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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.03.2004
Aktenzeichen: 12 A 11775/03.OVG
Rechtsgebiete: WaffG, LBG, SGB X


Vorschriften:

WaffG § 30 F. 1976
WaffG § 30 Abs. 1 F. 1976
WaffG § 32 F. 1976
WaffG § 32 Abs. 1 F. 1976
WaffG 32 Abs. 1 Nr. 3 F. 1976
WaffG § 35 F. 1976
WaffG § 35 Abs. 1 F. 1976
WaffG § 36 F. 1976
WaffG § 36 Abs. 1 F. 1976
WaffG § 4 F. 2002
WaffG § 4 Abs. 1 F. 2002
WaffG § 8 F. 2002
WaffG § 10 F. 2002
WaffG § 19 F. 2002
LBG § 87
SGB X § 20
SGB X § 21
1. Die beigeladene Verbandgemeinde kann die für die Zulässigkeit ihrer Berufung erforderliche materielle Beschwer nicht daraus ableiten, dass das angefochtene Urteil die ihr ihren Beamten gegenüber obliegende Fürsorgepflicht nachteilig berührt (im Anschluss an OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 13.12.2001, AS 29, 243). Sie kann jedoch geltend machen, in ihrer beamtenrechtlichen Direktionsbefugnis nachteilig berührt zu werden, wenn das angefochtene Urteil Einschränkungen bei den Einsatzmöglichkeiten ihrer Beamten zur Folge hat.

2. Ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe wegen überdurchschnittlicher Gefährdung durch Angriffe auf Leib oder Leben besteht nicht, wenn das Führen einer Schusswaffe zur Minderung der Gefährdung nicht erforderlich ist, weil Änderungen im Verhalten des Betroffenen sowie andere Schutzvorkehrungen durch Dritte zumutbar und geboten sind.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Verlängerung eines Waffenscheins

hat der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richter am Verwaltungsgericht Müller-Rentschler ehrenamtliche Richterin Hotel-Betriebswirtin Bocklet ehrenamtlicher Richter Tierzuchttechniker Dörrenberg

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beigeladenen zu 2.) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 29. Juli 2003 - 5 K 566/03.NW - wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene zu 2.) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.), die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verlängerung eines Waffenscheins für den Beigeladenen zu 1.).

Der im Bereich des Beklagten wohnhafte Beigeladene zu 1.) ist als Beamter in der Sozialabteilung der Beigeladenen zu 2.) tätig. Er ist insbesondere für die Unterbringung und Betreuung der der Beigeladenen zu 2.) zugewiesenen Asylbewerber zuständig. Seit dem 1. Januar 2000 ist er außerdem mit 20 % seiner Arbeitskraft an den Landkreis Bad Dürkheim, in dem die Beigeladene zu 2.) gelegen ist, abgeordnet. Sein dortiges Aufgabengebiet umfasst nach der Stellenbeschreibung überwiegend komplizierte Fälle der Passbeschaffung für ausreisewillige Ausländer sowie die Organisation von deren anschließender Rückführung.

Am 15. August 1996 beantragte die Beigeladene zu 2.) bei dem Beklagten die Ausstellung eines Waffenscheins für den Beigeladenen zu 1.). Zur Begründung führte sie aus, seit längerer Zeit würden in Zusammenarbeit mit der Polizei und der Ausländerbehörde Ermittlungen gegen zahlreiche Asylbewerber wegen des Verdachts von Straftaten durchgeführt; dabei arbeite der Beigeladene zu 1.) eng mit diesen Behörden zusammen. Seit im Juli 1996 Asylbewerberunterkünfte durchsucht, Beweismittel sicher gestellt, Strafverfahren eingeleitet und Personen in Abschiebehaft genommen worden seien, werde der Beigeladene zu 1.) durch Mitglieder des betroffenen, kosovo-albanischen Familienclans massiv bedroht. Nach Einschätzung der Polizei seien die Drohungen sehr ernst zu nehmen. Da der Beigeladene zu 1.) fast immer allein, mitunter auch nachts, in den Unterkünften unterwegs sei, müsse ihm das Tragen einer Schusswaffe zum Eigenschutz ermöglicht werden.

Am 3. September 1996 stellte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1.) einen Waffenschein aus, der ihn zum Führen einer Pistole Walther P 5 berechtigt. Auf Antrag der Beigeladenen zu 2.), der mit dem Fortbestehen der Gefährdungslage begründet wurde, verlängerte der Beklagte die Gültigkeit des Waffenscheins bis zum 3. September 2002.

