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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.10.2004
Aktenzeichen: 12 A 11140/04.OVG
Rechtsgebiete: AsylbLG, BSHG


Vorschriften:

AsylbLG § 10
AsylbLG § 10 a
AsylbLG § 10 a Abs. 1
AsylbLG § 10 a Abs. 1 Satz 2
AsylbLG § 10 a Abs. 1 Satz 3
AsylbLG § 10 a Abs. 2
AsylbLG § 10 a Abs. 2 Satz 1
AsylbLG § 10 a Abs. 2 Satz 3
AsylbLG § 10 a Abs. 3
AsylbLG § 10 b
AsylbLG § 10 b Abs. 1
BSHG § 97
BSHG § 97 Abs. 1
BSHG § 97 Abs. 2
BSHG § 103
BSHG § 103 Abs. 1
BSHG § 103 Abs. 1 Satz 2
BSHG § 103 Abs. 3
BSHG § 107
Die Erstattungsregelung des § 10 b Abs. 1 AsylbLG ist eindeutig und abschließend. Eine analoge Anwendung des § 10 a Abs. 1 AsylbLG mit der Folge, dass bei Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthalts die Behörde, in deren Bereich sich der Hilfeempfänger vor der Aufnahme in die Einrichtung tatsächlich aufgehalten hat, zur Kostenerstattung herangezogen wird, ist nicht möglich.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 A 11140/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Kostenerstattung)

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 21. Oktober 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richter am Verwaltungsgericht Porz ehrenamtlicher Richter Kaufmann Hoffmann ehrenamtlicher Richter Geschäftsführer Jakobs

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz - 5 K 2905/03.KO - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung der bislang von ihr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) übernommenen Kosten für die Unterbringung einer Hilfeempfängerin in einer Pflegeeinrichtung in M. sowie die Übernahme des Hilfefalles in eigene Zuständigkeit.

Die kasachische Staatsangehörige G. S. (im Weiteren: die Hilfeempfängerin), geboren 1955, lebte seit Dezember 1998 in Italien. Im November 1999 reiste sie, ohne im Besitz eines Visums zu sein, in das Bundesgebiet ein, um hier ihre in F. im Bereich des Beklagten lebende Freundin zu besuchen. Bei dieser wohnte sie seit dem 24. November 1999 und berichtete ihr, dass sie mit ihrem Lebensgefährten in Italien Streit gehabt habe und nun unschlüssig sei, ob sie zu ihm oder nach Kasachstan zu ihrer Tochter zurückkehren solle. Am 28. November 1999 verunglückte sie bei einem Verkehrsunfall im Bereich des Beklagten. Sie wurde zur Behandlung ihrer schweren Schädel-Hirn-Verletzungen unmittelbar in ein Krankenhaus in K. eingeliefert und liegt seit dem Unfall in einem Wachkoma (apallisches Syndrom). Am 27. April 2000 wurde die Hilfeempfängerin in einer Rehabilitationsklinik in V. untergebracht Die Stadt K. trug zunächst aus Mitteln der Sozialhilfe die Kosten der Krankenbehandlung und der Einrichtungsaufenthalte, soweit nicht die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Halters des Unfallwagens diese in Höhe der hälftigen Kosten übernahm. Nachdem ein geeigneter Heimpflegeplatz in Rheinland-Pfalz nicht verfügbar war, wurde die Hilfeempfängerin am 19. Juli 2000 in die Pflegeeinrichtung "Communio in Christo" in M. verlegt, wo sie sich seither aufhält. Zu dieser Unterbringung gab die Stadt K. ein Kostenanerkenntnis nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ab. Am 16. Juni 2002 erteilte die Ausländerbehörde E. der Hilfeempfängerin, welche bis dahin über keinen ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel verfügte, eine bis zum 19. Dezember 2002 befristete Duldung. Daraufhin stellte die Stadt K. mit Schreiben vom 17. September 2002 an die Betreuerin der Hilfeempfängerin ihre Leistungen unter Hinweis auf die Anwendbarkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes und die diesbezügliche Zuständigkeit der Klägerin mit Wirkung zum 30. September 2002 ein. Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf der Betreuerin blieb ohne Erfolg, ebenso ein gerichtliches Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Koblenz. In dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. Januar 2003 - 5 L 3499/02.KO - ist ausgeführt, die Stadt K. sei nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG örtlich nicht zuständig. Die Hilfeempfängerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt, sofern sie diesen überhaupt im Bundesgebiet begründet habe, jedenfalls nicht im Bereich der Stadt K. gehabt und sich auch vor dem Unfall nicht tatsächlich in K., sondern in F. aufgehalten. Es bestehe auch keine Eilzuständigkeit nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG, da die Hilfeempfängerin sich in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Zuständigkeitsstreits - worauf es ankomme - in M. tatsächlich aufhalte.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2003 gewährte die Klägerin der Hilfeempfängerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz rückwirkend ab dem 1. Oktober 2002 und übernahm in diesem Rahmen die nach Abzug der Versicherungsleistung verbleibenden Krankenbehandlungs- und Pflegekosten. Mit Schreiben vom 28. Januar 2003 zeigte sie der Gemeinde F. an, dass sie sich im Hinblick auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz zur vorläufigen Leistungserbringung bereiterklärt habe und meldete zugleich einen Kostenerstattungsanspruch nach § 10 b Abs. 1 AsylbLG an. Der Kostenerstattungsantrag wurde von der Verbandsgemeindeverwaltung B. an den Beklagten weitergeleitet. Mit Schreiben vom 21. Juni 2003 lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung ab.

