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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 1 A 11330/07.OVG
Rechtsgebiete: BImSchG, 4. BImSchV, UVPG, Richtlinie 85/337/EG, Aarhus-Übereinkommen


Vorschriften:

BImSchG § 5
BImSchG § 5 Abs. 1
BImSchG § 5 Abs. 1 S. 1
BImSchG § 10
BImSchG § 19 Abs. 1
BImSchG § 19 Abs. 1 S. 1
4. BImSchV § 2
4. BImSchV § 2 Abs. 1
UVPG § 3 Abs. 1
UVPG § 3 c
Richtlinie 85/337/EG Ar. 10 a
Aarhus-Übereinkommen Art. 9
Durch die Erteilung einer immisionsrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG statt in einem Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung werden Dritte nicht in eigenen Rechten verletzt. Gegenteiliges folgt nicht aus europarechlichen Vorgaben, insbesondere nicht aus Art. 10 a der Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie). Deren Klage führt deshalb nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung, wenn das fehlerhafte Verfahren zu einer Verletzung deren eigener materieller Rechte geführt hat (Abgrenzung zu OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 7 B 12114/04.OVG-).

Zur Berechnung des Sicherheitsabstandes zwischen Windkraftanlagen und Grundstücken, die von Eisstücken getroffen werden könnten, die von den Rotoren der Windkraftanlagen weggeschleudert werden können, ist es sachgerecht, sich an der im Rahmen des WECO-Projektes ermittelten Formel (1,5 x (Nabenhöhe + Rotordurchmesser)) zu orientieren (Im Anschluss an OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 9. Februar 2006 - 2 M 71/05 -).


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 A 11330/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Immissionsschutzrechts

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider Richter am Verwaltungsgericht Dr. Berthold ehrenamtlicher Richter Bauingenieur Hennemann ehrenamtlicher Richter Dipl.-Ing.(FH) Hoffmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor der die Vollstreckung betreibende Beteiligte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren - nachdem der Rechtsstreit bezüglich weiterer Windkraftanlagen durch Beschluss des Senats vom 29. Oktober 2008 abgetrennt worden ist - über die Rechtmäßigkeit der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen des Beklagten zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windkraftanlagen.

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Parzellen Nrn. .............. und ... in Flur ... der Gemarkung ................ Die Grundstücke liegen im Außenbereich. Zum Teil sind es Waldflächen, zum Teil Wiesenflächen. Nach den Angaben des Klägers handelt es sich dabei um renaturierte Biotopflächen, die zur Jagdausübung genutzt werden. Die den streitigen Windkraftanlagen Nrn. ... und ... nächstgelegenen Grundstücke des Klägers sind die Parzellen Nrn. ... und ..... Das letztgenannte Grundstück ist das der Windkraftanlage ... nächstgelegene klägerische Grundstück. Der Abstand zu dieser Windkraftanlage beträgt ca. 490 m. Das der Windkraftanlage Nr. ... nächstgelegene Grundstück des Klägers ist die Parzelle Nr. .... Der Abstand beträgt hier ca. 420 m.

Mit am 17. November 2004 eingegangenem Schreiben vom 22. Oktober 2004 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt 5 Windkraftanlagen in der Gemarkung .............., wozu auch die vorgenannten Windkraftanlagen Nrn. ... und ... zählen. Darüber hinaus beantragte ein anderer Betreiber im Januar 2005 die Genehmigung von zwei weiteren Windkraftanlagen in der Nähe der Grundstücke des Klägers. Im weiteren Umfeld der geplanten Anlagen befanden sich - nördlich der Ortsgemeinde ........... - bereits weitere Anlagen. Die zur Genehmigung gestellten Windkraftanlagen des Typs GE Wind Energy 2.3 sollten eine Nabenhöhe von 100 m und einen Rotordurchmesser von 94 m, also eine Gesamthöhe von 147 m haben.

Das Genehmigungsverfahren wurde zunächst auf der Grundlage des § 10 BImSchG mit der danach erforderlichen Offenlage der Antrags- und Planungsunterlagen durchgeführt. Im Rahmen der in diesem Zusammenhang durchgeführten Behördenbeteiligung wandte sich die untere Landespflegebehörde mit Schreiben vom 7. Juli 2005 gegen das Vorhaben. Darin führte sie aus, wegen der von ihr angenommenen nachteiligen Auswirkungen auf den Bestand des Rotmilans in diesem Gebiet gelange sie zu dem Ergebnis, dass die Windkraftanlagen dort nicht zugelassen werden könnten. In der Folgezeit konnte darüber, ob tatsächlich solche nachteiligen Auswirkungen zu erwarten stehen, verwaltungsintern zwischen der unteren Landespflegebehörde und der unteren Immissionsschutzbehörde keine Einigkeit hergestellt werden. Die zur Klärung dieses Streites eingeschaltete staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, RheinlandPfalz und Saarland teilte unter dem 27. September 2005 mit, dass für eine abschließende Bewertung des Rotmilanvorkommens im östlichen Landkreis Altenkirchen eine erneute Erfassung im kommenden Frühjahr auf größerer Fläche erforderlich sei.

Aufgrund der Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juni 2005 trat am 1. Juli 2005 eine Rechtsänderung ein, die der Beklagte zum Anlass nahm, nunmehr ein sog. vereinfachtes Verfahren gemäß § 19 BImSchG durchzuführen. Am 1. Oktober 2005 erfolgte daraufhin eine öffentliche Bekanntmachung, in der mitgeteilt wurde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, weil nach der durchgeführten Vorprüfung keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten stünden. Hiergegen wandte sich mit Schreiben vom 11. Oktober und vom 18. Oktober 2005 die untere Landespflegebehörde, nach deren Ansicht die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich war.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2005 erteilte der Beklagte der Beigeladenen unter gleichzeitiger Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens im vereinfachten Verfahren die immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Hierin wurde u.a. ausgeführt, nach Mitteilung aller zu beteiligenden Fachbehörden und Stellen habe die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG ergeben, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen gewesen sei, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten seien. Das sei auch gemäß § 3 a Abs. 2 UVPG am 1. Oktober 2005 öffentlich bekannt gemacht worden. Dem Bescheid waren verschiedene Nebenbestimmungen beigefügt. Insbesondere hat die Beigeladene danach vor Baubeginn nachzuweisen, durch welche Maßnahmen eine Gefährdung durch Eiswurf verhindert werden solle. Außerdem verpflichtete sich die Beigeladene, zum Schutz des Rotmilans die Rotoren der Windenergieanlagen zur Zeit des Abmähens der Wiesen im Umfeld von 100 m um die geplanten Anlagen bis zwei Tage nach Abfahrt des Heus still zu legen.

Nachdem die Beigeladene im Rahmen eines Änderungsantrages den ursprünglichen Anlagentyp durch den Typ Nordex N 90 mit einer Leistung von ebenfalls 2300 kW, gleichbleibender Nabenhöhe und einem Rotordurchmesser von nunmehr reduzierten 90 m ersetzt hatte, erließ der Beklagte ihr gegenüber unter dem 18. Januar 2006 eine entsprechende Änderungsgenehmigung.

Da gegen die Genehmigungen Widerspruch eingelegt worden war, beantragte die Beigeladene die Anordnung des Sofortvollzuges der Genehmigungen, dem der Beklagte bezüglich der ursprünglichen Genehmigung unter dem 22. Februar 2006 und bezüglich der Änderungsgenehmigung unter dem 2. März 2006 nachkam.

