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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: 9 B 1551/04
Rechtsgebiete: KAG NRW, GO NRW


Vorschriften:

KAG NRW § 2
KAG NRW § 6
GO NRW § 114 a
Überträgt die Gemeinde einer hierzu gegründeten Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 114 a GO NRW die komplette Aufgabe der Abwasserbeseitigung einschließlich der Gebührenerhebung und räumt sie der Anstalt dabei das Recht zum Erlass der insofern erforderlichen Satzungen ein, ist bei summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass dies die Anstalt nicht zum Erlass solcher satzungsrechtlicher Bestimmungen ermächtigt, mit denen der Gemeinde die Befugnis zur Erhebung von Abwassergebühren in eigenem Namen zurückübertragen wird.
Tatbestand:

Die Stadt K. gründete auf satzungsrechtlicher Grundlage eine Anstalt des öffentlichen Rechts und übertrug ihr die Aufgabe der Abwasserbeseitigung einschließlich der darauf bezogenen Gebührenerhebung. Zugleich räumte sie der Anstalt das Recht ein, die zum Zwecke der Aufgabenerfüllung erforderlichen Satzungen zu erlassen. Daraufhin beschloss der Verwaltungsrat der Anstalt eine Gebührensatzung. Nach dessen § 1 werden die Abwassergebühren grundsätzlich von der Anstalt erhoben; daneben ist in § 4 Abs. 3 der Gebührensatzung bestimmt, dass ein Schmutz- und/oder Niederschlagswassergebühren betreffender Bescheid von der Stadt K. erlassen und mit dem Bescheid über andere Gemeindeabgaben verbunden sein kann.

Der Antragsgegner als Behörde der Stadt K. zog den Antragsteller mit einem in eigenem Namen erlassenen Grundbesitzabgabenbescheid für das Jahr 2003 u.a. zu Schmutzwassergebühren heran. Der Antragsteller erhob hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren Klage und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Das VG gab dem Antrag statt. Die nachfolgende Beschwerde des Antragsgegners blieb erfolglos.

Gründe:

Das VG hat es bei der gebotenen summarischen Prüfung für überwiegend wahrscheinlich erachtet, dass dem Antragsgegner mangels ausreichender satzungsrechtlicher Ermächtigung i.S.v. § 2 Abs. 1 KAG NRW nicht die Befugnis eingeräumt ist, Schmutzwassergebühren für das Jahr 2003 durch in eigenem Namen erlassene Bescheide - wie hier mit dem streitbefangenen Bescheid geschehen - zu erheben. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass diese Feststellung unzutreffend sein könnte.

Der Einwand des Antragsgegners verfängt nicht, entgegen der Wertung des VG folge seine entsprechende Erhebungsbefugnis aus der Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 der Satzung des Kommunalunternehmens Stadtentwässerungsbetriebe K., Anstalt des öffentlichen Rechts, über die Erhebung von Gebühren für die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage sowie für die Entsorgung von Schmutzwassergruben - Abwassergebührensatzung - vom 10.12.2002 (StEBGebS). Die Regelung bestimmt, dass der die Schmutz- und/oder Niederschlagswassergebühren betreffende Gebührenbescheid vom Antragsgegner erlassen und mit dem Bescheid über andere Gemeindeabgaben verbunden sein kann. Es kommt nicht darauf an, ob - wie der Antragsgegner meint - die Annahme des VG zu kurz greift, die besagte Regelung gebe schon nach ihrem Wortlaut nichts für eine Erhebungsbefugnis des Antragsgegners in eigenem Namen her, weil die darin eingeräumte Möglichkeit des Erlasses eines (mit sonstigen Gemeindeabgaben) zusammengefassten Bescheides nur den bloßen technischen Vorgang der Ausfertigung und Versendung des Bescheides, nicht aber das Hoheitsrecht zur eigenständig Gebührenerhebung meine. Selbst wenn mit der Regelung dem Antragsgegner die Befugnis eingeräumt werden sollte, auch für den Bereich der erwähnten Abwassergebühren in eigenem Namen Heranziehungsbescheide zu erlassen, folgte daraus bei summarischer Prüfung keine ausreichende Rechtsgrundlage für die streitbefangene Gebührenerhebung. Denn gegen eine derartige Bestimmung bestünden jedenfalls schon deshalb überwiegende Wirksamskeitsbedenken, weil der Satzungsgeber, hier der Verwaltungsrat der Stadtentwässerungsbetriebe K., Anstalt des öffentlichen Rechts (im Folgenden: Stadtentwässerungsbetriebe), nicht dazu ermächtigt worden ist, eine entsprechende (Rück-)Verlagerung hoheitlicher Befugnisse auf den Antragsgegner vorzunehmen. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann eine solche Ermächtigung nicht aus dem den Stadtentwässerungsbetrieben eingeräumten Recht zum Erlass von Satzungen hergeleitet werden.

