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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: 2 A 11032/06.OVG
Rechtsgebiete: GG, LBG, BeurteilungsVV-Pol


Vorschriften:

GG Art. 3
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 33
GG Art. 33 Abs. 2
LBG § 10 Abs. 1 Satz 1
LBG § 10 Abs. 1
LBG § 10
BeurteilungsVV-Pol Nr. 3.1.5.2
BeurteilungsVV-Pol Nr. 3.1.5
BeurteilungsVV-Pol Nr. 3.1
BeurteilungsVV-Pol Nr. 3
BeurteilungsVV-Pol Nr. 5.2.1
BeurteilungsVV-Pol Nr. 5.2
BeurteilungsVV-Pol Nr. 5
BeurteilungsVV-Pol Nr. 5.2.3
BeurteilungsVV-Pol Nr. 5.2
BeurteilungsVV-Pol Nr. 5
1. Das Unterbleiben eines vor Erstellung der Leistungsreihung nach den Vorgaben einer Beurteilungsrichtlinie zu führenden Gespräches des Beurteilers mit dem zu beurteilenden Beamten führt nicht zwingend zur Fehlerhaftigkeit einer anschließend gefertigten dienstlichen Beurteilung.

2. Im Rahmen von regelmäßigen Beförderungsterminen im Bereich der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz stattfindende Abstimmungsgespräche von Erst- und Zweitbeurteilern stehen - insbesondere wenn diese Praxis von der zuständigen obersten Dienstbehörde gebilligt wird - sowohl mit dem Grundsatz der Weisungsfreiheit von Beurteilern als auch sonst mit übergeordnetem Recht in Einklang, sofern sie nicht zu verbindlichen Vorgaben an die Erstbeurteiler führen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 11032/06.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Beamtenrechts (dienstliche Beurteilung)

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen ehrenamtliche Richterin pharm.-techn. Assistentin Balthasar ehrenamtliche Richterin Schönheitspflegerin Stoffel

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2005 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der als Polizeikommissar im Dienst des Beklagten steht und beim Verkehrsüberwachungstrupp der Polizeidirektion W. eingesetzt ist, wendet sich gegen eine über ihn aus Anlass des Beförderungstermins zum 18. Mai 2005 erstellte dienstliche Beurteilung.

Diese wurde zum Stichtag 1. Dezember 2004 auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 1. Oktober 1999 (MinBl. S. 470) - im Folgenden: BeurteilungsVV - vom Leiter des Sachbereichs 13 in der Polizeidirektion W., Erster Polizeihauptkommissar M., als Erstbeurteiler und vom Leiter der Polizeidirektion W., Polizeidirektor B., als Zweitbeurteiler gefertigt. Das vor der Beurteilungserstellung nach Nr. 5.2.3 BeurteilungsVV vorgesehene Gespräch des Zweitbeurteilers mit den Erstbeurteilern der Polizeidirektion fand Anfang Dezember 2004 statt. Am 14. Dezember 2004 brachten Erstbeurteiler und Beratungsteams die für eine Beförderung nach Besoldungsgruppe A 10 BBesO in Betracht kommenden Beamten in eine Reihenfolge der vorgesehenen Bewertungen, bevor am 22. Dezember 2004 die Zusammenführung der Reihungen auf Direktionsebene erfolgte.

Erst nach Durchführung dieser Verfahrensschritte führte der unmittelbare Vorgesetzte mit dem Kläger ein Einzelgespräch. Im Anschluss daran wurde die dienstliche Beurteilung des Klägers gefertigt. Seine Leistungen wurden von den Beurteilern mit der Gesamtnote "C" (entspricht den Anforderungen) bewertet. Zu dieser Leistungseinschätzung gelangten die Beurteiler aufgrund der Vergabe von Leistungsmerkmalen mit einmal "B" (übertrifft die Anforderungen) und zweimal "C". Bei den diesen Leistungsmerkmalen zugrunde liegenden Submerkmalen wurde dem Kläger von seinem Erstbeurteiler siebenmal die Bewertung "B" und viermal "C" zugesprochen. Diese Einzelwertungen änderte der Zweitbeurteiler in zwei Fällen zu Lasten des Klägers ab. In der Befähigungsbeurteilung erhielt der Kläger von seinem Erstbeurteiler siebenmal die Bewertungsstufe "II" (stark ausgeprägt) und fünfmal die Bewertungsstufe "III" (normal ausgeprägt) zuerkannt. Auch diese Bewertungen änderte der Zweitbeurteiler in insgesamt vier Fällen von der zweithöchsten auf die dritthöchste Bewertungsstufe ab. Der Zweitbeurteiler begründete seine Abänderungen, die unter Einbindung des Erstbeurteilers erfolgten, mit einer vergleichenden Sicht auf Direktionsebene.