Zur Überprüfung des Nachweises des waffenrechtlichen Bedürfnisses holte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (im folgenden: ADD) eine Stellungnahme der Polizeiinspektion Grünstadt zur aktuellen Gefährdung des Beigeladenen zu 1.) ein. Die Polizeiinspektion teilte am 30. August 2000 mit, der Beigeladene zu 1.) sei konkret an Leib und Leben gefährdet: Im Rahmen seiner Aufgaben zur Betreuung von Asylbewerbern und zur Durchführung von Abschiebungen habe er seit 1995 immer wieder neue Verdachtsmomente gegen Asylbewerber und andere Personen wegen Sozialhilfebetrugs und anderer Straftaten vorbringen können; bei den anschließenden Ermittlungen sei er stets als Zeuge und Mitteiler eingebunden. Seit etwa 1996 sei bekannt, dass der Beigeladene zu 1.) von diesem Täterkreis oder durch von diesem bestimmte Personen liquidiert werden solle. Als "letzte Warnung" sei eine ertränkte Katze auf die Türschwelle seines Hauses gelegt, an den Rädern seines Fahrzeugs sei manipuliert worden. Die Gefährdung dauere weiterhin an.

Das Landeskriminalamt teilte der ADD mit Schreiben vom 18. Januar 2001 mit, es gebe keine Erkenntnisse für eine Gefährdung des Personenkreises bzw. der Berufsgruppe, der der Beigeladene zu 1.) angehöre.

Am 22. März 2002 beantragte die Beigeladene zu 2.) bei dem Beklagten die erneute Verlängerung des dem Beigeladenen zu 1.) erteilten Waffenscheins. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene zu 1.) sei bei der Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten nach wie vor wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet. Zu kritischen Situationen komme es vor allem bei Abschiebungen. Im Jahre 2001 sei der Beigeladene zu 1.) hierbei zweimal mit Messern angegriffen worden. Er sei auch dann einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt, wenn er in amtlicher Eigenschaft massive Auseinandersetzungen zwischen untergebrachten Personen schlichte. Solche Einsätze fänden überwiegend nachts statt, wobei der Beigeladene zu 1.) allein auf sich gestellt sei. Um beherzt auftreten zu können, brauche er das Bewusstsein, im Extremfall eine Waffe einsetzen zu können. Ein erhebliches Gefährdungspotential ergebe sich ferner aus den amtlichen Ermittlungen, die er in Zusammenarbeit mit der Polizei gegen im Gemeindegebiet untergebrachte Asylbewerber wegen des Verdachts des Sozialhilfebetrugs führe. In diesem Zusammenhang erhielten er und seine Familie ständig Drohanrufe mit der Ankündigung gewaltsamer Racheaktionen bis hin zur Morddrohung. Auch sein privates Wohngrundstück werde ausspioniert. Seine Gefährdungssituation sei die gleiche wie diejenige eines Waffen tragenden Polizeibeamten.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2002 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte aus, es fehle ein waffenrechtliches Bedürfnis, weil die Gefährdungssituation, die zur Erteilung des Waffenscheins geführt hatte, nicht mehr bestehe.

Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 1.), zu dessen Begründung auch Belege über Morddrohungen gegen ihn und seine Familie aus dem Oktober 2002 vorgelegt wurden, hob der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2003 den Bescheid vom 2. Oktober 2002 auf und verpflichtete den Beklagten, dem Beigeladenen zu 1.) bei Vorlage der sonstigen waffenrechtlichen Voraussetzungen eine Erlaubnis zum Führen einer bestimmten Schusswaffe - beschränkt auf den Dienstgebrauch - zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene zu 1.) habe glaubhaft gemacht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet zu sein. Seine Tätigkeit gehe über das Betätigungsfeld eines kommunalen Vollzugsbeamten weit hinaus. Insbesondere bei nachts auftretenden Unruhen in Asylbewerberunterkünften könne er nicht jedes Mal vorher eine Polizeistreife anfordern, sondern müsse sich erst vor Ort ein Bild machen, ob die Hinzuziehung der Polizei notwendig sei. Dies gelte auch für seine Tätigkeit bei der Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen: Hier sei es seine Aufgabe, die abzuschiebende Person aufzuspüren und dingfest zu machen, bis die Polizei eintreffe; dabei unterliege er einer besonderen Gefährdung.

Auf die Aufsichtsklage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße den Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2003 durch Urteil vom 29. Juli 2003 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig, weil es an einem waffenrechtlichen Bedürfnis für die begehrte erneute Verlängerung des Waffenscheins fehle. Das Führen einer Schusswaffe sei nicht erforderlich, weil andere geeignete Maßnahmen zur Verfügung stünden, um einer Gefährdung des Beigeladenen zu 1.) wirksam zu begegnen. Hierzu müsse man den Aufgabenbereich und die Arbeitsweise des Beigeladenen zu 1.) so verändern, dass unnötige Risiken vermieden würden. Der Beigeladene zu 1.) müsse sich innerhalb des Aufgabenbereichs halten, der ihm als kommunalem Beamten rechtlich zugewiesen sei.

Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht gegen dieses Urteil zugelassenen Berufung führt die Beigeladene zu 2.) aus: Sie werde durch das Urteil in zweifacher Hinsicht beschwert. Zum einen werde sie in ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) beeinträchtigt, weil sie gehindert werde, den Beigeladenen zu 1.) in die Lage zu versetzen, sich in Gefahrensituationen selbst zu schützen. Zum anderen greife das Urteil in ihr beamtenrechtliches Direktionsrecht ein, den Dienstaufgabenbereich des Beigeladenen zu 1.) festzulegen und ihm in diesem Rahmen Dienstanweisungen zu erteilen. Denn das Gericht habe ihr auferlegt, durch organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Beigeladene zu 1.) seinen Dienst künftig weitgehend ohne persönliche Gefährdung versehen könne. In dem angefochtenen Urteil werde die Entscheidung zu Unrecht auf eine nach den §§ 36, 30 WaffG 1976 vorzunehmende Bedürfnisprüfung gestützt. Da es nicht um die Erteilung, sondern um die zweite Verlängerung eines bereits erteilten Waffenscheins gehe, habe das Gericht lediglich das Fortbestehen des Bedürfnisses prüfen dürfen. Das Gericht habe verkannt, dass der Beigeladene zu 1.) kein kommunaler Vollzugsbeamter sei; sein Aufgabenbereich umfasse vielmehr die Sozialbetreuung sowie Ermittlungen in Fällen mutmaßlicher Erschleichung von Sozialleistungen. Zu solchen Ermittlungen sei der Beigeladene zu 1.) gemäß §§ 20, 21 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB X - nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet. Bei diesen Ermittlungen decke er zwangsläufig auch andere Straftaten auf. Bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat schalte er sofort die Polizei ein; er werde nicht in Konkurrenz zu den Strafverfolgungsbehörden tätig, sondern arbeite eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen. Die Fälle, in denen der Beigeladene zu 1.) selbst als Ermittler tätig geworden sei, seien ausnahmslos solche des Sozialhilfebetruges gewesen. Andererseits handele es sich bei der Ermittlung eines Anfangsverdachts durch den "Sozialermittler" und der Weiterführung der Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft um ein sehr gut funktionierendes System, das aus Sicht des Gesetzgebers nicht unerwünscht sei. Die Gefährdung des Beigeladenen zu 1.) resultiere in diesem Zusammenhang daraus, dass er im nachfolgenden Strafprozess als Zeuge aussagen müsse.

Die Beigeladene zu 2.) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 29. Juli 2003 - 5 K 566/03.NW - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Berufung unter Bezugnahme auf das angefochtene Urteil entgegen und führt ergänzend aus, entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 2.) erfordere die Verlängerung eines Waffenscheins eine umfassende Neuprüfung der für die Erteilung maßgeblichen Voraussetzungen. Eine Tätigkeit des Beigeladenen zu 1.) als "Sozialermittler" könne ein waffenrechtliches Bedürfnis noch weniger begründen als seine Stellung als kommunaler Vollzugsbeamter, weil für derartige Ermittler keinerlei Schutzausrüstung gesetzlich vorgesehen sei.

Der Beklagte stellt keinen Antrag und schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen der Beigeladenen zu 2.) zur Berufungsbegründung an.

Der Beigeladene zu 1.) stellt ebenfalls keinen Antrag.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichtsakten und aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen zu 2.) ist zulässig.

Der Beigeladenen zu 2.) fehlt nicht die für Rechtsmittel eines Beigeladenen erforderliche materielle Beschwer (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1969, BVerwGE 31, 233 [235] und Urteil vom 18. April 1997, BVerwGE 104, 289 [292]; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, Vorbemerkung § 124, Rn. 46). Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Beigeladene geltend machen kann, durch die angegriffene Entscheidung (zumindest) in seinen rechtlichen Interessen nachteilig berührt zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1981, BVerwGE 64, 67 [68 f.] und Urteil vom 15. Februar 1990, BauR 1990, 453 [454]). Zwar kann sich die Beigeladene zu 2.) insoweit nicht auf eine nachteilige Berührung der ihr gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) obliegenden Fürsorgepflicht berufen. Aus den beamtenrechtlichen Fürsorge- und Schutzpflichten, die auch Schadensabwendungspflichten, insbesondere die Ausstattung mit geeigneten Verteidigungsmitteln gegen rechtswidrige Angriffe während der Dienstausübung, umfassen (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 4. Auflage, S. 219), lassen sich nur Ansprüche des Beamten, aber keine Rechte des Dienstherrn gegenüber Dritten, namentlich keine eigenen prozessualen Rechte ableiten; dies liefe auf eine in der VwGO nicht vorgesehene Prozessstandschaft hinaus (Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001, AS 29, 243 [245]).