Am 13. Oktober 2003 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen: Der Beklagte sei nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG für die Hilfe zuständig. Zwar sei davon auszugehen, dass die Hilfeempfängerin keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe und daher für die Zuständigkeit auf den tatsächlichen Aufenthalt abzustellen sei, der jedoch bis zum Zeitpunkt des Unfalls in F. und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gelegen habe. Diese bestehende Zuständigkeit werde durch die fehlerhafte Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz nicht berührt. Der Beklagte sei zur Übernahme des Falls in eigene Zuständigkeit sowie nach § 10 b Abs. 1 AsylbLG zur Erstattung der aufgewendeten Kosten (bis zum 31. August 2003: 32.863,07 €) verpflichtet. Hiergegen spreche nicht, dass § 10 b AsylbLG, der dem § 103 BSHG nachempfunden sei, keine Regelung für den Fall eines fehlenden oder nicht feststellbaren gewöhnlichen Aufenthalts enthalte, während § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG für diesen Fall eine Kostenerstattungspflicht des überörtlichen Sozialhilfeträgers vorsehe; da der Begriff des "überörtlichen Trägers" im Sprachgebrauch des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht vorkomme, habe für den Gesetzgeber keine Veranlassung bestanden, eine derartige Regelung zu übernehmen. Es komme somit entscheidend darauf an, wo die Hilfebedürftige zum Zeitpunkt des Unfalls ihren tatsächlichen Aufenthalt gehabt habe. Da dies keinesfalls in ihrem Bereich gewesen sei, sei es unbillig, ihr die aus der nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG lediglich vorläufigen Zuständigkeit erwachsenden Kosten nicht zu erstatten.

Mit Urteil vom 8. April 2004 hat das Verwaltungsgericht Koblenz die Klage abgewiesen und ausgeführt: Der Beklagte sei nicht für die Gewährung der Hilfe nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylbLG zuständig. Die Hilfeempfängerin habe im Bereich des Beklagten keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Auch durch entsprechende Anwendung von § 10 a Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG werde der Beklagte nicht zuständig. Die Hilfeempfängerin sei weder dessen Bereich zugewiesen worden noch habe der Beklagte die Leistung außerhalb seines Bereichs sichergestellt. In dem streitbefangenen Zeitraum habe sich die Hilfeempfängerin auch nicht im Bereich des Beklagten aufgehalten. Auf den früheren tatsächlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten könne insoweit nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht zurückgegriffen werden. Ebenso bestehe kein Erstattungsanspruch nach § 10 b AsylbLG. Der Gesetzgeber habe bewusst eine der Regelung des § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG nachempfundene Vorschrift nicht in das Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen.

