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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.05.2009
Aktenzeichen: 2 A 10036/09.OVG
Rechtsgebiete: GG, LV, SchulG


Vorschriften:

GG Art. 3
GG Art. 3 Abs. 3
GG Art. 3 Abs. 3 Satz 2
LV Art. 64
SchulG § 3
SchulG § 3 Abs. 5
SchulG § 3 Abs. 5 Satz 1
SchulG § 59
SchulG § 59 Abs. 4
SchulG § 59 Abs. 4 Satz 1
1. Das Konzept, behinderten Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen integrativen Unterricht mit nicht behinderten Schülerinnen und Schülern regelmäßig an Schwerpunktschulen mit zusätzlicher Personalausstattung zu ermöglich, steht mit verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben in Ein€klang.

2. Behinderte Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf können der für sie zuständigen Schwerpunktschule zur Teilnahme an einem integrativen Unterricht zugewiesen werden, sofern ihnen der Besuch dieser Schule zumutbar ist. Ein Anspruch auf Zuweisung an die örtliche Grundschule besteht grundsätzlich nicht.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 10036/09.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Schulrechts

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2009, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski ehrenamtliche Richterin pharm.-techn. Assistentin Balthasar-Schäfer ehrenamtlicher Richter Angestellter Emrich

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 27. November 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 2002 geborene und unter dem Down-Syndrom (Trisomie 21) leidende Klägerin erstrebt ihre Zuweisung an die Grundschule ihres Wohnorts S.

Sie besuchte ab dem 3. Lebensjahr zunächst für drei Monate den örtlichen Kindergarten in S., danach eine integrative Kindertagesstätte in B. Ausweislich eines sonderpädagogischen Gutachtens vom 31. März 2008 besteht für sie ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung. Grundsätzlich sei es möglich, sie dem Wunsch ihrer Eltern entsprechend durch geeignete Integrationsmaßnahmen (ständige Bezugspersonen, persönliche Ansprachen, Hilfe beim Toilettengang) und differenzierte Lernangebote in einer Schwerpunktschule/Grundschule zu fördern. Ihre Entwicklung bleibe bis auf den motorischen in allen anderen Bereichen weit hinter dem durchschnittlichen Leistungsvermögen ihrer Altersgenossinnen zurück.

Mit Bescheid vom 20. Mai 2008 wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Klägerin zum Schuljahr 2008/2009 der Grundschule A. - A.-Schule - zu. An dieser Schule als einer Schwerpunktschule seien die sächlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen für eine integrative Beschulung gegeben.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Juni 2008 Widerspruch ein und machte einen Anspruch geltend, sie der Grundschule S. zuzuweisen. Die dortige Rektorin sei zu ihrer Aufnahme bereit. Externe Sonderschulpädagogen könnten dort den bestehenden Förderbedarf erfüllen. Ihre soziale Integration werde bei einer Beschulung am Wohnort sehr viel besser ermöglicht als durch einen Besuch der ca. 20 km entfernten Schwerpunktschule.

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2008 zurück. Grundsätzlich erfolge eine notwendige sonderpädagogische Förderung in Förderschulen oder in Schwerpunktschulen. Letztere würden seit dem Schuljahr 2001/2002 schrittweise eingeführt und verfügten über eine zusätzliche Personalausstattung mit Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften. Die A.-Schule als Schwerpunktschule weise daher die besseren Voraussetzungen für eine integrative Beschulung als die Grundschule S. auf.

Zur Begründung ihrer am 26. Juni 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend vorgetragen: Die Klassenstärke an der Grundschule S. betrage 16 bzw. 17 Kindern. Im Gegensatz hierzu besuchten etwa 27 bis 30 Kinder pro Klasse die A.-Schule in A. Des Weiteren habe der Beklagte in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen den Schulbesuch an einer örtlichen Grundschule gestattet.