Am 9. März 2006 legte der Kläger sodann gegen die ihm nicht bekannt gegebenen Genehmigungen Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen vortrug, aufgrund des grundsätzlich drittschützenden hier aber fehlerhaft durchgeführten Verfahrensablaufs ohne Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit gemäß § 10 BImSchG in seinen Rechten verletzt zu sein. Ein förmliches Genehmigungsverfahren habe hier durchgeführt werden müssen, da erhebliche nachteilige Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Belange des Naturschutzes und der Landespflege bzw. des Landschaftsbildes zu erwarten stünden. Dabei ergebe sich die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung namentlich aus naturschutzrechtlicher Sicht, da die Belange des Vogelschutzes erheblich beeinträchtigt seien. Im Kreisgebiet und somit auch im ................ Raum sei der besondere schutzwürdige Rotmilan ansässig. In die Genehmigungen diesbezüglich aufgenommene Nebenbestimmungen hätten lediglich eine Alibifunktion. Außerdem sei er wegen nicht ausreichender Schutzvorkehrungen gegen die Gefahr des Eisabwurfs in seinen Rechten verletzt. Die hierzu erlassene Nebenbestimmung sei zu unbestimmt und deshalb ungeeignet und unwirksam.

Ein gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerichteter Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2006 (1 L 633/06.KO) mit der Begründung ab, drittschützende Beteiligungsrechte seien nicht verletzt. Eine subjektive Rechtsverletzung aufgrund fehlender, jedoch gebotener Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 BImSchG könne nicht festgestellt werden. Unter Berücksichtigung der eingeholten Stellungnahmen zum Vogelschutz und Landschaftsschutz sei es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Rahmen seiner überschlägigen Prüfung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht für erforderlich und daher die Erteilung einer Genehmigung nach § 19 BImSchG im vereinfachten Verfahren als ausreichend erachtet habe. Darüber hinaus sei die behauptete Eiswurfgefahr angesichts der in den Genehmigungen aufgenommenen Nebenbestimmungen ausgeschlossen.

Die vom Kläger eingelegte Beschwerde, mit der er u.a. die Verletzung europarechtlicher Bestimmungen geltend machte, wies der Senat durch Beschluss vom 23. Juni 2006 (1 B 10561/06.OVG) zurück. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger auch in Ansehung der einschlägigen europarechtlichen Vorschriften und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine seiner Ansicht nach fehlende Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 BImSchG nicht rügen könne, weil Verfahrensvorschriften grundsätzlich keine drittschützende Wirkung hätten. Auch im Hinblick auf die UVP-Änderungsrichtlinie 2003/35/EG spreche entgegen der im Eilbeschluss des 7. Senats des Gerichts vom 25. Januar 2005 (ZfBR 2005, 487) vertretenen Auffassung mehr dafür, dass das Europarecht in Fällen der vorliegenden Art kein Abweichen von dem der deutschen Rechtsordnung zugrunde liegenden Individualrechtsschutz gebiete. Jedenfalls in seinem konkreten Fall seien keine nachteiligen Beeinträchtigungen von erheblichem Gewicht zu befürchten. Eine Verletzung von sonstigen drittschützenden Vorschriften sei im Übrigen nicht zu erkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. November 2006 wies der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Altenkirchen den Widerspruch zurück und stellte darin darauf ab, dass die Bestimmung des § 10 BImSchG weder drittschützend, noch wegen fehlender Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt verletzt sei. Die vom Kläger erneut vorgetragene Eiswurfgefahr sei ebenso wenig gegeben wie die sonstigen von ihm geltend gemachten Beeinträchtigungen. Eine Rechtsverletzung des Klägers sei daher nicht ersichtlich.

Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben, mit der er sein bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft hat. Insbesondere hat er daran festgehalten, dass nach Art. 10 a der Richtlinie 2003/35/EG vom 25. Juni 2003 nunmehr eine Genehmigung bereits dann aufgehoben werden müsse, wenn sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei, was hier der Fall sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. Juni 2007 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger könne nicht geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein, weil im vorliegenden Verfahren eine Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 BImSchG nicht stattgefunden habe, die wegen der Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aber habe stattfinden müssen. Die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO ziele auf die Geltendmachung von Individualrechtsschutz. Verfahrensvorschriften vermittelten in diesem Zusammenhang grundsätzlich keine selbständig durchsetzbare Rechtsposition, auch wenn das Verfahrensrecht auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruhe, wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entscheide, worauf auch der erkennende Senat bereits in seinem Eilbeschluss vom 23. Juni 2006 hingewiesen habe. Der Kläger habe danach keinen allgemeinen Anspruch auf Durchführung eines förmlichen Verfahrens nach § 10 BImSchG. Weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten des Einzelnen im Hinblick auf die geltend gemachten natur- und landschaftsrechtlichen Belange ergäben sich auch nicht aus der von dem Kläger angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Zwar seien die zuständigen Behörden danach verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen der Umweltverträglichkeitsprüfung eines Projektes i.S. von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 (UVP-Richtlinie) abzuhelfen. Die Einzelheiten des hierbei anwendbaren Verfahrens seien jedoch nach dem Grundsatz der Verfassungsautonomie der Mitgliedstaaten Sache der nationalen Rechtsordnung. Insbesondere räume Art. 10 a der Richtlinie 85/337/EWG i.d.F. der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 keinen umfassenden Rechtsschutz gegen eine Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften ein. Hiernach stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die (a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ (b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. das Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaates dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteilichen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Was als ausreichendes Interesse oder als Rechtsverletzung gelte, bestimmten die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zum Gericht zu gewähren. Hiernach hätten die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten. Sie könnten den Individualrechtsschutz davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht, oder aber davon, dass eine Rechtsverletzung geltend gemacht werde. Die Mitgliedstaaten könnten somit zwischen dem (französischen) Modell der Interessentenklage oder dem (in Deutschland) herkömmlichen Modell des Individualrechtsschutzes wählen. Die Klagebefugnis des Einzelnen könne also weiterhin davon abhängig gemacht werden, dass eine Rechtsverletzung vorliege. Was eine Rechtsverletzung sei, bestimme der jeweilige Mitgliedstaat. Weder die UVP-Richtlinie noch die Aarhus-Konvention zwängen zur Aufgabe der Schutznormtheorie im Bereich des Individualrechtsschutzes in Umweltangelegenheiten. Selbst dann jedoch, wenn man im vorliegenden Fall einer anderen Auffassung folgen sollte und eine drittschützende Wirkung des § 10 BImSchG zugunsten des Klägers unterstellen würde, ergäbe sich keine andere Betrachtung, da eine Umweltverträglichkeitsprüfung als Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung hier nicht erforderlich gewesen sei. Ein Verstoß gegen eine sonstige drittschützende Norm, die den Kläger begünstige, liege ebenfalls nicht vor. Gefährdungen und unzumutbare Beeinträchtigungen durch Eiswurf und die Entstehung von Bränden seien nicht zu befürchten.

