die Antragstellerin der Sache nach die städtebauliche Rechtfertigung der der Veränderungssperre zu Grunde liegenden Bebauungsplanung. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Der Gemeinde ist es dabei nicht verwehrt, auf Bauanträge mit der Aufstellung eines Bebauungsplans zu reagieren, der ihnen die materielle Grundlage entzieht. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine bestimmte Planung - auch wenn sie durch den Wunsch ausgelöst worden ist, ein konkretes Vorhaben zu verhindern - für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. § 1 Abs. 3 BauGB erkennt die gemeindliche Planungshoheit an und räumt der Gemeinde ein Planungsermessen ein. Ein Bebauungsplan ist deshalb "erforderlich" im Sinne dieser Vorschrift, soweit er nach der planerischen Vorstellung der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist. Sie darf nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Letzteres kann aber nicht schon dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der planenden Gemeinde - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist.

BVerwG, Urteil vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, BRS 50 Nr. 9.

Die Antragsgegnerin verfolgt mit der Bebauungsplanung ausweislich der Begründung des Aufstellungsbeschlusses keine bloße Verhinderungsplanung. Sie will vielmehr im Hinblick auf die Vielzahl der in jenem Gebiet vorgesehenen Windenergieanlagen eine planerische Feinsteuerung vornehmen, um insbesondere einen Ausgleich zwischen den Belangen der Windenergienutzung (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB) und dem Schutz der bereits durch weitere Infrastruktureinrichtungen erheblich vorbelasteten Wohnnutzung (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB) in jenem Teil des Gemeindegebietes zu schaffen. Zwar mögen sich einzelne Ratsmitglieder für eine gänzliche Verhinderung der Windenergienutzung ausgesprochen haben, jedoch ist unerheblich, welche Ansichten einzelne Ratsmitglieder oder auch einzelne Fraktionen geäußert haben. Maßgeblich ist die Absicht des Rates als Organ im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperren. Auf Äußerungen von Ratsmitgliedern außerhalb des Rates und seiner Ausschüsse kommt es demnach nicht an. Aus der Niederschrift der Ratssitzung ergibt sich, dass sich alle im Rat vertretenen Fraktionen im Sinne eines Ausgleichs zwischen den betroffenen Belangen geäußert haben, auch die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang ausdrücklich angesprochene Mehrheitsfraktion. Demnach hat der Rat der Antragsgegnerin eine positive planerische Konzeption und keine Verhinderungsplanung verfolgt.

Anhaltspunkte für eine Verhinderungsplanung ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Planung umfangreiche eigene Prüfungen anstellt und insoweit nicht auf die vorhandenen Planungsunterlagen der Antragstellerin zurückgreift. Es ist Sache der Antragsgegnerin zu entscheiden, auf welche Tatsachengrundlagen sie ihre Planung stützt und insbesondere, welche Gutachten sie zur Bereitstellung einer ausreichenden Tatsachengrundlage für erforderlich hält. Wenn sie ihre Planungen nicht auf Unterlagen desjenigen stützen will, dessen Vorhaben gerade Anlass für die Planung ist, so spricht dies nicht für eine Verhinderungsplanung.

Schließlich nötigt auch die von der Antragstellerin behauptete Verschleppung des Bebauungsplanaufstellungsverfahrens durch die Antragsgegnerin nicht zur Annahme einer Verhinderungsplanung. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses über die Satzung über die Veränderungssperre lag - wie ausgeführt - eine hinreichend konkrete positive Plankonzeption der Antragsgegnerin vor, die nicht offensichtlich nur vorgeschoben war. Der Verlauf, den die Planung nach dem Beschluss über die Veränderungssperre genommen hat, trägt nicht die Annahme, dass diese Konzeption bereits zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperre nicht den wirklichen Absichten der Antragsgegnerin entsprach.

Aus dem Verlauf des Planaufstellungsverfahrens kann die Antragstellerin auch nicht herleiten, dass die Veränderungssperre wegen verzögerter Planung unwirksam geworden wäre. Das Planungsverhalten der Gemeinde hat keine Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre. Der Gesetzgeber hat nämlich zwar für die Veränderungssperre (vgl. § 17 BauGB), nicht aber für die Bauleitplanung selbst einen zeitlichen Rahmen gesetzt. Aus welchen Gründen es zu einer Verzögerung der Bauleitplanung kommt, ist daher grundsätzlich unerheblich. Der Gesetzgeber hat es insoweit als genügend angesehen, durch den zeitlichen Rahmen für die Veränderungssperre gegenüber der Gemeinde einen mittelbaren Zwang auszulösen, eine begonnene Bauleitplanung auch abzuschließen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.1.1993 - 4 B 258.92 -, BRS 55 Nr. 96.

Von der Veränderungssperre betroffene Grundstückseigentümer sind gegen eine übermäßige Einschränkung ihrer Eigentümerrechte durch eine zögerliche Planung dadurch geschützt, dass die Gemeinde gewärtig sein muss, dass sie ihre Planung nicht mehr sichern kann, wenn bei erneuter Verlängerung der Veränderungssperre keine besonderen Umstände i. S. d. § 17 Abs. 2 BauGB bestehen. Hierzu kann auch eine sachwidrige Verzögerung im Planaufstellungsverfahren gehören.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.1.1993, a.a.O.

