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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 02.09.2003
Aktenzeichen: VerfGH 6/02
Rechtsgebiete: GG, LV NRW, HGrG, LHO NRW, Haushaltsgesetz 2001, Haushaltsgesetz 2002, VerfGHG NRW


Vorschriften:

GG Art. 109 Abs. 2
GG Art. 115 Abs. 1
LV NRW Art. 81 Abs. 2
LV NRW Art. 81 Abs. 3
LV NRW Art. 83
LV NRW Art. 86 Abs. 2
HGrG § 6 Abs. 1
LHO NRW § 7 Abs. 1
LHO NRW § 8 Abs. 1
LHO NRW § 18 Abs. 2
LHO NRW § 18 Abs. 3
Haushaltsgesetz 2001 § 1
Haushaltsgesetz 2001 § 2 Abs. 1
Haushaltsgesetz 2002 § 1
Haushaltsgesetz 2002 § 2 Abs. 1
VerfGHG NRW § 47
VerfGHG NRW § 49
1. Das den Haushaltsplan feststellende Gesetz kann auch nach Ende des betreffenden Haushaltsjahres zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden, solange die durch die entsprechenden Haushaltsansätze legitimierte Kreditermächtigung gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO NRW noch in Geltung ist.

2. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bindet als finanzrechtliche Ausprägung des dem nordrhein-westfälischen Verfassungsrecht immanenten Verhältnismäßigkeitsprinzips auch den Haushaltsgesetzgeber. Es verlangt, in jedem Haushaltsjahr bei allen Maßnahmen die günstigste Relation zwischen dem gesteckten Ziel und den eingesetzten Mitteln anzustreben.

3. Die Regelung des Art. 83 Satz 2 LV NRW schließt die Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers ein, Spielräume zur Verschuldungsbegrenzung oder gar -rückführung zu nutzen, die sich entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts eröffnen.

4. Die Bildung kreditfinanzierter Rücklagen zur Deckung eines Finanzbedarfs in künftigen Haushaltsjahren widerspricht im Regelfall dem Wirtschaftlichkeitsgebot in Verbindung mit Art. 81 Abs. 3, Art. 83 Satz 2 LV NRW.


Tatbestand:

Das Normenkontrollverfahren betraf die Frage, ob Regelungen der Landeshaushaltsgesetze 2001 und 2002, die die Überführung von Finanzmitteln über die Allgemeine Rücklage des Landes Nordrhein-Westfalen (Allgemeine Rücklage) in nachfolgende Haushaltsjahre bewirkt hatten, mit Grundsätzen und haushaltsrechtlichen Vorschriften der Landesverfassung vereinbar waren. Die Antragsteller rügten, der Haushaltsgesetzgeber habe kreditfinanzierte Geldmittel zum Zwecke der Umgehung der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze des Art. 83 Satz 2 LV NRW in die Haushaltsjahre 2001 und 2002 verschoben, indem er die Zuführung der Mittel an die Allgemeine Rücklage im jeweiligen Vorjahr und die Entnahme der Mittel aus dieser Rücklage im jeweiligen Folgejahr bestimmt habe. Darüber hinaus wendeten sie ein, der Haushaltsgesetzgeber habe für die Haushaltsjahre 2001 und 2002 die Steuereinnahmen unter Verstoß gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit zu hoch angesetzt.

1. Durch § 1 des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) war der dem Gesetz beigefügte Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2001 in Einnahme und Ausgabe auf 96.150.097.900 DM festgestellt worden. § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001 ermächtigte das Finanzministerium, zur Deckung der Ausgaben des Haushaltsplans 2001 Kreditmittel bis zum Höchstbetrag von 6.458,0 Mio. DM aufzunehmen. Die Nettoneuverschuldung blieb nach den ausgewiesenen Beträgen der Kreditaufnahme (in genannter Höhe) und der Tilgungen (296,3 Mio. DM) hinter der Summe der anrechenbaren Investitionen (6.676,0 Mio. DM) um 514,3 Mio. DM zurück.

Der Haushaltsplan 2001 sah in Einzelplan 20 Kapitel 20 610 Titel 352 00 die Entnahme von 2.350,37 Mio. DM aus der Allgemeinen Rücklage vor. Die Rücklage enthielt bei Beginn des Haushaltsjahres 2001 im Wesentlichen Mittel, die ihr durch den Nachtragshaushalt 2000 in Höhe von 2.343,97 Mio. DM zugeführt worden waren. Die zugeführten Mittel entsprachen betragsmäßig einem Überschuss des Haushaltsjahres 1999 in Höhe von 792,0 Mio. DM und Mehreinnahmen/Minderausgaben des Haushaltsjahres 2000 in Höhe von 1.552,0 Mio. DM.