Zur Begründung der durch Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2007 zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen, dass hier eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen sei und damit ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 BImSchG hätte durchgeführt werden müssen, was er auch rügen könne, da Verfahrensvorschriften aufgrund der europarechtlichen Vorgaben drittschützende Funktion hätten. Darüber hinaus sei er in seinen Rechten verletzt, weil die der Beigeladenen erteilte Genehmigung i.d.F. der Änderungsgenehmigung keine ausreichende Regelung gegen die Gefahr durch Eiswurf enthalte. Im vorliegenden Fall seien konkrete Regelungen erforderlich gewesen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die streitigen Windkraftanlagen in einem Gebiet errichtet werden sollten, in dem aufgrund der klimatischen Gegebenheiten mit Eisansatz an den Rotoren zu rechnen sei. Dass für ihn auch tatsächlich die Gefahr bestehe, durch von den Windkraftrotoren abgeworfene Eisstücke getroffen zu werden, habe sich im Dezember 2007 vor Ort gezeigt, wo er solche Eisstücke gefunden habe. Es müsse mit Wurfweiten von über 400 m gerechnet werden. Die hierzu geregelten Nebenbestimmungen in der Genehmigung sowie in der Änderungsgenehmigung seien zu unbestimmt und daher ungeeignet, dieser Gefahr zu begegnen. Die von der Beigeladenen eingebauten Sensoren stellten eine wirksame Maßnahme gegen die Eiswurfgefahr nicht dar. Des Weiteren sei auch kein ausreichender Brandschutz geregelt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. Juni 2007 die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 26. Oktober 2005 zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windkraftanlagen auf den Grundstücken Parzelle Nr. ... (Windkraftanlage 6) und Parzelle ... (Windkraftanlage 4) in Flur ... der Gemarkung .................... sowie die hierzu ergangene Änderungsgenehmigung vom 18. Januar 2006 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 2. November 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Kläger könne eine Verletzung eigener Rechte nicht dadurch geltend machen, dass er sich auf die angebliche Verletzung von Verfahrensvorschriften berufe. Entgegen seiner Auffassung komme diesen keine drittschützende Wirkung zu, wie in einer neueren obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt sei. Zudem berufe sich der Kläger im Zusammenhang mit dem Drittschutz auf Gefährdungen, auf die sich die von ihm vermisste Umweltverträglichkeitsprüfung ohnehin nicht erstrecke. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei hier aber auch gar nicht nötig gewesen. Dies ergebe sich aus dem landespflegerischen Begleitplan zu dem Genehmigungsantrag. Dem stünden die Stellungnahmen der unteren Landespflegebehörde nicht entgegen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Senats vom 16. März 2006 berufe und hieraus Schlussfolgerungen bezüglich einer Gefährdung von Rotmilanvorkommen im Bereich der streitgegenständlichen Windkraftanlagen ziehe, gehe er fehl, weil das genannte Urteil, das sich im Zusammenhang mit der Prüfung der Zulässigkeit von Windkraftanlagen auch zum Vogelschutz äußere, das Gebiet einer anderen Verbandsgemeinde weiter westlich von .............. betreffe. Eine Gefährdung der klägerischen Grundstücke durch Eiswurf stehe nicht zu befürchten. Diese von ihm behauptete Gefährdung sei durch ausreichende Nebenbestimmungen ausgeschlossen. Zudem habe die Beigeladene inzwischen dem Stand der Technik entsprechende Sensoren eingebaut. Hierbei handele es sich um marktübliche geprüfte Bauteile, deren tatsächliche Funktionsfähigkeit überprüft worden sei. Brandschutzvorkehrungen seien durch Auflagen geregelt, die aus forstlicher Sicht ausreichend seien.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger könne sich nicht auf eine Verletzung von Verfahrensvorschriften berufen, weil diese keinen Drittschutz vermittelten. Gegenteiliges folge auch nicht aus dem Umweltrechtsbehelfsgesetz, das das Recht, die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend zu machen, lediglich Vereinigungen zubillige, wie aus § 2 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes ersichtlich sei. Selbst wenn man der - von ihr nicht geteilten - Auffassung des 7. Senats des erkennenden Gerichts folge, wonach die Bestimmungen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung drittschützende Wirkung für die "betroffene" Öffentlichkeit haben sollen, könne der Kläger sich im vorliegenden Verfahren darauf nicht stützen, weil auch nach dieser Rechtsauffassung der "betroffene Dritte" in seinen materiellen Belangen berührt sein müsse. Das sei hier jedoch erkennbar nicht der Fall, soweit sich der Kläger auf die Gefährdung von Rotmilanvorkommen berufe. Darüber hinaus sei in vorliegenden Fall eine Umweltverträglichkeitsprüfung aber auch nicht erforderlich gewesen, weil Vorkommen des Rotmilans gar nicht beeinträchtigt würden, wie sich aus dem landespflegerischen Begleitplan ergebe. Eine Gefährdung des Klägers durch Eiswurf, der seine Grundstücke treffen könne, bestehe nicht. Die Angaben des Klägers zu potentiellen Eiswurfweiten seien weit überzogen. Eine Eisbildung an den Rotoren könne ohnehin nur bei seltenen Extremwetterlagen eintreten. Erkenntnisse über Unfälle durch Eiswurf seien bislang nicht bekannt. Denkbar seien zudem allenfalls Weiten bis zu etwa 120 m. Darüber hinaus seien die Auflagen zur Vermeidung einer diesbezüglichen Gefährdung in den Genehmigungsbescheiden ausreichend. Diese Auflagen seien durch den Einbau von Eissensoren inzwischen erfüllt worden. Zwei zwischenzeitlich als defekt erkannte Sensoren seien ausgetauscht worden. Schließlich entsprächen die genehmigten Windkraftanlagen in Bezug auf den Brandschutz dem Stand der Technik.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008 hat der Beklagte den Bescheiden jeweils die Auflage beigefügt, wonach durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist, dass bei Eisansatz an den Rotorblättern die jeweilige Windkraftanlage automatisch abgestellt wird und dass eine Inbetriebnahme erst nach vollständigem Abtauen der Blätter erfolgen darf. Ergänzend wurde der beantragte Einbau des Sensors der Firma ............ (...) angeordnet. Die Beigeladene verzichtete insoweit auf Zustellung der Auflagen und auf Rechtsmittel gegen die Auflagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten (10 Ordner, 1 Hefter) und die Gerichtsakte 1 L 633/06.KO Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Kläger wird durch die angefochtene Genehmigung des Beklagten vom 26. Oktober 2005 in der Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 19. Januar 2006 i.d.F. der weiteren Abänderung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008 nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger kann sich nämlich weder auf eine Verletzung von Verfahrensvorschriften berufen noch auf eine Verletzung drittschützender Vorschriften, weshalb das Verwaltungsgericht seine Klage zu Recht abgewiesen hat. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger keinen allgemeinen Anspruch auf Durchführung eines förmlichen Verfahrens nach § 10 BImSchG hat und deshalb nur eine Verletzung eigener materieller Rechte geltend machen kann. Solche eigene Rechtspositionen des Klägers werden hier jedoch ersichtlich nicht verletzt, weil seine Grundstücke in einer derartigen Entfernung von den im vorliegenden Verfahren nur noch zu prüfenden Windkraftanlagen liegen, dass sie durch von dort abgeworfene Eisstücke nach menschlichem Ermessen nicht getroffen werden können. Deshalb kann es hier letztlich dahinstehen, ob die auf eine Vermeidung solcher Gefährdungen gerichteten Auflagen des Beklagten ausreichend sind. Ebenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass die Regelungen zum Brandschutz in den Genehmigungen unzureichend wären.

Ausgangspunkt für den zwischen den Beteiligten bestehenden Streit darüber, ob Verfahrensvorschriften verletzt worden sind, ist der Umstand, dass während des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens am 1. Juli 2005 eine Änderung der 4. BImSchV in Kraft trat. Während nach der bis dahin bestehenden Rechtslage bezüglich der als Windpark einzuordnenden Windkraftanlagen, zu denen die in dem vorliegenden Verfahren streitigen Windkraftanlagen zählen, ein Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 BImSchG durchzuführen und dementsprechend von der Beklagten auch eingeleitet worden war, knüpft das Bundesimmissionsschutzgesetz in Verbindung mit der 4. BImSchV in ihrer nunmehrigen Fassung das Erfordernis eines Verfahrens gemäß § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung nun nicht mehr an die Zahl der Windkraftanlagen und damit an deren Einordnung als Windfarm, sondern an deren Auswirkungen auf die Umwelt an. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kann durch Rechtsverordnung vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird. Die entsprechende Rechtsverordnung - die 4. BImSchV - regelt wiederum in ihrem § 2 Abs. 1, dass das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG (nur) für Anlagen durchzuführen ist, die in Spalte 2 des Anhangs - dort sind Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m, um die es hier geht, unter der Nr. 1.6 aufgeführt - genannt sind und zu deren Genehmigung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Sofern Letzteres nicht der Fall ist, ist nach § 2 Abs. 1 der 4. BImSchV für die in Spalte 2 des Anhangs genannten Anlagen das vereinfachte Verfahren nach § 19 BImSchG durchzuführen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG fallen die in der Anlage 1 zum UVPG aufgeführten Anlagen in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Dabei differenziert die Anlage 1 in den Spalten 1 und 2 zwischen UVP-pflichtigen Vorhaben (Spalte 1) und Vorhaben, bei denen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles bzw. eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles erfolgen muss oder deren UVP-Pflichtigkeit sich nach Maßgabe des Landesrechtes ergibt.

