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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: 9 A 249/01
Rechtsgebiete: ÖbVermIngBO NRW, ÖbVermIngKO NRW, BauPrüfVO, ZPO


Vorschriften:

ÖbVermIngBO NRW § 1
ÖbVermIngBO NRW § 13
ÖbVermIngKO NRW § 1
ÖbVermIngKO NRW § 10
BauPrüfVO § 2
BauPrüfVO § 3
ZPO § 418
1. Die Ermächtigung an die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, bestimmte Tätigkeiten öffentlich-rechtlich durch Gebührenbescheid abrechnen zu dürfen, ist in § 13 Abs. 1 ÖbVermIngBO NRW geregelt; sie erstreckt sich nur auf solche Tätigkeiten, die ihnen gemäß § 1 Abs. 1 und 2 ÖbVermIngBO NRW als Beliehene im hoheitlichen Bereich zugewiesen sind.

2. Hinsichtlich der Tätigkeiten zur Erstellung amtlicher Lagepläne unterfallen nach dem insofern einschlägigen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖBVermIngBO NRW die Außenaufnahmen sowie die Einarbeitung der dabei gefundenen Ergebnisse in den amtlichen Lageplan dem hoheitlichen Wirkungskreis des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs.

3. Leistungen, die die Einarbeitung des geplanten Bauvorhabens in den amtlichen Lageplan betreffen (Darstellung der Lage des Vorhabens, Berechnung und Darstellung der Abstand- und/oder benötigter künftiger Baulastflächen sowie Berechnung der Grundriss-/Geschossflächen und der GRZ-/GFZ- Zahl des Vorhabens), unterfallen hingegen nicht dem hoheitlichen Wirkungskreis; etwas anderes folgt auch nicht aus den Vorschriften der Bauprüfverordnung oder des Runderlasses "Führung des Landessiegels durch die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure" vom 7.1.1966.

4. Im Gebührenbescheid dürfen grundsätzlich nur die Auslagen festgesetzt werden, die bezüglich der im konkreten Fall die Gebührenerhebung rechtfertigenden hoheitlichen Tätigkeiten angefallen sind.


Tatbestand:

Der beklagte Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur zog den Kläger durch den angefochtenen Gebührenbescheid zur Kostenerstattung für die Anfertigung amtlicher Lagepläne heran, die er zur Vorlage im Genehmigungsverfahren für ein mehrfach verändertes Bauvorhaben des Klägers erstellt hatte. In dem Bescheid sind sowohl Leistungen abgerechnet worden, die der Beklagte anlässlich der Außenaufnahmen und der Einarbeitung der dabei getroffenen Feststellungen in die Lagepläne erbracht hat als auch Gebühren und Auslagen für solche Leistungen festgesetzt worden, die die Einarbeitung des Bauvorhabens in seinen verschiedenen Varianten in die Lagepläne betrafen.

Das VG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage im Wesentlichen insoweit statt, als der Beklagte in dem Bescheid Gebühren und Auslagen für die letztgenannten Leistungen festgesetzt hat. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb - mit Ausnahme einer geringfügigen Erhöhung der vom VG bestätigten Kostenforderung - weitgehend erfolglos.

Gründe:

