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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.01.2004
Aktenzeichen: 12 A 11556/03.OVG
Rechtsgebiete: WaffG, WaffKostV


Vorschriften:

WaffG § 30 F: 1976
WaffG § 30 Abs. 4 F: 1976
WaffG § 49 F: 1976
WaffG § 49 Abs. 2 F: 1976
WaffG § 49 Abs. 3 F: 1976
WaffKostV § 1 F: 1976
1. Zur Bestimmtheit eines Abgabentatbestandes.

2. Der Inhaber einer Waffenbesitzkarte ist Gebührenschuldner der für die Durchführung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung anfallenden Gebühr, da er die Vornahme dieser Amtshandlung veranlasst hat.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 A 11556/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Gebühren

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 15. Januar 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richterin am Verwaltungsgericht Verheul ehrenamtlicher Richter Rentner Koch ehrenamtliche Richterin Hausfrau Köber

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. Juli 2003 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung einer Gebühr nach der Kostenverordnung zum Waffengesetz

Er betätigt sich in seiner Freizeit als Sportschütze. Im Jahre 1992 wurde ihm erstmals eine Waffenbesitzkarte erteilt, die in den Folgejahren von der Kreisverwaltung K. erneuert wurde. Nachdem der Kläger seinen Wohnsitz in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten verlegt hatte, überprüfte diese im Frühjahr 2002 seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 30 Abs. 4 des Waffengesetzes in der bis zum 1. April 2003 geltenden Fassung - WaffG a.F. - und holte hierzu eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister ein.

Mit Schreiben vom 20. März 2002 bestätigte die Beklagte dem Kläger die gemäß § 30 Abs. 4 WaffG a.F. erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Gleichzeitig setzte sie auf der Grundlage der Ziffer 1 im Abschnitt III der Anlage zu § 1 der Kostenverordnung zum Waffengesetz eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 30,68 € fest. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und machte geltend, die Überprüfung befriedige ein Sicherheitsbedürfnis des Gesetzgebers. Es gebe keinen Grund, dafür von dem Überprüften eine Gebühr zu verlangen. Der Kreisrechtsausschuss bei der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2003 zurück. Zur Begründung führte der Ausschuss im Wesentlichen an, nach § 49 WaffG a.F. i.V.m. der Kostenverordnung zum Waffengesetz sei für die Durchführung einer Amtshandlung eine Gebühr zu erheben. Die festgesetzte Gebühr für die Regelüberprüfung gemäß § 30 Abs. 4 WaffG a.F. sei nicht als gebührenfreie Amtshandlung aufgeführt, was für eine grundsätzliche Gebührenpflicht spreche. Dies werde durch den Auffangtatbestand in Abschnitt III Ziffer 1 der Anlage zu § 1 der Kostenverordnung zum Waffengesetz bestätigt. Für diese Auffassung spreche auch ein historisches Argument. Vor In-Kraft-Treten des Waffengesetzes 1976 sei die Verlängerung einer Waffenbesitzkarte gebührenpflichtig gewesen. Nach der Gesetzesänderung sei eine Waffenbesitzkarte nunmehr unbefristet zu erteilen, jedoch mit der Verpflichtung der Behörde, die Inhaber einer Waffenbesitzkarte regelmäßig, mindestens aber mit Ablauf von fünf Jahren auf ihre Zuverlässigkeit hin zu überprüfen. Aufgrund dessen erlaube die an die Stelle der Verlängerung getretene Regelüberprüfung nunmehr die Erhebung einer Gebühr. Diese Erhebung sei auch gerechtfertigt, da die Überprüfung zumindest auch im Interesse des Gebührenschuldners vorgenommen worden sei.

Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben und diese auf die nach seiner Auffassung fehlende gesetzliche Grundlage zur Erhebung der Verwaltungsgebühr gestützt.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 15. Juli 2003 stattgegeben und ausgeführt, es bestehe keine ausreichende Rechtsgrundlage zur Erhebung der streitigen Gebühr. Mangels eigenen Gebührentatbestandes beruhe die Festsetzung auf Ziffer 1 im Abschnitt III der Anlage zu § 1 der Kostenverordnung zum Waffengesetz. Dieser sehr weit gefasste Auffangtatbestand könne ein Einfallstor für willkürliche Gebührenerhebungen darstellen und verstoße darüber hinaus gegen das Bestimmtheitsgebot.

Die Beklagte hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, § 49 Abs. 2 Satz 1 WaffG a.F. verlange lediglich, gebührenpflichtige Tatbestände näher zu bestimmen. Eine solche nähere Bestimmung sei in Ziffer 1 Abschnitt III der Anlage zu § 1 der Waffenkostenverordnung bereits deshalb erfolgt, weil nicht pauschal Amtshandlungen, die nicht in den Abschnitten I oder II aufgeführt seien, einer Gebührenpflicht unterfielen, sondern nur solche, die im Interesse oder auf Veranlassung des Gebührenschuldners vorgenommen würden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. Juli 2003 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Auffassung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung führt auch in der Sache zum Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid der Beklagten vom 20. März 2002 zur Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 30,68 € und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühr sind die in dem für die Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch des Klägers geltenden Vorschriften der §§ 30 Abs. 4, 49 Abs. 2 und 3 des Waffengesetzes - WaffG - in der Fassung vom 8. März 1976 (BGBl. I S. 432) i. V. m. mit Abschnitt III, Ziffer 1 der Anlage zu § 1 der Kostenverordnung zum Waffengesetz - WaffKostV - in der Fassung vom 20. April 1990 (BGBl. I S. 781). Danach kann die Beklagte für Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen, die im Interesse oder auf Veranlassung eines Gebührenschuldners vorgenommen werden und nicht in Abschnitt I oder II aufgeführt sind, eine Rahmengebühr von 30,-- DM bis 400,-- DM erheben. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Gebühr für die Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ist weder in Abschnitt I noch in Abschnitt II der Kostenverordnung zum Waffengesetz aufgeführt und fällt deshalb unter Abschnitt III.