Ein Vorhaben von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen ist in der Anlage 1 unter der Ziffer 1.6.2 aufgeführt. Aus der entsprechenden Kennzeichnung in der Spalte 2 ergibt sich, dass hier eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3 c UVPG durchzuführen ist. Danach ist eine die Notwendigkeit der Genehmigung nach § 10 BImSchG auslösende Umweltverträglichkeitsprüfung nur dann durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären.

Im vorliegenden Fall ist der Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten stehen, und hat dies gemäß § 3 a UVPG am 1. Oktober 2005 ortsüblich bekannt gemacht. Der Kläger beanstandet diese Einschätzung und vertritt die Auffassung, die Vorprüfung sei rechtlich fehlerhaft erfolgt. Hierdurch habe der Beklagte zu Unrecht die Notwendigkeit eines Genehmigungsverfahrens gemäß § 10 BImSchG ausgeschlossen und damit sein Recht unterlaufen, sich im Rahmen der gemäß § 10 BImSchG vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung am Verfahren zu beteiligen.

In diesem Zusammenhang stellt der Kläger wesentlich darauf ab, dass die genehmigten Windkraftanlagen zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Rotmilanvorkommen im Raum .................... führen werden, was bei einer aus seiner Sicht sachgerecht durchgeführten Vorprüfung hätte erkannt werden und zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müssen. Diese Argumentation knüpft zum einen an das Urteil des Senats vom 16. März 2006 (1 A 10848/05.OVG) an, mit dem der Senat entschieden hat, dass in dem - westlich von Gebhardshain gelegenen - Gebiet der Verbandsgemeinde Altenkirchen die Errichtung von dort geplanten Windkraftanlagen nicht zulässig ist, weil die Vorhaben mit dem gebotenen Schutz des Rotmilans im Einwirkungsbereich der geplanten Windkraftanlagen nicht zu vereinbaren sind, was ungeachtet des Umstandes gilt, dass dieser Bereich weder einem festgesetzten noch faktischen europäischen Vogelschutzgebiet zugeordnet ist. Des Weiteren stützt sich die Argumentation des Klägers darauf, dass die untere Landespflegebehörde gerade wegen einer Gefährdung der Rotmilanvorkommen im Raum ............. mehrfach dahingehend Stellung genommen hat, dass die Windkraftanlagen nicht zugelassen werden dürften.

Tatsächlich lässt sich den Verwaltungsakten entnehmen, dass ein bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens nicht beigelegter Streit zwischen der für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zuständigen Stelle des Beklagten und der bei der Beklagten angesiedelten unteren Landespflegebehörde darüber bestand, ob die zur Genehmigung gestellten Windkraftanlagen erhebliche Beeinträchtigungen für Vorkommen des Rotmilans im Raum .............. bewirken werden. Dabei ist die Genehmigungsbehörde im vorliegenden Fall nicht der Einschätzung der Fachbehörde und der von dieser vorgelegten eingehenden Stellungnahmen gefolgt. Sie hat sich demgegenüber den fachlichen Aussagen des Büros angeschlossen, das für die Beigeladene den landespflegerischen Begleitplan erarbeitet hat. Weitere eigenständige Untersuchungen der für die Genehmigung zuständigen Immissionsschutzbehörde bei dem Beklagten sind den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Die Bemühungen, zur Klärung dieser Streitfrage anderweitigen Sachverstand einzuholen, beschränkten sich im Ergebnis auf die Einschaltung der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Frankfurt, die zunächst mit Schreiben vom 27. Juni 2005 und vom 6. Juli 2005 die Einschätzung der unteren Landespflegebehörde bestätigte, die sich ihrerseits auf eine Bestandserfassung des Rotmilans im Raum Altenkirchen im Auftrag einer Ortsgemeinde stützte. Nachdem der Staatlichen Vogelschutzwarte von der unteren Immissionsschutzbehörde weitere fachliche Stellungnahmen des von der Beigeladenen mit dem landespflegerischen Begleitplan beauftragten Büros vorgelegt worden waren, äußerte sich die Staatliche Vogelschutzwarte mit Schreiben vom 27. September 2005 dahingehend, dass die vom letztgenannten Büro geäußerte Kritik an der jahreszeitlich spät erfolgten Datenaufnahme durchaus berechtigt sei. Für eine abschließende Bewertung des Rotmilanvorkommens im östlichen Landkreis Altenkirchen sei aber aus ihrer Sicht eine erneute Erfassung im kommenden Frühjahr auf größerer Fläche und nach bestimmten zeitlichen und räumlichen Vorgaben erforderlich. Auf dieser Basis gelangte die untere Immissionsschutzbehörde, wie in einem Vermerk vom 26. Oktober 2005 festgehalten ist, zu dem Ergebnis, dass die Einschätzung des von der Beigeladenen beauftragten Planungsbüros bezüglich der Gefährdung des Rotmilans zutreffend sei. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem Genehmigungsbescheid vom 26. Oktober 2005 (dort S. 3 bis 5) stellen im Wesentlichen darauf ab, dass der Bereich, in dem die Windkraftanlagen errichtet werden sollen, nicht als faktisches Vogelschutzgebiet einzustufen sei, was durch weitere Gutachten nicht geklärt werden müsse. Im Übrigen verweist der Genehmigungsbescheid zwar auf die letzte Stellungnahme der unteren Landespflegebehörde vom 18. Oktober 2005, führt dann allerdings aus, dass die Untersuchung der Bestandserfassung seitens des Antragstellers (der Beigeladenen) eben nicht entscheidend belegen würden, dass das Untersuchungsgebiet zum Westerwälder Kernlebensraum des Rotmilans gehöre. Die Kritik des von der Beigeladenen eingeschalteten Planungsbüros an den entgegenstehenden Stellungnahmen habe die staatliche Vogelschutzwarte bestätigt.

Ob dies als plausibles Ergebnis einer sachgerecht durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c UVPG eingestuft werden kann, kann durchaus fraglich erscheinen angesichts des Umstandes, dass sich die untere Immissionsschutzbehörde letztlich ausschließlich auf von Antragstellerseite vorgelegte Unterlagen gestützt und sich über die in mehrfachen fachlichen Stellungnahmen vorgetragenen Bedenken der zuständigen Fachbehörde - der unteren Landespflegebehörde - hinweggesetzt hat, ohne die von der - ebenfalls eingeschalteten - Staatlichen Vogelschutzwarte geforderte eingehende Untersuchung durchführen zu lassen.

Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Urteil in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Kreisrechtsausschusses in dem Widerspruchsbescheid vom 2. November 2006 verweist, rechtfertigen diese nicht ohne weiteres den Schluss, jedenfalls hierin liege eine sachgerechte Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3 c UVPG. Zwar kann eine UVP-Vorprüfung, wie das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 20. August 2008 (DVBl. 2008, 1445 ff.) entschieden hat, bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden und hätte demgemäß hier auch im Widerspruchsbescheid nachgeholt werden können. Der Kreisrechtsausschuss beschränkt sich allerdings im Wesentlichen darauf, sich der Einschätzung der unteren Immissionsschutzbehörde, wie sie im Genehmigungsbescheid dargelegt ist, anzuschließen und beschränkt sich im Übrigen auf die Aussage, die von dem Kläger vorgelegte - weitere - Bestandsaufnahme zum Rotmilan vom Juli 2006 entkräfte diese Bewertung nicht. Im streitgegenständlichen Gebiet der Windfarm liege lediglich ein Untersuchungsgebiet der erfassten Rotmilane, ein Horststandort sei jedoch nicht ermittelt worden. Ob dies den Anforderungen an eine Vorprüfung gemäß § 3 c UVPG genügt, dürfte fraglich erscheinen.