Die Klägerin hat dagegen die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung macht sie geltend: Sei ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht bestimmbar, komme es aufgrund des § 10 a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG auf den tatsächlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin an. Dabei sei auf den tatsächlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der ersten Aufnahme in eine Einrichtung abzustellen. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck des § 10 a Abs. 2 AsylbLG, der, ebenso wie der fast wortgleiche § 97 BSHG, primär dem Schutz der Einrichtungsorte diene. Wäre in gleichgelagerten Fällen, in denen der Hilfeempfänger keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Land habe, immer auf den tatsächlichen Aufenthalt zum streitbefangenen Zeitraum abzustellen, würde dies zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass Kommunen mit Langzeitpflegeeinrichtungen immense Kosten zu tragen hätten, da die Angelegenheit stets erst nach der Aufnahme in eine solche Einrichtung "streitbefangen" werde.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie die im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. August 2003 aufgewendeten Kosten für Frau G. S. in Höhe 32.863,07 € zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte auch zur Erstattung der nach diesem Zeitpunkt angefallenen Kosten verpflichtet ist und

3. festzustellen, dass der Beklagte für die Gewährung der Hilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz an Frau G. S. zuständig ist.

Der Beklagte tritt der Berufung im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil und sein bisheriges Vorbringen entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten sowie der Gerichtsakte - 5 L 3499/02.KO -, die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat im Hinblick auf die ihr durch die Einrichtungsunterbringung der Hilfeempfängerin bisher entstandenen und noch entstehenden Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten (1). Weiterhin ist der Beklagte nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für den Hilfefall zuständig (2), so dass die Klägerin auch keine entsprechende Feststellung erlangen kann. Im Einzelnen:

1) Nach der vorliegend allein maßgeblichen Erstattungsvorschrift des § 10 b Abs. 1 AsylbLG steht der Klägerin kein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu, da die Hilfeempfängerin in dessen Bereich keinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (a) und eine entsprechende Anwendung der Regelung auf den für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständigen Träger nicht möglich ist (b).

a) Gemäß § 10 b Abs. 1 AsylbLG hat die nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG für den gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Hilfeempfängers zuständige Behörde der nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG vorläufig eintretenden Behörde die Kosten für den in einer Einrichtung untergebrachten Hilfeempfänger zu erstatten. Die Voraussetzungen des § 10 a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG liegen jedoch im Hinblick auf den Beklagten nicht vor, da die Hilfeempfängerin im Bereich des Beklagten zu keinem Zeitpunkt einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wohnte die Hilfeempfängerin seit Dezember 1998 in Italien und war am 24. November 1999 lediglich besuchsweise in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Legaldefinition des § 10 a Abs. 3 AsylbLG hat sie damit im Bereich des Beklagten nicht begründet, da sie sich dort an keinem Ort unter Umständen aufgehalten hat, die erkennen ließen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilte. Wie auch aus § 10 a Abs. 3 Satz 3 AsylbLG folgt, begründet ein kurzfristiger Besuch von hier fünf Tagen keinen gewöhnlichen Aufenthalt, denn ein solcher kann nach dieser Vorschrift erst bei einer Mindestbesuchsdauer von mehr als einem Jahr angenommen werden.

b) Fehlt es damit an einem gewöhnlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin im Bundesgebiet und somit auch an einer nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylbLG zuständigen Behörde, scheidet aufgrund des eindeutigen und abschließenden Wortlauts des § 10 b Abs. 1 AsylbLG ein Kostenerstattungsanspruch aus. Dem in dieser Bestimmung ausdrücklich geregelten Fall, in dem ein gewöhnlicher Aufenthalt erst später ermittelt wird, kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - der vorliegende Fall eines nicht vorhandenen gewöhnlichen Aufenthalts nicht gleich gesetzt werden. Die für eine analoge Anwendung erforderliche ungewollte Regelungslücke ist nicht gegeben.