Der Landesrechnungshof hatte in seinem Jahresbericht 2001 die Auffassung vertreten, die Bildung des Jahresüberschusses 1999 sei bedenklich, da der Überschuss durch Aufnahme von Krediten im Auslaufzeitraum des Haushaltsjahres 1999 (1.1. bis 31.3.2000) ermöglicht worden sei. In dem Auslaufzeitraum seien Kredite in Höhe von 2.970,4 Mio. DM aufgenommen worden, denen in dieser Zeit nur Ausgaben in Höhe von 257 Mio. DM zu Lasten des Haushaltsjahres 1999 gegenüberständen. Gegen Ende des Auslaufzeitraums sei absehbar gewesen, dass aufgenommene Kredite nicht in voller Höhe zur Ausgabendeckung benötigt würden. In dieser Situation sei das Finanzministerium gehalten gewesen, Kreditaufnahmen zu drosseln oder nicht benötigte Kreditmittel (792 Mio. DM) auf das Haushaltsjahr 2000 zu buchen.

In Einzelplan 20 Kapitel 20 610 Titel 912 10 sah der Haushaltsplan 2001 vor, 1.200 Mio. DM an die Allgemeine Rücklage abzuführen. Diese Mittel entstammten einem kassenmäßigen Überschuss des Haushaltsjahres 2000 in Höhe von 1.636,0 Mio. DM. Bezogen auf die Bildung dieses Überschusses hatte der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2002 vergleichbare Bedenken erhoben wie im Jahresbericht 2001 zum Haushaltsvollzug des Jahres 1999. In dem Auslaufzeitraum des Haushaltsjahres 2000 (1.1. bis 6.4.2001) seien Kredite in Höhe von 6.700,8 Mio. DM aufgenommen, aber nur Ausgaben in Höhe von rund 152 Mio. DM getätigt worden.

Einzelplan 20 Kapitel 20 010 des Haushaltsplans 2001 enthielt die Haushaltsansätze für Steuern des Haushaltsjahres 2001. Vorgesehen waren Steuereinnahmen in Höhe von 71.601 Mio. DM.

2. Durch § 1 des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) war der Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2002 in Einnahme und Ausgabe auf 48.323.269.100 € festgestellt worden. § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2002 ermächtigte das Finanzministerium, zur Ausgabendeckung des Haushaltsplans 2002 Kreditmittel bis zum Höchstbetrag von 3.471,795 Mio. € aufzunehmen. Die Nettoneuverschuldung blieb nach den ausgewiesenen Beträgen für die Schuldenaufnahme (in genannter Höhe) und Tilgungen (119,3 Mio. €) hinter der Summe der anrechenbaren Investitionen (3.422,1 Mio. €) um ca. 69,6 Mio. € zurück. Der Haushaltsplan 2002 sah in Einzelplan 20 Kapitel 20 610 Titel 352 00 die Entnahme eines Betrages von 613,5502 Mio. € - entsprechend dem der Rücklage im Haushaltsjahr 2001 zugeführten Betrag von 1,2 Mrd. DM - vor.

Der VerfGH NRW gab dem Normenkontrollantrag weitgehend statt.

Gründe:

B. Der Normenkontrollantrag ist gemäß Art. 75 Nr. 3 LV NRW, § 47 Buchstabe a VerfGHG zulässig.

II. Der Antrag ist rechtzeitig gestellt worden. Normenkontrollanträge nach Art. 75 Nr. 3 LV NRW, § 47 Buchst. a VerfGHG sind an keine Frist gebunden. Dies entspricht dem Zweck der abstrakten Normenkontrolle, durch Klärung der verfassungsrechtlichen Lage dem Rechtsfrieden zu dienen. Zur Erreichung dieses Zwecks kann eine Entscheidung des VerfGH solange beantragt werden, wie die betreffende Norm gilt oder darüber hinaus noch weitere Rechtswirkungen zu äußern vermag (vgl. VerfGH NRW, OVGE 45, 308, 310; BVerfGE 79, 311, 326 f.).

Hiernach konnten die angegriffenen Regelungen zum Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Kontrolle gemacht werden.