Angesicht dessen könnte durchaus einiges dafür sprechen, dass hier eine unzureichende Vorprüfung des Einzelfalles erfolgt ist. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass eine sachgerechte Vorprüfung zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Gleichwohl kann der Kläger, sollte sich seine Einschätzung als richtig erweisen, dass wegen zu erwartender erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gewesen sei, hieraus auch dann keine Verletzung eigener Rechte ableiten, wenn ihm durch ein derart fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten tatsächlich die Mitwirkungsrechte in einem Verfahren nach § 10 BImSchG genommen worden sein sollten. Die Verfahrensvorschrift des § 10 BImSchG ist nämlich nicht drittschützend, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat.

Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Frage, ob Verfahrensvorschriften, wie hier die des § 10 BImSchG, eigene wehrfähige Rechte Dritter begründen können, im Schrifttum mit Blick auf europarechtliche Vorgaben diskutiert und auch in der Kommentarliteratur zum Bundesimmissionsschutzgesetz unterschiedlich beantwortet wird. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist diese Frage - mit Ausnahme des Eilbeschlusses des 7. Senats des Gerichts vom 25. Januar 2005 (7 B 12114/04.OVG, NVwZ 2005, 1208), auf den sich der Kläger ausdrücklich stützt - durchweg verneint worden. Dies gilt auch für die dem Beschluss des 7. Senats des erkennenden Gerichts zeitlich nachfolgende obergerichtliche Rechtsprechung. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat seine bisherige gefestigte Rechtsprechung ersichtlich nicht aufgegeben, wonach die Geltendmachung einer Verletzung von Verfahrensvorschriften der Klage eines durch ein verfahrensfehlerhaft gestattetes Projekt Betroffenen nicht zum Erfolg verhelfen kann, sondern dass vielmehr die Verletzung eigener materieller Rechte durch die angegriffene Zulassung eines Vorhabens festgestellt werden muss. Hieran hält das Bundesverwaltungsgericht, wie in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (ZfBR 2008, 278 ff.) zum Ausdruck kommt, auch mit Blick auf die von dem Kläger angesprochenen europarechtlichen Vorgaben, jedenfalls bezüglich solcher Projekte fest, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2003/35/EG genehmigt worden sind, wozu die streitgegenständlichen Windkraftanlagen zählen. Angesichts dessen hält der Senat weiterhin an seiner bereits in dem Beschluss vom 23. Juni 2006 (1 B 10591/06.OVG) zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung fest, wonach Verfahrensvorschriften, von wenigen Ausnahmen - wie z.B. im Atomrecht - abgesehen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung entfalten. Die Ausführungen des Klägers geben keinen Anlass, diese Rechtsauffassung zu ändern.

Der Senat hat bereits in dem Beschluss vom 23. Juni 2006 in diesem Zusammenhang auf seine eigene ständige Rechtsprechung zum Wasserrecht (vgl. Urteil vom 5. November 1998 - 1 A 10007/96.OVG - und Beschluss vom 6. Oktober 2004 - 1 A 11478/04.OVG -) sowie auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Immissionsschutz- und Fachplanungsrecht (vgl. Urteil vom 29. Mai 1981, NJW 1981, 2769; Beschluss vom 16. November 1998, NVwZ-RR 1999, 429; Urteil vom 5. Oktober 1990, NVwZ 1991, 369; Urteil vom 25. Januar 1996, BVerwGE 100, 238) und auch auf die Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 7. Januar 2004, NVwZ-RR 2004, 408 und vom 15. September 2005, NuR 2006, 251; OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. September 2004 in juris) verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat diese Ausführungen in seinem Urteil durch weitere Hinweise auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der hier streitigen Frage (vgl. Urteile vom 21.März 1996, NVwZ 1996, 1016; vom 19. März 2003, NVwZ 2003, 1120; und vom 18. November 2004, NVwZ 2005, 442) und durch Hinweise auf weitere Rechtsprechung (vgl. OVG Münster, Urteile vom 27. Oktober, NuR 2006, 320, und vom 2 März 2006, NuR 2006, 801; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15. Januar 2007 in juris) ergänzt, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. An dieser gefestigten Rechtsprechung, wonach grundsätzlich nur die Verletzung eigener materieller Rechte, nicht aber die Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Anfechtungsklage geltend gemacht werden kann, ist auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben, auf die sich der Kläger ausdrücklich bezieht, weiterhin festzuhalten. Gegen diese Rechtsprechung wendet sich der Kläger unter Hinweis auf Teile der Kommentarliteratur zum Bundesimmissionsschutzgesetz und den Eilbeschluss des 7. Senats des Gerichts vom 25. Januar 2005 (a.a.O.) sowie die hierin zitierten EU-Richtlinien und die dort ebenfalls zitierte sog. Wells-Entscheidung des EuGH vom 7. Januar 2004 (NVwZ 2004, 593 ff.). Diese Ausführungen überzeugen indessen nicht.

Die Kommentarliteratur zum Bundesimmissionsschutzgesetz, auf die sich der Kläger insbesondere stützt (so bereits in der Widerspruchsbegründung unter Hinweis auf Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 7. Aufl., § 10 BImSchG, Rn. 132) vermittelt ein eher uneinheitliches Bild (Drittschutz bejahend: Jarass, a.a.O. und Kortulla, Bundesimmissionsschutzgesetz, § 19 Rn. 49; Drittschutz verneinend: Storost in Ule/Laubinger, Bundesimmissionsschutzgesetz, § 19 BImSchG, Rn. F1 f.). Allerdings erweisen sich die Kommentierungen bei näherer Betrachtung als durchaus ambivalent, weil die Annahme einer drittschützenden Wirkung von Verfahrensvorschriften keineswegs konsequent in der jeweiligen Kommentierung durchgehalten wird (s. Jarass, a.a.O. Rn. 134, wonach ein Verstoß gegen eine drittschützende Verfahrensnorm zur Aufhebung führt, wenn er sich auf die Einhaltung materieller Normen (mit drittschützendem Charakter) ausgewirkt haben könnte und lediglich eine zu restriktive Handhabung der Kausalitätsanforderung für bedenklich gehalten wird; Kortulla, § 10 BImSchG, Rn. 192 ff., wonach Verfahrensvorschriften einem potentiell Betroffenen Drittschutz daher "nur im Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung seiner materiellen Rechtsposition" gewähren, und auf die unlösbare Verbindung des Verfahrensrechts zum materiellen Recht verwiesen wird).