Die Ermächtigung an die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, bestimmte Leistungen öffentlich rechtlich durch Gebührenbescheid (anstelle privat-rechtlicher Rechnungslegung) abrechnen zu dürfen, ist - soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung - geregelt in § 13 Abs. 1 ÖbVermIngBO NRW vom 15.12.1992 (GV. NRW. S. 524) i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 22.11.1994 (GV. NRW. S. 1058) i.V.m. § 1 ÖbVermIngKO NRW vom 26.5.1993 (GV. NRW. S. 289). § 13 Abs.1 ÖbVermIngBO NRW bestimmt, dass sich die Vergütung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure für Tätigkeiten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 ÖbVermIngBO NRW nach der o.g. Kostenordnung richtet. Hierfür sind die Vorschriften der §§ 10 bis 14 sowie der §§ 16 bis 22 GebG NRW, mithin auch die Ermächtigung zum Erlass eines Gebührenbescheides gemäß § 14 GebG NRW, entsprechend anzuwenden. Bei den genannten Tätigkeiten, auf die folgerichtig § 1 ÖbVermIngKO NRW den Anwendungsbereich der Kostenordnung beschränkt, handelt es sich um jene Tätigkeiten, die dem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur als Beliehenem im hoheitlichen Bereich zugewiesen sind. Erfasst werden die Mitwirkung an den Aufgaben der Landesvermessung im Sinne des § 5 VermKatG NRW (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ÖbVermIngBO NRW) sowie die - dem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur ausdrücklich neben den Behörden der öffentlichen Vermessungsverwaltung zuerkannte - Ausführung von Katastervermessungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 VermKastG NRW (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÖbVermIngBO NRW) und die Beurkundung von Tatbeständen mit öffentlichem Glauben, die durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellt werden (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW). Die vorbezeichneten gesetzlichen Regelungen dienen dazu, den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur - anders als noch nach der früheren Berufsordnung von 1965 - nur für die Abrechnung jener Tätigkeiten dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime in Form einer Gebührenerhebung nach der Kostenordnung zu "unterwerfen", die dem hoheitlichen Bereich seines Wirkungskreises zuzurechnen sind.

Vgl. LT-Drucks. 11/3696, S. 34.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur die, aber auch nur die Leistungen öffentlich-rechtlich durch Gebührenbescheid nach der Kostenordnung abrechnen darf, die dem ausgeführten hoheitlichen Wirkungskreis unterfallen.

Hinsichtlich der hier betroffenen Leistungen zur Erstellung beurkundeter Lagepläne ist ersichtlich nur eine hoheitliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NW in Betracht zu ziehen.

Auf dieser Grundlage handelt es sich bei den im Berufungsverfahren noch streitigen Leistungen für die Erstellung der amtlichen Lagepläne nur zu einem geringfügigen Teil um hoheitliche Tätigkeiten.

Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW verleiht dem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur die hoheitliche Befugnis als Beliehenem, Tatbestände mit öffentlichem Glauben zu beurkunden, die durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellt werden. Die Regelung setzt folglich zweierlei voraus. Zum einen erfasst sie nur solche Tatbestände, die durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festzustellen sind. Damit ist angeordnet, dass es sich um Sachverhalte faktischer und/oder rechtlicher Art handeln muss, deren festzustellendes Vorliegen in einer bestimmten Form unmittelbares Ergebnis der besagten Ermittlungen ist. Zum anderen bezieht sich die Regelung nur auf solche Vorgänge, die einem öffentlichen Glauben zugänglich sind. Soweit eine zur öffentlichen Beglaubigung berufene Person im Rahmen des ihr zugewiesenen Geschäftskreises eine Urkunde aufnimmt bzw. erstellt, entsteht gemäß § 415 Abs. 1 ZPO eine öffentliche Urkunde. Verhält sich diese, wie bei der Beurkundung vermessungstechnisch festgestellter Tatbestände, nicht zur Abgabe von Erklärungen im Sinne der §§ 415, 417 ZPO, so begründet die Urkunde nach § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Diese Beweiskraft ist gerade das kennzeichnende Zweckelement der Beurkundung mit öffentlichem Glauben, auf die § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW abstellt. Bei Zugrundelegung der vorbezeichneten Gesichtspunkte erfasst die Vorschrift nicht die Feststellung solcher Sachverhalte, die erst künftig entstehen bzw. eintreten sollen und/oder deren Annahme die Schlussfolgerung aus einer interpretierenden Anwendung von baurechtlichen Normen darstellt. Denn derartige Feststellungen betreffen keine Mitteilung gegebener Sachverhalte faktischer oder rechtlicher Art, die als unmittelbares Ergebnis aus vermessungstechnischen Ermittlungen an Grund und Boden gewonnen werden können. Darüber hinaus beziehen sie sich auf bloße Zukunftsprognosen oder aber rechtliche Wertungen, die an einem öffentlichen Glauben im dargelegten Sinne nicht teilhaben können.