Bei Antragstellung am 24.5.2002 galten nicht nur die Vorschriften des Haushaltsgesetzes 2002, sondern auch § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001. Als Zeitgesetz (vgl. VerfGH NRW, OVGE 45, 308, 310) galt das Haushaltsgesetz 2001 zwar grundsätzlich nicht über den 31.12.2001 hinaus. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO behält jedoch eine Kreditermächtigung i.S.d. § 18 Abs. 2 Nr. 1 LHO, wie sie § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001 beinhaltet, mindestens bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres ihre Geltung. § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001 war bei Antragstellung also noch in Kraft.

§ 1 Haushaltsgesetz 2001 trat zwar mit dem Ende des Haushaltsjahres 2001 außer Kraft, entfaltete bei Antragstellung aber noch weitere Rechtswirkungen. Die Vorschrift stand in untrennbarem Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001. Denn die Höhe der Kreditermächtigung wird mit Rücksicht auf den notwendigen Haushaltsausgleich (Art. 81 Abs. 2 Satz 3 LV NRW) von der Höhe der im Haushaltsplan in Ansatz gebrachten Einnahmen und Ausgaben bestimmt. Angesichts dessen entfaltete § 1 Haushaltsgesetz 2001, der die Haushaltsansätze feststellte, eine die Kreditermächtigung legitimierende Wirkung. Diese rechtliche Verknüpfung war nicht auf die Geltungsdauer des § 1 Haushaltsgesetz 2001 beschränkt; die Vorschrift wirkte deshalb nach ihrem Außerkrafttreten jedenfalls noch solange fort, wie § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001 in Kraft blieb.

Die Anträge sind nicht nachträglich unzulässig geworden, soweit den Regelungen, auf die sie sich beziehen, inzwischen keine Rechtswirkung mehr zukommt. Für zulässig erhobene Normenkontrollanträge, die Bestimmungen eines Haushaltsgesetzes betreffen, ist im Hinblick auf den objektiven Charakter des Normenkontrollverfahrens ein Entscheidungsinteresse über den Zeitraum der rechtlichen Geltung und Wirkung jener Bestimmungen hinaus gegeben (VerfGH NRW, OVGE 45, 308, 310; vgl. auch BVerfGE 79, 311, 328).

C. Das Begehren der Antragsteller ist weitgehend begründet. Unbegründet ist es nur, soweit sich der Antrag zu 1. auf § 1 Haushaltsgesetz 2001 i.V.m. Kapitel 20 010 bezieht. Die übrigen Bestimmungen der Haushaltsgesetze 2001 und 2002, die die Antragsteller zum Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle gemacht haben, verstoßen gegen die Landesverfassung. Sie regeln teils die Zuführung von Finanzmitteln an die Allgemeine Rücklage im Haushaltsjahr 2001 (§ 1 Haushaltsgesetz 2001 i.V.m. Einzelplan 20 Kapitel 20 610 Titel 912 10), teils die Entnahme von Mitteln aus der Allgemeinen Rücklage in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 (§ 1 Haushaltsgesetz 2001 i.V.m. Einzelplan 20 Kapitel 20 610 Titel 352 00, § 1 Haushaltsgesetz 2002 i.V.m. Einzelplan 20 Kapitel 20 610 Titel 352 00), teils die Höhe der aufzunehmenden Kredite so, als seien die Entnahmen nicht als Krediteinnahmen zu veranschlagen (§ 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2001, § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz 2002). Diese Regelungen verstoßen gegen das durch die Landesverfassung gewährleistete Wirtschaftlichkeitsgebot in Verbindung mit Art. 81 Abs. 3, Art. 83 Satz 2 LV NRW und sind nichtig (§ 49 Satz 1 VerfGHG).

I. 1. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein Verfassungsgrundsatz, der auch den Haushaltsgesetzgeber bindet. Art. 86 Abs. 2 Satz 1 LV NRW benennt ihn zwar nur als Maßstab für die den Haushaltsvollzug betreffende jährliche Rechnungsprüfung durch den Landesrechnungshof. Als Bindungsnorm für den Haushaltsgesetzgeber ist der Grundsatz ausdrücklich bloß einfachrechtlich in § 7 Abs. 1 LHO, § 6 Abs. 1 HGrG statuiert. Er stellt sich aber als finanzrechtliche Ausprägung des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips dar (vgl. Gröpl, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblatt, Stand12.2001, Art. 110 Rdnr. 140; Paul Kirchhof, Die Steuerung des Verwaltungshandelns durch Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle, NVwZ 1983, S. 505, 514; derselbe, Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL Heft 42 [1984], S. 287), das auch dem nordrhein-westfälischen Verfassungsrecht immanent ist und alle Staatsgewalt bindet.