Mit der auf der Grundlage dieses Beurteilungsergebnisses errechneten Beförderungspunktzahl verfehlte der Kläger einen Beförderungsrang. In der Folge verlangte er die Abänderung seiner Beurteilung. Das Mitarbeitergespräch sei erst geführt worden, nachdem die Reihung im Bereich des Polizeipräsidiums bereits festgestanden habe. Gegenstand der Beurteilung seien nicht seine im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen, sondern ein "Listenplatz im Ranking-Verfahren" gewesen.

Den Abänderungsantrag lehnte das Polizeipräsidium Trier nach Einholung von Stellungnahmen des Erst- und Zweitbeurteilers mit Bescheid vom 10. Mai 2005 ab. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies diese Behörde durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2005 zurück.

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Ergänzend zu den bereits im Abänderungs- und Widerspruchsverfahren dargelegten Mängeln sei das Beurteilungsverfahren auch deshalb nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil sich Erst- und Zweitbeurteiler bereits vor Erstellung seiner dienstlichen Beurteilung auf das Ergebnis geeinigt hätten.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2005 zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die vom Kläger angefochtene dienstliche Beurteilung sei ohne die gerügten Verfahrensfehler erstellt worden. Zwar habe zuvor kein Beurteilungsvorgespräch mit dem Kläger stattgefunden. Seinen Beurteilern seien aber sowohl während der Beratung als auch bei der Abfassung der Beurteilung alle zu erwartenden Aspekte bekannt gewesen. Im Übrigen sei ein - unterstellter - Verfahrensfehler spätestens im Abänderungsverfahren geheilt worden, da der Kläger hier ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe. Schließlich stehe das von ihm gerügte Ranking-Verfahren in Einklang mit den Beurteilungsrichtlinien. Inhaltliche Vorgaben an den Erstbeurteiler in Bezug auf die über den Kläger zu erstellende Beurteilung habe es hierbei nicht gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beurteiler hätten das nach den Beurteilungsrichtlinien anzuwendende Verfahren nicht eingehalten. Bereits vor Erstellung der Erstbeurteilung sei auf der Ebene der Polizeidirektion eine Leistungsreihung vorgenommen worden. Dies belege eine in den Verwaltungsakten enthaltene tabellarische Übersicht. Da bei dieser Reihung der Erstbeurteiler nicht nur die Leistungen der ihm unterstellten Beamten, sondern darüber hinaus auch deren Einordnung im Vergleich zu anderen, nicht von ihm zu beurteilenden Beamten berücksichtigt habe, seien die Beurteilungsmaßstäbe verschoben worden. Zudem sei der Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers hierdurch weitgehend vorprogrammiert worden. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich die in Widerspruch zu den Beurteilungsrichtlinien stehende Handhabung zu Lasten des Klägers ausgewirkt habe.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Er sieht die erfolgte Reihung ebenso wie die vom Zweitbeurteiler mit den Erstbeurteilern geführten Gespräche als zulässig an, da sich hieraus für die Beurteiler ein Erkenntniszuwachs ergebe. Diese Verwaltungspraxis stehe auch mit den Beurteilungsrichtlinien in Einklang, da sie unter anderem dazu diene, dem Zweitbeurteiler die für eine zutreffende Bewertung der Leistungen der Beamten erforderlichen Erkenntnisse zu verschaffen. Die vom Verwaltungsgericht angesprochene tabellarische Übersicht sei nur zum Zweck der Zusammenführung der Beurteilungsergebnisse erstellt worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. Dezember 2005 die Klage abzuweisen.

Der Kläger tritt der Berufung unter Hinweis auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils, das er für zutreffend hält, entgegen.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (3 Hefter) sowie den Gerichtsakten des Verfahrens 1 L 463/05.TR, die sämtlich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Die über den Kläger zum Stichtag 1. Dezember 2004 erstellte dienstliche Beurteilung ist ohne die von ihm gerügten Verfahrensfehler zustande gekommen.

Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung einer dienstlichen Beurteilung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hat der Dienstherr, wie hier, Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe grundsätzlich an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht kann folglich kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwGE 125, 356). Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die angefochtene dienstliche Beurteilung verfahrensfehlerfrei erstellt worden.