Die Antragstellerin macht ferner geltend, der streitigen Veränderungssperre fehle es am Sicherungszweck, weil die zu sichernde Bebauungsplanung an evidenten, im Planungsprozess nicht behebbaren Mängeln litte. Die von der Antragsgegnerin verfolgten Ziele seien nämlich nicht mit den Mitteln der Bauleitplanung erreichbar, weil es nicht möglich sei, eine völlig neu gestaltete Flächennutzungsplanung mit den Mitteln der Veränderungssperre zu sichern. Maßstab für die jetzt eingeleitete Bebauungsplanung müsse daher der derzeit geltende Flächennutzungsplan in der Fassung der 19. Änderung sein. Vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des BVerwG bestünden Bedenken gegen den Umfang der durch die 19. Flächennut-zungsplanänderung ausgewiesenen Vorrangflächen. Wenn diese Änderung daher nichtig sei, schlage diese Nichtigkeit auch auf die zu sichernde Bauleitplanung durch. Sei sie hingegen wirksam, so sei die ihr zugrunde liegende Abwägung auch im Rahmen der Bebauungsplanung zu beachten. Eine Verringerung der Vorrangflächen bedeute eine flächennutzungsplanerische Neukonzeption, die möglicherweise mit der 32. Flächennutzungsplanänderung erfolgen solle. Aus dieser Änderung könne aber die mit der Veränderungssperre zu sichernde Bebauungsplanung nicht entwickelt sein, weil sie noch nicht existiere.

Auch aus diesem Vortrag ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der streitigen Veränderungssperre.

Sinn der Veränderungssperre ist es, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Die eintretende Sperrwirkung soll den Baubestand gewissermaßen für einen begrenzten Zeitraum konservieren und Veränderungen unterbinden. Die Wirksamkeit der Veränderungssperre kann nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die für den Bebauungsplan erst in einem späteren Stadium des Planaufstellungsverfahrens vorliegen müssen. Die Frage, ob der Bebauungsplan abgewogen ist, lässt sich abschließend erst aufgrund des Satzungsbeschlusses beurteilen. Zu diesem Zeitpunkt müssen die abwägungserheblichen Belange in die Planung eingestellt und gewichtet sein. Als Sicherungsmittel ungeeignet ist eine Veränderungssperre nur dann, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt oder der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind.

BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993, a.a.O.

Derartige nicht behebbare Mängel liegen nicht vor.

Was die von der Antragstellerin gerügte Verletzung des Entwicklungsgebots angeht, so ist dieses auch dann nicht verletzt, wenn der Flächennutzungsplan im Parallelverfahren aufgestellt, geändert oder ergänzt wird, vgl. § 8 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Der Bebauungsplan kann sogar vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungen anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird, § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Es ist der Antragsgegnerin unbenommen, dieses Parallelverfahren hier anzuwenden. Sie hat allerdings dafür Sorge zu tragen, dass die Bebauungsplanung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses den Anforderungen des Entwicklungsgebots genügt.

Da die Antragsgegnerin die 32. Flächennutzungsplanänderung im Parallelverfahren betreibt, kann dahinstehen, ob die durch die Veränderungssperre zu sichernde Planung auch aus dem derzeit geltenden Flächennutzungsplan in der Fassung seiner 19. Änderung entwickelt sein wird. Denn die Erfüllung des Entwicklungsgebots wird sich dann nach den Darstellungen der 32. Änderung des Flächennutzungsplans beurteilen. Insoweit kann auch dahinstehen, ob die Bedenken der Antragstellerin gegen die Gültigkeit der 19. Flächennutzungsplanänderung durchgreifen. Ob die 32. Flächennutzungsplanänderung den gesetzlichen Anforderungen an die Darstellung von Vorranggebieten für Windenergieanlagen entsprechen wird, kann erst beurteilt werden, wenn sie beschlossen ist.

Auf die Rüge der Antragstellerin, die zu sichernde Bebauungsplanung entspreche nicht dem Abwägungsgebot, kommt es nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht an. Ob der Bebauungsplan im Zeitpunkt seines Satzungsbeschlusses abgewogen ist, kann erst zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden.

Schließlich ist die Veränderungssperre auch nicht deshalb nichtig, weil der beabsichtigte Bebauungsplan der Förderung von Zielen diente, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind. Die Antragstellerin macht insoweit geltend, die Veränderungssperre diente in Wirklichkeit der Sicherung der 32. Flächennutzungsplanänderung, obwohl dies im Gesetz nicht vorgesehen sei.

Im vorliegenden Fall fehlen allerdings Anhaltspunkte dafür, dass die Veränderungssperre nicht den beabsichtigten Bebauungsplan, sondern nur die Flächennutzungsplanänderung sichern soll. Allein daraus, dass die Aufstellung des Bebauungsplans und die Änderung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren erfolgen, lässt sich dieser Schluss ebenso wenig ziehen wie aus dem Umstand, dass - wie die Antragstellerin vorträgt - im Flächennutzungsplanänderungsverfahren gefordert worden sei, die Vorrangflächen zu reduzieren oder ganz zu beseitigen. Dass die Veränderungssperre im Ergebnis auch die parallel durchgeführte Flächennutzungsplanänderung sichern kann, ist eine Folge des vom Gesetz zugelassenen "Parallelverfahrens". Ein Missbrauch des Sicherungsmittels der Veränderungssperre liegt darin nicht.

Es liegt auch keine [konkrete] Fallgestaltung vor, die einen solchen Schluss möglicherweise rechtfertigen würde. Hier sieht der beabsichtigte Bebauungsplan konkrete Nutzungsmöglichkeiten vor und erfasst - ebenso wie die geplante Flächennutzungsplanänderung - nur solche Teile des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin, die bereits jetzt als Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen sind. Die Annahme, dass es der Antragsgegnerin nicht um die Sicherung der Bebauungsplanung ging, liegt bei dieser Fallgestaltung fern.

Ende der Entscheidung

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