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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.05.2002
Aktenzeichen: 10 A 10082/03.OVG
Rechtsgebiete: BeamtVG


Vorschriften:

BeamtVG § 14 Abs. 3
BeamtVG § 20 Abs. 1
BeamtVG § 69 d Abs. 3 Nr. 1
BeamtVG § 53
1. Die durch das Gesetz zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19. Dezember 2000 festgesetzten Versorgungsabschläge verletzten nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation.

2. Die Anrechnung privater Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge nach § 53 BeamtVG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; das gilt auch, soweit die Hinterbliebenen von der Anrechnung betroffen sind.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 A 10082/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Gewährung von Witwengeld

hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2003, an der teilgenommen haben

Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Gansen ehrenamtlicher Richter Rentner Schäfer ehrenamtliche Richterin Marketingassistentin Schnell

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 20. November 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die .... 1955 geborene Klägerin ist die Witwe des .... 2001 verstorbenen Regierungsamtsrats Z...., der bis zu seinem Tod im Dienst der Beklagten stand. Mit der vorliegenden Klage erstrebt die Klägerin eine Neufestsetzung ihres Witwengeldes, weil ihre Versorgung aufgrund der Auswirkungen des am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19. Dezember 2000 (BGBl I S. 1786) sowie aufgrund der Anrechnung ihrer privaten Einkünfte den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine amtsangemessene Alimentation nicht entspreche.

Mit Bescheid vom 28. August 2001 hatte die Beklagte das Witwengeld der Klägerin mit Wirkung vom 1. August 2001 auf monatlich 2.591,27 DM festgesetzt und dabei einen Versorgungsabschlag von 3,6 v.H. (= 151,01 DM) in Abzug gebracht. Durch weiteren Bescheid vom 29. August 2001 wurde ein Teilbetrag hiervon in Höhe von 1.704,72 DM im Hinblick auf ein privates Erwerbseinkommen der Klägerin aus einer Tätigkeit bei einem Versicherungsunternehmen ruhend gestellt.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin zunächst Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2002 zurückwies.

Am 14. März 2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, die unter Berücksichtigung des § 69 d Abs. 3 Nr. 1 und des § 53 BeamtVG erfolgte Festsetzung des Witwengeldes verletze das aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes - GG - folgende Recht auf amtsangemessene Alimentation. Insbesondere die Anrechnung ihrer privaten Einkünfte sei verfassungswidrig, da der Dienstherr selbst uneingeschränkt für eine amtsangemessene Versorgung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen aufkommen müsse. Fehlerhaft sei dabei auch, wenn hierbei ihr Bruttoeinkommen angerechnet würde, während eine vergleichbare Anrechnung auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage des Nettoeinkommens erfolge.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung V über die Festsetzung von Witwengeld vom 28. August 2001 und Aufhebung des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 13. Februar 2002 zu verpflichten, ihr - der Klägerin - Witwengeld ohne einen Versorgungsabschlag gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 3 BeamtVG festzusetzen,

2. den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung V über die Ruhensregelung von Versorgungsbezügen vom 29. August 2001 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 13. Februar 2002 aufzuheben,

hilfsweise, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung V über die Ruhensregelung von Versorgungsbezügen vom 29. August 2001 und des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 13. Februar 2002 zu verpflichten, ihr - der Klägerin - Witwengeld unter Berücksichtigung ihres Netto-Erwerbseinkommens im Rahmen der Ruhensregelung gemäß § 53 BeamtVG zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und die Auffassung vertreten, dass die in Frage stehenden versorgungsrechtlichen Neuregelungen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. November 2002 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Gesetzgeber habe bei der Regelung der Beamtenversorgung einen weiten Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen hier beachtet worden seien. Die Festlegung der Abschläge beruhe auf einem sachlichen Grund, nämlich auf dem Zweck, die durch Frühpensionierungen gestiegenen Versorgungslasten der öffentlichen Haushalte in Grenzen zu halten. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin in dem hier gegebenen Fall einer unechten Rückwirkung ebenfalls nicht berufen, weil die Änderungen vorhersehbar gewesen seien und sie im Übrigen aufgrund der gesetzlichen Übergangsbestimmungen in begrenztem Rahmen gehalten würden. Infolge der Anrechnung ihrer privaten Einkünfte werde der Alimentationsgrundsatz ebenfalls nicht verletzt. Die Klägerin stehe insofern nicht schlechter als ihr Ehemann selbst gestanden hätte, wenn er in den Ruhestand getreten wäre. Die Zugrundelegung des Bruttoeinkommens sei deshalb nicht zu beanstanden, weil die Klägerin mit der Zahlung von Steuern und Sozialabgaben ihre gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Pflichten erfülle und nicht verlangen könne, diese Pflichten auf die Allgemeinheit abzuwälzen.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt, mit der sie ihren Rechtsstandpunkt aufrecht erhält. Ergänzend trägt sie vor, die kumulative Berücksichtigung der fehlenden Dienstjahre ihres Ehemannes und des Versorgungsabschlages wirke sich gerade angesichts des frühen Todes ihres verstorbenen Ehemannes besonders gravierend aus und führe zu einer verfassungswidrigen Unteralimentierung. Das darüber hinaus in ihrem Falle zur Anwendung kommende System der Anrechnung privater Erwerbseinkommen sei in sich verfassungswidrig, weil der Dienstherr sich dadurch der ihm obliegenden Pflicht zur vollständigen Alimentation der Beamten und ihrer Hinterbliebenen entziehe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 20. November 2002