Das gilt zunächst in Bezug auf das Einzelgespräch mit dem Kläger, das unstreitig erst nach den bereits am 14. Dezember 2004 im Beratungsteam und 22. Dezember 2004 direktionsweit erfolgten Reihungen ("Ranking") durchgeführt wurde. Zwar hätte ein solches Gespräch nach Nr. 5.2.1 Satz 1 BeurteilungsVV noch vor der Beratung im Team stattfinden müssen. Hierdurch wird die dienstliche Beurteilung des Klägers aber nicht zwingend fehlerhaft. Das Unterbleiben des Vorgesprächs führt in der Regel nicht schon als solches zur Rechtswidrigkeit der am Ende des Verfahrens stehenden Entscheidung, sondern nur dann, wenn es bewirkt, dass diese Entscheidung sachlich-inhaltlich nicht den (materiellen) Rechtsvorgaben entspricht. Die Durchführung des Vorgesprächs bildet keinen Selbstzweck. Ihr ist vielmehr eine Klärungsfunktion im Interesse einer vollständigen, zutreffenden und sachgerechten Beurteilung - hauptsächlich im öffentlichen Interesse an der Richtigkeit der dienstlichen Beurteilungen im Hinblick auf das Leistungsprinzip -beizumessen. Das Vorgespräch ist geeignet, die Wahrscheinlichkeit einer inhaltlich zutreffenden Beurteilung zu erhöhen, indem sie dem zu beurteilenden Beamten die Gelegenheit gibt, in einem möglichst frühen Verfahrensstadium alle seiner Auffassung nach im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte vorzubringen und seine Interessen, Fähigkeiten, Fortbildungs- und Verwendungswünsche darzulegen (vgl. Nr. 5.2.1 Sätze 1 und 4 BeurteilungsVV). Sie ist aber keine zwingende Voraussetzung für die inhaltliche Richtigkeit des Urteils über die von dem Beamten im Beurteilungszeitraum tatsächlich erbrachten Leistungen. Dies gilt um so mehr, wenn das Einzelgespräch mit dem Beamten, wie hier, noch vor der endgültigen Fertigung der Beurteilung nachgeholt und damit dem Sinn und Zweck eines solchen Gesprächs noch rechtzeitig Rechnung getragen worden ist.

Der vom Kläger weiter erhobene Vorwurf, das Beurteilungsergebnis sei bis hin zu den Bewertungen von Einzelmerkmalen durch seine Platzierung in der bereits am 22. Dezember 2004 erfolgten Reihung und damit noch vor Erstellung des Beurteilungsentwurfs durch den Erstbeurteiler vorweggenommen worden, ist nicht begründet. Eine solche Annahme lässt sich insbesondere nicht aus der im Verwaltungsvorgang dokumentierten tabellarischen Übersicht (Bl. 23 f. der Verwaltungsakte) ableiten. Diese für das Beförderungsgeschehen 2005 erstellte Gesamtübersicht der Beurteilungsergebnisse im Polizeipräsidium Trier kann - entgegen der Vermutung des Verwaltungsgerichts - nicht als Beleg für die Annahme herangezogen werden, die bei den Bewerbern um ein Beförderungsamt vorgenommene Leistungsreihung habe "weit reichender Absprachen bis hin zur Bewertung von einzelnen Leistungs- bzw. Leistungssubmerkmalen" bedurft und so die anschließend erstellten Erstbeurteilungen weitgehend "vorprogrammiert". Bei genauerer Betrachtung der aufgelisteten Einzelmerkmale zeigt sich nämlich, dass in der Übersicht die beim Kläger vom Zweitbeurteiler gegenüber dem Beurteilungsentwurf des Erstbeurteilers vorgenommenen Änderungen bereits eingearbeitet sind. Die in Rede stehende tabellarische Übersicht wurde deshalb erst erstellt, nachdem sämtliche Beurteilungsergebnisse der Zweitbeurteiler im Polizeipräsidium Trier vorlagen. Im Übrigen wird die Fertigung derartiger Gesamtübersichten in ähnlicher Form von den Beurteilungsrichtlinien selbst vorausgesetzt (vgl. Nr. 5.2.3 Abs. 5 BeurteilungsVV). Sie ist zur Feststellung der Beförderungsreihung ohnehin erforderlich. Ein Verstoß gegen allgemeine Beurteilungsgrundsätze oder sachfremde Erwägungen lassen sich aus dieser Handhabung, die auch der Praxis in anderen Polizeipräsidien entspricht, nicht feststellen.