Eine andere Bewertung folgt auch nicht etwa aus dem Vorbringen des Beklagten, der Begriff der "durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellten Tatbestände", die dann zu beurkunden seien, dürfe nicht beim Wortlaut stehen bleiben und erfasse - wie das Beispiel der Teilungsvermessung und Sonderung zur Bildung neuer Grundstücke zeige - auch erst künftige Sachverhalte in Form der zukünftigen Lage neuer Eigentumsgrenzen. Abgesehen davon, dass die Auslegung einer Vorschrift regelmäßig am Wortlaut endet, ist der besagte Einwand im hier interessierenden Zusammenhang auch deshalb ohne maßgebliche Aussagekraft, weil für Vermessungstätigkeiten der angeführten Art eine gesonderte Beleihungsregelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÖbVermIngBO NRW geschaffen worden ist. Daher können aus den Wesensmerkmalen solcher Tätigkeiten keine durchgreifenden Schlussfolgerungen für die Auslegung der daneben bestehenden Beleihungsregelung in Nr. 2 der besagten Vorschrift gezogen werden.

Nach den dargelegten Grundsätzen handelt es sich (nur) bei jenen Arbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung amtlicher Lagepläne um durch Gebührenbescheid abrechenbare Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW, die anlässlich der zur Plananfertigung durchgeführten Außenaufnahmen sowie für die nachfolgend im Innendienst vorgenommene Einarbeitung der dabei gewonnenen Ergebnisse in die Lagepläne in angemessener Weise erbracht werden.

Die Außenaufnahmen dienen der Überprüfung der bzw. dem Abgleich mit den im Liegenschaftskataster eingetragenen Grenzen, der topographischen Erfassung des Geländes sowie der Aufnahme des vorhandenen Baubestandes im maßgeblichen Bereich. Die zu diesen Tatbeständen gefundenen Ergebnisse (Richtigkeit, ggfs. Korrektur der im Kataster eingetragenen Grenzen und Baulichkeiten, Topographiemaße) stammen unmittelbar aus vermessungstechnischen Ermittlungen an Grund und Boden vor Ort; mit ihrer Einarbeitung in die amtlichen Lagepläne und deren Siegelung werden sie als darin zutreffend dargestellt mit öffentlichem Glauben beurkundet. Insofern folgt der Senat der bisherigen Spruchpraxis des entscheidenden Gerichts, die Tätigkeiten der zuvor abgehandelten Art stets als zur Gebührenerhebung berechtigende Beurkundung vermessungstechnischer Tatbestände eingestuft hat.

Vgl. zur inhaltsgleichen Vorläuferregelung des § 1 Abs. 2 Satz Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW 1965: OVG NRW, Urteile vom 21.12.1990 - 9 A 1884/88 - und vom 9.3.1992 - 2 A 654/89 -.