1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung V über die Festsetzung von Witwengeld vom 28. August 2001 und Aufhebung des dazu ergangenen Bescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 13. Februar 2002 zu verpflichten, ihr Witwengeld ohne einen Versorgungsabschlag gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 3 Beamtenversorgungsgesetz festzusetzen,

2. den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung V über die Ruhensregelung von Versorgungsbezügen vom 29. August 2001 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 13. Februar 2002 aufzuheben,

hilfsweise, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung V über die Ruhensregelung von Versorgungsbezügen vom 29. August 2001 und des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 13. Februar 2002 zu verpflichten, ihr, der Klägerin, Witwengeld unter Berücksichtigung ihres Nettoerwerbseinkommens im Rahmen der Ruhensregelung gemäß § 53 BeamtVG zu gewähren.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen. Die genannten Unterlagen lagen dem Senat vor und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung eines monatlichen Ruhegehalts ohne den streitigen Versorgungsabschlag nicht zu; darüber hinaus begegnet auch die angegriffene Ruhensanordnung keinen rechtlichen Bedenken.

Die Festsetzung des Versorgungsabschlags findet ihre rechtliche Grundlage in den Regelungen des am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19. Dezember 2000 (BGBl I S. 1786). Durch dieses Gesetz hat der Gesetzgeber unter anderem die Regelungen des § 14 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG - dergestalt geändert, dass im Falle einer vorzeitigen Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses für jedes frühere Jahr vor der Vollendung des 63. Lebensjahrs ein Abschlag in Höhe von jährlich 3,6 v.H., insgesamt in Höhe von höchstens 10,8 v.H., vorzunehmen ist. Für am 1. Januar 2001 noch nicht im Ruhestand befindliche Beamte, die vor dem 1. Januar 2002 das aktive Dienstverhältnis beendet haben, sieht die Übergangsbestimmung des § 69 d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG einen Abschlag von jährlich 1,8 v.H., höchstens von 3,6 v.H., vor. In Anwendung der zuletzt genannten Bestimmung, die über die Regelung des § 20 Abs. 1 BeamtVG auch auf die Hinterbliebenen Anwendung findet, ist im vorliegenden Fall der Abschlag - was zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist - richtig festgesetzt worden. Im Vordergrund der rechtlichen Erwägungen des Senats steht deshalb die Frage, ob die der Klägerin dadurch vermindert gewährte Versorgung noch verfassungsgemäß ist. Sie hat das Verwaltungsgericht zu Recht bejaht.

Die gesetzliche Festlegung des Versorgungsabschlags verletzt nicht den in Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes - GG - wurzelnden Anspruch der Klägerin auf eine amtsangemessene Alimentierung. Ebenso wie den Ruhestandsbeamten steht auch ihren Hinterbliebenen grundsätzlich eine angemessene Versorgung zu, die sich an den Dienstbezügen des vor Eintritt in den Ruhestand innegehabten Amts zu orientieren hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 55, 372 [392], BVerfGE 61, 43 [57], BVerfGE 76, 256 [249]) hat der Gesetzgeber bei der Entscheidung über die Angemessenheit der Dienst- und Versorgungsbezüge eine relativ weitgehende Gestaltungsfreiheit, bei deren Ausfüllung allerdings die tragenden Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums zu beachten sind. Die Beamtenversorgung stellt dabei vor allem keine beliebig variable Größe dar, weil der Dienstherr dafür Sorge tragen muss, dass jeder Beamte und Ruhestandsbeamte neben seinen Grundbedürfnissen ein "Minimum an Lebenskomfort" befriedigen und er außerdem die seiner Familie gegenüber bestehenden Unterhaltspflichten erfüllen kann (vgl. BVerfGE 81, 363 [376], BVerfGE 99, 300 [314 ff.]).