Der Gesetzgeber des Asylbewerberleistungsgesetzes hat die Kostenerstattungsregelung des § 10 b AsylbLG an die §§ 103 und 107 BSHG angelehnt (vgl. den insoweit wortgleich Gesetz gewordenen Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP - BT-Drs. 13/2746, S. 18). Er hat im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes jedoch nicht die für das Bundessozialhilfegesetz kennzeichnende (vgl. dort § 96 BSHG) Unterscheidung zwischen einem örtlichen und einem überörtlichen (Kosten-)Träger übernommen. Vielmehr überlässt § 10 AsylbLG die Bestimmung der Kostenträger der (jeweiligen) Landesregierung. Damit gibt es im Asylbewerberleistungsgesetz keine Veranlassung für eine Übernahme der Vorschriften der §§ 103 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 BSHG, welche in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht vorhanden ist, dem örtlichen Sozialhilfeträger einen Erstattungsanspruch gegen den jeweiligen überörtlichen Träger zubilligt (vgl. Urteil des Senats vom 15. November 2001 - 12 A 10801/01.OVG - ZFSH/SGB 2002, 280, bestätigt durch Urteil des BVerwG vom 6. Februar 2003 - 5 C 9.02 - FEVS 54, 385). Daraus folgt für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes, dass bei Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthalts der leistungsberechtigten Person und damit einer zuständigen Behörde nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG die nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG leistende Behörde keinen Kostenerstattungsanspruch hat (ebenso: Schwabe, ZfF 1998, 7, 8; Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, 22. Lfg. August 2004, § 10 b Rn. 17; Hinweise zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes [AsylbLG] vom 30. Juni 1993 [BGBl. I S. 1074] i.d.F. des Art. 65 der 7. Zuständigkeitsanpassungs-VO vom 29. Oktober 2001 [BGBl. I S. 2785] des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, Nr. 10 b.1.1 [zitiert nach: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz - IV 10.4]).

Die vorgenannte Auslegung des § 10 b Abs. 1 AsylbLG als abschließende Regelung ist konsequent und erlaubt es nicht, etwa dem gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfeempfängers i.S.d. § 10 a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG den tatsächlichen Aufenthalt gleichzustellen. Der von der Klägerin zitierte Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Juni 2000 (- 16 B 738/00 -) geht in einer nicht entscheidungstragenden Passage davon aus, dass Sinn und Zweck der dem § 97 Abs. 2 BSHG nachgebildeten Regelung des § 10 a Abs. 2 AsylbLG, der Schutz des Anstaltsorts sei und dass dieser nur dann gewährleistet sei, wenn bei einem fehlenden gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hilfsweise auf den tatsächlichen Aufenthalt i.S.d. § 10 a Abs. 2 AsylbLG abgestellt werde.

