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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 12 A 10092/05.OVG
Rechtsgebiete: FlHG, LGebG, AGFlHG, BSEUntersV, EGVO 999/2001, EGVO 2777/2000, EGVO 1248/2001, EGRL 85/73, EGRL 96/42


Vorschriften:

FlHG § 22 d F: 07.03.2002
LGebG § 1
LGebG § 1 Abs. 1
LGebG § 1 Abs. 1 Nr. 1
LGebG § 2
LGebG § 2 Abs. 1
LGebG § 2 Abs. 2
AGFlHG § 5 F: 08.02.2000
AGFlHG § 5 Abs. 1 F: 08.02.2000
AGFlHG § 3 b F: 22.12.2003
BSEUntersV § 1 F: 18.09.2002
BSEUntersV § 4
EGVO 999/2001
EGVO 2777/2000
EGVO 1248/2001
EGRL 85/73
EGRL 96/42
Das Landesuntersuchungsamt kann für die von ihm durchgeführten BSE-Untersuchungen von den für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen zuständigen Kommunen Gebühren erheben.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 A 10092/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Gebühren

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richterin am Verwaltungsgericht Bröcheler-Liell ehrenamtliche Richterin Hausfrau Köber ehrenamtliche Richterin Hausfrau Nickel

für Recht erkannt: Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 7. September 2004 - 5 K 1044/04.NW - wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Gebühren für die Untersuchung von Schlachtrindern auf transmissible spongiforme Enzephalopathien - BSE - durch den Beklagten.

Die Klägerin, auf deren Gebiet ein Schlachthof betrieben wird, wurde mit Bescheid vom 16. Oktober 2002 für den Zeitraum vom 17. bis zum 31. August 2002 zu Gebühren in Höhe von insgesamt 1.891,20 € herangezogen. Als Rechtsgrundlage war § 2 Abs. 2 Satz 2 der Landesverordnung über Gebühren im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt und Forsten (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 31. März 1993 in der Fassung vom 8. April 2002 (GVBl. S. 193) i.V.m. Nr. 20.8 der Anlage zum Besonderen Gebührenverzeichnis angegeben. Für 70 Tiere, die älter als 30 Monate waren, wurde unter Abzug einer Beihilfe der Europäischen Gemeinschaft je eine Einzelgebühr von 17,68 € erhoben. Bezüglich weiterer 20 Tiere in der Altersstufe zwischen 24 und 30 Monaten wurden Einzelgebühren von je 32,68 € festgesetzt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 zurück.

Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der angegriffene Gebührenbescheid sei rechtswidrig, weil es der Gebührenerhebung für BSE-Untersuchungen durch den Beklagten an einer wirksamen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehle. § 2 Abs. 2 Satz 2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses i.V.m. Nr. 20.8 der Anlage hierzu sei zu unbestimmt. Außerdem werde gemäß § 1 Abs. 2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses die Fleischuntersuchung ausdrücklich aus dessen Anwendungsbereich ausgeschlossen. Das Fleischhygienegebührenrecht sei in Rheinland-Pfalz speziell durch das Landesgesetz zur Ausführung fleisch- und geflügelfleischhygienischer Vorschriften - AGFlHG - und die hierzu erlassenen Gebührenverzeichnisse geregelt, welche Gebühren für die BSE-Untersuchung gerade nicht enthielten. Auch aus der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE - BSE-Untersuchungsverordnung - vom 1. Dezember 2000 lasse sich keine Ermächtigungsnorm für die Erhebung der Gebühren ableiten. Abgesehen davon sei diese bereits aus formellen Gründen rechtswidrig und verstoße sowohl gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und den angefochtenen Gebührenbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Besondere Gebührenverzeichnis vom 8. April 2002 gelte nach § 1 Abs. 2 nicht für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung. Im vorliegenden Fall habe das Landesuntersuchungsamt aber mit den BSE-Tests eine Aufgabe wahrgenommen, die den Behörden des öffentlichen Veterinärdienstes als Teil der von ihnen durchzuführenden Fleischuntersuchung obliege. Dass es sich bei der BSE-Untersuchung um einen Teil der amtlichen Fleischuntersuchung handele, ergebe sich unmittelbar aus der BSE-Untersuchungsverordnung, die auf dem Fleischhygienegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 1993 beruhe und der Umsetzung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 29. November 2000 über die Untersuchung von Rindern auf BSE (- 2000/764/EG-ABl.L 305) diene. Die BSE-Untersuchungsverordnung begegne auch keinen rechtlichen Bedenken. Im Jahre 2002 hätten die BSE-Untersuchungen noch zu der in die Zuständigkeit der Klägerin fallenden Fleischuntersuchung gehört. Dass sie tatsächlich von dem Beklagten anstelle des dafür nicht ausgestatteten tierärztlichen Dienstes der Klägerin durchgeführt worden seien, ändere an dem Charakter der Untersuchungen selbst nichts.