Dieser Auffangtatbestand ist mit dem auch in § 49 Abs. 2 WaffG a.F. normierten Grundsatz der Bestimmtheit vereinbar. Danach müssen abgabenbegründende Tatbestände so geregelt sein, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabenlast im Voraus bestimmen kann. Die Festlegung des Abgabentatbestandes muss mit einem Mindestmaß an Bestimmtheit und Klarheit geschehen, und zwar in der Weise, dass die Norm von dem Normunterworfenen ohne weiteres verstanden und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten ohne Willkür gehandhabt werden kann. Der Norminhalt hat eine eindeutige, unmissverständliche und ohne weiteres nachvollziehbare Regelungsaussage zu treffen, die insbesondere nicht in sich widersprüchlich ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. November 2003 - 12 A 10961/03.OVG - m.w.N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Auffangtatbestand in Abschnitt III, Ziffer 1 der Anlage zu § 1 der WaffKostV. Bereits aus dem Wortlaut ist erkennbar, unter welchen Voraussetzungen die Gebührenpflicht entsteht. Insbesondere stellt der Gebührentatbestand kein Einfallstor für willkürliche Gebührenerhebungen dar, da er der Beklagten nicht gestattet, kostenpflichtige Amtshandlungen zu "erfinden". Vielmehr geht die Regelung erkennbar von einem waffenrechtlichen Anknüpfungspunkt aus. Diese Anknüpfung ist mit Blick auf die gesetzliche Verpflichtung in § 30 Abs. 4 WaffG a.F., nach der die Beklagte den Inhaber einer Waffenbesitzkarte in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren, erneut auf seine Zuverlässigkeit zu überprüfen hat, gegeben. Nichts anderes kann aus der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Frage, welche Gebühr zu erheben ist, wenn die Überprüfung zu Zweifeln im Hinblick auf die Zuverlässigkeit eines Inhabers einer Waffenbesitzkarte geführt hat, geschlossen werden. Vielmehr ist im Falle eines Widerrufs oder einer Rücknahme einer solchen Waffenbesitzkarte eine dem vorgegeben Rahmen entsprechende Gebühr nach dem Abschnitt III, Ziffer 2 der Anlage zu § 1 der WaffKostV festzusetzen, in die die Gebühr für die eigentliche Überprüfung der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers mit eingerechnet werden kann. Eine willkürliche Handhabung ist aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur Vornahme einer Amtshandlung in § 30 Abs. 4 WaffG a.F. ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 - 7 C 107.79 -, DÖV 1983, 511, 512).

Darüber hinaus ist der Kläger auch Gebührenschuldner der vorgenommenen Amtshandlung, weil er diese veranlasst hat. Als Veranlasser im gebührenrechtlichen Sinne ist derjenige anzusehen, der die Amtshandlung in rechtlich zurechenbarer Weise verursacht hat. Auf Veranlassung ergeht eine Amtshandlung außer in den Fällen der formellen Antragstellung auch dann, wenn bei der Behörde auf andere Weise ein Arbeitsvorgang beginnt. Jedoch erlaubt nicht schlechthin jede ursächliche Verknüpfung zwischen Amtshandlung und dem individuellen Verhalten die Heranziehung zu einer Gebühr. Insofern muss der Veranlasserbegriff dahingehend eingeschränkt werden, dass die Amtshandlung auch im Pflichtenkreis des Veranlassers erfolgt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 2003 - 12 A 10918/03.OVG - m.w.N.). Die Vornahme einer Regelüberprüfung nach § 30 Abs. 4 WaffG a.F. ist dem Pflichtenkreis des Klägers zuzurechnen, da die Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers Voraussetzung für die weitere Inhaberschaft der unbefristeten Waffenerlaubnis ist. Dabei ist es unerheblich, wenn, wie der Kläger vorträgt, die gebührenpflichtige Tätigkeit überwiegend im öffentlichen Interesse erfolgt. Das Überwiegen des Individualinteresses ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer gebührenpflichtigen Amtshandlung. Die Zulässigkeitsüberprüfung nach § 30 WaffG a.F. dient aber auch dem Waffenbesitzer, da dieser, wie bereits erwähnt, nur bei Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit weiter im Besitz der unbefristeten Waffenbesitzerlaubnis bleiben kann. Liegt die Überprüfung danach zumindest auch im Interesse des Klägers (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 25. August 1999 - 8 C 12.88 -, BVerwG 109, 272, 277), sind somit die Voraussetzungen zur Erhebung einer Gebühr gemäß des Auffangtatbestandes im Abschnitt III, Ziffer 1 der Anlage zu § 1 WaffKostV erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergeht gemäß § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 30,68 € festgesetzt (§§ 13, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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