Die Beigeladene zu 2.) kann jedoch geltend machen, dass das angefochtene Urteil die ihr gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) obliegende, als Bestandteil ihrer Organisations- und Personalhoheit von der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG, 49 Abs. 1 und Abs. 3 LV) umfasste Direktionsbefugnis als Dienstherrin des Beigeladenen zu 1.) nachteilig berührt. Diese beinhaltet ein rechtlich anzuerkennendes Interesse, den Beamten nach eigenem Ermessen innerhalb des eigenen Aufgabenkreises einzusetzen, ihm Aufgaben zuzuweisen, seine Arbeitsweise und Einsatzgebiete zu bestimmen und ihm für die Dienstausübung Weisungen zu erteilen. Die Einsatzmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1.) werden durch die Aufhebung des zur Waffenscheinverlängerung verpflichtenden Widerspruchsbescheides im angefochtenen Urteil eingeschränkt.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Widerspruchsbescheid zu Recht aufgehoben. Der Kreisrechtsausschuss hätte den Beklagten nicht zur Verlängerung des dem Beigeladenen zu 1.) erteilten Waffenscheins verpflichten dürfen, weil es am Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses fehlt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Beigeladene zu 2.) nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend; vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1974, BVerwGE 47, 19 [21 f.] und Urteil vom 16. September 1981, a.a.O. [68]).

Dabei kann offen bleiben, ob vorliegend noch - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - die Vorschriften des Waffengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 (BGBl. I, S. 432) - im Folgenden: WaffG 1976 - anzuwenden sind, weil für die Aufsichtsklage nach § 17 AGVwGO als Anfechtungsklage der Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheides im Februar 2003 maßgebend ist, oder ob bereits das gemäß Art. 19 des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) vom 11. Oktober 2002 am 1. April 2003 in kraft getretene Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I, S. 3970, ber. S. 4592) - im Folgenden: WaffG 2002 - Anwendung findet. Für Letzteres könnte sprechen, dass die im Tenor des Widerspruchsbescheides ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten zur Waffenscheinverlängerung infolge der aufschiebenden Wirkung der Aufsichtsklage nur noch unter der Geltung des neuen Waffenrechts erfüllt werden könnte. Indessen enthalten die einschlägigen Vorschriften des WaffG 2002 hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis des waffenrechtlichen Bedürfnisses keine substantiellen Änderungen - jedenfalls keine Erleichterungen - gegenüber dem bisherigen Recht, so dass die bisher von der Rechtsprechung hierzu herausgearbeiteten Grundsätze weiter Anwendung finden.

Wer Schusswaffen führen will, bedarf nach altem Recht (§ 35 Abs. 1 Satz 1 WaffG 1976) wie nach neuem Recht (§§ 4, 10 Abs. 4 WaffG 2002) der Erlaubnis, die zweimal um höchstens drei Jahre verlängert werden darf (§ 35 Abs. 1 Satz 4 WaffG 1976 bzw. § 10 Abs. 4 Satz 2 WaffG 2002). Entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 2.) findet auch bei der Entscheidung über die Verlängerung eine umfassende Prüfung statt, weil das Gesetz die Neuerteilung und die Verlängerung von denselben materiell-rechtlichen Voraussetzungen abhängig macht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1979, NJW 1980, 1588). Die Verlängerung des Waffenscheins setzt ebenso wie die Neuerteilung voraus, dass ein Bedürfnis nachgewiesen wird (§§ 36 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 32 WaffG 1976 bzw. §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 8, 13 bis 20 WaffG 2002). Ein Bedürfnis liegt unter anderem vor - und nur dies ist vorliegend einschlägig - bei einer Person, die glaubhaft macht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein, wenn der Erwerb der Schusswaffe geeignet und erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (§ 32 Abs. 1 Nr. 3 WaffG 1976 bzw. § 19 Abs. 1 WaffG 2002); dabei wird ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe anerkannt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass diese Voraussetzungen auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums vorliegen (so jetzt ausdrücklich § 19 Abs. 2 WaffG 2002; vgl. aber auch schon BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975, BVerwGE 49, 1 [6 f.]).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Der Senat lässt offen, ob der Beigeladene zu 1.) im Rahmen seiner Dienstausübung tatsächlich wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist, oder ob eine im Jahre 1996 bei Erstausstellung des Waffenscheins möglicherweise gegebene, im Verhältnis zur Allgemeinheit überdurchschnittliche Gefährdung inzwischen - infolge der Ausreise des größten Teils der Personen, von denen die Bedrohungen damals ausgingen - zurückgegangen ist. Ebenso kann offen bleiben, ob das Führen einer Schusswaffe durch den Beigeladenen zu 1.) geeignet ist, die Gefährdung zu mindern, weil sie in einer für ihn typischen Verteidigungssituation eine erfolgreiche Abwehr von Angriffen erwarten lässt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975, a.a.O. [12]), oder ob die vom Verwaltungsgericht insoweit angesprochenen Zweifel durchgreifen.

Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass es jedenfalls an der Erforderlichkeit des Führens einer Schusswaffe zur Minderung einer etwaigen überdurchschnittlichen Gefährdung des Beigeladenen zu 1.) fehlt.