Mit diesen Maßstäben steht die hier betroffene Regelung des § 69 d Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG in Einklang. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ermöglicht es, seitens des Gesetzgebers auf strukturelle Veränderungen des öffentlichen Dienstes angemessen zu reagieren, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit des Systems der Besoldung und Versorgung des öffentlichen Dienstes notwendig ist. Eine solche Situation hat der Gesetzgeber hier erkennbar vorgefunden. Wie sich aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. BT-Drs. 14/4231 S. 6) erschließt, ist die Neuordnung der Versorgungsabschläge vor dem Hintergrund des Anstiegs der Versorgungslasten im öffentlichen Dienst erfolgt, der sowohl auf einer veränderten demographischen Entwicklung beruht - insofern ist die Situation mit der der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar - als auch auf einem generellen Anstieg der Frühpensionierungen. Beide Komponenten tragen zwangsläufig zu einem erheblichen Anstieg der Versorgungslasten bei, dem gesetzgeberisch entgegenzusteuern auch zur Überzeugung des Senats ein legitimer Zweck ist. Die gesetzliche Regelung, Beamte, die im aktiven Dienst die gesetzliche Altersgrenze - die für eine volle Altersalimentation vorausgesetzte ("Geschäfts"-)Grundlage - nicht erreichen, mit Versorgungsabschlägen zu belasten, ist damit durch den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers grundsätzlich gedeckt. Gleiches gilt auch für ihre Hinterbliebenen, denn nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG hat sich das Witwengeld an dem Ruhegehalt zu orientieren, das der Verstorbene erhalten hat oder hätte erhalten können, wenn er am Todestag in den Ruhestand getreten wäre.

Die konkreten Auswirkungen der Regelung des § 69 d Abs. 3 Ziffer 1 BeamtVG führen im vorliegenden Fall ebenfalls zu keinem Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Alimentationsgebot. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 81, 363 [382 ff.]) geht der Senat dabei davon aus, dass eine um 15 v.H. oder mehr über dem Sozialhilfesatz liegende Besoldung oder Versorgung den Unterschied zwischen der Sozialhilfe und dem darüber hinausgehenden Anspruch auf amtsangemessene Alimentierung noch hinreichend deutlich werden lässt. So liegt der Fall hier, wie sich aus folgender Berechnung ergibt:

Die Klägerin hat im Jahr 2001 unter Einbeziehung der jährlichen Sonderzuwendung und des Kindergeldes eine durchschnittliche monatliche Nettoversorgung von 3.055,91 DM erhalten. Dieser Summe ist der um 15 v.H. erhöhte sozialhilferechtliche Mindestbedarf gegenüberzustellen, der auf pauschalen, bundesweiten Durchschnittswerten beruhen darf. Zu deren Ermittlung hat der Senat die Werte zugrunde gelegt, die sich aus dem Dritten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien für das Jahr 2001 (BT-Drs. 14/1926) ergeben. Hiernach sind im Falle der Klägerin ein Regelsatz für sie selbst von 555,00 DM und für ihre Tochter von 359,00 DM anzusetzen; hinzu kommen monatliche Aufwendungen von 83,00 DM für sie selbst und von 72,00 DM für ihre Tochter. Unter Hinzurechnung einer anzusetzenden Miete von 680,25 DM und von Heizkosten in Höhe von 149,65 DM ergibt sich ein sozialhilferechtlicher Bedarf von 1.898,90 DM, der sich um 15 v.H. erhöht alimentationsrechtlich auf 2.183,13 DM anzusetzen ist. Im Verhältnis zu der oben ermittelten Versorgung ergibt sich dann gegenüber dem alimentationsrechtlichen Minimum sogar ein Überschuss in Höhe von 872,18 DM, was Zweifel an der Annahme, die Klägerin und ihre Tochter seien nicht amtsangemessen versorgt, unbegründet erscheinen lässt.