Demgegenüber handelt es sich bei Leistungen im Zusammenhang mit der Einarbeitung eines konkreten Bauvorhabens in beurkundete Lagepläne, wie insbesondere die Plazierung und Einzeichnung der Lage des Vorhabens, die Berechnung und Eintragung seiner Abstandflächen oder die Ermittlung und Darstellung eventuell benötigter, noch einzutragender Baulasten, nicht um Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW. Insofern ist ohne Belang, ob der Schwerpunkt der Arbeit des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs - wie der Beklagte meint - in Fällen der vorliegenden Art gerade darin besteht, unter Würdigung der zuvor von ihm vermessungstechnisch festgestellten Gegebenheiten eines Grundstücks das Bauvorhaben so in das Grundstück einzufügen, dass es dessen Bebauungsmöglichkeiten unter Vermeidung von Baulasten o.ä. möglichst optimal ausnutzt. Maßgeblich und entscheidend ist vielmehr allein, ob die nach der Darstellung des Beklagten letztlich planerischen Arbeiten zur Einarbeitung des Vorhabens in den amtlichen Lageplan die in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW aufgezählten Voraussetzungen im oben dargelegten Sinne erfüllen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Festlegung und Darstellung der Lage des Bauvorhabens auf dem Grundstück beinhaltet keine mit öffentlichem Glauben beurkundete Feststellung eines vermessungstechnisch an Grund und Boden ermittelten Tatbestandes. Die Festlegung der Lage des künftigen Gebäudes beruht auf einer schlichten, durch die baurechtlichen Anforderungen beeinflussten Willensentscheidung des jeweiligen Bauherrn. Die hierauf gegründete Darstellung der Grundrissfläche im amtlichen Lageplan ist nicht unmittelbares Ergebnis darauf bezogener vermessungstechnischer Untersuchungen des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs. Die eingezeichnete Lage bzw. Anordnung des künftigen Gebäudes wird zwar letztlich allein durch seine Entfernungen zu bestimmten Punkten an den Grundstückgrenzen definiert. Diese Entfernungsmaße werden aber - anders als bei vorhandenen Gebäuden - nicht durch (vorherige) vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellt. Sie beruhen vielmehr auf einer (fiktiven) rechnerischen Ermittlung, indem der Vermessungsingenieur die Maße unter Berücksichtigung von Toleranzen, Strichstärken usw. - wenn auch mit einer nur ihm möglichen höchsten Genauigkeit - "abgreift", die zwischen der jeweiligen geplanten Außenwand und bestimmten Punkten der festgestellten Grenze verbleiben.

Vgl. so im Ergebnis auch OVG NRW, Urteil vom 9.3.1992 - 2 A 654/89 - unter Aufgabe der abweichenden Rechtsprechung im Urteil vom 21.12.1990 - 9 A 1884/88 -.

Zudem ist diese über "gegriffene" Maße vermittelte, im amtlichen Lageplan dargestellte Lage bzw. Anordnung des Gebäudes entsprechend den obigen Darlegungen auch nicht mit öffentlichem Glauben feststellungsfähig, da sie sich nicht auf vorhandene Tatbestände faktischer oder rechtlicher Art bezieht, sondern künftige Sachverhalte betrifft.

Die vorstehenden Überlegungen gelten in ähnlicher Weise für die Berechnung und Einzeichnung der Abstandflächen in einem amtlichen Lageplan. Auch hierbei handelt es sich nicht um das unmittelbare Ergebnis vermessungstechnischer Ermittlungen an Grund und Boden. Bei der Ermittlung einer durch die jeweilige Außenwand des Gebäudes ausgelösten Abstandfläche fließen u.U. zwar auch vermessungstechnisch festgestellte Tatbestände, etwa die Geländetopographie, mit ein. Das Ergebnis, d.h. die konkret angenommene Abstandfläche oder auch die fehlende Erforderlichkeit der Einhaltung einer solchen, ist dann jedoch Folge einer wertenden Rechtsanwendung in Form der Subsumtion des geplanten Vorhabens unter die maßgeblichen bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften, wie sie im Bebauungsplan i.V.m. § 22 BauNVO bzw. in § 34 Abs. 1 BauGB sowie dem auf das jeweilige Planungsrecht aufbauenden § 6 BauO NRW enthalten sind. Dies zeigt auch der vorliegende Fall, in dem - wenn auch unter Zugrundelegung interpolierter Topographiemaße - das Unterlassen der Eintragung von durch die Garage ausgelösten Abstandflächen schlichtes Ergebnis der Anwendung des Grenzgaragenprivilegs gemäß § 6 Abs. 11 BauO NRW ist. Auch die Berechnung sowie Darstellung der für den Abstellraum benötigten Abstandflächen beruht maßgeblich auf einer Anwendung der in § 6 Abs. 5 BauO NRW geregelten Vorgaben. Damit einhergehend ist ebenso die mit der Einzeichnung i.d.R. verbundene Feststellung, die von dem künftigen Gebäude ausgelösten Abstandflächen lägen mit den eingetragenen Maßen noch auf dem zu bebauenden Grundstück oder reichten ggfs. mit den dargestellten Maßen darüber hinaus, nicht unmittelbares Ergebnis vermessungstechnischer Ermittlungen an Grund und Boden. Sie gründet vielmehr letztlich ebenfalls auf der zuvor beschriebenen Anwendung von Rechtsvorschriften. Aus dem Vorstehenden folgt ferner, dass die Berechnung und die Darstellung der Lage von Abstandflächen bzw. die mit dem Nicht-Eintragen solcher Flächen vorgenommene Bekundung, das Vorhaben löse keine Abstandflächen aus, auch keinem öffentlichen Glauben zugänglich sind. Denn es handelt sich hierbei - wie gezeigt - um bloße, durch eine interpretierende Anwendung von baurechtlichen Vorschriften zustande gekommene rechtliche Einschätzungen, die nicht mit der Beweiskraft gemäß § 418 Abs. 1 ZPO ausgestattet sein können.