Der Besitz und erst recht das Führen einer Schusswaffe ist dann nicht erforderlich, wenn die Gefährdung sich auf zumutbare andere Weise verhindern oder wenigstens ebenso mindern lässt, wie durch den Besitz bzw. das Führen von Schusswaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975, a.a.O. [13]). Als andere Maßnahmen zur Gefährdungsminderung, die das Führen einer Schusswaffe nicht erforderlich machen, kommen sowohl zumutbare Änderungen im Verhalten des Betroffenen selbst als auch die Durchführung zumutbarer Sicherheitsvorkehrungen - gegebenenfalls auch durch Dritte - in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975, a.a.O. [11]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 1978, GewArch 1978, 398 [399]; BayVGH, Beschluss vom 21. Juli 1988, GewArch 1988, 393 [394 f.]). Vorliegend sind sowohl Änderungen im Verhalten des Beigeladenen zu 1.) als auch Änderungen von dessen Aufgabenbereich und Arbeitsweise durch die Beigeladene zu 2.) nicht nur zumutbar, sondern geboten, um eine Gefährdung von Leib oder Leben des Beigeladenen zu 1.) bei seiner Dienstausübung auch ohne das Führen einer Schusswaffe wesentlich zu mindern.

Dabei ist allerdings der Aufgabenbereich, den der Beigeladene zu 1.) im Rahmen seiner Abordnung an den Landkreis Bad Dürkheim wahrnimmt, also die Passbeschaffung für ausreisewillige Ausländer und deren Rückführung, aber auch die in der Stellenbeschreibung nicht ausdrücklich erwähnte, aber offenbar von ihm tatsächlich wahrgenommene Beteiligung an der Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen, weitgehend außer Betracht zu lassen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Durchführung von Abschiebungen als ausländerrechtliche Angelegenheit in die Zuständigkeit des Landkreises als Kreisordnungsbehörde und nicht in die der Verbandsgemeinde fällt (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Landesverordnung über die Zuständigkeit der allgemeinen Ordnungsbehörden vom 31. Oktober 1978). Insoweit ist daher nicht die Organisations- und Personalhoheit der Beigeladenen zu 2.), sondern des Landkreises Bad Dürkheim betroffen. Die Beigeladene zu 2.) kann sich nur auf Beschränkungen des ihr in ihrem Aufgabenkreis zustehenden Direktionsrechts berufen. Lediglich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Gefährdungssituation kann Berücksichtigung finden, dass der Beigeladene zu 1.) bei Erfüllung seiner umfassenden Aufgaben zur sozialen Betreuung von Asylbewerbern auch im Vorfeld und bei der Durchführung von Abschiebungen tätig wird.

Da es sich bei dem Beigeladenen zu 1.) nicht um einen kommunalen Vollzugsbeamten handelt, kann eine Notwendigkeit zur Änderung seines Aufgabenbereichs und seiner Arbeitsweise nicht schon aus der Überschreitung von Kompetenzen eines kommunalen Vollzugsbeamten hergeleitet werden. Die Beigeladene zu 2.) hat im Berufungsverfahren klargestellt, dass der Beigeladene zu 1.) nicht gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung vom 10. November 1993 - POG - zum kommunalen Vollzugsbeamten bestellt wurde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Stellenbeschreibungen und aus der in den Akten befindlichen Kopie des Dienstausweises.

Betrachtet man danach Aufgabenbereiche und Arbeitsweise des Beigeladenen zu 1.) als Beamter der Sozialabteilung der Beigeladenen zu 2.), so ist wie folgt zu unterscheiden:

1. Soweit der Beigeladene zu 1.) im Bereich seiner Aufgaben zur Bearbeitung von Sozialhilfeangelegenheiten den Verdacht einer Straftat (auch über den Verdacht des Sozialhilfebetrugs hinaus) bei Polizei und Staatsanwaltschaft anzeigt und im Strafverfahren mit ihnen zusammenarbeitet, insbesondere als Zeuge zur Verfügung steht, kann daraus ein Erfordernis zum Führen einer Schusswaffe nicht hergeleitet werden. Sein Aufgabenbereich und seine Arbeitsweise unterscheiden sich insoweit nicht von dem, was von jedem Sozialamtsmitarbeiter zu erwarten ist, der im Zuge seiner vom Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X geprägten Verwaltungstätigkeit Anhaltspunkten für das Fehlen der Sozialhilfevoraussetzungen nachgeht, ohne dass daraus allgemein eine Notwendigkeit zur Schusswaffenführung abgeleitet wird. Dem - auch für das Sozialhilferecht zuständigen - Senat ist bekannt, dass Mitarbeiter kommunaler Sozialämter bei der Überprüfung von Verdachtsfällen des Sozialleistungsmissbrauchs häufiger Drohungen aus dem Kreis der betroffenen Sozialleistungsempfänger ausgesetzt sind, die jedoch in aller Regel nicht in die Tat umgesetzt werden. Das Landeskriminalamt hat daher in seiner von der ADD eingeholten Stellungnahme vom 18. Januar 2001 festgestellt, dass keine Erkenntnisse über eine erhöhte Gefährdung der Berufungsgruppe, der der Beigeladene zu 1.) angehört, vorliegen.