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor, bei der Durchführung der BSE-Untersuchungen habe das Landesuntersuchungsamt als Behörde des öffentlichen Veterinärdienstes gehandelt und damit könne er sich auf das Besondere Gebührenverzeichnis berufen. Es habe sich hierbei nicht um eine Fleischuntersuchung i.S.d. § 1 Abs. 2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses gehandelt, sondern lediglich um eine Mitwirkungshandlung im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung, welche für die Klägerin als zuständige Überwachungsbehörde erbracht worden sei. § 1 Abs. 2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses habe lediglich eine Abgrenzungsfunktion gegenüber den kommunalen Fleischhygiene-Gebührensatzungen. Er betreffe nicht das Rechtsverhältnis der Überwachungsbehörde zum Landesuntersuchungsamt, welches von demjenigen der Überwachungsbehörde zum Schlachttierhalter zu unterscheiden sei. Eine Fleischuntersuchung finde nur in dem letztgenannten Rechtsverhältnis statt.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 7. September 2004 - 5 K 1044/04.NW - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Berufungsvorbringen unter Hinweis auf das verwaltungsgerichtliche Urteil entgegen. Die von dem Beklagten vorgetragene Unterscheidung zwischen dem Innenverhältnis der Überwachungsbehörde zum Landesuntersuchungsamt und dem Außenverhältnis der Überwachungsbehörde zum Schlachttierhalter sei sowohl unerheblich als auch unzutreffend und finde im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Dies werde durch die Einfügung von § 3 b in das Ausführungsgesetz zum Fleischhygienegesetz durch Gesetz vom 22. September 2003 und dessen beabsichtigte Neuformulierung bestätigt. Auch sei das Europäische Gemeinschaftsrecht hinsichtlich der Gebührenerhebung zu beachten.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten sowie den Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 ist rechtmäßig.

I.

Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 und Abs. 2 des Landesgebührengesetzes - LGebG - vom 3. Dezember 1974 (GVBl. S. 578) i.V.m. den §§ 1, 2 der Landesverordnung über Gebühren im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt und Forsten (Besonderes Gebührenverzeichnis - BesGebV -) vom 8. April 2002 und Nr. 20.8 der Anlage hierzu. Gemäß § 2 Abs. 1 LGebG sind Gebühren vorzusehen für Amtshandlungen einer Behörde des Landes, die zum Vorteil Einzelner vorgenommen werden oder wegen des Verhaltens Einzelner erforderlich sind. §§ 1, 2 BesGebV i.V.m. Nr. 20.8 der Anlage hierzu bestimmen, dass für Amtshandlungen der Behörden des öffentlichen Veterinärdienstes, die in sonstigen Untersuchungen und Leistungen des Landesuntersuchungsamtes bestehen, Gebühren je nach Schwierigkeit, Arbeits- und Materialaufwand erhoben werden.

1. Bei der Untersuchung von Schlachtrindern auf transmissible spongiforme Enzephalopathien - BSE - handelt es sich um eine Amtshandlung, die das Landesuntersuchungsamt als Behörde des Veterinärdienstes zum Vorteil der Klägerin vorgenommen hat.

a) Die BSE-Untersuchung ist eine Fleischuntersuchung, für die gemäß § 5 Abs. 1 des Landesgesetzes zur Ausführung fleisch- und geflügelfleischhygienerechtlicher Vorschriften - AGFlHG - vom 17. Dezember 1998 in der hier maßgeblichen Fassung vom 8. Februar 2000 die Klägerin zuständig ist. Da sie wegen fehlender sachlicher und personeller Ausstattung selbst zur Untersuchung nicht in der Lage ist, bedient sie sich des Landesuntersuchungsamtes.