Die Verwurzelung im Verhältnismäßigkeitsprinzip prägt den Inhalt des Wirtschaftlichkeitsgebots. Es verlangt, in jedem Haushaltsjahr bei allen Maßnahmen die günstigste Relation zwischen dem gesteckten Ziel und den eingesetzten Mitteln anzustreben. Welche Anforderungen sich daraus ergeben, braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden. Jedenfalls ist dem Wirtschaftlichkeitsgebot das Erfordernis zu entnehmen, ein bestimmtes Ziel mit dem geringstmöglichen Einsatz von Mitteln zu erreichen (vgl. Rh.-Pf. VerfGH, NVwZ-RR 1998, 145, 149; Gröpl, a.a.O., Art. 110 Rdnr. 141; von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 19 f.). Dieses Erfordernis enthält Maßgaben auch für die Kreditermächtigung und Kreditaufnahme der öffentlichen Hand sowie die Verwendung von Kreditmitteln. Danach widerspricht eine Kreditaufnahme im Regelfall dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn ihr in dem Haushaltsjahr, auf das sie sich bezieht, kein entsprechender Ausgabenbedarf gegenübersteht. Gleiches gilt für die haushaltsplanerische Bildung von Rücklagen aus Haushaltsüberschüssen bei gleichzeitiger Ermächtigung zur Kreditaufnahme. Denn die zur Rücklagenbildung vorgesehenen Mittel könnten alternativ dazu eingesetzt werden, den aktuellen Kreditbedarf zu drosseln. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bildet in dieser Hinsicht eine Grenze für die Verschuldung des Landes.

2. Insofern ergänzt es Art. 83 Satz 2 LV NRW, der das zulässige Maß der Kreditfinanzierung des Landeshaushalts regelt und begrenzt. Nach dieser Verfassungsnorm dürfen die Einnahmen aus Krediten entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in der Regel nur bis zur Höhe der Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen in den Haushaltsplan eingestellt werden.

Art. 83 Satz 2 LV NRW ist den Sätzen 2 und 3 des Art. 115 Abs. 1 GG nachgebildet. In diesen Vorschriften hat eine gewandelte Sicht der Funktionen des Staatshaushalts Ausdruck gefunden. Zusätzlich zu der traditionellen Bedarfsdeckungsfunktion ist dem Haushalt die Funktion eines wirtschaftspolitischen Steuerungsinstruments zugewiesen worden (vgl. Friauf, Staatskredit, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IV, § 91 Rdnr. 18 f.). Die von Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG abweichende sprachliche Fassung sollte nur klarer zum Ausdruck bringen, dass die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nicht bloß bei dessen Störung (vgl. Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz GG), sondern - wie sich für den Bundeshaushalt unter Berücksichtigung des Art. 109 Abs. 2 GG ergibt - auch in der gesamtwirtschaftlichen Normallage einen Maßstab für das Kreditvolumen des Haushalts bilden (vgl. Gesetzesbegründung, LT-Drs. 7/617, S. 11). Dementsprechend ist auch für Art. 83 Satz 2 LV NRW zwischen der gesamtwirtschaftlichen Normallage und der gesamtwirtschaftlichen Störungslage zu unterscheiden.

a) In der Normallage unterliegt die Ermächtigung zur Kreditaufnahme einer doppelten Einschränkung. Sie ist begrenzt auf das Maß dessen, was in Wahrung der Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts geboten erscheint (vgl. zu Art. 109 Abs. 2, Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG BVerfGE 79, 311, 334). Außerdem darf nicht mehr an Krediteinnahmen in den Haushalt eingestellt werden, als Ausgaben für Investitionen veranschlagt werden.