Falls dem Beigeladenen zu 1.) aufgrund seiner Aussagen als Zeuge im Strafprozess aus dem Umfeld der Täter Racheakte angedroht werden, bestehen schon erhebliche Zweifel an der Geeignetheit des Führens einer Schusswaffe während der Dienstausübung zur Minderung der Gefährdung. Denn soweit solche Androhungen von Racheakten tatsächlich ernst zu nehmen sind, wird der Beigeladene zu 1.) eher mit Überraschungsangriffen rechnen müssen, so dass er zu einer wirksamen Verteidigung - auch mit einer Schusswaffe - in der Regel ohnehin außer Stande sein wird (vgl. zur Ungeeignetheit von Schusswaffen in solchen Situationen BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975, a.a.O., [12]). Der Beigeladene zu 1.) ist insoweit - wie jeder gefährdete Zeuge - auf die Inanspruchnahme von Zeugenschutzmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden zu verweisen.

Soweit der Beigeladene zu 1.) jedoch - über das soeben ausgeführte hinaus - eigene Ermittlungen in Verdachtsfällen des Sozialhilfebetrugs anstellt und - wie in der mündlichen Verhandlung an Beispielen erläutert - Observationen verdächtiger Personen nach Art eines Detektivs - zum Teil über mehrere Wochen und auch nachts - durchführt, besteht schon deshalb keine Erforderlichkeit des Führens einer Schusswaffe, weil insoweit eine Änderung der Arbeitsweise des Beigeladenen zu 1.) zumutbar und geboten ist. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 2.) kann nicht festgestellt werden, dass eine solche gleichsam arbeitsteilige Vorgehensweise von "Sozialermittlern" und Strafverfolgungsbehörden vom Gesetzgeber erwünscht ist. Schon Maßnahmen der beobachtenden Fahndung und der Observation verdächtiger Personen im Rahmen der Strafverfolgung bedürfen als Grundrechtseingriffe einer gesetzlichen Befugnisnorm (vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage, S. 133). Eine solche Befugnisnorm fehlt für die Beamten der Sozialverwaltung. Sie kann insbesondere nicht in den §§ 20, 21 SGB X gesehen werden. Diese Vorschriften regeln nur allgemein die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes im Sozialverwaltungsverfahren und nennen beispielhaft die dabei zur Verfügung stehenden Beweismittel. Sie enthalten aber weder eine Aufgabenzuweisung noch gar eine gesetzliche Befugnis zur Durchführung von Maßnahmen der beobachtenden Fahndung und der Observation. Die §§ 20, 21 SGB X verfolgen nicht den Zweck, Mitarbeiter des Sozialamtes in Konkurrenz zur Polizei, der nach den §§ 158, 160, 163 StPO die Strafverfolgungsaufgaben übertragen sind, zu Ermittlungen bei dem Verdacht von Straftaten zu ermächtigen. Ergänzend kann auf § 1 Abs. 1 Satz 3 SGB X verwiesen werden: Danach finden die Vorschriften des Ersten Kapitels des SGB X nicht einmal auf die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten Anwendung; erst recht muss dies für die Verfolgung von Straftaten gelten. Deshalb ist es nicht nur zumutbar, sondern rechtlich geboten, dass die Beigeladene zu 2.) insoweit die Arbeitsweise des Beigeladenen zu 1.) ändert und darauf hinwirkt, dass dieser zukünftig auf eigene Ermittlungen in Fällen des Verdachts von Straftaten verzichtet.

