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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 8 A 4840/05
Rechtsgebiete: StVO, BImSchG, 16. BImSchV, 22. BImSchV


Vorschriften:

StVO § 45
BImSchG § 40
16. BImSchV § 2
22. BImSchV § 3
22. BImSchV § 4
22. BImSchV § 6
1. Ein Anlieger hat grundsätzlich nur den Verkehr zu dulden, der der funktionsgerechten Inanspruchnahme der Straße dient. Je dringender und notwendiger eine Verkehrslösung ist und je weniger Alternativen es gibt, umso eher kann im Rahmen einer verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO aber auch den Anliegern einer Haupterschließungsstraße Durchgangsverkehr und ein entsprechendes "Mehr" an Lärm- und Abgasbelastung zugemutet werden.

2. Die Straßenverkehrsbehörde hat bei der nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO vorzunehmenden Interessenabwägung das Lärmschutzinteresse der Anlieger besonders zu würdigen, wenn die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV genannten Grenzwerte überschritten werden. Sofern die in den Lärmschutz-Richtlinien-StV aufgeführten Richtwerte überschritten werden, kommt dem Lärmschutzinteresse der Anlieger ein besonders hohes Gewicht zu.

3. Die in der 22. BImSchV festgesetzten Immissionsgrenzwerte stellen auch im Rahmen einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO eine geeignete und hinreichende Orientierungshilfe für die ermessensgerechte Bewertung der verkehrsbedingten Schadstoffbelastung der Anlieger einer Straße dar.


Tatbestand:

Die Bürgermeisterin der Stadt C. ordnete mit öffentlich bekannt gemachter Verfügung vom 9.7.2004 - nach vorheriger Durchführung eines 6-monatigen Probebetriebs - für den Bereich M. Straße/N. Straße/I. Straße endgültig einen Einbahnstraßenverkehr an. Im Rahmen dieser Verkehrsregelung wird der vormals über die I. Straße geleitete Durchgangsverkehr der Landesstraße L. in Richtung B. in west-östlicher Richtung über die N. Straße als Einbahnstraße umgeleitet. Die Kläger sind Anlieger der N. Straße und wenden sich gegen die Auswirkungen dieser neuen Verkehrsführung. Die Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg.

Gründe:

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten angeordnete Verkehrsregelung ist § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 und 2 StVO. Durchgreifende Bedenken gegen die formelle (I.) und materielle (II.) Rechtmäßigkeit dieser Anordnung bestehen nicht.

I. Die angefochtene verkehrsrechtliche Anordnung ist formell rechtmäßig. Insbesondere konnte die Beklagte gemäß § 1 Abs. 3 VwVfG i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW von einer vorherigen Anhörung der Kläger als Anlieger der N.-Straße absehen, weil die Verkehrsregelung durch eine öffentlich bekannt gemachte Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG NRW getroffen worden ist. Im Übrigen ist ein etwaiger Anhörungsmangel jedenfalls gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt worden.

II. Die verkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten konnte auf § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO gestützt werden, ohne dass es der vorherigen Durchführung eines straßenrechtlichen Umstufungsverfahrens oder eines Planfeststellungsverfahrens bedurft hätte (1.). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 StVO lagen vor (2.); die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden (3.).

1. Gegenstand der streitbefangenen Anordnung der Beklagten ist die Regelung des öffentlichen Straßenverkehrs durch Einführung eines Einbahnstraßenverkehrs im Bereich M. Straße, N. Straße und I. Straße.

a) Voraussetzung für eine solche verkehrsregelnde Anordnung ist nicht die vorherige Durchführung eines Umstufungsverfahrens der N. Straße von der Gemeindestraße zur Landesstraße. Die Um- bzw. hier Aufstufung ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW das straßenrechtliche Institut, durch das eine öffentliche Straße "bei Änderung ihrer Verkehrsbedeutung" entsprechend der begrifflichen Einteilung der Straßen nach § 3 StrWG NRW von einer rangniederen in eine ranghöhere Straßengruppe zugeordnet wird. Im Falle einer Aufstufung von einer Gemeindestraße zu einer Landesstraße geht nach § 10 Abs. 1 StrWG NRW die Straßenbaulast auf das Land über. Mit dem Umstufungsverfahren wird damit in erster Linie eine Zuordnung getroffen, wer nach § 9 Abs. 1 Satz 1 u. 2 StrWG NRW die Kosten für den Ausbau und die Unterhaltung der Straße zu tragen hat. Diese Unterhaltungspflicht umfasst nach § 5b Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 45 Abs. 5 Satz 1 StVO unter anderem auch die Übernahme der Kosten für die Beschaffung, Anbringung, Entfernung, Unterhaltung und des Betriebs der amtlichen Verkehrszeichen an der Straße. Das Straßen- und Wegerecht - und damit auch das Umstufungsverfahren - regelt insoweit aber nur das Rechte- und Pflichtenverhältnis "an" der Straße. Demgegenüber regelt das Straßenverkehrsrecht - sieht man von den städtebaulichen Sondertatbeständen des § 45 Abs. 1b StVO ab - nach ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten den Verkehr "auf" der Straße.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - VII C 76.68 -, BVerwGE 34, 320; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., 1999, Kap. 3, Rdnr. 5.3 f.

Das Straßenrecht und das Straßenverkehrsrecht umfassen somit unterschiedliche Regelungsbereiche. Im Unterschied zum Straßenrecht bezieht sich das Straßenverkehrsrecht nicht nur auf die im straßenrechtlichen Sinne gewidmeten, sondern auch auf die im Privateigentum stehenden tatsächlich-öffentlichen Straßen. Auf die Eigentumsverhältnisse und Unterhaltungspflicht bezüglich einer Straße kommt es im Hinblick auf straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen nicht an.

Vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., 1989, § 6 Rdnr. 13; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2005, § 1 StVO Rdnr. 13, m.w.N.

Vor diesem Hintergrund konnte die Beklagte als Straßenverkehrsbehörde auch hinsichtlich der N. Straße - unabhängig von der etwaig im Rahmen eines Umstufungsverfahrens zu klärenden Frage, wer im Hinblick auf die Verkehrsbedeutung der nach Straßenrecht zuständige Träger der Straßenbaulast ist - die verkehrsrechtliche Anordnung treffen.

b) Die Beklagte konnte die verkehrsregelnde Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO auch treffen, ohne dass zuvor ein Planfeststellungsverfahren mit entsprechenden Beteiligungserfordernissen der hiervon Betroffenen nach den §§ 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 StrWG NRW i.V.m. §§ 72 ff. VwVfG NRW hätte durchgeführt werden müssen. Ein Planfeststellungsverfahren ist - unabhängig von den weiteren Voraussetzungen nach dem einschlägigen Fachplanungsrecht - von seinem Regelungsbereich her nur bei dem Bau oder der Änderung von Straßen erforderlich.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist jedoch nicht der Ausbau der N. Straße, sondern die verkehrsregelnde Anordnung des Einbahnstraßenverkehrs. Anknüpfungspunkt für eine verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO sind allein ordnungsrechtliche Kriterien. Die Anordnung dient dem Ziel, den ordnungsgemäßen Ablauf des Straßenverkehrs sicherzustellen. Eine solche Anordnung kann die Straßenverkehrsbehörde unabhängig davon treffen, ob zuvor ein Ausbau oder eine Änderung am Straßenkörper erfolgt ist. Selbst wenn im Hinblick auf den Ausbau der N. Straße ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen gewesen wäre, ändert dies nichts daran, dass die verkehrsrechtliche Anordnung der entsprechenden Beschilderung allein auf der Grundlage des § 45 StVO erfolgen kann.

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 StVO für die verkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten lagen vor.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO verlangt zudem für Beschränkungen des fließenden Verkehrs, dass die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf Grund besonderer Umstände zwingend geboten ist. Nach Satz 2 dieser Bestimmung ist eine Gefahrenlage erforderlich, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt.

Die Annahme einer derartigen Gefahrenlage setzt nicht voraus, dass sich ein Schadensfall bereits realisiert hat. Es kommt vielmehr darauf an, ob die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder Strecke einer Straße eine das allgemeine Verkehrsrisiko erheblich übersteigende Gefahrenlage im Hinblick auf die durch § 45 StVO geschützten Rechtsgüter darstellt und die Befürchtung nahe liegt, dass ohne eine gefahrenvermindernde Tätigkeit der Straßenverkehrsbehörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dort Schadensfälle eintreten werden.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.1979 - 7 C 46.78 -, NJW 1980, 1640, vom 5.4.2001 - 3 C 23.00 -, NJW 2001, 3139, Beschluss vom 12.9.1995 - 11 B 23.95 -, NZV 1996, 86.

In Anwendung dieser Grundsätze bestand im vorliegenden Fall auf der I. Straße sowohl wegen der Engstelle für den Begegnungsverkehr als auch wegen der sehr schmalen Gehwege im Bereich des "T-H." eine zur verkehrsrechtlichen Regelung Anlass gebende erhebliche konkrete Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs.

Vor dem Probebetrieb und der hier streitbefangenen verkehrsrechtlichen Anordnung wurde der Durchgangsverkehr zwischen der Landesstraße L. und der Autobahnauffahrt X. in beide Fahrtrichtungen durch die I. Straße geleitet. Das denkmalgeschützte "T-H." tritt aus der Flucht der an der I. Straße gelegenen Gebäude heraus und ragt in die Fahrbahn hinein. Hierdurch besteht ein Engpass im Bereich der I. Straße, so dass kein ausreichender Raum für den Begegnungsverkehr besteht und es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Verkehrsflusses kam.

Darüber hinaus war aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in diesem Bereich bei Aufrechterhaltung des Begegnungsverkehrs eine Verbreiterung der nur zwischen 60 cm und 80 cm breiten Gehwege nicht möglich. Vor dem "T-H." selbst konnte überhaupt kein Gehweg angelegt werden, so dass Fußgänger entweder die Straßenseite wechseln oder die Fahrbahn der stark befahrenen I. Straße betreten mussten, um die Engstelle passieren zu können. Hinzu kommt, dass der Gehweg an der gegenüberliegenden Straßenseite ebenfalls außerordentlich schmal und deshalb nicht durchgehend gefahrlos benutzbar war. Insgesamt bestand durch diese Verkehrssituation eine über das allgemeine Verkehrsrisiko hinausgehende erhebliche konkrete Gefahrenlage, die ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten der Beklagten gerechtfertigt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass bis zu der streitbefangenen verkehrsrechtlichen Anordnung der Beklagten noch kein Unfallereignis dokumentiert war. Angesichts der Verkehrssituation bestand in diesem Bereich jedenfalls die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass es ohne verkehrsrechtlichen Eingriff zu Schadensfällen kommen konnte.

3. Die Beklagte hat das ihr nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO eingeräumte Ermessen, ob und welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Gefahrenlage ergreift, auch unter Berücksichtigung des Interesses der Kläger, von übermäßigem Lärm und Abgasen verschont zu bleiben, fehlerfrei ausgeübt.