Die Investitionssumme bildet also in der Normallage eine Obergrenze, die weder aus Gründen der Bedarfsdeckung noch aus wirtschaftspolitischen oder sonstigen Erwägungen überschritten werden darf. Mit der Festlegung dieser Grenze dient Art. 83 Satz 2 LV NRW dem Schutz künftiger Generationen vor unbeschränkter Vorwälzung staatlicher Lasten. Bürger und Parlamente der Zukunft sollen davor bewahrt werden, den zur Bewältigung dann anstehender Probleme nach ihren Maßstäben benötigten finanziellen Handlungsspielraum zu verlieren (vgl. Paul Kirchhof, Grenzen der Staatsverschuldung in einem demokratischen Rechtsstaat, in: von Arnim/Littmann, Finanzpolitik im Umbruch: Zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte, 1984, S. 271, 277). Es geht um einen Lastenausgleich: Zukunftsbelastende Einnahmen sind zu kompensieren durch zukunftsbegünstigende Ausgaben (vgl. BVerfGE 79, 311, 334; 99, 57, 67; Isensee, Schuldenbarriere für Legislative und Exekutive, in: Wendt/Höfling/Karpen/Oldiges, Staat, Wirtschaft, Steuern, Festschrift für Friauf zum 65. Geburtstag, S. 705, 712; Friauf, a.a.O., Rdnr. 20 ff.).

Die von Art. 83 Satz 2 LV NRW geforderte Relation zwischen Krediteinnahmen und Investitionsausgaben gilt, wie die Bezogenheit beider Vergleichsgrößen auf die Ansätze im Haushaltsplan zeigt, für das einzelne Haushaltsjahr (vgl. Isensee, a.a.O., S. 714; Wiebel, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Zweitbearbeitung, Art. 115 Rdnr. 86). Unterschreiten die veranschlagten Krediteinnahmen die in Ansatz gebrachten Investitionen in einem Haushaltsjahr, so rechtfertigt dies nicht die Überschreitung der Investitionssumme in einem anderen Haushaltsjahr; eine Verrechnung ist unzulässig (Isensee, a.a.O., S. 714). Zwar hat der Verfassungsgeber mit Art. 81 Abs. 3 LV NRW den Turnus der Haushaltsgesetzgebung flexibilisiert; an die Stelle des früher geltenden Jährlichkeitsprinzips ist ein Periodizitätsprinzip getreten. Aber auch für Mehrjahres- und Teilhaushalte ist die strikte Trennung nach Haushaltsjahren beibehalten worden; es handelt sich der Sache nach um die Zusammenfassung mehrerer, gemeinsam aufgestellter Haushaltspläne, deren Geltungsdauer jeweils auf ein Jahr begrenzt ist (vgl. Tettinger, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. 81 Rdnr. 38; Gröpl, a.a.O., Art. 110 Rdnr. 124).

Auch ein dauerhafter Anstieg der Verschuldung in Höhe der jährlichen Investitionen widerspricht jedoch dem Regelungskonzept des Art. 83 Satz 2 LV NRW. Die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verlangen, die Kreditaufnahme zu dosieren. Sie erfüllen damit eine Regulierungsfunktion für die staatliche Kreditaufnahme (vgl. BVerfGE 79, 311, 355 f.). Insbesondere muss verhindert werden, dass sich unterhalb der investitionsabhängigen Obergrenze ein stetig wachsender Schuldensockel herausbildet, der die Steuerungs- und Handlungsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers in Frage stellt (vgl. BVerfGE 79, 311, 355 f.). Daraus folgt die Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers, Spielräume zur Verschuldungsbegrenzung oder gar -rückführung zu nutzen, die sich in einem Haushaltsjahr entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts eröffnen. Mit dieser Verpflichtung sind kreditfinanzierte Rücklagen grundsätzlich unvereinbar.

b) Während die investitionsabhängige Obergrenze des Art. 83 Satz 2 LV NRW in der Normallage stets einzuhalten ist, darf sie zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ausnahmsweise überschritten werden (vgl. die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 7/617, S. 11). Dabei trifft den Haushaltsgesetzgeber entsprechend den vom BVerfGH zu Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz GG entwickelten Grundsätzen (vgl. BVerfGE 79, 311, 344 f.) eine Darlegungslast, dass, aus welchen Gründen und in welcher Weise von der Befugnis zur Überschreitung der Obergrenze Gebrauch gemacht wird.

3. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Kreditbegrenzungsregelungen in Art. 83 Satz 2 LV NRW entfalten auf der Basis des Jährlichkeitsprinzips ihre gemeinsame Wirkung. Beide Maßstäbe dienen letztlich dem Schutz der Staatsfinanzen, wenngleich unter verschiedenen Gesichtspunkten: das Wirtschaftlichkeitsgebot, indem es einen rationellen Einsatz staatlicher Finanzmittel gewährleistet, die Kreditgrenzen, indem sie eine gerechte Lastenverteilung zwischen der heutigen und künftigen Generationen anstreben und auf die Erhaltung des wirtschaftlichen Gestaltungsspielraums des Haushaltsgesetzgebers abzielen. Die jeweiligen Zielsetzungen stehen gleichrangig nebeneinander. Demgemäß hat der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen, ob und in welcher Weise er zur Finanzierung des Landeshaushalts Kreditmittel einsetzt, sowohl das Wirtschaftlichkeitsgebot als auch die Kreditgrenzen zu beachten, ohne dass der eine durch den anderen Maßstab relativiert würde.

4. Gemessen an diesen Grundsätzen war es unzulässig, Finanzmittel, die der Sache nach kreditfinanziert waren, über die Allgemeine Rücklage in die Haushaltsjahre 2001 und 2002 zu verlagern.

a) Durch den Nachtragshaushalt 2000 wurden der Rücklage Mittel in Höhe von 2,343 Mrd. DM zugeführt. Dies entspricht betragsmäßig dem im Haushaltsjahr 1999 erwirtschafteten und durch den Nachtragshaushalt 2000 vereinnahmten Überschuss von 0,792 Mrd. DM zuzüglich der im Nachtragshaushaltsplan 2000 veranschlagten Steuermehreinnahmen und Minderausgaben von 1,551 Mrd. DM. Die Rücklagenzuführung durch den Haushalt 2001 in Höhe von 1,2 Mrd. DM wird betragsmäßig abgedeckt durch den im Haushaltsjahr 2000 erwirtschafteten und durch den Haushalt 2001 vereinnahmten Überschuss von 1,636 Mrd. DM.

Ohne entsprechende Kreditaufnahme hätten Mittel in dieser Höhe nicht für die Dotierung der Rücklage zur Verfügung gestanden. Das zeigt sich besonders deutlich an den Rücklagenzuführungen in Höhe der 1999 und 2000 erzielten Haushaltsüberschüsse. Ohne entsprechende Kreditaufnahmen hätten sich am Ende der Auslaufzeiträume dieser Haushaltsjahre nicht die Überschüsse ergeben, die zur Dotierung der Rücklage verwandt worden sind; die Überschüsse waren in diesem Sinne kreditfinanziert. Die Kreditbedingtheit der in entsprechender Höhe dotierten Rücklage kann nicht unter Hinweis auf den Grundsatz der Gesamtdeckung des Haushalts (§ 8 Abs. 1 Satz 1 LHO) geleugnet werden. Mögen auch die Überschüsse zunächst in den allgemeinen Haushalt eingeflossen und die der Rücklage zugeführten Mittel hernach dem Gesamtaufkommen entnommen worden sein, so wären gleichwohl ohne entsprechende, die Überschussbildung erst ermöglichende Kreditaufnahmen keine Mittel vorhanden gewesen, die trotz des Mittelbedarfs im Übrigen in die Rücklage hätten eingespeist werden können. Mit Rücksicht auf die Schutzzwecke des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Art. 81 Abs. 3, 83 Satz 2 LV NRW ist nicht entscheidend, ob sächliche Identität zwischen den eingenommenen und den der Rücklage zugeführten Mitteln besteht. Maßgeblich ist vielmehr, dass Kredite im Umfang der Rücklagendotierungen zur Haushaltsfinanzierung beigetragen haben.

Als kreditfinanziert sind danach auch die weiteren der Rücklage durch den Nachtragshaushaltsplan 2000 zugeführten Mittel in Höhe von 1,551 Mrd. DM zu qualifizieren. Zwar hat der Haushaltsgesetzgeber nach den von der Landesregierung dem Haushalts- und Finanzausschuss gegebenen Erläuterungen finanziellen Spielraum in dieser Höhe im Vergleich zum ursprünglichen Haushalt 2000 durch die vorerwähnten im Nachtragshaushalt 2000 veranschlagten Steuermehreinnahmen und Minderausgaben gewonnen (vgl. Anlage zur LT-Vorl. 13/0079 vom 18.10.2000, S. 4). Andererseits sah der Nachtragshaushaltsplan aber auch eine Netto-Neuverschuldung von 6,9 Mrd. DM vor. Der Betrag der Netto-Neuverschuldung lag also weit höher als die Summe der zusätzlich zum Überschuss 1999 in die Rücklage eingespeisten Mittel. Das zeigt, dass nach den Ansätzen im Nachtragshaushaltsplan 2000 Kreditmittel schon benötigt wurden, um ergänzend zu den sonstigen Einnahmen auch nur den aktuellen Finanzierungsbedarf des Haushaltsjahres 2000 abzudecken. Unter diesen Umständen bedurfte es erst recht einer Kreditaufnahme, um der Rücklage Mittel in der genannten Höhe zuzuführen.