Die Klägerin hat beantragt,

den Zuweisungsbescheid des Beklagten vom 20. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie ab dem am 4. August 2008 beginnenden Schuljahr 2008/2009 an die Grundschule W. (H.-Schule) zuzuweisen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und zur Begründung im Einzelnen die zusätzliche Personalausstattung der A.-Schule als Schwerpunktschule dargelegt. Darüber hinaus hat er ausgeführt, weshalb die von der Klägerin genannten Einzelfälle einer örtlichen Beschulung von behinderten Kindern mit der Situation der Klägerin nicht vergleichbar seien. Im Übrigen folge aus der flächendeckenden Einführung von Schwerpunktschulen die Rückführung örtlicher Einzelintegrationsmaßnahmen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. November 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe den Anspruch der Klägerin auf eine integrative Beschulung bei bestehendem Förderbedarf mit ihrer Zuweisung an die Schwerpunktschule in A. erfüllt. Die Verpflichtung der Beklagten sei durch den Rahmen des vorhandenen Bildungsund Erziehungsangebots begrenzt. Ein Anspruch auf Schaffung vergleichbarer Voraussetzungen an der örtlichen Grundschule S. bestehe nicht. Trotz einer Entfernung von 20 km sei der Klägerin der Schulbesuch in A. zumutbar. Sie habe dort den integrativen Kindergarten besucht und ihr verbliebe noch ausreichend Zeit für Freizeitaktivitäten in S. Die von ihr genannten Fälle anderer Kinder mit Behinderungen seien mit ihrer Situation nicht vergleichbar.

Zur Begründung ihrer hiergegen eingelegten und vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen vertieft und insbesondere betont, ihre örtliche soziale Integration sei bei einem Schulbesuch in A. unmöglich. Ihr besonderer Förderbedarf könne auch bei einem Besuch der Grundschule in S. erfüllt werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 27. November 2008 den Zuweisungsbescheid des Beklagten vom 20. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie ab sofort an die Grundschule W. (H.Schule) zuzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - keinen Anspruch auf Zuweisung an die Grundschule ihres Heimatortes S. Vielmehr ist die in dem Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 19. Juni 2008 getroffene Entscheidung, die Klägerin zum Schuljahr 2008/2009 der Schwerpunktschule an der Grundschule A. - A.-Schule - zuzuweisen, rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 des Schulgesetzes - SchulG - vom 30. März 2004 (GVBl. S. 239) sollen behinderte Schülerinnen und Schüler das schulische Bildungs- und Erziehungsangebot grundsätzlich selbständig, barrierefrei im Sinne des § 2 Abs. 3 des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und gemeinsam mit nicht behinderten Schülerinnen und Schülern nutzen können, wenn hierfür die sächlichen, räumlichen, personellen und organisatorischen Bedingungen geschaffen werden können. Für die Gruppe der Schülerinnen und Schüler, die nach Feststellung der Schulbehörde sonderpädagogischen Förderbedarf haben, sieht § 59 Abs. 4 Satz 1 SchulG den Besuch einer Förderschule oder nach Maßgabe des § 3 Abs. 5 SchulG einer anderen Schule vor. Die letztgenannte Möglichkeit nimmt § 29 Abs. 1 Satz 1 der Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen vom 10. Oktober 2008 (GVBl. S. 219) auf, wonach Schülerinnen und Schüler, die nach Feststellung der Schulbehörde sonderpädagogischen Förderbedarf haben, gemäß § 59 Abs. 4 SchulG auch integrativ in der Grundschule gefördert werden können. Damit ist der Besuch einer "anderen Schule" im Sinne des § 59 Abs. 4 Satz 1 gemeint. Die Entscheidung, welche Schule die betroffenen Schülerinnen und Schüler konkret besuchen, trifft gemäß § 59 Abs. 4 Satz 2 SchulG die Schulbehörde nach Anhören der Eltern. Auch insoweit gilt der in § 3 Abs. 5 Satz 1 SchulG ausgesprochene Vorbehalt des sächlich, räumlich, personell und organisatorisch Möglichen.

Dieser Vorbehalt ist Ausdruck dessen, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereit zu stellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann, und erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält. Der Gesetzgeber ist deshalb, wenn er sich hinsichtlich der Gruppe von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf für das Angebot entweder einer Förderschule oder einer integrativen Beschulung entscheidet, nicht gehindert, die tatsächliche Verwirklichung der letztgenannten Integrationsform von den beschriebenen einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Vielmehr besteht ein Einschätzungsspielraum sowie der Vorbehalt des tatsächlich Machbaren und des finanziell Vertretbaren bei der Ausgestaltung des von ihm gewählten Regelungskonzepts. Er ist weder durch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes - GG - noch durch Art. 64 der Landesverfassung - LV - verpflichtet, alle denkbaren Formen integrativer Beschulung an jeder schulischen Einrichtung bereit zu halten. Denn im Rahmen seiner Entscheidungsfreiheit kann er von der Einführung solcher Integrationsformen absehen, deren Verwirklichung ihm aus sächlichen, räumlichen, personellen und organisatorischen Gründen nicht vertretbar erscheint. Voraussetzung dafür ist, dass die verbleibenden Möglichkeiten einer integrativen Erziehung und Unterrichtung den Belangen behinderter Schülerinnen und Schüler ausreichend Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 96, 288 [305 f.]).