§ 1 Abs. 1 Satz 1 des Fleischhygienegesetzes - FlHG - in der hier maßgeblichen Fassung vom 7. März 2002 bezeichnet als Schlachttier- und Fleischuntersuchung die amtliche Untersuchung vor und nach der Schlachtung; ihr unterliegen u.a. Rinder, wenn ihr Fleisch zum Genuss für Menschen bestimmt ist. Damit handelt es sich bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung um eine verbraucherschützende Maßnahme, die gewährleisten soll, dass nur unbedenkliches Fleisch zum Genuss für Menschen in den Verkehr gebracht wird. Diesem Zweck des Verbraucherschutzes und nicht nur der Verhinderung der weiteren Verbreitung der Tierseuche dient die Untersuchung von Schlachtrindern auf BSE (Hamburgisches OVG, Beschluss vom 29. April 2002 - 4 BS 371/01 -, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21. Dezember 2001 - 9 B 1277/01 - und vom 1. Juni 2004 - 9 A 1779/04 -, KStZ 2004, 174). Die Untersuchung betrifft nämlich auch Fleisch, das zum Verzehr durch den Menschen in den Verkehr gebracht werden soll. Dies ergibt sich aus der Verordnung der Europäischen Gemeinschaft 999/2001 vom 22. Mai 2001 (ABl. L 147 vom 31. Mai 2001, S. 1 ff.), welche ab 1. Juli 2001 zwingend BSE-Untersuchungen für über 30 Monate alte Rinder vorschrieb, sowie der bereits zuvor getroffenen Entscheidung der Kommission 2000/764 (EG) vom 29. November 2000 (ABl. L 305 vom 6. Dezember 2000, S. 35), die durch die EG-Verordnung 2777/2000 vom 18. Dezember 2000 (ABl. L 321 vom 19. Dezember 2000, S. 47) umgesetzt wurde, und dasselbe anordnete. In der Entscheidung der Kommission 2000/764 war das Untersuchungsgebot für Rinder, die "für den menschlichen Verzehr" geschlachtet werden, vorgesehen. Die Begründung der Verordnung 999/2001 hebt in den Erwägungen Nr. 3 und Nr. 4 als Schutzzweck der Verordnung ausdrücklich die Gesundheit der Bevölkerung hervor. Auch die Vorschriften der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE - BSE-Untersuchungsverordnung - in der Fassung vom 18. September 2002 (BGBl. I S. 3730), welche sich auf das Fleischhygienegesetz stützt und die Verordnung (EG) 999/2001 umsetzt, dienen der Prüfung der Genusstauglichkeit des Fleisches und haben damit eindeutig verbraucherschützenden Charakter. So erfolgt gemäß § 1 Abs. 1 dieser Verordnung die Untersuchung von Rindern nach Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 2.2 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 "im Rahmen der Fleischuntersuchung". Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung kann die zuständige Behörde die Genusstauglichkeitskennzeichnung des Fleisches zulassen, bevor ein negatives Ergebnis der Untersuchung nach Absatz 1 vorliegt, sofern sicher gestellt ist, dass das Fleisch erst nach Vorliegen des negativen Ergebnisses aus dem Schlachtbetrieb befördert wird. Gemäß § 4 der Verordnung wird Fleisch, bei welchem BSE-Erreger nachgewiesen sind, vom Markt genommen.

b) Die BSE-Untersuchung gehört auch zum Pflichtenkreis der Klägerin, denn § 1 Abs. 1 der BSE-Untersuchungsverordnung schreibt sie im Rahmen der Fleischuntersuchung für alle Rinder im Alter von über 24 Monaten zwingend vor. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Verordnung bestehen keine Bedenken.

Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Verordnung ist nicht bereits wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nichtig. Zwar ist in der Fassung vom 1. Dezember 2000 als Ermächtigungsgrundlage neben § 5 Nr. 1 und 4 FlHG die Vorschrift des § 20 d Nr. 4 FlHG angegeben, anstelle des eigentlich zutreffenden § 22 d Nr. 4 FlHG. Es ist jedoch offensichtlich, dass es sich bei dieser Angabe um einen Schreibfehler handelt, weil es die Norm im Fleischhygienegesetz nicht gibt. Jedenfalls ist der Zitiermangel spätestens durch die gemäß Art. 7 der Ersten Verordnung zur Änderung von Verordnungen zum Schutz vor transmissiblen spongiformen Enzephalopathien vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3631) bewirkte Modifizierung der BSE-Untersuchungsverordnung geheilt worden. Denn in der Präambel zu dieser Verordnung ist mit Blick auf die durch Art. 7 erfolgte Neufassung der Bestimmungen über die Probenahme in §§ 2, 3 der BSE-Untersuchungsverordnung der hierzu ermächtigende § 22 d Nr. 4 FlHG korrekt benannt worden (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. März 2004 - 9 A 608/04 -).

Die Untersuchungsanordnung in § 1 Abs. 1 der BSE-Untersuchungsverordnung ist verhältnismäßig. Die BSE-Untersuchung ist zum Schutz der Verbraucher geeignet. Zwar mag sie keine absolute Sicherheit im Sinne einer Feststellung jedes BSE-Erreger tragenden Tieres gewährleisten. Jedoch ermöglicht ein positiver Test die Erkenntnis, dass das Fleisch nicht zum menschlichen Genuss geeignet und deshalb zum Schutz der Verbraucher vom Markt zu nehmen ist. Damit werden Gesundheitsrisiken bei dem Verzehr von Rindfleisch zumindest erheblich gemindert. Die Untersuchungsanordnung ist auch für den Verbraucherschutz erforderlich. Dies gilt nicht nur, soweit sie Untersuchungen von Rindern im Alter von über 30 Monaten betrifft, mit denen zumindest die potentiell besonders gefährlichen Tiere sicher aus der Nahrungskette ausgesondert werden sollten. Auch hinsichtlich der Gruppe der 24 bis 30 Monate alten Rinder durfte der Verordnungsgeber ein Tätigwerden für erforderlich halten. Im Januar 2001 ist erstmals in Deutschland bei einem noch nicht 30 Monate alten Rind ein positiver BSE-Befund erhoben worden. Die Annahme, dass sich Befunde hinsichtlich einer möglichen BSE-Erkrankung nur bei mehr als 30 Monate alten Rindern feststellen lassen, ist dadurch erschüttert worden. Auch wenn seit der europaweiten Einführung des sog. Verfütterungsverbotes kein weiterer BSE-Befund in dieser Altersgruppe erhoben worden ist, so bleibt deren Einbeziehung in die Untersuchungsanordnung unter dem Gesichtspunkt des hohen Stellenwertes des Rechtsguts der Volksgesundheit und der weiterhin nicht abschließend geklärten Übertragungswege des BSE-Erregers erforderlich.

Die Anordnung, dass im Rahmen der Fleischuntersuchung die BSE-Untersuchung an allen über 24 Monate alten Rindern durchzuführen ist, verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Nach der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 in der Fassung der Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 1248/2001 der Kommission vom 22. Juni 2001 (ABl. L 173 vom 27. Juni 2001, S. 12) sind ab 1. Juli 2001 zwingend alle mehr als 30 Monate alten Rinder auf BSE zu testen. Das Gemeinschaftsrecht schließt zusätzliche Untersuchungen nicht aus. Es erweist sich vielmehr als offen gegenüber den Bestrebungen von Mitgliedsstaaten, auf freiwilliger Basis weitergehende Untersuchungsanordnungen für Rinder zu treffen. Dies ergibt sich aus Anhang III Kapitel A Nr. I 5 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 i.d.F. der Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 1248/2001 sowie aus der Begründungserwägung Nr. 7, welche den Mitgliedsstaaten ausdrücklich gestatten, auf freiwilliger Basis zu beschließen, weitere Rinder auf ihrem Staatsgebiet zu untersuchen. Die Formulierung "auf freiwilliger Basis" schließt dabei die zwangsweise Testung jüngerer Tiere nicht aus, denn die Freiwilligkeit bezieht sich nur darauf, dass weitergehende Untersuchungen den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Dezember 2001 - 9 B 1277/01 -; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 29. April 2002 - 4 BS 371/01 -).