Die Neuregelung der Versorgungsabschläge stellt auch keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot dar. Ein Tatbestand echter Rückwirkung, d.h. ein Eingriff in ein der Vergangenheit liegendes und dort bereits abgewickeltes Rechtsverhältnis (vgl. dazu BVerfGE 37, 361 [391]) kann hierin schon deshalb nicht gesehen werden, weil die die Klägerin belastenden Veränderungen im Versorgungsrecht erst nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Neuordnung der Versorgungsabschläge wirksam geworden sind. Die in Rede stehende Gesetzesänderung wirkt vielmehr auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt - das Versorgungsrechtsverhältnis der Klägerin - für die Zukunft nachteilig ein. Hierzu ist der Gesetzgeber berechtigt, wenn und soweit er dabei schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen berücksichtigt (vgl. BVerfGE 1, 280, BVerfGE 2, 264 ff., BVerfGE 8, 304). Das ist hier der Fall, denn dem berechtigten Vertrauensinteresse ist durch die Übergangsbestimmungen angemessen Rechnung getragen worden. Im Falle der Klägerin hat dies dazu geführt, dass sich der monatliche Abschlag - auf das Jahr 2001 bezogen - auf lediglich 151,01 DM belaufen hat, was sich in jedem Fall noch in einem, auch Vertrauensgesichtspunkten gerecht werdenden, angemessenen Rahmen bewegt.

Die mit Bescheid vom 29. August 2001 angeordnete Anrechnung eines Teils der Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden; das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage deshalb ebenfalls zu Recht abgewiesen.

Die Anrechnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 BeamtVG, wonach ein Versorgungsberechtigter, der Erwerbseinkommen bezieht, seine Versorgungsbezüge daneben nur bis zum Erreichen der in § 53 Abs. 2 BeamtVG bezeichneten Höchstgrenze erhalten kann. Der Beklagte hat in dem im Streit stehenden Bescheid diese Höchstgrenze auf der Basis des geltenden Rechts zutreffend ermittelt.

Die gegen die Anrechnung als solche erhobenen verfassungsrechtlichen Einwendungen greifen nicht durch. Der Senat folgt insofern der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. September 1997, BVerwGE Bl. 5, 226 [229 f.]), wonach die beamtenrechtliche Alimentation zwar von Verfassung wegen grundsätzlich ohne Rücksicht auf die individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzunehmen ist, sie andererseits jedoch nicht völlig losgelöst von den Dienstleistungspflichten und der effektiven Dienstverrichtung besteht. Die Besoldung stellt nämlich in ihrer spezifischen Funktion eine vom Gesetzgeber festzusetzende Gegenleistung dafür dar, dass sich der Beamte seinem Dienstherrn mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflichten nach Kräften erfüllt. Vor diesem Hintergrund kann das Unvermögen eines Beamten, den ihm nach dem Inhalt seines Beamtenverhältnisses obliegenden Pflichten nachzukommen, gesetzliche Eingriffe seine Rechtsstellung und dabei insbesondere eine Modifizierung der Alimentationspflicht durch die Anrechnung anderer Einkünfte durchaus rechtfertigen (ebenso BVerwG a.a.O.).

Ist das aber der Fall und sind die Regelungen des § 53 BeamtVG deshalb dem Grunde nach als verfassungsgemäß anzusehen, kann für die entsprechende - und im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche - Anrechnung privater Einkünfte auf den Anspruch auf Witwengeld nichts anderes gelten, denn bei ihm handelt es sich, wie sich aus der Regelung des § 20 Abs. 1 BeamtVG unzweifelhaft erschließt, um ein von dem Alimentationsanspruch des Beamten bzw. Ruhestandsbeamten nur abgeleitetes Recht. Von daher ist es nur folgerichtig, dass die Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen den Ruhensvorschriften des § 53 BeamtVG unter denselben Voraussetzungen unterliegen wie das Ruhegehalt selbst (ebenso Schmalhofer in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, § 53 Anm. 3.7). Es würde vielmehr - im Gegenteil - unbillig erscheinen, wenn der Ruhestandsbeamte selbst, in dessen Person der Versorgungsanspruch entstanden ist, eine solche Anrechnung hinnehmen müsste, dies bei seinem den Versorgungsanspruch nur abgeleitet in Anspruch nehmenden Hinterbliebenen jedoch nicht der Fall wäre.

Schließlich begegnet auch die auf der Basis der Bruttoeinkünfte vorgenommene Anrechnung der privaten Erwerbseinkommen keinen rechtlichen Bedenken. Die entsprechenden Anrechnungen im Bereich des Rentenrechts der gesetzlichen Rentenversicherung können hierzu, anders als die Klägerin meint, nicht in Vergleich gesetzt werden, da es sich insoweit um ein grundlegend anderes Altersversorgungssystem handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, denn die hier entscheidungserheblichen Fragen der Verfassungsmäßigkeit des durch § 69 d Abs. 3 Ziffer 1 BeamtVG festgelegten Versorgungsabschlags sowie der Anrechnung privater Erwerbseinkommen auf die Hinterbliebenenversorgung sind von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich bisher noch nicht beantwortet.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.468,66 € festgesetzt (§§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1GKG).

Ende der Entscheidung

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