Entgegen der Auffassung des Klägers und der Vorinstanz verstoßen die vom Zweitbeurteiler mit den Erstbeurteilern auf Direktionsebene sowohl vor als auch während der Erstellungsphase der Beurteilungen geführten Abstimmungsgespräche auch nicht gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Beurteiler. Dieser Grundsatz gilt nach dem erklärten Willen des Richtliniengebers nur für das individuelle Beurteilungsverfahren; allgemeine Beurteilungsvorgaben haben die Beurteiler dagegen zu beachten (vgl. Nr. 5.1 Satz 1 BeurteilungsVV). Deren gleichmäßige Anwendung auf alle für Beförderungen in Betracht kommenden Beamten ist Voraussetzung für eine am Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG, § 10 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG -) orientierte Bewerberauswahl. Zu den allgemeinen Beurteilungsvorgaben gehören insbesondere auch die in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen Richtwerte (vgl. Nr. 3.1.5.2 BeurteilungsVV). Eine möglichst landeseinheitliche Handhabung der allgemeinen Beurteilungsvorgaben lässt sich in der Regel durch einen entsprechenden Informationsaustausch zwischen den Beurteilern sicherstellen. Soweit die Abstimmungsgespräche neben der Erörterung allgemeiner Verfahrensfragen daher, wie im vorliegenden Fall, der Vermittlung des vorgegebenen Beurteilungsmaßstabes dienen und sich im Übrigen darauf beschränken, dessen gleichmäßige Umsetzung durch die einzelnen Beurteiler sicherzustellen, ohne ihnen verbindliche Vorgaben in Bezug auf die Beurteilung der Leistung und Befähigung einzelner Beamter zu machen, sind sie daher nicht zu beanstanden. Vielmehr erweisen sie sich als sachgerecht.

Dem steht auch nicht entgegen, dass derartige Abstimmungsgespräche in den hier anzuwendenden Beurteilungsrichtlinien selbst nicht vorgesehen sind. Maßgeblich für die Auslegung der Verwaltungsvorschriften ist in entsprechender Anwendung von § 133 Bürgerliches Gesetzbuch der wirkliche Wille des Dienstherrn als dem Urheber der Richtlinien. Dessen Willen ist auch insofern beachtlich, als einer von ihm gebilligten oder geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis entscheidende Bedeutung selbst dann zukommt, wenn sie mit dem reinen Wortlaut der jeweiligen Verwaltungsvorschriften nicht in Einklang steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 1995, ZBR 1995, 238; Urteil des Senats vom 10. Dezember 1999, NVwZ-RR 2000, 522, stRspr). Wie aus dem den Beteiligten bekannten Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 20. Oktober 2006 ersichtlich, werden die innerhalb des Polizeipräsidiums Trier im Vorfeld der zum jeweiligen Beförderungsstichtag zu erstellenden dienstlichen Beurteilungen durchgeführten Besprechungen zwischen den Beratungsteams, den Erstbeurteilern und dem Zweitbeurteiler vom Dienstherrn des Klägers uneingeschränkt gebilligt.

Nach den Ausführungen des Ministeriums entsteht eine Leistungsreihung auf der Ebene des Zweitbeurteilers zwangsläufig, wenn die Erstbeurteiler diesem gemäß Nr. 5.2.2 BeurteilungsVV ihre Beurteilungsvorschläge mit einer Übersicht vorlegen, in der alle von ihnen beurteilten Beamten in der Reihenfolge der vorgesehenen Gesamtbewertung aufgeführt sind. Die Zusammenführung der Beurteilungsvorschläge ergebe auf Direktionsebene gleichsam "automatisch" eine entsprechende Übersicht der für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten. Die im Bereich des Polizeipräsidiums Trier geübte Praxis der gemeinsamen Erörterung der Leistungsübersicht mit den Erstbeurteilern entspreche Sinn und Zweck von Nr. 5.2.3 BeurteilungsVV, da aus diesen Gesprächen ein Erkenntnisgewinn folge. Im Vorfeld von Beförderungsterminen sei es den Zweitbeurteilern aus Zeitgründen und wegen der Vielzahl der zu fertigenden dienstlichen Beurteilungen auch nicht immer möglich, Einzelgespräche mit den Erstbeurteilern zu führen, um diesen die den äußeren Rahmen betreffenden allgemeinen Vorgaben nochmals zu verdeutlichen und auf eine einheitliche Anwendung hinzuwirken.