Soweit in der Kommentarliteratur zur Begründung der drittschützenden Wirkung des § 10 BImSchG auf die Rechtsprechung zum Atomrecht (so Jarass, a.a.O., Rn. 132) verwiesen wird, ist anzumerken, worauf der Senat bereits in dem Beschluss vom 23. Juni 2006 hingewiesen hat, dass die Rechtsprechung insoweit zwar eine drittschützende Wirkung von Verfahrensvorschriften annimmt. Diese Besonderheit ist aber nicht ohne weiteres auf das Immissionsschutzrecht und die hier in Rede stehenden Genehmigung von Windkraftanlagen übertragbar. Insoweit folgt der Senat auch nicht dem Ansatz des 7. Senats des erkennenden Gerichts in dem Beschluss vom 25. Januar 2005 (a.a.O.), auf das sich der Kläger zur Begründung seiner Rechtsauffassung stützt. Darin ist die Parallelität zur Situation im Atomrecht bezüglich immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen mit der Überlegung begründet worden, dass nach europäischem Recht bei komplexen Umweltentscheidungen dem Verfahren eine eigenständige Bedeutung zukomme, wobei sich diese Überlegungen auf die bereits genannte "Wells-Entscheidung" des EuGH und europäische Richtlinien, insbesondere die Änderungsrichtlinie 2203/35/EG vom 26. Mai 2003 stützt. Diesen Überlegungen folgt der erkennende Senat jedoch nicht.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil (Urteilsabdruck S. 9) bereits eingehend dargelegt, dass die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 7. Januar 2004 (a.a.O.), der sog. Wells-Entscheidung, die Auffassung nicht zu stützen vermögen, hieraus könne die drittschützende Wirkung von Verfahrensvorschriften abgeleitet werden. Das sieht der Senat ebenso. Diese Entscheidung des EuGH, die sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit die zuständigen Behörden verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen der Umweltverträglichkeitsprüfung eines Projektes i.S. von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 (UVP-Richtlinie) abzuhelfen, und ob und inwieweit der einzelne (Betroffene) dies durchsetzen kann, betont ausdrücklich und mehrfach (s. Rn. 67 und Rn. 70), dass nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaates ist, die Einzelheiten des Verfahrens zu regeln. Demnach geht auch der EuGH nicht davon aus, dass es ein unmittelbares, europarechtlich begründetes Individualrecht des Einzelnen gibt, die Verletzung von Verfahrensvorschriften als die Verletzung eigener Rechte im Rahmen seiner nationalen Rechtsordnung geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ergeben sich demnach lediglich Schranken für die jeweilige innerstaatliche Rechtsordnung, die darin bestehen, dass die Einzelheiten des Verfahrens bezüglich einer fehlerhaft unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip) und dass sie die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsprinzip). Anhaltspunkte dafür, dass die Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO und deren grundsätzliche Klärung durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diesen Anforderungen nicht genügen würde, sind nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich aus den von dem Kläger in Bezug genommenen europarechtlichen Richtlinien nicht ableiten, dass die Gemeinschaftsrechtsordnung dem Einzelnen über das Recht, die Verletzung eigener materieller Rechte geltend zu machen, hinaus das Recht verleihen würde, als eigenes Recht auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen zu können.

Die Richtlinie 85/373/EWG vom 27. Juni 1986 (UVP-Richtlinie) regelt zwar in Art. 6 die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Genehmigung von Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, in Art. 8 die Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren und in Art. 9 die Benachrichtigung der betroffenen Öffentlichkeit über die getroffenen Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass diese Richtlinie dem einzelnen Betroffenen aber auch das Recht verleihen sollte, die Verletzung von Verfahrensvorschriften als eigene Rechte geltend zu machen, lassen sich ihr indessen nicht entnehmen. Solches trägt der Kläger auch nicht vor. Derartige Anhaltspunkte können auch der vorgenannten "Wells-Entscheidung" des EuGH nicht entnommen werden. Stattdessen stützt sich der Kläger auf das "Aahus-Übereinkommen" vom 25. Juni 1998 (ABl. der EU, L 124 vom 17.05.2005 S. 0004 bis 0020) und die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. der EU, 2003 L 156/17).

Das Aarhus-Übereinkommen selbst enthält in seinem Art. 9 zwar Ausführungen über den Zugang zu Gerichten und verweist in seinen Eingangserwägungen auch auf die Bedeutung der Öffentlichkeitsbeteiligung, fordert in dem genannten Art. 9 in Abs. 3 indessen lediglich, "dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmung ihres innerstaatlichen Rechtes verstoßen" und in Abs. 4 des Art. 9 die Gewährleistung eines "angemessenen und effektiven Rechtsschutzes". Hieraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch europarechtlich gezwungen wäre, von den geltenden prozessrechtlichen Vorschriften - dem Individualrechtsschutzmodell und seiner Anwendung durch das Bundesverwaltungsgericht - abzugehen. Auch dieses Modell gewährleistet bei der bestehenden hohen Kontrolldichte zweifellos einen angemessenen und effektiven Rechtsschutz.

Auch der durch Art. 7 der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 neu in die Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie) eingefügte Art. 10 a regelt, wie das Verwaltungsgericht bereits im Einzelnen dargelegt hat, keinen umfassenden Rechtsschutz gegen eine Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften. Der genannte Art. 10 a der UVP-Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Sicherstellung des Zugangs der betroffenen Öffentlichkeit zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht nämlich zwei unterschiedliche Alternativen ein, wobei in der Formulierung dieses Artikels ausdrücklich hervorgehoben wird, dass es sich um Alternativen handelt.

Danach ist Zugangsvoraussetzung entweder ein "ausreichendes Interesse" oder alternativ die Geltendmachung einer Rechtsverletzung, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaates dies als Voraussetzung erfordert. Weiterhin legt Art. 10 a der genannten Richtlinie fest, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, bestimmen, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt. Diese Formulierung des Art. 10 a der UVP-Richtlinie ist, worauf das Verwaltungsgericht schon hingewiesen hat, nahezu wortgleich mit Art. 9 Abs. 2 des durch Beschluss des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. EU 2005 L 124/1) ratifizierten Aarhus-Übereinkommens. Daher kann entgegen der Auffassung des Klägers auch unter Hinweis auf die Erwägungsgründe 5, 7 und 9 der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003, die auf die Ziele und insbesondere auf Art. 9 des Aarhus-Übereinkommens Bezug nehmen, aus dem neu eingefügten Artikel 10 a der UVP-Richtlinie kein weiterer Regelungsgehalt herausgelesen werden, als er in seinem Wortlaut zum Ausdruck kommt. Demnach haben die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten bei der Umsetzung dieser Richtlinie. Sie können den Individualrechtsschutz davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht, also das französische Modell der Interessentenklage wählen. Sie könnten aber auch dem in Deutschland herkömmlichen Modell des Individualrechtsschutzes folgen. Für die Bundesrepublik Deutschland folgt daher aus Art. 10 a der UVP-Richtlinie nicht die Notwendigkeit, ihr herkömmliches Rechtsschutzsystems zu ändern, das den Zugang zum Gericht von der Geltendmachung der Verletzung eigener materieller Rechte abhängig macht.

Soweit sich der Kläger demgegenüber zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung auf das Schrifttum stützt, tragen die dortigen Ausführungen seine Auffassung indes - deutlich überwiegend - nicht. Hierin wird vielmehr ausdrücklich hervorgehoben, dass weder das Aarhus-Übereinkommen noch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 ein einheitliches Rechtsschutzkonzept vorgeben, sondern vielmehr die unterschiedlichen Konzepte der Vertragsparteien über Rechtsschutzmöglichkeiten der Öffentlichkeit alternativ nebeneinanderstellen, aus denen die Mitgliedstaaten bzw. die Vertragsparteien des Aarhus-Übereinkommens wählen können, wozu das deutsche Modell des Individualrechtsschutzes gehört (vgl. von Dannwitz, NVwZ 2004, 272 ff.; Lechler, NVwZ 2005, 1156 ff.; Schmidt-Preuß, NVwZ 2005, 489 ff.; Schröder, NVwZ 2006, 389 ff.; Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.). Dementsprechend wird auch im Schrifttum speziell zum Immissionsschutzrecht (Sellner/Reith/Ohms, Immissionsschutzrecht, 3. Aufl., NJW Praxis, S. 227 f., Rn. 79 ff.) der Rechtsauffassung, die Verletzung von Verfahrensvorschriften könne als Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden, ausdrücklich mit dem Hinweis entgegengetreten, dass weder die verfassungsrechtlichen noch die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen dazu zwingen, bei Verfahrensfehlern im Anlagenzulassungsverfahren gänzlich auf Kausalitätserwägungen, so wie sie auch in anderen Bereichen anzutreffen seien, zu verzichten. Hierzu wird ausgeführt:

"Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie unterscheidet zwischen der (allgemeinen) Öffentlichkeit einerseits und der betroffenen Öffentlichkeit andererseits. Nur Letzterer ist Zugang zu einem (gerichtlichen) Überprüfungsverfahren zu geben, wenn ein ausreichendes Interesse besteht oder aber eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird, sofern das nationale Recht dies verlangt. Was als ausreichendes Interesse oder als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedsstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten zu gewährleisten (Art. 10 a der durch die Richtlinie 2003/35/EG - Öffentlichkeitsrichtlinie - geänderten UVP-Richtlinie). Sowohl der Begriff der Betroffenheit als auch auf das Abstellen auf ein ausreichendes Interesse oder eine Rechtsverletzung machen deutlich, dass Art. 10 a der UVP-Richtlinie durchaus Kausalitätserwägungen zulässt. Denn wenn die getroffene Sachentscheidung (offensichtlich) einen Dritten nicht in seinen Rechten verletzt, insbesondere also bei Einhaltung exakt festgelegter materieller Standards mit drittschützendem Charakter, wird man ihn nicht ohne weiteres als betroffen ansehen können. Er kann dann zwar gleichwohl ein ausreichendes Interesse daran haben, überhaupt eine gerichtliche Überprüfung herbeizuführen. Dies bedeutet allerdings nicht zugleich, dass aufgrund dieser im Rahmen einer Anfechtungsklage stattfindenden gerichtlichen Überprüfung eine ihn offensichtlich nicht in eigenen Rechten materiell verletzende Entscheidung allein wegen eines Verfahrensfehlers zwingend aufgehoben werden muss. Für den Grundrechtsschutz nach Maßgabe des nationalen Verfassungsrechts gilt dies in gleicher Weise."

Das sieht die obergerichtliche Rechtsprechung ersichtlich ebenso (vgl. Urteile des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 21. Januar 2005, DVBl. 2005, 720; und vom 21. Mai 2008 - 8 A 10911/07.OVG -; OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2007 in juris). Selbst der Kläger räumt ein, dass bislang kein anderes Obergericht der von dem 7. Senat des erkennenden Gerichts in dem Beschluss vom 25. Januar 2005 (a.a.O.) vertretenen Rechtsauffassung gefolgt ist, auf die er sich stützt. Auch der Senat sieht keinen Anlass, seine bisherige, im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung stehende diesbezügliche Rechtsauffassung zu ändern und der in dem genannten Beschluss geäußerten Rechtsmeinung zu folgen.

Soweit in dem von dem Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitierten Schrifttum eine gegenteilige Auffassung vertreten wird (Kment, NVwZ 2007, 274 ff.; Schlacke, NuR 2007, ff.), behandelt dieses Schrifttum die Rechtslage nach Inkrafttreten des Umweltrechtsbehelfsgesetzes - URG -. Allerdings wird auch darin hervorgehoben, dass es Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO erst seit Erlass dieses Gesetzes möglich sei, die Verletzung von Verfahrensfehlern nach § 4 Abs. 1 URG gerichtlich geltend zu machen (so Kment, a.a.O. S. 279). Indessen kann der Kläger aus dem URG im vorliegenden Verfahren Rechte nicht ableiten, weil gemäß § 5 URG dieses Gesetz für Verfahren, wie das vorliegende Genehmigungsverfahren, nur dann gilt, wenn diese nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind. Im vorliegenden Fall ist das Genehmigungsverfahren jedoch mit Eingang des Antrags der Beigeladenen vom 22. Oktober 2004 bei dem Beklagten am 17. November 2004 eingeleitet worden. Damit findet das URG für das vorliegende Verfahren keine Anwendung. Hieran ändert auch der Abänderungsantrag der Beigeladenen vom 2. Dezember 2005 nichts, mit dem - bei gleichbleibenden Standorten und gleichbleibender Nabenhöhe der streitigen Windkraftanlagen - eine Änderungsgenehmigung bezüglich des Rotordurchmessers begehrt wurde, der entsprechend dem ursprünglichen Antrag reduziert werden sollte. Hierdurch stellte sich die Genehmigungsfrage nicht erneut. Durch die Änderung werden die Auswirkungen der Windkraftanlagen nämlich allenfalls reduziert. Vor diesem Hintergrund bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Klärung, ob, wie die Beigeladene meint, das Umweltrechtsbehelfsgesetz lediglich den in § 2 URG genannten Vereinigungen das Recht gibt, Verfahrensverletzungen gerichtlich anzugreifen oder ob auch einzelne Betroffene aufgrund der Formulierung in § 4 Abs. 3 URG hierzu befugt sind (so Kment, a.a.O.).

Auch das Bundesverwaltungsgericht weist in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (ZfBR 2008, 289 ff.) darauf hin, dass das Umweltrechtsbehelfsgesetz nur für Verfahren gilt, die nach dem 25. Juni 2005, also nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Aus dieser Entscheidung wird aber zugleich deutlich, dass das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass auch das Gemeinschaftsrecht nicht gebietet, die Genehmigung von Projekten, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist vor Umsetzung der genannten Richtlinie eingeleitet wurde, wegen des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufzuheben (Rn. 12 des Beschlusses). In diesem Zusammenhang weist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf den von dem EuGH in seinem Urteil vom 7. Januar 2004 (a.a.O.) ausdrücklich hervorgehobenen Grundsatz der Verfahrensautonomie (Rnrn. 13 ff.), deren Grenzen nicht überschritten seien, wenn das deutsche Recht es nicht ermöglicht, dass bloße Verfahrensfehler, die nicht zu einer Verletzung materieller Rechte des Betroffenen führen, zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen. Aufgrund der vorstehend dargelegten Überlegungen ist es also nicht zu beanstanden, sondern steht vielmehr in Einklang mit der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Urteil ausgeführt hat, dass die Geltendmachung eines Verfahrensverstoßes allein die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung nicht rechtfertigen kann, sondern dass die Anfechtungsklage nur dann Erfolg haben kann, wenn der geltend gemachte Verfahrensfehler auch zu einer Verletzung der eigenen materiellen Rechte des Klägers geführt hat, was hier jedoch nicht der Fall ist.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Windkraftanlagen nicht gegen drittschützende Vorschriften, die den Kläger begünstigen, verstoßen. Sie verstoßen namentlich nicht gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 1 BImSchG, die nachbarschützend ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2008, a.a.O.; Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, § 5 Rn. 21). Im vorliegenden Fall stehen nicht schädliche Umwelteinwirkungen, sondern sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft i.S. von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BImSchG in Rede, zu denen die von dem Kläger geltend gemachte Gefährdung durch Eiswurf zu zählen ist. Eine derartige Gefährdung ist zur Überzeugung des Senats im vorliegenden Fall allerdings nicht zu erwarten.

Die streitigen Windkraftanlagen liegen nämlich so weit von den Grundstücken des Klägers entfernt, dass nach menschlichem Ermessen auszuschließen ist, dass seine Grundstücke von Eisstücken getroffen werden können, die von den streitigen Windkraftanlagen abgeworfen werden könnten. Der Kläger stützt sich zur Untermauerung der von ihm behaupteten Gefahr für seine Grundstücke u.a. auf die "Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen" (gemeinsames Rundschreiben des Ministeriums für Finanzen, des Ministeriums des Innern und für Sport, des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau und des Ministeriums für Umwelt und Forsten, zuletzt geändert am 30. Januar 2006, MinBl. 2006 S. 64 ff.) und auf die mit Schriftsatz vom 6. März 2007 vorgelegte Ermittlung maximaler Wurfweiten des Dr. .............. vom 15. Februar 2007 (Bl. 140 ff. GA). Die darin angenommenen theoretischen Wurfweiten von Eisstücken werden von dem Beklagten und der Beigeladenen indessen bestritten. Demgegenüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, dass die Windkraftanlagen in einem Raum errichtet werden sollen, in dem in der Winterzeit aufgrund der topographischen und meteorologischen Gegebenheiten mit Eisansatz an den Rotoren zu rechnen ist, was der Beklagte auch zum Anlass genommen hat, insoweit in einer Nebenbestimmung Entsprechendes zur Gefahrenabwehr zu regeln.