2. Eine Erforderlichkeit des Führens einer Schusswaffe zum Zwecke der Gefahrenminderung besteht aber auch nicht in dem Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1.), der in der von der Beigeladenen zu 2.) zuletzt vorgelegten Stellenbeschreibung mit der Formulierung "Ansprechpartner der Bevölkerung bei auftretenden Problemen oder Unruhen aus den Sammelunterkünften" umschrieben wird. Hier geht es um Konfliktsituationen, die hauptsächlich aus dem Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf engem Raum, aber auch aus gruppendynamischen Prozessen innerhalb von Großfamilien aus bestimmten Herkunftsgebieten mit hoher Gewaltbereitschaft entstehen. Grundsätzlich mag es mit dem weit gefassten Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1.) zur Unterbringung und Betreuung von Sozialhilfeempfängern, insbesondere von Asylbewerbern, noch vereinbar sein, bei Konflikten mit der Nachbarschaft oder Streitigkeiten von untergebrachten Personen untereinander "nach dem Rechten zu sehen" und in gewissem Umfang auch Streit schlichtend auf die Beteiligten einzuwirken. Das Direktionsrecht der Beigeladenen zu 2.) wird jedoch durch die ihr gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) obliegende Fürsorgepflicht (§ 87 des Landesbeamtengesetzes - LBG -) begrenzt: Mit der daraus abzuleitenden Pflicht des Dienstherrn zum Schutz des Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit (§ 87 Satz 2 LBG), die auch Schadensabwendungspflichten, namentlich zum Schutz des Beamten vor voraussehbaren rechtswidrigen Angriffen, umfassen (vgl. Schnellenbach, a.a.O., Rn. 383 m.w.N.), ist es unvereinbar, den Beigeladenen zu 1.) - ob mit oder ohne Schusswaffe - allein und auch zur Nachtzeit in Konflikt- und Unruhesituationen in derartigen Sammelunterkünften einzusetzen. Der Beigeladene zu 1.) hat in der mündlichen Verhandlung eindrucksvoll geschildert, dass solche Unruhen oft bei privaten Feierlichkeiten und anderen Zusammenkünften von Großfamilien, die bis zu 200 Personen umfassen können, entstehen. Aufschlussreich ist auch die Schilderung eines Falles, in dem eine bewaffnete Polizeistreife bei der Untersuchung einer durch das Kind einer kosovo-albanischen Familie verursachten Fahrzeugbeschädigung von zahlreichen männlichen Familienmitgliedern bedroht wurde, so dass die beiden Polizisten die Angreifer mit gezogener Waffe auf Distanz halten und Verstärkung herbeirufen mussten. Daraus folgt aber gerade nicht, dass auch der Beigeladene zu 1.) mit einer Schusswaffe ausgerüstet werden muss, um derartige Gefahrensituationen bewältigen zu können. Im Gegenteil: Der Fall zeigt, dass auch die mit Schusswaffen ausgerüstete und für derartige Einsätze ausgebildete Polizei solche Einsätze nur mit Doppelstreifen durchführt; sie zieht sich - trotz Bewaffnung - zurück, wenn die Situation so unübersichtlich wird, dass sie auch durch zwei Einsatzbeamte nicht bewältigt werden kann, und ruft Verstärkung herbei. Darüber hinaus werden Polizeibeamte ständig einsatztaktisch und einsatzpsychologisch geschult, ihre Ausbildung, aber auch ihre Bewaffnung ist auf den Schusswaffengebrauch in engen Räumen ausgerichtet. Dies hat der für den Polizeibereich zuständige Beamte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Demgegenüber hat die Beigeladene zu 2.) mehrfach betont, der Beigeladene zu 1.) sei bei seinen überwiegend nachts stattfindenden Einsätzen "allein auf sich gestellt". Zwar mag der Beigeladene zu 1.) aus seiner früheren Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter über die nötige Sachkunde im Umgang mit einer Schusswaffe und - neben einer anzuerkennenden Begabung zur Streitschlichtung - auch über gewisse Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit gewalttätigen Konflikten verfügen. Es ist aber weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass er in einer einem Polizeibeamten vergleichbaren Weise einsatztaktisch und einsatzpsychologisch geschult worden ist; auch ist nicht die Rede davon, dass er regelmäßig auf diesen Gebieten fortgebildet wird. Zwar erscheint es nachvollziehbar, dass dem Beigeladenen zu 1.) das Bewusstsein, im Extremfall eine Waffe einsetzen zu können, ein Sicherheitsgefühl gibt, welches es ihm ermöglicht, in Konfliktsituationen beherzt auftreten zu können. Allein aus einer Steigerung des subjektiven Sicherheitsempfindens kann ein waffenrechtliches Bedürfnis aber nicht abgeleitet werden; das Führen einer Schusswaffe setzt ein nach objektiven Maßstäben zu ermittelndes Bedürfnis voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1975, a.a.O., [9], OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Dezember 1999, AS 28, 111 [116]). Bei objektiver Betrachtung ist festzustellen, dass der Beigeladene zu 1.) gerade dann besonders gefährdet ist, wenn er sich mit einer Schusswaffe allein und sogar des nachts in Auseinandersetzungen gewalttätiger Ausländergruppen begibt: Hier besteht die Gefahr, dass dem "allein auf sich gestellten" Beigeladenen zu 1.) die Schusswaffe entwendet und anschließend gegen ihn eingesetzt wird. Gerade in solchen Situationen kann das Führen einer Schusswaffe nicht eine Minderung, sondern eine Erhöhung der Gefährdung des Beigeladenen zu 1.) zur Folge haben.