Die vom Dienstherrn insofern ausdrücklich als "praxisgerecht" gebilligte Verwaltungspraxis hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung und steht auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang. Es ist dem Senat aus einer Vielzahl von früheren Beförderungs- und Beurteilungsstreitverfahren bekannt, dass bei den nahezu jährlich stattfindenden Beförderungsterminen und den damit verbundenen Beurteilungen einer Vielzahl von Polizeibeamten verhältnismäßig enge zeitliche Vorgaben zu beachten sind. Bei einem nur am Wortlaut der Beurteilungsrichtlinien orientierten Ansatz könnten demgegenüber erhebliche Verzögerungen im Beförderungsgeschehen eintreten, die im Ergebnis zu Lasten der Beamten gehen würden. Eine zu starre Handhabung des in Nr. 5.2 BeurteilungsVV geregelten Verfahrens würde auch keine größere Beurteilungsgerechtigkeit gewährleisten. Der bei gemeinsamen Besprechungen von Erst- und Zweitbeurteilern zwangsläufig entstehende größere Teilnehmerkreis kann - im Gegenteil - sogar eine breitere Erkenntnisgrundlage für die einzelnen Beurteiler bewirken, da gerade der kollegiale Austausch von Argumenten in Bezug auf Leistungseinschätzungen der zu beurteilenden Beamten nach aller Erfahrung regelmäßig einen Erkenntnisgewinn bedeutet.

In welchem Umfang das Zusammenspiel zwischen Erst- und Zweitbeurteiler auch mit den Vorgaben von Nr. 5.1 BeurteilungsVV in Einklang steht, zeigt gerade der vorliegende Fall. Trotz der gemeinsam durchgeführten Erörterungen hat der Erstbeurteiler den Kläger in verschiedenen Einzelmerkmalen besser beurteilt und an seinen Leistungseinschätzungen während des gesamten weiteren Erstellungs- und Abänderungsverfahrens festgehalten. Dementsprechend oblag es dem Zweitbeurteiler, auf der Grundlage von Nr. 5.2.3 BeurteilungsVV aus vergleichender Sicht auf Direktionsebene verschiedene Einzelmerkmale abzuändern, um seinem Auftrag, für die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe unter Beachtung der Richtwerte Sorge zu tragen, nachzukommen.

Da seine Bewertungen denen des Erstbeurteilers vorgehen, sind diese letztlich verbindlich. Dies bedeutet freilich nicht, dass der Zweitbeurteiler in jedem Falle Abänderungen ohne vorherige Rücksprache mit dem Erstbeurteiler vornehmen darf (vgl. Nr. 5.2.3 Abs. 3 BeurteilungsVV). Diesen Verfahrensvorgaben hat der Zweitbeurteiler jedoch, wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat, Rechnung getragen. So hat er nach Vorlage sämtlicher Beurteilungsentwürfe durch die jeweiligen Erstbeurteiler mit diesen Rücksprache gehalten, nachdem zu erkennen war, dass die Richtwertvorgaben nicht eingehalten worden sind. Die Erstbeurteiler sind dabei gefragt worden, welche Einzelmerkmale am ehesten für eine erforderliche Abänderung in Betracht kommen. Gerade der Umstand, dass der Erstbeurteiler im Fall des Klägers an seinem Vorschlag gleichwohl festhielt, lässt eine starre Vorgabe im Sinne einer "Weisung" nicht erkennen. Im Übrigen haben selbst die Herabsetzungen des Zweitbeurteilers an der Einordnung des Klägers in der Reihung nichts geändert.

Letztlich liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Artikel 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen verschieden behandelt wird, obwohl sich hierzu bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die Differenzierung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 83, 89 [107]). Das in Rede stehende Beurteilungsverfahren wird indes nicht nur in Bezug auf alle im Bereich des Polizeipräsidiums Trier eingesetzten Polizeibeamten gleichmäßig angewandt, es entspricht auch demjenigen anderer Polizeipräsidien im Geltungsbereich des Beklagten. Da der Kläger mit seinem Beurteilungsergebnis vornehmlich gegenüber diesen Beamten seines Statusamtes in Konkurrenz tritt, scheidet eine gleichheitssatzwidrige Benachteiligung aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 132 VwGO, § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz oder § 219 LBG vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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