Die Ermessensentscheidung der Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO).

a) Für die Überprüfung dieser Ermessensentscheidung gelten folgende Grundsätze:

Die für die Ermessensentscheidung der Straßenverkehrsbehörde zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO entwickelten Maßstäbe gelten auch für die Ermessensausübung der Straßenverkehrsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Der sachliche Konflikt zwischen dem Interesse des Anliegers einerseits und dem öffentlichen Verkehrsinteresse andererseits, den die Straßenverkehrsbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung abwägend zu bewältigen hat, besteht, wenn sich ein Straßenanlieger wegen einer Beeinträchtigung durch Verkehrslärm und Abgase gegen eine verkehrsregelnde Anordnung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO wendet, in gleicher Weise wie bei einem auf Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO gerichteten Verpflichtungsbegehren.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.1.1996 - 25 A 2475/93 -, NWVBl. 1997, 462.

Vor diesem Hintergrund hat die Straßenverkehrsbehörde bei der Entscheidung über eine verkehrsrechtliche Anordnung im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens sowohl die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen als auch die Interessen etwa betroffener Anlieger anderer Straßen in Rechnung zu stellen, ihrerseits von einer übermäßigen Lärm- und Abgasbelastung verschont zu bleiben, die als Folge der getroffenen Verkehrsregelung eintreten kann. Das Interesse des betroffenen Anliegers darf sie in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegenstehender Belange um so eher zurückstellen, je geringer der Grad der Beeinträchtigung durch Lärm und Abgase ist. Umgekehrt müssen bei erheblichen Beeinträchtigungen die für die Anordnung sprechenden öffentlichen Interessen schon von einigem Gewicht sein, wenn die Behörde ihnen gegenüber dem Interesse des betroffenen Anliegers, von Lärm und Abgasen verschont zu bleiben, den Vorzug geben will.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, a.a.O., und Beschluss vom 18.10.1999 - 3 B 105.99 -, NZV 2000, 386; OVG NRW, Urteile vom 2.12.1997, - 25 A 4997/96 -, a.a.O., vom 1.6.2005 - 8 A 2350/04 -, NWVBl. 2006, 145.

Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung ist auch auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit sowie auf das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Vorbelastung mit Lärm und Abgasen abzustellen. Von Bedeutung für die Bewertung der Zumutbarkeit der Immissionsbelastung ist dabei insbesondere auch, ob der Verkehr die betroffenen Straßen funktionsgerecht oder funktionswidrig in Anspruch nimmt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, a.a.O., und vom 15.2.2000 - 3 C 14.99 -, NJW 2000, 2121; Hess. VGH, Urteil vom 7.3.1989 - 2 UE 319/84 -, NJW 1989, 2767; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.5.1997 - 5 S 1842/95 -, NVwZ-RR 1998, 682; OVG NRW, Urteil vom 1.6.2005 - 8 A 2350/04 -, a.a.O.

Der betroffene Anlieger hat insoweit grundsätzlich nur den Verkehr zu dulden, der der funktionsgerechten Inanspruchnahme der Straße dient.

b) Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Ermessensentscheidung der Beklagten im Rahmen der verkehrsrechtlichen Anordnung im Hinblick auf das Lärmschutzinteresse der Kläger nicht zu beanstanden. Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte sich von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen, wesentlichen Sachverhalt nicht aufgeklärt oder verkannt (aa) bzw. die Interessen der Kläger nicht erfasst oder nicht ausreichend abgewogen (bb) hätte.

aa) Die Beklagte ist von einem zutreffenden und vollständigen Sachverhalt ausgegangen. Insbesondere lässt sich ein Ermittlungsdefizit der Beklagten nicht feststellen. (wird ausgeführt)

bb) Die Beklagte hat auf der Grundlage dieser Ermittlungen die Zunahme des Verkehrsaufkommens in der N. Straße und die damit verbundene Mehrbelastung der Kläger mit Verkehrslärm in ihre nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO zu treffende Ermessensentscheidung eingestellt, dem Nutzen der in Betracht kommenden verkehrslenkenden Maßnahme gegenüber gestellt und mit deren Nachteilen abgewogen.

(1) In diesem Zusammenhang lässt sich insbesondere ein Auswertungsdefizit der Beklagten nicht feststellen. (wird ausgeführt)

(2) Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung in angemessenem Umfange berücksichtigt, dass es mit der Einführung des Einbahnstraßenverkehrs und der Umleitung des Durchgangverkehrs durch die N. Straße zu einer Vervielfachung des Verkehrsaufkommens und damit auch zu einer erheblichen Zunahme der Lärmbelastung der Anlieger dort kommen wird.

Sie ist jedoch in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs Vorrang vor dem Interesse der Kläger einzuräumen ist, von einer Zunahme der Lärmbelastung infolge eines erhöhten Verkehrsaufkommens verschont zu bleiben.

Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der hier streitbefangenen verkehrsrechtlichen Anordnung die Regelungen der 16. BImSchV i.V.m. §§ 2, 41 BImSchG keine unmittelbare Anwendung finden, weil diese die Schwelle der Zumutbarkeit von Verkehrslärm an öffentlichen Straßen nur für deren Bau und wesentliche Änderung bestimmen. Eine wesentliche Änderung liegt nach § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV unter anderem vor, wenn eine Straße um mindestens einen durchgehenden Fahrstreifen baulich erweitert wird oder durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tag oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird.

Im vorliegenden Fall ist die Zunahme der Lärmbelastung in der N. Straße von über 3 dB(A) jedoch nicht eine Folge des zuvor erfolgten Rückbaues der Fahrbahn von 5,5 m auf 3,5 m Breite, bei dem es sich nicht um einen den Verkehrsfluss sowie das Verkehrsaufkommen erhöhenden und damit typischerweise lärmerhöhenden Eingriff in den Straßenkörper handelt, sondern ist allein darin begründet, dass die Verkehrsströme auf der Grundlage der verkehrsregelnden Anordnung der Beklagten umgeleitet werden.