2. Die Gebührenerhebung des Landesuntersuchungsamtes ist gegenüber der Klägerin nicht gemäß § 1 Abs. 2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses ausgeschlossen. Hiernach gilt das Besondere Gebührenverzeichnis nicht für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung sowie die Trichinenuntersuchung. Diese Vorschrift grenzt lediglich den Anwendungsbereich der Landesverordnung über die Gebühren und Auslagen für Untersuchungen und Hygienekontrollen nach fleisch- und geflügelrechtlichen Vorschriften vom 17. Februar 1999 ab. Nicht von der Ausschlussregelung erfasst ist hingegen eine Gebührenerhebung des Landesuntersuchungsamtes gegenüber den für die Fleischuntersuchung zuständigen Behörden für eine im Rahmen der Fleischuntersuchung erbrachte interne Mitwirkungshandlung. Dies folgt bereits daraus, dass die speziellen fleischhygienerechtlichen Gebührenverzeichnisse in der oben genannten Landesverordnung auf die Erhebung von Gebühren durch das Landesuntersuchungsamt keine Anwendung fanden, so dass es insoweit an einem Bedürfnis nach Klarstellung der Rechtsgrundlage fehlte. Darüber hinaus wird dieses Ergebnis durch die Gebührentatbestände im Besonderen Gebührenverzeichnis Nr. 20.1.11.1 (Bakteriologische Fleischuntersuchung einschließlich Hemmstofftest), 20.1.11.2 (Hemmstofftest mit Stich- und Verdachtsproben) und 20.1.11.3 (Nachweis von Stoffen mit pharmakologischer Wirkung) gestützt. Hierbei handelt es sich allesamt um Gebührentatbestände für Amtshandlungen, die das Landesuntersuchungsamt für die zuständigen kommunalen Überwachungsbehörden im Rahmen der Fleischuntersuchung erbringt. Eine solche interne Mitwirkungshandlung stellt auch die Untersuchung von Schlachtrindern auf BSE dar.

Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang der Einwand, das Landesuntersuchungsamt sei gegenüber der Klägerin im Außenverhältnis tätig geworden, wie durch die spätere Einfügung von § 3 b AGFlHG durch das 2. Gesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung fleisch- und geflügelfleischhygienerechtlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2003 bestätigt werde. Gemäß § 3 b AGFlHG ist zuständige Behörde für die Durchführung der vorgeschriebenen Untersuchungen nach § 1 Abs. 1 der BSE-Untersuchungsverordnung das Landesuntersuchungsamt, das auch andere staatliche Untersuchungsstellen und zugelassene nichtstaatliche Untersuchungsstellen mit der Durchführung solcher Untersuchungen beauftragen kann. Bei dem Begriff der Zuständigkeit handelt es sich um einen auslegungsfähigen Rechtsbegriff, welcher sowohl eine im Außenverhältnis zu Dritten wirkende Kompetenzzuweisung, als auch eine schlichte Aufgabenzuweisung im Innenverhältnis zwischen verschiedenen Behörden oder innerhalb derselben Behörde zum Inhalt haben kann. Vorliegend sollte § 3 b AGFlHG keine Kompetenzzuweisung dahingehend regeln, dass bei der einen Teil der Fleischuntersuchung bildenden Untersuchung von Rindern auf BSE-Erreger neben der für die Fleischuntersuchung zuständigen Behörde eine weitere Behörde auch im Außenverhältnis tritt. Vielmehr sollte die Verpflichtung der für die Fleischuntersuchung zuständigen Behörden im Innenverhältnis, sich hinsichtlich der BSE-Untersuchung des Landesuntersuchungsamtes zu bedienen, gesetzlich festgelegt werden. Dabei handelt es sich um eine schlichte Aufgabenzuweisung. Für diese Auslegung spricht die systematische Stellung der Vorschrift im AGFlHG. Sie findet sich im unmittelbaren Anschluss an § 3 a AGFlHG, welcher die interne Aufgabenübertragung auf private Dritte durch die Landkreise, kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte im Rahmen ihrer Zuständigkeiten regelt. Die Bestimmung der für die Ausführung des Fleischhygienegesetzes zuständigen Behörden hingegen erfolgt zusammenhängend in § 5 AGFlHG. Darüber hinaus spricht für diese Auslegung die amtliche Begründung des Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 2003 (LT-Drucks. 14/2568). Hierin ist ausgeführt, dass die für die Fleischuntersuchung zuständigen Behörden nicht den labortechnischen Sachverstand und die apparative Ausstattung für die Durchführung der BSE-Untersuchungen besitzen. Daher soll für die Erledigung der BSE-Schnelltests das Landesuntersuchungsamt zuständig sein, womit der Forderung, diese Tests in Rheinland-Pfalz nach einheitlichen Kriterien und Standards durchzuführen, Rechnung getragen wird. Zwar wird auch hier der Begriff der Zuständigkeit des Landesuntersuchungsamts verwendet. Es wird aber deutlich, dass die Regelung allein der Aufgabenkonzentration bei dem Landesuntersuchungsamt im Innenverhältnis dienen soll, um so einen einheitlichen Standard der BSE-Untersuchungen zu gewährleisten und die Wettbewerbsneutralität der Untersuchungsentgelte zu schaffen. Diese Zweckrichtung wird durch die beabsichtigte Neuformulierung des § 3 b AGFlHG (vgl. LT-Drucks. 14/3823) nochmals hervorgehoben. Nach dem Gesetzesentwurf der Fraktionen der SPD und FDP soll § 3 b AGFlHG folgenden Wortlaut erhalten: "Unbeschadet der Zuständigkeit für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung werden die vorgesehenen Untersuchungen nach § 1 Abs. 1 der BSE-Untersuchungsverordnung i.d.F. vom 18. September 2002 (BGBl. I S. 3730) in der jeweils geltenden Fassung vom Landesuntersuchungsamt durchgeführt. Das Landesuntersuchungsamt kann auch andere staatliche Untersuchungsstellen und zugelassene nichtstaatliche Untersuchungsstellen mit der Durchführung solcher Untersuchungen beauftragen". In der Begründung hierzu ist ausgeführt, dass die Neufassung des § 3 b der Klarstellung dient. Weiter heißt es dort: "Die durch das ... Gesetz ... vom 22. Dezember 2003 eingefügte Bestimmung hat, wie aus der Gesetzesbegründung hervorgeht, lediglich eine interne Mitwirkungshandlung des Landesuntersuchungsamtes festlegen wollen, um die Durchführung der BSE-Tests nach einheitlichen Kriterien und Standards in Bezug auf das Land Rheinland-Pfalz zu gewährleisten. Nur dies wird auch den Vorschriften des Fleischhygienerechts des Bundes gerecht, wonach die Schlachttier- und Fleischuntersuchung mit der Beurteilung der (einen) zuständigen Behörde über die Genusstauglichkeit des Fleisches für den Menschen abschließt."

II.

Der Gebührentatbestand in Nr. 20.8 des Besonderen Gebührenverzeichnisses ist auch mit dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Bestimmtheit vereinbar. Danach müssen Abgaben begründende Tatbestände so geregelt sein, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabenlast im Voraus bestimmen kann. Die Festlegung des Abgabentatbestandes muss mit einem Mindestmaß an Bestimmtheit und Klarheit geschehen, und zwar in der Weise, dass die Norm von dem Normunterworfenen ohne weiteres verstanden und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten ohne Willkür gehandhabt werden kann. Der Norminhalt hat eine eindeutige, unmissverständliche und ohne weiteres nachvollziehbare Regelungsaussage zu treffen, die insbesondere nicht in sich widersprüchlich ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. November 2003 - 12 A 10961/03.OVG - m.w.N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Auffangtatbestand in Nr. 20.8 der Anlage zum Besonderen Gebührenverzeichnis. Aus dem Wortlaut und aus der Regelung des Gebührentatbestandes in Teil 6 des Besonderen Gebührenverzeichnisses ist erkennbar, dass die Gebührenpflicht für Untersuchungen und Leistungen des Landesuntersuchungsamts als Behörde des öffentlichen Veterinärdienstes in dem vorgegebenen Rahmen entsteht.