Entsprechendes gilt für die Ermittlung und Darstellung solcher Baulasten, die unter den Aspekten der Abstandflächen oder der gesicherten Erschließung für das Vorhaben benötigt und künftig erst noch eingetragen werden sollen. Sie beruhen als solche auf einer Anwendung der in §§ 4, 6, 7 BauO NRW bestimmten Vorgaben, sind mithin also ebenfalls nicht unmittelbares Ergebnis vermessungstechnischer Ermittlungen an Grund und Boden. Darüber hinaus betreffen darauf bezogene Aussagen des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs keine Feststellungen zu einem vorhandenen Recht, da die Baulast erst mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis entsteht (Vgl. § 78 Abs. 1 BauO NRW 84 und § 83 Abs. 1 BauO NRW 95 in der bis heute geltenden Fassung). Feststellungen zu einem noch nicht existenten rechtlichen Sachverhalt können aber, wie schon erwähnt, nicht an dem öffentlichen Glauben im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW teilhaben. Unter den beiden vorgenannten Aspekten unterscheidet sich die beabsichtigte künftige von der bereits vorhandenen Baulast, die in ihrer konkreten, vermessungstechnisch ermittelbaren Lage und Ausdehnung mit öffentlichem Glauben dargestellt werden kann. Soweit ferner im Zusammenhang mit der Einarbeitung des jeweiligen Bauvorhabens Feststellungen des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs zu Grundriss-/Geschossflächen bzw. den damit verbundenen GRZ-/GFZ-Zahlen erfolgen, berechtigen diese nur dann zu einer darauf bezogenen Gebührenerhebung, wenn es sich um - im obigen Sinne - durch vermessungstechnisch an Grund und Boden ermittelte beurkundungsfähige Tatbestände handelt und hierfür ein zusätzlicher Arbeitsaufwand entstanden ist. Die erstgenannte Voraussetzung ist insbesondere etwa bei der Angabe der Grundriss-/Geschossflächen eines geplanten Gebäudes und der von ihm bewirkten GRZ-/GFZ-Zahl nicht erfüllt. Den zuvor ausgeführten Grundsätzen zur fehlenden hoheitlichen Qualität von Leistungen der bezeichneten Art im Zusammenhang mit der Einarbeitung eines Bauvorhabens in den amtlichen Lageplan (Darstellung bzw. Berechnung des Vorhabens, der Abstand- sowie Grund-/Geschossflächen des geplanten Gebäudes und der sich daraus ergebenden GRZ/GFZ sowie künftiger Baulasten) stehen auch nicht die vom Beklagten angesprochenen Regelungen der Bauprüfverordnung und des Runderlasses über die Führung des Landessiegels durch die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure entgegen.