Bei der nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO vorzunehmenden Interessenabwägung können jedoch - ebenso wie bei § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO - die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV als Orientierungshilfe herangezogen werden, weil sie ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck bringen, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion anzunehmen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1993 - 11 C 45.92 -, DVBl. 1994, 758 (759); Bay. VGH, Urteile vom 13.5.1997 - 8 B 96.3508 -, BayVBl. 1999, 118, und vom 18.2.2002 - 11 B 00.1769 -, BayVBl. 2003, 80; OVG NRW, Urteile vom 21.1.2003 - 8 A 4230/01 -, VRS 105, 233, und vom 1.6.2005 - 8 A 2350/04 -, a.a.O.

Werden die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV genannten Grenzwerte - in allgemeinen Wohngebieten 59 dB(A) tags/49 dB(A) nachts - überschritten, so hat der Einzelne nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO allerdings "nur" einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung gegenüber der Straßenverkehrsbehörde. Ferner kann sich das Ermessen der Behörde zur Pflicht verdichten, lärmmindernde Maßnahmen zu ergreifen, wenn die in den Lärmschutz-Richtlinien-StV vom 6.11.1981 (VkBl. 1981, 428) aufgeführten Richtwerte - in allgemeinen Wohngebieten 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts - überschritten werden. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist aber auch dann nicht zwangsläufig gegeben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, a.a.O., Bay. VGH, Urteil vom 18.2.2002 - 11 B 00.1769, a.a.O.; OVG NRW, Urteile vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, a.a.O., vom 21.1.2003 - 8 A 4230/01 -, a.a.O., vom 14.5.2003 - 8 A 190/00 -, und vom 1.6.2005 - 8 A 2350/04 -, a.a.O.

Für die Interessenabwägung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO folgt daraus, dass die Straßenverkehrsbehörde das Lärmschutzinteresse des Anliegers im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung besonders zu würdigen und abzuwägen hat, wenn die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV genannten Grenzwerte überschritten werden. Sofern die in den Lärmschutz-Richtlinien-StV aufgeführten Richtwerte überschritten werden, kommt dem Lärmschutzinteresse der Anlieger im Rahmen der Interessenabwägung ein besonders hohes Gewicht zu.

Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Abwägungsentscheidung der Beklagten im Hinblick auf die durch die verkehrsrechtliche Anordnung bedingte Lärmmehrbelastung der Anlieger der N. Straße - und damit auch der Kläger - nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat berücksichtigt, dass durch die Einbahnstraßenregelung in der N. Straße zwar die Orientierungswerte der 16. BImSchV überschritten werden, jedoch die in den Lärmschutz-Richtlinien-StV aufgeführten Richtwerte für allgemeine Wohngebiete von 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts eingehalten werden. Diese Einschätzung wird durch die von dem Ingenieurbüro für die Wohnhäuser N. Straße Nr. 39 und 54 sowie I. Straße Nr. 104 b erstellten Prognoseberechnungen im Gutachten vom 8.6.2004 und dem Nachtrag vom 6.11.2006 und 28.11.2006 gestützt, wonach insbesondere auf der Grundlage der letzten Verkehrszählung im Jahr 2004 die Mittelungspegel für die Wohnhäuser an der N. Straße unter 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts liegen.

Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Berechnung bestehen nicht und sind auch seitens der Kläger nicht vorgetragen worden.

Der Einwand der Kläger, dass die Lärmmessungen durch das Ingenieurbüro fehlerhaft erfolgt seien, ist unbegründet. Die maßgeblichen Beurteilungs- bzw. Mittelungspegel nach der 16. BImSchV und den Lärmschutz-Richtlinien-StV sind nicht durch örtliche Schallmessungen zu ermitteln, sondern nach Maßgabe der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV bzw. den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990 (RLS-90) vom 10.4.1990 (VkBl. 1990, S. 258) in der Fassung der Berichtigung vom 18.3.1992 (VkBl. 1992, S. 208) zu berechnen. Die Berechnung der Beurteilungspegel kann nicht durch Lärmmessungen ersetzt werden. Ein direkter Vergleich rechnerischer Werte mit gemessenen Werten ist nicht möglich.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 21.1.2003 - 8 A 4230/01 -, a.a.O., vom 14.5.2003 - 8 A 190/00 -, vom 2.9.1998 - 25 1100/96 -, und vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, a.a.O.; Schulze-Fielitz, Rechtsfragen der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), UPR 1994, 1.

Auf die Lärmmessungen kommt es danach aus Rechtsgründen nicht an. Unabhängig davon kommt den von der Beklagten vorgenommenen Lärmmessungen insoweit aber ein bestätigender Charakter zu. Die Messungen sind an Standorten in der N. Straße vorgenommen worden, die auch als repräsentativ anzusehen sind. Durch den Messpunkt am Wohnhaus N. Straße Nr. 39 wurde der Verkehr zwischen M. Straße und C. Straße und durch die Messung an den Wohnhäusern N. Straße Nr. 54 und I. Straße Nr. 104 b der Verkehr zwischen C. Straße und I. Straße erfasst. Insbesondere konnte durch diese Messpunkte auch berücksichtigt werden, ob sich durch die Steigung auf der N. Straße in diesem Bereich die Lärmbelastung erhöht. Die Lärmmessung ergab an dem Wohnhaus N. Straße Nr. 39 vor der Inbetriebnahme des Einbahnstraßenverkehrs einen Mittelungspegel von 62,2 dB(A) tags und 55,1 dB(A) nachts. Nach Aufnahme des Probebetriebs ermittelte der Gutachter an dem Wohnhaus N. Straße Nr. 39 die höchste Lärmbelastung mit einem Mittelungspegel von 67,9 dB(A) tags und 57,7 dB(A) nachts. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Lärmmessungen nicht verwertbar sind. Soweit die Kläger darauf abstellen, dass zeitgleich Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt worden seien, stellt dies die Verwertbarkeit der Messergebnisse nicht in Frage. Während des Probebetriebs gab es zwei zeitgleiche Geschwindigkeitsmessungen am 27./28.1.2004 und am 8./.9.5.2004 durch den S-Kreis. Es ist indes nicht ersichtlich, dass insoweit bei den Lärmmessungen von unrealistischen Bedingungen ausgegangen wurde, zumal für den Bereich der N. Straße die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch entsprechende Beschilderung auf 30 km/h beschränkt ist und auch im Hinblick auf den Ausbau der Straße - auf den die Kläger selbst abgestellt haben - kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass Verkehrsteilnehmer in diesem Bereich verleitet wären, sich generell nicht an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit zu halten.

Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung in nicht zu beanstandender Weise den Belangen der Verkehrssicherheit Vorrang vor dem Lärmschutzinteresse der Anlieger der N. Straße eingeräumt. Dabei hat sie auch berücksichtigt, dass die N. Straße im Straßenverzeichnis der Stadt C. als Haupterschließungsstraße geführt wurde, die überwiegend der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dient. Im Gegensatz zu einer Hauptverkehrstraße bestand die bisherige Verkehrsfunktion der N. Straße nicht darin, den überörtlichen Durchgangsverkehr abzuleiten. Je dringender und notwendiger eine Verkehrslösung jedoch ist und je weniger Alternativen es gibt, umso eher kann auch den Anliegern einer Haupterschließungsstraße Durchgangsverkehr und ein entsprechendes "Mehr" an Lärmbelastung zugemutet werden. Diese Voraussetzungen lagen hier vor.

Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Entscheidung zutreffend darauf abgestellt, dass durch die Einbahnstraßenlösung - die notwendigerweise auch die N. Straße mit umfasst - die Gefahrensituation in der I. Straße beseitigt und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefördert wird. Diese Erwägungen sind sachgerecht, da in Höhe des "T-H." an der I. Straße im Hinblick auf die Fahrbahnbreite und die teilweise nur sehr schmal oder gar nicht angelegten Gehwege objektiv eine erhebliche Gefahrenlage für den Begegnungsverkehr und die Fußgänger bestand. Zudem hat die Beklagte in ihre Abwägungsentscheidung auch mit eingestellt, dass die Gefahrenlage in der I. Straße nicht auf Kosten der Schaffung einer Gefahrenlage in der N. Straße beseitigt wird. Hierbei hat sie in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass die Fahrbahn der N. Straße mit einer Breite von 3,5 m nicht geringer dimensioniert ist als die Fahrspur der I. Straße, die in Richtung B. geführt hat, und dass durch die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h sowie die beidseitig angelegten und erheblich verbreiterten Gehwege sowie das angeordnete Haltverbot in diesem Bereich ein sicheres Nebeneinander des motorisierten Verkehrs und des Fußgängerverkehrs ermöglicht wird. Dass sich in diesem Bereich abgesenkte Bordsteine befinden, ist insoweit unerheblich, weil die Gehwege - ausweislich der Feststellungen im Ortstermin - gleichwohl deutlich von der Fahrbahn abgegrenzt sind und damit weiterhin eine Trennung der verschiedenen Verkehrsarten besteht. Abgesehen davon ist das Befahren der Gehwege mit Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO bußgeldbewehrt verboten. Zutreffend hat die Beklagte auch darauf abgestellt, dass sich in der N. Straße vor der Einmündung zur I. Straße zwei getrennte Fahrbahnhälften befinden, so dass der stadteinwärts und der stadtauswärts fahrende Verkehr ohne größere Rückstaugefahr abgeleitet werden kann.

Die Beklagte hat sich im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung auch mit den in Betracht kommenden Alternativen zu dem Einbahnstraßenverkehr auseinandergesetzt und deren Vor- und Nachteile im Hinblick auf das Lärmschutzinteresse der Kläger in angemessenem Umfange abgewogen.

Insbesondere hat die Beklagte die Installierung einer koordinierten Ampelanlage erwogen, die alle Verkehrsknoten und vorhandenen Querungen von einschließlich der Kreuzung O. Straße/M. Straße bis in die I. Straße einbezieht. Sie ist aber - orientiert an sachgerechten Erwägungen - zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Lösung insbesondere den Nachteil hätte, dass sich bei hohem Verkehrsaufkommen und einem Ausfall nur einer Signalanlage Rückstaus bilden und der Verkehr im Innenstadtbereich zum Erliegen kommen könnte. Diese Einschätzung ist von dem Sachverständigen, der mit der Erstellung des Verkehrsentwicklungsplans befasst war, im Erörterungstermin bestätigt worden. Danach wäre eine koordinierte Signalisierung nicht gleich geeignet gewesen wie die Karreelösung. Sie hätte vorausgesetzt, dass absolut jedes Halten eines Fahrzeugs in dem fraglichen Bereich ausgeschlossen ist. Rein physikalisch/mathematisch hätte eine solche Lösung funktionieren können. Praktisch hätte jedoch die geringste Störung zu einem Verkehrskollaps in diesem Bereich geführt. Die Karreelösung ermöglicht demgegenüber auch ein Be- und Entladen von Fahrzeugen in der I. Straße /M. Straße. Zudem hat die Beklagte darauf abgestellt, dass das Signalisierungssystem nicht geeignet ist, langfristige Belastungszuwächse zu verkraften.