Dieser Annahme des OVG Nordrhein-Westfalen kann nicht gefolgt werden. Sie berücksichtigt nicht ausreichend die dem Gesetzgeber als Vorlage für die auszulegende Vorschrift des § 10 a Abs. 2 AsylbLG dienende Regelungskonstellation des § 97 Abs. 2 BSHG und den als Erstattungsregelung hinzutretenden § 103 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 BSHG (vgl. den Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP - BT-Drs. 13/2746, S. 18). Bereits die Konzeption des Bundessozialhilfegesetzes ist nicht so anlegt, dass der Fall des Fehlens eines gewöhnlichen Aufenthalts oder ihrer fehlenden Ermittelbarkeit in Bezug auf die dem § 97 Abs. 2 BSHG unterfallenden Einrichtungsaufenthalte gesetzlich nicht geregelt wäre. Vielmehr sieht hierfür § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG vor, dass der örtliche Sozialhilfeträger die Erstattung der von ihm aufgewandten Kosten von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe verlangen kann, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört (vgl. Urteil des Senats vom 15. November 2001 - 12 A 10851/01.OVG - a.a.O.). An dieser Stelle findet im System des Bundessozialhilfegesetzes lediglich eine Verlagerung der Kosten von dem örtlichen auf den überörtlichen Sozialhilfeträger statt. Eine Kostenabwälzung zu Lasten des nach § 97 Abs. 1 BSHG für die Sozialhilfe zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Sozialhilfeempfänger vor der Aufnahme in die Einrichtung tatsächlich aufgehalten hat, erfolgt bei der Hilfe in einer Einrichtung i.S.d. § 97 Abs. 2 BSHG nicht. Vielmehr sind die Zuständigkeitsvorschriften des § 97 Abs. 1 und des Abs. 2 BSHG getrennt voneinander konzipiert, ebenso wie die hiermit verbundenen Erstattungsregelungen der §§ 103 und 107 BSHG. Der Gesetzgeber hat sich sowohl im Bundessozialhilfegesetz als auch in dem daran angelehnten Asylbewerberleistungsgesetz bewusst dafür entschieden, dass Anknüpfungspunkt für eine Kostenerstattungspflicht bei einer Hilfe in Einrichtungen nur der gewöhnliche Aufenthalt als besondere und in der Regel längerfristig angelegte Verbindung einer Behörde zu dem Hilfeempfänger sein kann. Hier tritt hinzu, dass der Gesetzgeber im Asylbewerberleistungsgesetz die Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes über örtlichen und den überörtlichen Träger nicht übernommen hat. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber in § 10 b AsylbLG es den Landesregierungen überlassen, die für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Behörden und Kostenträger zu bestimmen. Damit steht es der jeweiligen Landesregierung frei, durch eine an § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG orientierte Regelung den Schutz der Einrichtungsorte auch im Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes in gleicher Weise zu gewährleisten. Die Regelung des § 10 a Abs. 2 AsylbLG führt danach zu grundsätzlich sachgerechten Ergebnissen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach der Fiktion des § 10 a Abs. 3 Satz 4 AsylbLG ein Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Ort hat, in dem er sich nach der Zuweisungs- oder Verteilungsentscheidung aufzuhalten hat. Dies bedeutet, dass in den Regelanwendungsfällen des Asylbewerberleistungsgesetzes (insbesondere bei Asylbewerbern oder Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen) spätestens nach der Zuweisungsentscheidung in jedem Fall ein gewöhnlicher Aufenthalt des Hilfeempfängers feststeht, so dass die sich aus § 10 Abs. 2 Satz 3 AsylbLG ergebende Verpflichtung zum vorläufigen Eintreten damit endet. Für den überwiegenden Teil der hiervon nicht erfassten Personen (etwa Personen mit einer Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG oder einer Duldung nach § 55 AuslG) ist in der Regelung ein gewöhnlicher Aufenthalt ermittelbar. Dass dennoch einige wenige Ausnahmefälle verbleiben, in denen die Behörde am Ort der Einrichtung zuständig bleibt und keinen Kostenerstattungsanspruch hat, stellt die Systemgerechtigkeit der Norm nicht in Frage.