Für den vorliegenden Fall ist nicht auf die Bauprüfverordnung in ihrer derzeit geltenden Fassung abzustellen. Die Bauprüfverordnung in ihrer hier zunächst maßgeblichen, bis Ende Dezember 1995 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 6.12.1984 (GV. NRW. S. 774) - BauPrüfVO 84 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.3.1995 (GV. NRW. S. 218), sah in § 2 Abs. 1 Satz 4 vor, dass die Bauaufsichtsbehörde, wenn es die besonderen Grundstücks-, Gebäude- oder Grenzverhältnisse erforderten, verlangen konnte, dass der Lageplan u.a. von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur beglaubigt oder angefertigt wurde. Für die nach § 2 Abs. 5 BauPrüfVO 84 einzureichende Berechnung der Grund- und Geschossflächen bzw. Grund- und Geschossflächenzahlen regelte die Verordnung in der besagten Fassung hingegen keine in bestimmten Konstellationen fakultative oder gar zwingende Erstellung durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur. Erst in der seit 1.1.1996 geltenden Fassung der Bauprüfverordnung vom 6.12.1995 (GV. NRW. S. 1241) - BauPrüfVO 95 -, unter deren Geltung der Beklagte den letzten amtlichen Lageplan erstellt hat, ist in § 2 Abs. 3 bestimmt worden, dass der Lageplan und die Berechnungen zur Grund und Geschossfläche sowie zur Zahl der Vollgeschosse und zur Baumasse in bestimmten Fallgestaltungen u.a. von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur angefertigt und mit öffentlichem Glauben beurkundet (amtlicher Lageplan) werden müssen. Dies ist im Wesentlichen dann der Fall, wenn für das Baugrundstück keine hinreichend eindeutigen Grenzfeststellungen vorliegen (§ 2 Abs. 3 Nrn. 1, 2 BauPrüfVO 95), Baulasten auf dem Baugrundstück oder angrenzenden Grundstücken bestehen (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 BauPrüfVO 95) oder aber besondere Grundstücksverhältnisse im Sinne eines unübersichtlichen Grenzverlaufs (u.a. Grenzüberbauungen) vorliegen (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 BauPrüfVO 95). Aus den genannten Bestimmungen kann keineswegs, wie der Beklagte meint, abgeleitet werden, sämtliche im beurkundeten amtlichen Lageplan enthaltenen, nach § 2 Abs. 2 BauPrüfVO 84 bzw. § 2 Abs. 1 BauPrüfVO 95 vorgeschriebenen Eintragungen oder Angaben - etwa die Darstellung der Lage des Vorhabens und seine Abstandflächen, Baulastflächen - sowie die Berechnungen gemäß § 2 Abs. 5 BauPrüfVO 84 bzw. § 2 Abs. 2 BauPrüfVO 95 erfolgten als hoheitliche, mithin durch Gebührenbescheid abrechenbare Leistungen. Diese Sicht verkennt, dass der Umfang der Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen, hier in der Form einer Beurkundungsermächtigung mit öffentlichem Glauben, allein in der oben erwähnten Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure geregelt ist. Die in § 2 BauPrüfVO in ihren genannten Fassungen enthaltenen Anordnungen konnten den in § 1 Abs. 2 ÖbVermIngBO NRW bestimmten hoheitlichen Wirkungskreis des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs schon deshalb nicht konkretisieren oder gar erweitern, weil die jeweiligen Ermächtigungen zum Erlass jener verordnungsrechtlichen Vorschriften, nämlich insbesondere § 80 Abs. 2 BauO NRW 84 sowie § 85 Abs. 3 BauO NRW 95, nicht die Befugnis enthielten, der genannten Berufsgruppe (zusätzliche) hoheitliche Kompetenzen zu verleihen.