Der Erlass von Abwassergebührenbescheiden ist hoheitliches Handeln und stellt einen zentralen Kernbereich des Aufgabengebiets "Abwasserbeseitigung" dar. Diese an sich dem Rechtsträger des Antragsgegners bzw. dem Antragsgegner selbst zugewiesene Aufgabe hat der Rat der Stadt K. in Ausnutzung der Ermächtigung des § 114 a Abs. 2 und 3 GO NRW durch die in der Folgezeit unverändert gebliebenen Regelungen in §§ 2, 3 Abs. 1 der Satzung für das Kommunalunternehmen "Stadtentwässerungsbetriebe K. Anstalt des öffentlichen Rechts" der Stadt K. vom 24.4.2001 (StEBS) vollständig den Stadtentwässerungsbetrieben übertragen. Dabei umfasst die Übertragung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StEBS ausdrücklich - ohne Einschränkungen - auch die Gebührenerhebung. Das in diesem Zusammenhang den Stadtentwässerungsbetrieben in § 3 Abs. 1 Satz 1 StEBS eingeräumte Recht zum Erlass von Satzungen besteht "für das übertragene Aufgabengebiet", wird in seiner Reichweite mithin notwendigerweise durch die erfolgte Übertragung bestimmt. Das bedeutet zum einen, dass die Stadtentwässerungsbetriebe beim Erlass satzungsrechtlicher Vorschriften nicht über die erwähnte Aufgabenzuweisung hinausgehen darf. Daraus folgt zum anderen aber auch gleichsam umgekehrt, dass ihnen nicht die Befugnis eröffnet ist, mittels eigener satzungsrechtlicher Bestimmungen den ihnen übertragenen Wirkungskreis durch partielle Rückgabe einzelner, zumal zentraler Bereiche, zu verschmälern. Eine solche Änderung des übertragenen Wirkungskreises kann als Festlegung des Umfangs der Übertragung vielmehr allenfalls - soweit das sonstige materielle Recht dies zulässt - durch die hierfür nach § 114 a Abs. 3 GO NRW allein berechtigte Stelle, nämlich das maßgebliche Willensbildungsorgan der jeweiligen Gemeinde, beschlossen werden.

Die Einräumung der Befugnis zum Erlass von Heranziehungsbescheiden durch den Antragsgegner in eigenem Namen stellt eine derartige partielle Rückgabe der den Stadtentwässerungsbetrieben übertragenen Aufgabe dar. Denn, wie oben gezeigt, ist insbesondere diese Tätigkeit auf sie delegiert worden und bei einem Erlass der Bescheide in eigenem Namen wird der Antragsgegner nicht nur als bloßer Erfüllungsgehilfe der Stadtentwässerungsbetriebe tätig, sondern will an deren Stelle kraft eigenem Recht hoheitlich wirken.

Angesichts dessen kann dahinstehen, ob gegen die Aufspaltung in eine die Leistung der Abwasserbeseitigung erbringende Stelle, hier die Stadtentwässerungsbetriebe, und eine die Gebühren erhebende Stelle, hier den Antragsgegner, auch sonstige materielle Bedenken bestehen.

Schließlich ergibt sich eine Befugnis des Antragsgegners, die streitigen Gebühren durch einen im eigenen Namen erlassenen Bescheid zu erheben, auch nicht aus dem im Beschwerdevorbringen geltend gemachten Zusammenwirken von Aufgabenübertragung, der vertraglichen Abtretung der Gebührenforderungen an die Stadt K. und der weiterhin bestehenden mittelbaren Trägerschaft der Stadt für die Abwasserbeseitigungseinrichtungen. Rechtsgrundlage für die mittels entsprechender Heranziehungsbescheide praktizierte Gebührenerhebung kann nicht ein derartiges Zusammenwirken, sondern gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW nur eine Satzung sein. Die hier maßgeblichen satzungsrechtlichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 StEBS und des § 1 Abs. 1 a) StEBGebS sehen indes nur die Gebührenerhebung durch die Stadtentwässerungsbetriebe vor; eine wirksame weitere satzungsrechtliche Befugnis zum Erlass von Gebührenbescheiden durch den Antragsgegner in eigenem Namen ist nach den obigen Feststellungen hingegen nicht anzunehmen. Aus den gleichen Gründen kommt es auch nicht auf die Erwägungen der Beschwerde zu den finanziellen Vorteilen der beanstandeten Verfahrensweise für den Gebührenschuldner an.

Ende der Entscheidung

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