III.

Die Gebührenerhebung für die BSE-Untersuchung gemäß §§ 1, 2 des Besonderen Gebührenverzeichnisses i.V.m. Nr. 20.8 hierzu verstößt schließlich nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Aus dem Umstand, dass in den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die sich mit der Durchführung von BSE-Untersuchungen befassen, keine Kostentragungspflicht geregelt ist, kann nicht gefolgert werden, dass dem nationalen Gesetzgeber eine Gebührenerhebung untersagt ist. Dies gilt auch für die durch einen Mitgliedsstaat auf freiwilliger Basis eingeführten Untersuchungen von Rindern, die unter 24 Monate alt sind. Insbesondere lässt sich aus der Begründungserwägung Nr. 7 zu der EG-Verordnung 1248/2001, wonach die Gestattung weitergehender Untersuchungen voraussetzt, dass diese keine Störung des Marktes verursachen, nicht herleiten, dass die zur Kostendeckung keine Gebühren erhoben werden dürfen. Eine Verpflichtung der die Untersuchung durchführenden Behörde, die Kosten dafür selbst zu tragen, ist Nr. I 5 des Anhangs III Kapitel A der EG-Verordnung Nr. 999/2001 in der Fassung der Änderung durch die EG-Verordnung Nr. 1248/2001, der die vorgenannte Begründungserwägung umsetzt, nicht zu entnehmen (vgl. hierzu auch VG Karlsruhe, Urteil vom 2. Februar 2004 - 9 K 597/03 -).

Auch das sonstige zu fleischhygienerechtlichen Untersuchungen bestehende Gemeinschaftsrecht schließt die Erhebung einer Gebühr für die BSE-Untersuchung durch den nationalen Gesetzgeber nicht aus. Insbesondere folgt ein Verbot der Erhebung von Gebühren nicht aus Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 (ABl. L 32 vom 5. Februar 1985, S. 14) i.d.F. der Änderung und Kodifizierung durch die Richtlinie 96/42/EG des Rates vom 26. Juni 1996 (ABl. L 162 vom 1. Juli 1996, S. 1). Die Sperrwirkung dieser Vorschrift bezieht sich lediglich auf Gebühren für die Untersuchungen und Kontrollen gemäß Art. 1 bis 3 der Richtlinie sowie für die Ausstellung entsprechender Bescheinigungen und erfasst Gebühren für andere Untersuchungen nicht. Die erst im Jahr 2000 zugelassenen BSE-Untersuchungen sind von vornherein nicht Gegenstand der Richtlinie 85/73/EWG. Dies gilt auch im Hinblick auf Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 85/73/EWG, wonach die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten unberührt bleiben soll, eine Gebühr für die Bekämpfung von Tierseuchen und enzootischen Krankheiten zu erheben. Mit dieser Regelung hat das Gemeinschaftsrecht keinen numerus clausus für Gebühren schaffen wollen. Der Vorschrift kommt vielmehr eine klarstellende Funktion dahingehend zu, dass Gebühren für die Bekämpfung von Tierseuchen von der Richtlinie unberührt bleiben. Ein Gebührenausschluss für die Zukunft, soweit nicht von der Richtlinie umfasste Gebühren betroffen sind, ist hiermit nicht bezweckt (so auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 29. April 2002 - 4 BS 371/01 -).

Da im Übrigen hinsichtlich der Höhe der Gebührenerhebung keine rechtlichen Bedenken vorgetragen und auch sonst ersichtlich sind, hat die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO Erfolg.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO ge-nannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 1.891,20 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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