So auch OVG NRW, Urteil vom 21.12.1990 - 9 A 1884/88 -. Daher kann der Umfang des hoheitlichen Wirkungskreises eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs nicht mit Hilfe der dargelegten Vorschriften der Bauprüfungsverordnung bestimmt werden; vielmehr können umgekehrt nur die Bestandteile des amtlichen Lageplans und der Berechnung zu den Grund-/ Geschossflächen bzw. den damit verbundenen Ausnutzungszahlen an dem öffentlichen Glauben durch die in der Bauprüfverordnung vorgesehene Beurkundung teilhaben, für die dem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur eine entsprechende Kompetenz in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW zugewiesen worden ist. Gleiches gilt mit Blick auf einen Baulastlageplan für noch einzutragende Baulasten gemäß § 12 BauPrüfVO 95, für den nach der letztgenannten Vorschrift die Anfertigung u.a. durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, allerdings ohnehin ohne Verpflichtung zur Beurkundung, vorgeschrieben ist. Unter die demnach allein maßgebliche Beleihungsregelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW fallen jedoch nicht - wie oben gezeigt - die Angaben und/oder Eintragungen zur künftigen Lage des Vorhabens, zu den Abstandflächen oder zu noch nicht bestehenden Rechten (Baulasten) sowie ferner nicht diejenigen Angaben im Rahmen der Berechnung von Grund-/Geschossflächen und den sich daraus ergebenden Ausnutzungszahlen, die nicht unmittelbares Ergebnis eigener Ermittlungen des Vermessungsingenieurs an Grund und Boden sind. Die vorgenommene Beschränkung des öffentlichen Glaubens im Wesentlichen auf die Feststellungen zum Grenzverlauf, zur Grundstücksgröße, zum vorhandenen (Bau-)Bestand sowie zur Topograhie und zur Lage vorhandener Rechte (etwa existierende Baulasten) ist auch systemgerecht. Denn hierbei handelt es sich gerade um jene Tatbestände, die im Falle des Bestehens damit verbundener Unklarheiten und/oder zum Zwecke der Rechtssicherheit nach den erwähnten Bestimmungen der Bauprüfverordnung das Verlangen zur Vorlage eines amtlichen Lageplans einschließlich beurkundeter Berechnung begründen. Insoweit, aber auch nur insoweit soll die Bauaufsichtsbehörde von schwierigen, letztlich nur durch einen Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur zu leistenden Ermittlungen befreit werden.

Das zuvor gefundene Ergebnis steht entgegen der Ansicht des Beklagten auch im Einklang mit den Regelungen in dem Runderlass "Führung des Landessiegels durch die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure" des (früheren) Ministers für Landesplanung, Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten vom 7.1.1966 (MBL. NRW. S. 186). Der Runderlass (Rderl.) bestimmt in Nr. 2, dass das Dienstsiegel nur bei der Erfüllung von Hoheitsaufgaben verwendet werden darf und definiert diese als die Beurkundung von Tatbeständen, die durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellt werden (Nr. 2 a Rderl.), die räumliche Abgrenzung der Rechte an Grundstücken der Höhe und Lage nach (Nr. 2 b Rderl.) sowie die gutachterlichen Tätigkeiten in vermessungstechnischen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Arbeiten nach Nr. 2 a und b (Nr. 2 c Rderl.). Die Beschreibung des hoheitlichen Tätigkeitskreises in Nr. 2 a Rderl. ist inhaltsgleich mit der gesetzlichen Beleihung durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ÖbVermIngBO NRW. Hierfür gilt das bereits oben Ausgeführte. Die in Nr. 2 b und c Rderl. genannten Tätigkeiten stellen letztlich nur Unterfälle des hoheitlichen Wirkungskreises nach Nr. 2 a Rderl. bzw. gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 ÖbVermIngBO NRW dar. Soweit gleichwohl in Nr. 2 b Rderl. die räumliche Abgrenzung der Rechte an Grundstücken gesondert aufgeführt wird, können darunter nicht, wie der Beklagte meint, etwa Leistungen im Zusammenhang mit der Berechnung und Darstellung von Abstand- oder künftigen Baulastflächen gefasst werden. Abstandflächen betreffen keine Rechte an Grundstücken, sondern haben belastende baurechtliche Verpflichtungen zum Gegenstand. Geplante Baulasten stellen noch kein Recht dar; ein solches entsteht erst - wie gezeigt - mit der Eintragung in das Baulastverzeichnis für den dadurch jeweils Begünstigten. Dementsprechend gehören im Einklang mit dem besagten Runderlass nach den obigen Ausführungen (aus vermessungstechnischen Ermittlungen an Grund und Boden hervorgehende) Feststellungen zu bereits bestehenden Baulasten zum hoheitlichen, durch Gebührenerhebung abrechenbaren Tätigkeitskreis des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs, die Ermittlung/Darstellung der Lage künftiger, noch einzutragender Baulasten hingegen nicht.