Deshalb ist es in dem bezeichneten Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1.) nicht nur zumutbar, sondern aufgrund der der Beigeladenen zu 2.) obliegenden Fürsorgepflicht sogar geboten, dass zum Schutz des Beigeladenen zu 1.) andere Maßnahmen als die Ausrüstung mit einer Schusswaffe ergriffen werden: Hier ist in erster Linie an die Begleitung des Beigeladenen zu 1.) durch einen weiteren Gemeindebediensteten zu denken, wenn er etwa durch die Nachbarschaft wegen Ordnungsstörungen in den Unterkünften alarmiert wird und dort "nach dem Rechten sehen" will. Handelt es sich um Konflikte, an denen eine größere Zahl von Personen beteiligt ist, oder kann wegen der bekannten Gewaltbereitschaft von Einzelpersonen ein Angriff auf Leib oder Leben nicht ausgeschlossen werden, oder erscheint die Konfliktsituation aus anderen Gründen unübersichtlich, so kann es geboten sein, zunächst auf einen eigenen Einsatz zu verzichten bzw. einen begonnenen Einsatz abzubrechen und die Polizeiinspektion Grünstadt zu verständigen. Je nach Ausmaß der Gefährdungssituation muss der Beigeladene zu 1.) auch darauf verzichten, die herbeigerufenen Polizeibeamten bei ihrem Einsatz zu begleiten und diesen ganz den hierfür besser ausgerüsteten und speziell ausgebildeten Polizeivollzugskräften überlassen. Da der Beigeladene zu 1.) die Personen und örtlichen Verhältnisse aufgrund seiner umfassenden Betreuungsaufgaben in der Regel kennen wird, wird ihm in den meisten Fällen eine hinreichend zuverlässige Abschätzung der Gefährdungssituation möglich sein.

3. Schließlich kann auch bei einer Gesamtbetrachtung der Aufgabenbereiche des Beigeladenen zu 1.) nicht festgestellt werden, dass eine Erforderlichkeit zum Führen einer Schusswaffe zur Gefährdungsminderung besteht. Der Beigeladene zu 1.) hat in der mündlichen Verhandlung durchaus nachvollziehbar geschildert, dass sich aufgrund seines besonderen Engagements im Rahmen der Betreuung von Asylbewerbern - gleichsam von der Einreise bis zur Abschiebung - die mit Maßnahmen der Leistungskürzung und (zwangsweisen) Aufenthaltsbeendigung verbundenen Emotionen in besonderer Weise auf seine Person konzentrieren. Offenbar wird ihm vorgeworfen, letztlich "an allem Schuld zu sein". Etwaigen aus dem Gesamtbild der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1.) resultierenden besonderen Gefährdungen darf jedoch nicht dadurch begegnet werden, dass die Erlaubnis zum Führen einer Schusswaffe verlängert wird. Wie dargelegt, ist ein Teil der Aktivitäten des Beigeladenen zu 1.) als "Sozialermittler" rechtlich nicht haltbar; sein besonderes Engagement beim Eingreifen in Konfliktsituationen muss aus Gründen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht eingeschränkt werden. Werden die Aufgabenbereiche des Beigeladenen zu 1.) in der oben umschriebenen Weise geändert und wird ihm hinsichtlich seiner Arbeitsweise - auch, soweit er bei der Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen mitwirkt - die gebotene größere Zurückhaltung auferlegt, so wird der Beigeladene zu 1.) zukünftig nicht mehr wie bisher im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der betroffenen Personenkreise stehen. Dann ist auch zu erwarten, dass die Neigung dieser Personenkreise, den Beigeladenen zu 1.) für alles verantwortlich zu machen, zurückgehen wird und damit auch etwaige daraus resultierende Gefährdungen nachlassen.

Der Senat verkennt nicht, dass sowohl im Bereich der Aufklärung von Verdachtsfällen des Sozialleistungsbetrugs als auch bei Konfliktsituationen in Unterkünften von Sozialhilfeempfängern und Asylbewerbern aufgrund der begrenzten personellen Kapazitäten der Polizei gelegentlich ein Vollzugsdefizit bestehen kann. Ebenso wenig wird verkannt, dass der Beigeladene zu 1.) aufgrund seines außergewöhnlichen beruflichen Engagements in hohem Maße dazu beigetragen hat, dass der Beigeladenen zu 2.) sonst zu Unrecht gewährte Sozialhilfeleistungen erspart worden sind. Hiermit verbundenen Risiken und Gefährdungslagen kann aber auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht dadurch begegnet werden, dass Beamte der Sozialverwaltung mittels Schusswaffen quasi zu Ersatzpolizisten aufgerüstet werden.

Fehlt es nach alledem an einem Bedürfnis im Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 3 WaffG 1976 bzw. §§ 8, 19 WaffG 2002 für die Verlängerung des dem Beigeladenen zu 1.) erteilten Waffenscheins, so hat das Verwaltungsgericht den hierzu verpflichtenden Widerspruchsbescheid zu Recht aufgehoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es besteht kein Anlass, der Beigeladenen zu 2.) und Berufungsklägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.) aufzuerlegen, weil dieser sich nicht durch Stellung eines eigenen Antrags am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür i.S.v. § 132 Abs. 2 VwGO nicht ersichtlich sind.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf 4.000,00 € festgesetzt (§§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14, 25 Abs. 2 Satz 2 GKG; wie bei Aufsichtsklagen üblich, vgl. Beschluss des Senats vom 29. August 2002 - 12 A 10773/02.OVG -).

Ende der Entscheidung

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