Die Beklagte hat sich ferner mit der Alternative auseinandergesetzt, den Begegnungsverkehr zwischen M. Straße und I. Straße aufrecht zu erhalten und lediglich den Verkehr aus Richtung Süden über die N. Straße zu führen. Diese Alternative hat sie als nicht geeignet angesehen, da dann der Engpassbereich am "T-H." in der I. Straße mit einer Ampelanlage ausgestattet werden müsste, um eine Verbesserung der Situation der Fußgänger zu erreichen. Hierbei hat sie in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass eine Ampelanlage in diesem Bereich ebenfalls zu Rückstausituationen und einer Belastung der anderen Verkehrsknoten führen würde. Abgesehen davon könnten bei einer solchen Lösung die schmalen Gehwege im Bereich der I. Straße nicht verbreitert werden.

Darüber hinaus hat die Beklagte die Möglichkeit erwogen, den Begegnungsverkehr auf der M. Straße zwischen den Einmündungen an der T. Straße und P. Straße aufrecht zu erhalten. Dies hätte zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens in der N. Straße von 800 bis 900 Fahrzeugen pro Tag geführt. Insoweit hat die Beklagte jedoch sachgerecht darauf abgestellt, dass insbesondere durch Linksabbieger von der T. Straße kommend in Richtung P. Straße die Leistungsfähigkeit dieses Verkehrsknotens erheblich eingeschränkt würde, es zu weiteren Gefahrensituationen am Fußgängerüberweg in der M. Straße und durch den Begegnungsverkehr im Bereich des Verkehrsknotens I. Straße und P. Straße komme.

Die Beklagte hat sich auch mit der Alternative auseinandergesetzt, den Zweirichtungsverkehr auf der I. Straße zwischen Q. Straße und N. Straße aufrechtzuerhalten. Hierzu hat die Beklagte eine ergänzende verkehrstechnische Stellungnahme der J. vom 27.8.2001 eingeholt. Die J. hat sich insoweit mit drei Vorfahrtskonstellationen im Einmündungsbereich I. Straße /N. Straße auseinandergesetzt und dazu ausgeführt, dass im Falle einer "Rechts vor Links-Regelung" und einer "abknickenden Vorfahrt" Fahrzeuge aus dem freigegebenen Teil der I. Straße so weit in den Einmündungsbereich zur N. Straße hineinfahren müssten (Anfahrtsichtweite), dass sie zumindest den Schleppkurvenbereich größerer Fahrzeuge (insbesondere Lkw mit Anhänger), die die N. Straße nach links in die I. Straße verlassen wollen, blockieren. Ferner hätte eine Behinderung des Linksabbiegerverkehrs auf der N. Straße auch eine Behinderung des starken Rechtsabbiegerstroms in die I. Straße zur Folge. Nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Sachverständigen im Erörterungstermin wäre auch die Anbringung eines Verkehrsspiegels auf der I. Straße im Hinblick auf das Verkehrsaufkommen in diesem Bereich nicht hinreichend geeignet, um einen reibungslosen Verkehrsfluss zu gewährleisten. Eine Regelung durch Zeichen 205 zu § 41 Abs. 2 StVO auf der N. Straße und Zeichen 306 zu § 42 Abs. 2 StVO würde dazu führen, dass der starke Verkehrsstrom der N. Straße dem schwachen Verkehrsstrom auf der I. Straße untergeordnet würde. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Beklagten, dass ein Zweirichtungsverkehr auf der I. Straße zwischen Q. Straße und N. Straße zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Verkehrsflussqualität der Karreelösung führen würde, nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat weiter erwogen, ob eine Sperrung des Karrees für Lkw über 7,5 t und eine Umleitung des Schwerlastverkehrs über zwei Landesstraßen in Betracht kommt. Diese Alternative ließ sich jedoch nicht realisieren, weil die Landräte des S-Kreises und des Kreises O., die wegen der überörtlichen verkehrlichen Auswirkungen zu beteiligen waren, wegen der dann vermehrten Belastung der ohnehin schon überlasteten Landesstraßen in Y. einer solchen Lösung nicht zugestimmt haben. Zudem haben die anderen Kommunen, deren Ortsdurchfahrten hiervon betroffen wären, entweder nicht zugestimmt oder es wäre wegen der schon starken Belastung mit Schwerlastverkehr (insbesondere hinsichtlich der Ortsdurchfahrt von V. ) nicht mit einer entsprechenden Zustimmung zu rechnen.

Die Beklagte hat in ihre Erwägungen auch einbezogen, ob eine Verbesserung der Verkehrssituation in der I. Straße durch ein Versetzen oder einen Abriss des "T-H." in Betracht kommt. Sie ist insoweit jedoch in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass sich wegen der Denkmaleigenschaft des Gebäudes - und mit Blick auf ein etwaig langwieriges denkmalrechtliches Verfahren - jedenfalls kurzfristig eine solche Maßnahme nicht realisieren ließe und dass die Beseitigung der Gefahrenlage nicht weiter hinausgeschoben werden könne.

c) Die Beklagte ist bei ihrer Abwägungsentscheidung auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger als Folge der verkehrsrechtlichen Anordnung nicht unzumutbar durch Abgasimmissionen beeinträchtigt werden.

aa) Im Rahmen einer Entscheidung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO stellen die in der 22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft - 22. BImSchV) vom 11.9.2002 (BGBl. I S. 3626), geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 13.7.2004 (BGBl. I S. 1612, 1625), festgesetzten Immissionsgrenzwerte eine geeignete und hinreichende Orientierungshilfe für die ermessensgerechte Bewertung der verkehrsbedingten Schadstoffbelastung der Anlieger einer Straße dar.