2. Den aufgezeigten verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Vorgaben wird das von dem Beklagten seit dem Schuljahr 2001/2002 verfolgte Konzept der Bildung von Schwerpunktschulen als Angebot einer integrativen Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gerecht.

Solche Schwerpunktschulen werden seit dem genannten Zeitpunkt in kreisfreien Städten und Landkreisen schrittweise als zuständige Schule in Abhängigkeit vom jeweiligen Wohnort eingerichtet. Diese Schwerpunktschulen entwickeln ein schuleigenes Konzept zur individuellen Förderung eines jeden Kindes und Jugendlichen. Bei diesem Prozess erfahren sie Unterstützung durch die Fachberaterinnen und Fachberater für Integration ("Sonderpädagogische Förderung an Schwerpunktschulen und an Förderschulen", 2. Aufl. 2007, herausgegeben vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur, S. 4 f.). Dementsprechend ist für Schwerpunktschulen neben der regulären Ausstattung mit Grundschullehrkräften zum einen je nach Klassenzügigkeit eine gestaffelte zusätzliche Grundausstattung mit Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften sowie zum anderen für jedes Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine schülerbezogene zusätzliche Zuweisung an Wochenstunden von Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften vorgesehen (zu den Einzelheiten vgl. LTDrucks. 15/959). Mit ihrer zusätzlichen Personalausstattung zielt der Unterricht an Schwerpunktschulen darauf, durch sonderpädagogische und individuelle Hilfen einer den persönlichen Möglichkeiten entsprechende schulische Bildung zu verwirklichen, die auf berufliche Eingliederung, gesellschaftliche Teilhabe und selbständige Lebensführung vorbereitet ("Sonderpädagogische Förderung an Schwerpunktschulen und an Förderschulen", a.a.O., S. 5).

Die geschilderte Konzeption steht mit den Vorgaben des Schulgesetzes in Einklang. Insbesondere ist die Erwägung, mit der Bildung von Schwerpunktschulen die organisatorische Grundlage für einen verstärkten und zielgerichteten Einsatz zusätzlicher Förderschullehrkräfte und pädagogischer Fachkräfte zu schaffen, einleuchtend und nachvollziehbar. Damit wird grundsätzlich der nach § 59 Abs. 4 Satz 1 SchulG bestehenden Möglichkeit, statt einer Förderschule eine andere Schule gemeinsam mit nicht behinderten Schülerinnen und Schülern zu besuchen, Rechnung getragen. Allerdings verbleibt die abschließende Entscheidung über die konkret zu besuchende Schule gemäß § 59 Abs. 4 Satz 2 SchulG bei der Schulbehörde. Es besteht daher grundsätzlich kein Wahlrecht der betroffenen Schülerinnen und Schüler oder ihrer Eltern.

3. Die von dem Beklagten in Umsetzung des Konzepts der Bildung von Schwerpunktschulen getroffene Entscheidung, die Klägerin zum Schuljahr 2008/2009 der für sie erreichbaren Schwerpunktschule an der Grundschule A. - A.-Schule -zuzuweisen, stehen keine besonderen Umstände entgegen, die in ihrer persönlichen Situation begründet wären und die ausgesprochene Zuweisung als unzumutbar erscheinen ließen.

a) So besitzt die Klägerin ausweislich des einschlägigen Fachgutachtens vom 31. März 2008 einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit dem Schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung. Sie ist danach bis auf den motorischen in allen anderen Bereichen ihrer Entwicklung so weit hinter dem durchschnittlichen Leistungsvermögen ihrer Altersgenossinnen zurück, dass nur eine Förderung mit dem Schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung sinnvoll ist. Allerdings sei es grundsätzlich möglich, sie dem Wunsch der Eltern entsprechend durch geeignete Integrationsmaßnahmen (ständige Bezugspersonen, persönliche Ansprachen, Hilfe beim Toilettengang) und differenzierte Lernangebote in einer Schwerpunktschule/ Grundschule zu fördern. Der danach eindeutig feststehende sonderpädagogische Förderbedarf wird auch von der Klägerin und ihren Eltern nicht in Abrede gestellt.