Ebenso wenig steht der vorbezeichneten Bestimmung der hoheitlichen Leistungen eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs im Zusammenhang mit der Anfertigung eines amtlichen Lageplans der Einwand des Beklagten entgegen, sie führe innerhalb eines Tätigkeitskreises zu unterschiedlichen Zuständigkeiten bei der Aufsicht, was unpraktikabel sei. Abgesehen davon, dass die oben dargelegten Grundsätze eine praktikable Zuordnung im Bereich der Aufsicht erlauben, liegt es in der Natur der Sache, dass bei einer hoheitlich beliehenen Privatperson stets die Frage aufgeworfen ist, welche Tätigkeiten sie innerhalb oder aber außerhalb der Beleihung wahrnimmt. Die insoweit - etwa mit Blick auf die Aufsichtszuständigkeiten oder die Befugnis zum Handeln in öffentlich-rechtlicher Form - bestehenden Differenzierungserfordernisse sind gerade systemimmanente Folge ihrer "Zwitterstellung" und als von vorneherein angelegt hinzunehmen.

Bei Anwendung der zuvor genannten Grundsätze erweist sich die im Berufungsverfahren noch streitige Gebührenfestsetzung nur hinsichtlich eines Aufwandes von - aufgerundet - (weiteren) 3 Ingenieur- und 12 ELTA-/Computerstunden als rechtmäßig (wird weiter ausgeführt).

Dem Beklagten stehen über die bereits vom VG zuerkannten Auslagen hinaus keine weiteren durch Gebührenbescheid festsetzbaren Auslagen zu. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur darf im Gebührenbescheid nur jene Auslagen festsetzten, die bezüglich der im konkreten Fall zur Gebührenerhebung berechtigenden hoheitlichen Leistungen angefallen sind. Dies folgt aus § 10 Abs. 2 Satz 1 ÖbVermIngKO NRW. Denn danach hat der Kostenschuldner (nur) solche Auslagen zu erstatten, die im Zusammenhang mit einer - notwendigerweise nach der Kostenordnung abrechenbaren - Leistung erforderlich waren und die nicht bereits in die Kosten für die Leistung selbst einbezogen sind. Da hier entsprechend den obigen Feststellungen nur die Leistungen des Beklagten hoheitlicher Natur sind und zur Gebührenerhebung ermächtigen, die er anlässlich der Außenaufnahme und der Einarbeitung der dabei gefundenen Ergebnisse in einen beurkundeten amtlichen Lageplan erbracht hat, durfte er neben den Fahrtkosten für einen Außentermin nur jene Auslagen im Bescheid festsetzen, die für die Mehrausfertigungen und Versandkosten (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 6, 11a ÖbVermIngKO NRW) des ersten amtlichen Lageplans angefallen sind (wird weiter ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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