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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.04.2002
Aktenzeichen: 8 A 1405/02.A
Rechtsgebiete: AsylVfG, VwVfG


Vorschriften:

AsylVfG § 73 Abs 2
VwVfG § 48 Abs 4
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG findet keine Anwendung auf die Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter nach § 73 Abs. 2 AsylVfG.
Gründe:

Die geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des BVerwG liegt nicht vor. Eine Divergenz i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG ist nur gegeben, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung des BVerwG, des Oberverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechts- oder Tatsachensatz abgewichen ist. Dies zeigt die Antragsschrift nicht auf. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das BVerwG in seinem Urteil vom 29.9.2000 - 9 C 12.00 - (NVwZ 2001, 335) lediglich entschieden, dass die Rücknahmevorschrift des § 48 VwVfG neben § 73 AsylVfG Anwendung findet. Dem vorgenannten Urteil ist jedoch nicht der entscheidungstragende Rechtssatz zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG keine Anwendung auf die Rücknahme der Asylanerkennung nach § 73 Abs. 2 AsylVfG findet. Vielmehr hat das BVerwG die Voraussetzungen des § 73 AsylVfG im konkreten Fall schon aus anderen Gründen verneint.

Die Antragsbegründung führt auch nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG). Die Frage, ob die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG unmittelbar oder analog auch im Rahmen des § 73 AsylVfG anzuwenden ist, bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Sie lässt sich ohne weiteres unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung verneinend beantworten.

Ebenso: OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 20.1.2000 - 6 A 12169/99 -, InfAuslR 2000, 468; OVG Hamburg, Urteil vom 20.12.1993 - Bf VII 10/92 - (Juris); vgl. ferner VG Bremen, Urteil vom 28.6.1999 - 4 K 22063/95.A - (Juris).

Die §§ 72 - 73 a AsylVfG enthalten ein gestuftes System von gesetzlichen Erlöschensgründen und zwingenden Aufhebungstatbeständen für die asylrechtliche Anerkennung nach Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG sowie für die Gewährung von ausländerrechtlichem Abschiebungsschutz durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nach § 53 Abs. 1, 2, 4 oder 6 AuslG. Dieses Regelungssystem erfasst (nur) bestimmte, vom Gesetzgeber als spezialgesetzlich regelungsbedürftig angesehene Fallgruppen. § 73 Abs. 2 AsylVfG verschärft die allgemeine Regelung, welche die Rücknahme in das Ermessen der Behörde stellt (§ 48 VwVfG), zu einer Rücknahmepflicht für die Fallgruppe unrichtiger Angaben oder verschwiegener Tatsachen.

BVerwG, Urteil vom 19.9.2000 - 9 C 12.00 -, NVwZ 2001, 335 (338).

Sinn und Zweck der Sonderregelung einer uneingeschränkten Rücknahmepflicht nach § 73 Abs. 2 VwVfG ist es, dass die fehlende Verfolgungsgefahr im Falle unrichtiger Angaben oder verschwiegener Tatsachen regelmäßig auch zum Wegfall der Anerkennung als Asylberechtigter führt. Mit dieser gesetzlichen Interessenbewertung ist eine Anwendung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht vereinbar.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 8.9.1993 - 11 C 39.92 -, DVBl. 1994, 409.

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