Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 10.03.2009
Aktenzeichen: 9 A 1815/07
Rechtsgebiete: WasEG


Vorschriften:

WasEG § 2 Abs. 2 Satz 3
"Unmittelbar" im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG bedeutet, dass das Kühlwasser in das Entnahmegewässer zurückgeführt wird und diesem nicht erst über andere Gewässer oder den allgemeinen Naturhaushalt wieder zufließt.
Tatbestand:

Die Klägerin betreibt ein Hochofenwerk. Zur Kühlung des Hochofens entnimmt sie auf der Grundlage wasserrechtlicher Genehmigungen Rheinwasser, welches sie nach dem Durchlaufen des Kühlvorgangs in den Rhein zurückleitet. Die Beklagte setzte für das Jahr 2004 eine Vorauszahlung auf die Entnahme von Wasser fest, ohne den reduzierten Entgeltsatz für die sog. Durchlaufkühlung zu berücksichtigen. Die Klage hatte Erfolg. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen.

Gründe:

Die Klägerin erfüllt mit der Entnahme von Wasser, das sie zu Kühlzwecken nutzt, den Entgelttatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern (Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - WasEG) vom 27.1.2004 (GV. NRW. S. 30). Für das Wasserentnahmeentgelt bezogen auf die hier allein im Streit stehende Entnahmemenge von 4.049.682 m³ Rheinwasser ist jedoch der reduzierte Entgeltsatz von 0,003 €/m³ anzusetzen (§ 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG). Es handelt sich nach zutreffender Ansicht aller Beteiligten um eine Entnahme, die ausschließlich der Kühlwassernutzung dient, bei welcher das Wasser dem Gewässer wieder zugeführt wird. Darüber hinaus ist im Sinne der Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung auch das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt.

Der Begriff der Unmittelbarkeit stellt, wie seine grammatische Anknüpfung an das Rückführungsgewässer belegt, allein auf den Rückführungsvorgang des ausschließlich zu Kühlzwecken verwendeten Wassers ab. "Unmittelbar" in diesem Zusammenhang bedeutet, dass das Kühlwasser in das Entnahmegewässer zurückgeführt wird und diesem nicht erst über andere Gewässer oder den allgemeinen Naturhaushalt wieder zufließt. Allein in dieser Abgrenzung zu anderen Kühlsystemen, bei welchen das Wasser nicht unmittelbar in das Entnahmegewässer zurückgeführt wird, erschöpft sich die Bedeutung der "Durchlaufkühlung" im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG. Es ist daher für den Ansatz dieses reduzierten Entgeltsatzes allein darauf abzustellen, ob das entnommene Wasser nach dem innerbetrieblichen Abschluss des Kühlvorgangs - auf welche technische Weise dieser auch immer erfolgt - dem Entnahmegewässer ohne den Umweg über andere Gewässer oder den allgemeinen Naturhaushalt wieder zugeführt wird. Verdunstet während des (Durchlauf)Kühlvorgangs ein Teil des entnommenen Wassers oder geht ein Teil auf andere Weise verloren, ist für diesen jeweiligen Teil der Entgeltsatz des § 2 Abs. 2 Satz 2 WasEG zugrunde zu legen.

Weitergehendere Anforderungen stellt der Begriff der Unmittelbarkeit nicht auf. Selbst wenn der Gesetzgeber ihm einen weiteren Inhalt hätte beilegen wollen, ergibt sich dies weder mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut noch lässt sich dies unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien erkennen. Insbesondere trifft er keine Aussage zur eingesetzten Kühltechnologie und dementsprechend auch nicht dazu, ob das zu Kühlzwecken entnommene Wasser vor seiner Rückführung in irgendeiner Weise im Kühlsystem in einem Kreislauf geführt wird. Welche technischen Unterscheidungen die Abwasserverordnung trifft, ist für die Auslegung des überdies in einem völlig anderen Regelungszusammenhang stehenden landesrechtlichen Begriffs ohnehin unerheblich.

Die allgemeine Begünstigung der Wasserentnahme zu Kühlzwecken hatte nach den Ausführungen zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung NRW ihren Grund u. a. darin, dass das zu diesen Zwecken entnommene Wasser dem Naturhaushalt wieder zugeführt wird.

Vgl. LT-Drs. 13/4528, S. 30.

Die noch weitergehende Begünstigung für Entnahmen zum Zwecke der Durchlaufkühlung beruht auf dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der Bündnis90/Die Grünen vom 13.1.2004. Zur Begründung ist ausgeführt:

"Im Rahmen des Expertengespräches des Haushalts- und Finanzausschusses soweit des Ausschusses für Umwelt und Raumordnung ist deutlich geworden, dass eine weitere Differenzierung der Entgeltsätze angezeigt ist.

Dies gilt namentlich für die Entnahmen zum Zwecke der Kühlwassernutzung, die in Abhängigkeit von der eingesetzten Kühltechnologie (erfolgen), denn Kühlsysteme mit sog. Durchlaufkühlung benötigen für das Erreichen der gleichen Kühlleistung etwa die 75-fache Wassermenge gegenüber Kreislaufkühlsystemen. Um eine ausgewogenere Belastung insbesondere innerhalb der Kraftwerksindustrie herzustellen, ist die Differenzierung der Entgeltsätze sachgerecht."

Vgl. Anhang 1 zu LT-Drs. 13/4890, S. 3.

Hieraus wird ersichtlich, dass sich die grundsätzliche Subventionsentscheidung zugunsten von Wasserentnahmen zu Kühlzwecken auch in Anbetracht des Lenkungszwecks des Gesetzes, sparsam mit der Ressource Wasser umzugehen, noch rechtfertigen lässt, weil das entnommene Wasser dem allgemeinen Naturhaushalt wieder zugeführt wird. Die noch weitergehende Subventionierung von Wasserentnahmen im Rahmen der Durchlaufkühlung rechtfertigt sich aus Lenkungssicht mit der ergänzenden Erwägung, dass das entnommene Wasser demselben Gewässer unmittelbar wieder zugeführt wird und damit die wasserwirtschaftlichen Auswirkungen auf dieses Gewässer eher gering ausfallen werden.

Vgl. zur Relevanz der Rückführung in dasselbe Gewässer OVG NRW, Beschluss vom 2.2.2007 - 9 B 2616/06 -, NVwZ-RR 2007, 313.

Hiernach ist für eine Menge von 4.049.682 m³ der reduzierte Entgeltsatz des § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG von 0,003 €/m³ zugrunde zu legen. Für relevante Verdunstungs- oder Versickerungsverluste bestehen nach dem vorliegend insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin zu der von ihr verwendeten Kühltechnologie keine Anhaltspunkte.

Ende der Entscheidung

Zurück