Zwar verweisen auch die vorgenannten Hinweise zur Beurteilung der Zulässigkeit von Windenergieanlagen unter Ziff. IV 4 auf die potentielle Gefährdung durch Eisabwurf. Hierin wird deshalb, um solche Gefährdung zu vermeiden, gefordert, geeignete betriebliche bzw. technische Vorkehrungen gegen Eisabwurf zu treffen. Des Weiteren wird ausgeführt, dass Eisstücke mehrere 100 m weit geschleudert werden können, ohne dass allerdings eine Aussage gemacht wird, mit welchen potentiellen Eiswurfweiten zu rechnen sei. Der Kläger stützt sich im Wesentlichen auf eine theoretische Ermittlung von Eiswurfweiten, die unter Berücksichtigung des Gewichts und der Form denkbarer Eisstücke deren Flugbahn errechnet, woraus sich dann Eiswurfweiten von bis zu 516 m ergeben. Innerhalb dieses Bereichs lägen auch die hier in Rede stehenden Grundstücke des Klägers in Bezug auf die Windkraftanlagen Nrn. 4 und 6.

Diesen theoretischen Ermittlungen steht allerdings entgegen, dass tatsächliche Erkenntnisse über solche Wurfweiten und durch Eiswurf hervorgerufene Schäden, gestützt auf belastbare Fakten, ungeachtet der Vielzahl bislang errichteter Windkraftanlagen nicht vorliegen und dass auch keinerlei damit im Zusammenhang stehende Versicherungsfälle bekannt sind, wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat. Auch der Kläger hat keinen einzigen tatsächlichen Beleg dafür erbracht, dass derartige Weiten überhaupt jemals festgestellt worden wären. Demgegenüber hat die Bundesregierung auf eine entsprechende kleine Anfrage in ihrer Antwort (BT-Drucks. 16/2105) ausgeführt, dass Eisstücke bislang in einer Entfernung von maximal 120 m von Windkraftanlagen gefunden worden seien. Konkrete Belege, dass Eisstücke irgendwo über größere Entfernungen von Windkraftanlagen geschleudert worden sind, hat der Kläger nicht vorgebracht. Im Kern beschränkt sich seine Argumentation auf eine Befürchtung größerer Wurfweiten aufgrund theoretischer Überlegungen anhand einer optimalen Ausformung von Eisstücken, die diesen einen besonderen Auftrieb verleihen sollen.

Angesichts dessen erachtet es der Senat als sachgerecht, sich, wie dies bereits das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 9. Februar 2006 (in juris) getan hat, an den Ergebnissen des EU-Forschungsprojektes "Wind Energy Production in Cold climatis", dem sog. "WECO-Projekt" zu orientieren. Darin ist ausgeführt:

"Eisabwurf kann zu Problemen führen, wenn an Binnenlandstandorten mit erhöhter Vereisungsgefahr WEA zu dicht an Straßen, Gebäuden, Freileitungen geplant werden, ohne entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Entsprechend der bisherigen Beobachtungen und der Simulationen kann für solche Standorte, an denen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit mehreren Tagen Vereisung im Jahr gerechnet werden muss, empfohlen werden, einen Abstand von 1,5 x (Nabenhöhe + Durchmesser) zu den nächsten gefährdeten Objekten einzuhalten ...

Ein entsprechendes Rechenprogramm zur Simulation des Eiswurfes wurde im Rahmen des WECO-Projektes erstellt und mit Beobachtung vieler Betreiber und eigener Beobachtungen verifiziert. ...

Aus den Untersuchungen des WECO-Projektes ergibt sich demnach, dass das Risiko einer Gefährdung von Personen und Sachen durch Eiswurf bei Windenergieanlagen dann besteht, wenn eine Anlage im Betrieb ist und sich während des Betriebes an den Rotorflügeln Eis bildet. Im Gutachten wurden Eiswurfweitenberechnungen einer im Betrieb befindlichen WEA an einem fiktiven Standort angestellt. In Richtung des Windes fallen Eisstücke danach bei einem sehr starken Wind von 18 m/sec maximal 100 m weit. Die weiteste mögliche Entfernung vom Mast der WEA-Anlage lag in dem elyptisch geformten Fallgebiet bei knapp 180 m. Diese Berechnungen des Gutachtens sind auch durch Umfrageergebnisse verifiziert worden. Als Ergebnis der Simulationen und der bisherigen Beobachtungen empfiehlt das "WECO-Gutachten" deshalb für Standorte, an denen mit hoher Wahrscheinlichkeit an mehreren Tagen im Jahr mit Vereisung gerechnet werden muss, einen Abstand von 1,5 x (Nabenhöhe + Durchmesser) zu den nächsten gefährdeten Objekten einzuhalten."

Legt man diese Erkenntnisse dem hier zu entscheidenden Sachverhalt zu Grunde, so ist auszuschließen, dass die klägerischen Grundstücke von Eisstücken getroffen werden können, die von den streitigen Windkraftanlagen abgeworfen werden könnten. Auch dann, wenn die vorgenannte Sicherheitsformel, die ausweislich der Antragsunterlagen der Beigeladenen auch der Hersteller selbst zugrunde legt, nicht schon ein ausreichendes Sicherheitspolster enthält, ist wegen der Entfernung der Grundstücke von den Windkraftanlagen auszuschließen, dass die Grundstücke von dort aus getroffen werden können. Mit Blick auf die hier genehmigte Nabenhöhe von 100 m und den genehmigten Rotordurchmesser von 90 m errechnet sich nach dieser Formel ein Sicherheitsabstand von 285 m. Dieser liegt schon weit über den Eiswurfweiten, die nach der Antwort der Bundesregeierung (a.a.O.) zu einer entsprechenden kleinen Anfrage bislang überhaupt festgestellt worden sind. Bei dem Abstand des Grundstücks Parzelle ... des Klägers von der nächstgelegenen Windkraftanlage Nr. 6, der ca. 420 m beträgt, und dem Abstand des Grundstücks Parzelle Nr. ... zu der Windkraftanlage Nr. 4, der sogar 490 m beträgt, ist es angesichts der Tatsache, dass beide Entfernungen, den ersichtlich schon großzügig bemessenen Sicherheitsabstand nach der Formel des WECO-Projektes weit übertreffen, ausgeschlossen, dass die genannten Grundstücke des Klägers von Eisstücken getroffen werden können, die von den streitigen Windkraftanlagen in deren Richtung geworfen werden könnten. Liegen die Grundstücke aber außerhalb denkbarer Eiswurfweiten der streitigen Windkraftanlagen, dann bedarf es in diesem Verfahren keiner Klärung mehr, ob die die Abwehr von entsprechenden Gefahren regelnden Nebenbestimmungen in den Genehmigungen des Beklagten, so wie sie in der mündlichen Verhandlung ergänzt worden sind, ausreichend sind oder nicht.

Soweit der Kläger auch im Berufungsverfahren die Gefährdung seiner Grundstücke durch ein Übergreifen eines von den Windenergieanlagen ausgehenden Feuers vorgetragen hat, bleiben seine Ausführungen, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 23. Juni 2006 im vorangegangenen Eilverfahren angemerkt hat, nach wie vor vage. Sie setzen sich nicht mit der konkreten Situation - den Abständen zwischen den Windkraftanlagen und seinen Grundstücken - auseinander, sondern erschöpfen sich in theoretischen Überlegungen. Diese Ausführungen geben dem Senat deshalb keinen Anlass, gleichsam ins Blaue hinein Ermittlungen anzustellen, zumal angesichts der vorstehend genannten Abstände zwischen den Windkraftanlagen und seinen Grundstücken auch keine Wahrscheinlichkeit besteht, dass insoweit eine Gefährdung eintreten könnte.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 124 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1. 63 Abs 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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