Im Übrigen für die Annahme des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfahlen (a.a.O.), die für den tatsächlichen Aufenthaltsort vor der Aufnahme in die Einrichtung zuständige Behörde sei für den Fall des fehlenden gewöhnlichen Aufenthalts hilfsweise nach § 10 a Abs. 2 AsylbLG zuständig, zu einer erweiternden Auslegung der Vorschrift des § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG gegen ihren eindeutigen Wortlaut und den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Nach § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG, welcher auch im Rahmen der Hilfe in Einrichtungen für den Fall des fehlenden gewöhnlichen Aufenthalts nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG Anwendung findet, bleibt die Leistungspflicht einer Behörde bestehen, wenn sie die Leistung außerhalb ihres Bereiches sicherstellt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte damit die bereits zu § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG angenommene Beschränkung der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers nach Verlassen seines Gebietes auf die Fälle, in denen er selbst die Leistung außerhalb seines Bezirkes sicherstellt, in § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG auch im Wortlaut klargestellt werden (vgl. den Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP - BT-Drs. 13/2746, S. 18). Denn auch nach § 97 Abs. 1 BSHG endet die Zuständigkeit eines Sozialhilfeträgers mit dem tatsächlichen Verlassen seines Zuständigkeitsbereiches durch den Hilfeempfänger, es sei denn, der Sozialhilfeträger wirkt an der - etwa in seinem Bereich mangels entsprechender Einrichtungen nicht ausreichend möglichen - Leistungserbringung außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs mit (vgl. nur Schellhorn/Schellhorn, Kommentar zum Bundessozialhilfegesetz, 16. Aufl. 2002, § 97 BSHG Rn. 18 m.w.N., und Schoch in: Lehr- und Praxiskommentar zum Bundessozialhilfegesetz, 6. Aufl. 2003, § 97 BSHG Rn. 23 ff., mit dem Hinweis, dass eine erweiternde Auslegung der Vorschrift erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG ausgesetzt sei). Von der Klägerin sind keine Anhaltspunkte vorgetragen worden, die ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG nahe legen, noch sind solche aus den Akten ersichtlich. Da der Beklagte weder von dem Aufenthalt der Hilfeempfängerin in seinem Bereich und dem Verkehrunfall, noch von der Behandlung in K., V. oder M. vor der Kostenerstattungsanzeige der Klägerin Kenntnis hatte, wurde er erst im Jahr 2002 darüber informiert, dass sich die Hilfeempfängerin einmal für fünf Tage im Jahr 1999 in seinem Bereich aufgehalten hatte. Damit kann von einer auswärtigen Unterbringung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG oder gar einem "Abschieben" der Hilfeempfängerin durch den Beklagten nicht die Rede sein.

Im Übrigen wäre die Klägerin bei Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung und der des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) für die Hilfeleistung an die Hilfeempfängerin nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG nicht zuständig, so dass ihr mangels Eintrittsverpflichtung auch nach § 10 b Abs. 1 AsylbLG kein Kostenerstattungsanspruch zustehen könnte.

2) Die Klägerin kann auch die Übernahme des Hilfefalles durch den Beklagten nicht verlangen, da dieser für die Hilfegewährung an die Hilfeempfängerin nach § 10 a Abs. 2 AsylbLG nicht zuständig ist. Mangels anderweitiger gesetzlicher Regelung kann für die Zuständigkeit zur Hilfegewährung nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 AsylblG nur von dem tatsächlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Hilfegewährung ausgegangen werden. Der tatsächliche Aufenthalt befindet sich an dem Ort, an dem der Hilfeempfänger körperlich anwesend ist (vgl. die Begründung zu § 10 a in dem Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP - BT-Drs. 13/2746, S. 18). Wie oben dargelegt, ist der Beklagte weder nach § 10 a Abs. 2 Satz 1 oder 2 noch nach § 10 a Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 bis 3 AsylbLG zuständig. Eine erweiternde Anwendung des § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG gegen den ausdrücklichen Wortlaut scheidet danach aus. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit dem Antrag zu 3. verfolgte Feststellung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 72.713,69 € festgesetzt (§ 72 Nr. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes i.V.m. §§ 13 Abs. 1 und 2, 14 GKG a.F.). Dabei geht der Senat hinsichtlich des Antrags zu 2. in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Feststellungsanspruch für künftigen Kostenersatz mit dem Jahresbetrag zu bewerten ist, und legt dem Antrag zu 3., der nicht den Kostenersatz zum Inhalt hat, sondern die Befreiung von der Zuständigkeit, mangels anderer Anhaltspunkte den Auffangstreitwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. zugrunde. Von einer Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wurde abgesehen, da sie keinen Gebührensprung auslöst und somit auch keine Kostenauswirkung auf die Beteiligten hat.

Ende der Entscheidung

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