b) Die Rücklagenbildung wurde dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht gerecht. Denn die der Rücklage zugeführten, auf Kreditaufnahmen beruhenden Mittel belasteten die Haushalte 2000 und 2001, obgleich sie in den zugehörigen Haushaltsjahren noch nicht benötigt wurden.

c) Diese Belastung lässt sich nicht ausnahmsweise mit Blick auf das verfolgte Ziel rechtfertigen. Die vom Bevollmächtigten des Landtags betonte und auch im Gesetzgebungsverfahren verlautbarte Zielsetzung, trotz der durch die Steuerreform bedingten Einnahmeausfälle in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 die Kreditobergrenze einzuhalten, liefert keine solche Rechtfertigung; im Gegenteil verstößt der Mitteltransfer über die Rücklage zusätzlich gegen die Vorgabe des Art. 83 Satz 2 LV NRW, die Verschuldung im Haushaltsjahr entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu begrenzen.

aa) Die Überführung kreditfinanzierter Mittel über die Rücklage in die Haushalte 2001 und 2002 hat es zwar ermöglicht, die Kreditobergrenze in den betreffenden Haushaltsjahren rechnerisch einzuhalten. Die insoweit maßgebliche Netto-Neuverschuldung (ohne Kredite zur Tilgung und Kassenverstärkungskredite; vgl. Tettinger, a.a.O., Art. 83 Rdnr. 7) blieb um 514,3 Mio. DM hinter der Summe der nach Maßgabe von § 10 Abs. 3 Satz 2 HGrG anrechenbaren Investitionen zurück. Im Jahr 2002 wurde die Investitionssumme von der Netto-Neuverschuldung um 69,6 Mio. € unterschritten. Der Haushaltsgesetzgeber durfte um dieses Erfolges willen aber nicht die durch keinen aktuellen Ausgabenbedarf veranlasste Neuverschuldung in Kauf nehmen. Nach den obigen Ausführungen zum Verhältnis des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Kreditobergrenze entfalten diese ihre Wirkkraft uneingeschränkt nebeneinander, wenn es darum geht, im Hinblick auf einen zukünftigen Bedarf Kredite aufzunehmen oder kreditfinanzierte Mittel vorzuhalten. Der Haushaltsgesetzgeber musste also beiden verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen; um den für die Jahre 2001 und 2002 erwarteten Ausgabenbedarf zu befriedigen, war es nicht gerechtfertigt, die Haushaltsplanung zu Lasten des Wirtschaftlichkeitsgebots ausschließlich auf die rechnerische Einhaltung der Kreditobergrenze auszurichten.

Das gilt umso mehr, als die Überführung kreditfinanzierter Mittel über die Rücklage in die Haushalte 2001 und 2002 mit der Obergrenze materiell nicht in Einklang zu bringen ist, wenn zusätzlich die Anforderungen des Art. 81 Abs. 3 LV NRW berücksichtigt werden, der eine klare Trennung zwischen den einzelnen Haushaltsjahren gebietet. Die gewählte haushaltstechnische Gestaltung hat dazu geführt, dass der durch die Ausgabenansätze der Haushaltsjahre 2001 und 2002 erzeugte Kreditbedarf jeweils auf mehrere Haushaltsjahre verteilt befriedigt worden ist. Diese Aufsplittung hatte zur Folge, dass die Kreditobergrenze, die auf das einzelne Haushaltsjahr abstellt, bei rechnerischer Betrachtung ihre Wirkkraft nicht mehr entfalten konnte. Diese Gestaltung war mithin geeignet, die verfassungsrechtliche Kreditbegrenzungsregelung leer laufen zu lassen; sie steht daher im Widerspruch zu Art. 83 Satz 2 iVm Art. 81 Abs. 3 LV NRW.

bb) Eine solche Rechtfertigung kommt umso weniger in Betracht, als der Mitteltransfer auch die weitere Verschuldungsgrenze des Art. 83 Satz 2 LV NRW missachtet hat.