Durch den Kraftfahrzeugverkehr werden insbesondere Stickstoffdioxid (NO2), Benzol und Dieselrußpartikel ausgestoßen. Die 23. BImSchV legte Konzentrationswerte für Immissionen fest, die typischerweise vom Straßenverkehr ausgehen, und wurde in der Rechtsprechung bisher als Orientierungshilfe für die Bewertung der verkehrsbedingten Abgasbelastung herangezogen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.10.2001 - 4 VR 20.01 -, DVBl. 2002, 275; OVG NRW, Urteil vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, a.a.O.

Mit Erlass der 33. BImSchV wurde die 23. BImSchV durch Art. 3 der Verordnung vom 13.6.2004 (BGBl. I S. 1612) mit Wirkung zum 21.7.2004 aufgehoben, mit der Folge, dass dieses Regelwerk im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung - dem Erlass des Widerspruchbescheides vom 23.5.2005 - für die Beurteilung der Luftschadstoffbelastung nicht mehr herangezogen werden konnte.

Die 22. BImSchV in der Fassung vom 13.7.2004 legt zum Zwecke der Gefahrenabwehr Immissionsgrenzwerte nebst Toleranzmargen insbesondere für Stickstoffdioxid (§ 3 Abs. 4), Fein- und Schwebstaub - PM10 (§ 4 Abs. 2 und 4) sowie Benzol (§ 6 Abs. 1 und 2) fest. Diese Regelungen finden nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 der 22. BImSchV zwar nur im Rahmen der §§ 40, 47 BImSchG unmittelbare Anwendung. Bei § 45 StVO und § 40 Abs. 1 und 2 BImSchG handelt es sich um nebeneinander stehende selbständige Ermächtigungsgrundlagen.

Vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 8.10.1993 - 11 B 93.1408 -, NZV 1994, 87, vom 30.6.2005 - 22 CE 05.1194 -, NVwZ 2005, 1094; OVG NRW, Urteil vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, a.a.O.; Hansmann, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Band I, § 40 Rdnr. 10, Band II, Vorb. 22. BImSchV Rdnr. 8 und 10.

Jedoch folgt aus der gemeinsamen Zielrichtung im Hinblick auf die Bewertung der verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastung, dass die Immissionsgrenzwerte auch im Anwendungsbereich des § 45 StVO jedenfalls eine hinreichende Orientierungshilfe darstellen. Dies zeigt auch § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, wonach die Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften - hier § 45 StVO - beschränkt oder verbietet, soweit ein Luftreinhalte- oder Aktionsplan nach § 47 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsieht. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 40 Abs. 2 BImSchG. Danach kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften u.a. auf bestimmten Straßen verbieten oder beschränken, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von in Rechtsverordnungen nach § 48 a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionswerten beiträgt und soweit die Immissionsschutzbehörde dies im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse für geboten hält, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu vermindern oder deren Entstehen zu vermeiden.

bb) Die Beklagte ist im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass die Kläger nicht unzumutbar durch Abgasimmissionen beeinträchtigt werden, weil mit einer Überschreitung der zulässigen Konzentrationswerte erst bei einer sehr hohen Verkehrsdichte in einer Größenordnung von ca. 20.000 Fahrzeugen pro Tag zu rechnen sei und ein solches Verkehrsaufkommen auf der Grundlage der erstellten Prognosen und Verkehrszählungen - auch während des Probebetriebs - in der N. Straße nicht erreicht würde. Diese Einschätzung hinsichtlich der verkehrsbedingten Schadstoffbelastung an der N. Straße hat sich durch das während des Berufungsverfahrens von der Beklagten mit Hilfe des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen durchgeführte Schadstoff-Grobscreening bestätigt.

(1) Das Schadstoff-Grobscreening bietet im Rahmen eines prognostischen Verfahrens, in dem - wie im vorliegenden Fall - die künftigen Auswirkungen verkehrslenkender Maßnahmen beurteilt werden sollen, eine ausreichende Grundlage für die Bewertung und Beurteilung der zu erwartenden verkehrsbedingten Schadstoffbelastung an einer Straße.

Herr I. vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, der dieses auf der Basis des Berechnungsmodells IMMISLuft, vgl. www.screening-lua.nrw.de und www.immis.de/immisluft/immission.htm, im Internet zur Verfügung stehende System entwickelt hat, hat im Erörterungstermin ausgeführt, dass mit Hilfe dieses Verfahrens eine zuverlässige Aussage darüber getroffen werden kann, ob die Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe nach Maßgabe der 22. BImSchV eingehalten werden. In das Berechnungsverfahren geht zunächst die (landesweite und ortsbezogene) Vorbelastung ein, die sich auf der Grundlage von Messungen des Landesumweltamtes ergibt. Auf der Basis verschiedener Parameter (z.B. Straßenbreite, -länge, Gebäudeabstände, -höhe, Steigung, DTV-Wert, Aufschlüsselung nach Fahrzeugarten, Stauanfälligkeit etc.) wird die voraussichtliche Abgasbelastung durch den Straßenverkehr an einer Straße ermittelt. Berechnet werden die Jahresmittelwerte und Jahresperzentile im Straßenraum an zwei Punkten (BImSch-Fenster) und es werden folgende Kennwerte gemäß der 22. BImSchV ermittelt: Jahresmittelwert für NO2 und NOX, Wahrscheinlichkeit der Überschreitung des Stundengrenzwertes von NO2, Jahresmittelwert für PM10 (inkl. Berücksichtigung von Aufwirbelungen und Abriebsemissionen), 90,4 %-Perzentilwert der Tagesmittelwerte für PM10, Jahresmittelwert für Benzol und höchster 8-Stunden-Mittelwert für CO.