b) Wie der Beklagte darüber hinaus nachvollziehbar dargelegt hat, verfügt die A.-Schule in A. als Schwerpunktschule über eine zusätzliche Personalausstattung. Sie beläuft sich pro Woche auf 27 Stunden Förderlehrer sowie 25 Stunden Pädagogische Fachkraft als Grundausstattung sowie darüber hinaus 14,7 Stunden Förderlehrer und 12 Stunden Pädagogische Fachkraft gemessen am Förderbedarf des jeweiligen Kindes. Diese zusätzliche Grundausstattung und die zusätzliche schülerbezogene Zuweisung an Wochenstunden von Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften entspricht der oben beschriebenen Schwerpunktkonzeption (vgl. LT-Drucks. 15/959). So hat auch der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sich pro Schultag eine pädagogische Fachkraft für die Dauer von 1,5 Stunden ausschließlich der Klägerin widmet.

Insoweit geht der damit verbundene Hinweis der Klägerin fehl, diese besondere, nur für ihre Person geleistete spezielle Förderung könne ohne weiteres auch an der örtlichen Grundschule in S. erbracht werden. Denn der Beklagte hat nachvollziehbar ausgeführt, die nur aufgrund der Schwerpunktbildung in diesem Umfang zur Verfügung stehenden zusätzlichen Förderschullehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte leisteten an ihren jeweiligen Schwerpunktschulen individuellen Förderunterricht für mehrere Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dieser zusätzliche Unterricht wäre lediglich in deutlich reduzierter Form möglich, wenn die entsprechenden Lehrkräfte die betroffenen Schülerinnen und Schüler an verschiedenen örtlichen Regelgrundschulen einzeln aufsuchen müssten. Es ist daher sachgerecht, wenn der Beklagte durch die Konzentration vorhandener Fachkräfte auf Schwerpunktschulen eine nachhaltigere Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf zu erreichen versucht.

Darüber hinaus übersieht die Klägerin, dass ihr nicht nur der speziell für sie erfolgende Einzelförderunterricht zugute kommt. Vielmehr profitiert sie auch von der für Schwerpunktschulen erhöhten personellen Grundausstattung, die einen die besonderen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf berücksichtigenden integrativen Unterricht erst ermöglicht. Beides wäre von dem Beklagten an einer örtlichen Regelgrundschule nicht zu leisten.

d) Der Klägerin ist darüber hinaus der Besuch der A.-Schule in A. auch nicht aufgrund der Entfernung von ca. 20 km von ihrem Heimatort S. unzumutbar. Dies belegt bereits die Tatsache, dass die Klägerin aufgrund der persönlichen Entscheidung ihrer Eltern für nahezu drei Jahre statt des zunächst besuchten örtlichen Kindergartens in S. die integrative Tagesförderstätte H. in B. besuchte.

Sie hat daher bereits in der Vergangenheit regelmäßig eine vergleichbare Entfernung zurückgelegt, um den Kindergarten zu erreichen. Gleichwohl ist ihr nach ihrem eigenen Vorbringen eine soziale Integration an ihrem Wohnort möglich gewesen. Es ist daher die Annahme gerechtfertigt, ihr werde es auch zukünftig bei einem Schulbesuch in A. gelingen, an ihrem Wohnort soziale Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten.

e) Schließlich sind auch die von der Klägerin genannten Fälle anderer behinderter Schülerinnen und Schüler, welche die Grundschule an ihrem Wohnort besucht haben, nicht mit der Situation der Klägerin vergleichbar.

So hat der Beklagte dargelegt, bei den genannten Fällen eines gehörlosen Kindes sowie eines Kindes mit Asperger-Syndrom habe im Gegensatz zur Klägerin kein sonderpädagogischer Förderbedarf vorgelegen. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der Fall eines Kindes mit Down-Syndrom in N. in seinem Schweregrad mit der Situation der Klägerin vergleichbar gewesen ist. Zudem handelt es sich um ein Kind, dessen Grundschulbesuch offensichtlich bereits abgeschlossen ist. Der Beklagte ist aber angesichts der schrittweise erfolgten Einführung seines Konzepts einer Bildung von Schwerpunktschulen berechtigt, mit zunehmender Verfügbarkeit erreichbarer Schwerpunktschulen bestehende Einzelintegrationsmaßnahmen zurückzuführen. So betrug die Zahl der Schwerpunktschulen für den Grundschulbereich im Schuljahr 2001/2002 30 Grundschulen und ist bis zu Beginn des Schuljahres 2008/2009 auf 87 Grundschulen angestiegen. Dem Beklagte war es auch deshalb möglich, angesichts der gestiegenen Bereitstellung von Schwerpunktschulen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zunehmend auf den Besuch dieser Schulen zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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