In den Rücklagenzuführungen bei gleichzeitiger Kreditaufnahme durch den Nachtragshaushaltsplan 2000 und den Haushaltsplan 2001 liegt ein Verstoß gegen die aus dieser Verschuldungsgrenze folgende Verpflichtung, Spielräume zur Verschuldungsbegrenzung und -rückführung zu nutzen, die sich entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ergeben. Wie oben ausgeführt wurde, hat der Gesetzgeber solche Spielräume auszuschöpfen, um seine Handlungsfähigkeit nicht durch einen stetig wachsenden Schuldensockel auf Dauer zu verlieren. Diesem Erfordernis ist er in den genannten Haushaltsjahren nicht gerecht geworden. Die Rücklagenzuführungen dienten erklärtermaßen der Deckung des staatlichen Finanzbedarfs in künftigen Haushaltsjahren. Der Haushaltsgesetzgeber hat also den Spielraum, alternativ die Kreditaufnahme zu drosseln, nicht genutzt. Das hätte er tun müssen, um die Neuverschuldung zu begrenzen und so dem stetigen Anwachsen des staatlichen Schuldensockels entgegenzuwirken, anstatt auf Kreditbasis Mittel für einen erst in Zukunft erwarteten Bedarf vorzuhalten.

Dieser Verfassungsverstoß beschränkte sich nicht auf die Regelungen über die Rücklagenzuführungen. Er wirkte fort in den Regelungen über die Rücklagenentnahmen in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 sowie den an die Entnahmeregelungen anknüpfenden Kreditermächtigungen, da die entnommenen Mittel nicht zur Schuldentilgung, sondern zur Deckung der Ausgabenansätze beider Haushalte eingesetzt wurden.

II. § 1 Haushaltsgesetz 2001 i.V.m. Einzelplan 20 Kapitel 20 010 ist hingegen mit der Landesverfassung vereinbar. Die Regelung verstößt namentlich nicht wegen fehlerhafter Veranschlagung der Steuereinnahmen gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Haushaltswahrheit.

1. Bei dem Grundsatz der Haushaltswahrheit handelt es sich um eine Konkretisierung verfassungsrechtlicher Prinzipien, insbesondere das der Vollständigkeit des Haushaltsplans nach Art. 81 Abs. 2 LV NRW (VerfGH NRW, NWVBl. 1992, 129, 130; vgl. auch Rh.-Pf. VerfGH, NVwZ-RR 1998, 145, 146; Stern, Staatsrecht II, S. 1245 f.; Gröpl, a.a.O., Art. 110 Rdnr. 114); er ist bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Haushaltsgesetzen als Maßstab heranzuziehen (vgl. VerfGH NRW, OVGE 45, 308, 314). Der Grundsatz gebietet, die Einnahmen und Ausgaben in der Höhe zu veranschlagen, in der sie aller Voraussicht nach in der kommenden Haushaltsperiode anfallen bzw. zu leisten sind. Es dürfen keine Ansätze eingestellt werden, die den wahren Sachverhalt verschleiern oder Beträge vortäuschen (vgl. VerfGH NRW, NWVBl. 1992, 129, 130; Rh.-Pf. VerfGH, NVwZ-RR 1998, 145, 146; Dickersbach, in: Geller/Kleinrahm, Art. 81 Anm. 8 a; Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Band V, Art. 110 Rdnr. 37). Der Forderung nach Haushaltswahrheit sind allerdings Grenzen gesetzt, da die Haushaltsplanung zwangsläufig mit Prognosen arbeitet. Schwierigkeiten bereitet vor allem die Prognose der Steuereinnahmen, deren Höhe von der nicht präzise voraussehbaren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängt. Vom Haushaltsgeber kann insoweit nicht mehr verlangt werden als eine auf vernünftigen Erwägungen beruhende Schätzung, für die er über einen Prognosespielraum verfügt; der Grundsatz der Haushaltswahrheit ist dementsprechend erst bei vorsätzlicher Verschleierung oder fahrlässiger Fehleinschätzung verletzt (vgl. Dickersbach, a.a.O., Anm. 8 a; Gröpl, a.a.O., Art. 110 Rdnr. 115; Kisker, in: Handbuch des Staatsrechts, Band IV, § 89 Rdnr. 72).

2. Ein solcher Vorwurf kann dem Haushaltsgesetzgeber bezogen auf die - vom Normenkontrollantrag allein umfassten - Ansätze der Steuereinnahmen im Haushaltsplan 2001 nicht gemacht werden.

Ende der Entscheidung

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