(2) Das im vorliegenden Verfahren durchgeführte Grob-Screening ergab, dass die Immissionsgrenzwerte für Benzol, Stickstoffdioxid und PM10 (Jahres- und Tagesmittelwert) an der N. Straße deutlich unterschritten werden, so dass die Beklagte im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung - bei der sie von einer Einhaltung der Konzentrationswerte ausgegangen ist und eine verkehrsbedingte gesundheitsschädliche Schadstoffbelastung der Anlieger der N. Straße ausgeschlossen hat - jedenfalls im Ergebnis auch von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist.

Im Rahmen des Grob-Screenings ist die N. Straße in drei Abschnitte unterteilt worden. Auf der Basis der Verkehrszählungen aus dem Jahr 2004 wurden die höchsten Schadstoffkonzentrationen im Abschnitt 2 ermittelt, in dem das Wohnhaus der Kläger liegt. Die Immissionsgrenzwerte der 22. BImSchV werden jedoch nach Einführung der Karreelösung auch hier eindeutig eingehalten.

Danach beträgt die Gesamtbelastung mit Benzol in diesem Bereich 2 Mikrogramm/cbm. Der Immissionsgrenzwert für Benzol beträgt hingegen nach § 6 Abs. 1 und 2 der 22. BImSchV für das Jahr 2005 - zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung - 10 Mikrogramm/cbm und ab 1.1.2010 dauerhaft 5 Mikrogramm/cbm.

Die Gesamtbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) wurde für diesen Abschnitt mit 37,1 Mikrogramm/cbm berechnet. Gemäß § 3 Abs. 4 und 5 der 22. BImSchV beträgt für das Jahr 2005 der insoweit maßgebliche Immissionsgrenzwert 50 Mikrogramm/cbm und ab dem 1.1.2010 dauerhaft 40 Mikrogramm/cbm.

In Bezug auf Fein- und Schwebstaub (PM10) wurde für diesen Bereich ein Jahresmittelwert von 24,8 Mikrogramm/cbm und ein Tagesmittelwert von 43,1 Mikrogramm/cbm ermittelt. Der Immissionsgrenzwert für PM10 beträgt nach § 4 Abs. 4 der 22. BImSchV ab dem 1.1.2005 im Jahresmittel 40 Mikrogramm/cbm; der Tagesmittelwert beträgt gemäß § 4 Abs. 2 und 3 der 22. BImSchV 50 Mikrogramm/cbm.

Es bestehen auch keine Zweifel an der korrekten Durchführung des Schadstoff-Grobscreenings. Die einzelnen für das Berechnungsverfahren erforderlichen Parameter sind während des Erörterungstermins von Herrn I. vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen ermittelt worden. Ausweislich des Schreibens des Landesumweltamtes vom 27.11.2006 ist auch die durchgeführte Berechnung dort noch einmal geprüft worden. Ferner sind im Rahmen dieser Berechnung die ungünstigsten Parameter zugrundegelegt worden, so dass die Berechnung "auf der sicheren Seite" liegt. Im Hinblick auf den Abschnitt 2 ist bei dem Grob-Screening - entgegen der dort tatsächlich vorhandenen Bebauungssituation - eine schluchtartig geschlossene Bebauung zugrunde gelegt worden, was sich tendenziell zu Lasten der ermittelten Luftschadstoffbelastung auswirkt. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Grob-Screening die an der N. Straße bestehende Luftschadstoffbelastung zu positiv beurteilt haben könnte. Auch das Landesumweltamt geht in seiner Stellungnahme vom 27.11.2006 davon aus, dass eine Überschreitung der Grenzwerte der 22. BImSchV in den hier betrachteten Straßenabschnitten mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Im Erörterungstermin haben Herr H. und Herr I. vom Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen auch nachvollziehbar dargelegt, dass im Rahmen des Grob-Screenings einerseits und der Lärmberechnungen andererseits aufgrund des jeweils unterschiedlichen Ansatzes des jeweiligen Berechnungsverfahrens von unterschiedlichen Berechnungsgrößen auszugehen ist. Während bei der Lärmberechnung die aus der Verkehrszählung vom 26./27.4.2004 an Werktagen ermittelten 24h-Werte zugrunde gelegt worden sind, mussten diese Werte für das Grob-Screening entsprechend den vorgegebenen Umrechnungsfaktoren in den Wert für den durchschnittlichen täglichen Verkehr einschließlich Sonn- und Feiertage (DTV-Wert) umgerechnet werden. Herr H. und Herr I. haben im Erörterungstermin ferner erläutert, dass für das Grob-Screening - im Gegensatz zu den Lärmberechnungen - der Parameter für den Lkw-Anteil 1,4 % beträgt. Der im Gegensatz zur Lärmberechnung geringere Lkw-Anteil ist nach den sachverständigen Bewertungen darin begründet, dass Lkws nach dem für die Beurteilung der Luftreinhaltung maßgeblichen Handbuch für Emissionsfaktoren anders klassifiziert werden, als dies bei der Lärmmessung üblich sei. Leichtere Lkws werden danach den Kfz zugerechnet und Busse werden separat erfasst, so dass sich der für das Grob-Screening maßgebliche Lkw-Anteil entsprechend verringere. Anhaltspunkte dafür, die die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel ziehen, bestehen nicht und sind auch seitens der Kläger nicht vorgetragen worden.

Das hier durchgeführte Grob-Screening kann vom Senat auch zur Beurteilung der Tatsachengrundlage herangezogen werden, obwohl es erst während des gerichtlichen Verfahrens erstellt wurde, weil es von der Beklagten als Parteivortrag in das Verfahren eingeführt worden ist, vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, a.a.O., und auf der Grundlage der im Jahr 2004 durchgeführten Verkehrszählungen erfolgte, so dass hiermit nachvollzogen werden konnte, ob die Beklagte im Rahmen ihrer Entscheidung die verkehrsbedingte Abgasbelastung in der N. Straße zutreffend beurteilt hat.

Ende der Entscheidung

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