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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 04.03.2004
Aktenzeichen: 2 A 11942/03.OVG
Rechtsgebiete: LBG, BBG, BGB


Vorschriften:

LBG § 86 Abs. 1 Satz 1
LBG § 86 Abs. 1
LBG § 86
BBG § 78 Abs. 1 Satz 1
BBG § 78 Abs. 1
BBG § 78
BGB § 249
Ist die Einschaltung eines Detektivbüros erforderlich, um einem Beamten außerhalb der Diensträume begangene Pflichtverletzungen nachzuweisen, so kann der Dienstherr grundsätzlich den Ersatz der ihm dadurch entstandenen Kosten vom Beamten verlangen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 A 11942/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Schadensersatz

hier: Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 4. März 2004, an der teilgenommen haben Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 1.291,06 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger war als Landesbeamter im Post- und Botendienst beim Finanzamt eingesetzt. Zu seinen Aufgaben gehörte es, mit dem Dienstwagen Fahrten zu anderen Finanzämtern durchzuführen. Während dieser Kurierfahrten suchte er bereits im Jahre 1998 mehrfach seine Wohnung auf, was ihm sein Dienstvorgesetzter daraufhin ausdrücklich untersagte. Trotz dieses Verbotes hielt sich der Kläger während weiterer Dienstfahrten im Jahre 2000 wiederholt für jeweils ca. eine Stunde in seiner Wohnung auf. Um ihm sein erneutes Fehlverhalten nachweisen zu können, beauftragte der Dienstvorgesetzte des Klägers ein gewerbliches Detektivbüro, das ihn an mehreren Tagen beim Aufsuchen seiner Wohnung beobachtete. Nach Abschluss des daraufhin eingeleiteten Disziplinarverfahrens nahm der Beklagte den Kläger auf Ersatz der für die Überwachung entstandenen Kosten in Anspruch. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die Beauftragung der Detektei nicht erforderlich gewesen sei. Es hätte ausgereicht, ihn mit den Vorwürfen zu konfrontieren, zumal er diese später eingeräumt habe.

II.

Der zulässige Antrag des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die von ihm allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 19. Dezember 2002, mit dem der Beklagte den Kläger zum Ersatz der für seine Überwachung entstandenen Kosten herangezogen hat, zu Recht abgewiesen. Dieser findet seine Rechtsgrundlage in § 86 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG -. Nach dieser Vorschrift hat ein Landesbeamter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, seinem Dienstherrn den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Vorinstanz ohne Rechtsfehler bejaht.

Dass der Kläger mit seinem Verhalten seine ihm gegenüber dem Dienstherrn bestehenden Dienstpflichten vorsätzlich verletzt hat, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und bedarf wegen der offenliegenden Pflichtverstöße keiner näheren Erörterung. Entgegen der Auffassung des Klägers umfasst der durch sein pflichtwidriges Verhalten entstandene Schaden diejenigen Vermögenseinbußen, die sich daraus ergeben haben, dass sein Dienstvorgesetzter zum Nachweis der pflichtwidrig eingelegten "Pausen" ein Detektivbüro eingeschaltet hat. Für den hierdurch entstandenen Vermögensschaden des Beklagten sind die Dienstpflichtverletzungen des Klägers ursächlich.

Nach dem auch im öffentlichen Dienstrecht geltenden Schadensbegriff des § 249 BGB besteht der Schaden im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG in dem Unterschied zwischen der Vermögenslage, wie sie sich infolge der schuldhaften Dienstpflichtverletzung ergeben hat, und derjenigen Vermögenslage, die bestanden hätte, wenn die Dienstpflichtverletzung unterblieben wäre (vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 78 Abs. 1 Satz 1 BBG: BVerwGE 115, 15 [16]). Der darüber hinaus erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen einer beamtenrechtlichen Pflichtverletzung und dem hierdurch entstandenen Schaden liegt vor, wenn die begangene Dienstpflichtverletzung für einen objektiven Betrachter nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet war, den Schaden herbeizuführen. Anders ausgedrückt scheiden solche Bedingungen für den Schadenseintritt aus, die ihrer Natur nach für die Entstehung des Schadens gleichgültig sind und den Erfolg nur durch eine Verkettung ungewöhnlicher Umstände herbeigeführt haben (sog. Adäquanztheorie, vgl. hierzu: BVerwGE, 69, 334 [336]; 70, 296 [300]; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. August 2001, IÖD 2001, 268; Franke in Fürst, GKÖD I, § 78 BBG Rz. 48).

Unter Beachtung dieser Grundsätze war die Pflichtverletzung des Klägers adäquat kausal für die Inanspruchnahme eines Detektivbüros. Zwar wird eine solche Maßnahme nicht schon bei jeder Pflichtverletzung in Betracht kommen, da bei einem Beamten, vor allem wenn er disziplinarrechtlich zuvor noch nicht in Erscheinung getreten ist, grundsätzlich von seiner Pflichtentreue auszugehen ist. Anders ist die Sachlage aber dann zu beurteilen, wenn der Beamte seinem Dienstherrn aufgrund seines zuvor an den Tag gelegten Verhaltens hinreichenden Anlass zu Ermittlungen gegeben hat und diese mit eigenem Personal nicht zumutbar durchzuführen sind. So verhält es sich hier, da der Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach disziplinarrechtlich erhebliche Verfehlungen begangen hat. So hat er im Jahre 1997 die Frankiermaschine des Finanzamtes für private Zwecke missbraucht und fiel nur ein Jahr später (erstmals) wegen überlanger Fahrtzeiten auf. Indem er im Jahr 2000 innerhalb der regulären Dienstzeit wiederum seine Wohnung aufsuchte (obwohl ihm dies im November des Jahres 1998 strikt untersagt worden war), hat der Kläger einen ganz erheblichen Mangel an Pflichtbewusstsein offenbart.

Berücksichtigt man weiter, dass der Beklagte den Nachweis für das Vorliegen eines Dienstvergehens zu führen hat, ist die Verhaltensweise des Dienstvorgesetzten des Klägers auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt. Denn der Kläger hatte schon früher den Eindruck erweckt, dass begangene Dienstpflichtverletzungen von ihm nicht ohne weiteres eingeräumt werden, sondern ihm jeweils nachgewiesen werden müssen. So hat er die durch Pausen in seiner Privatwohnung entstandenen Fehlzeiten im Verlauf des disziplinarrechtlichen Vorverfahrens zunächst abgestritten. Gleiches gilt hinsichtlich des unberechtigten Gebrauchs der Frankiermaschine sowie in Bezug auf sein Verhalten im Zusammenhang mit der Zerstörung des Bedienfeldes der Feuerwarnanlage (vgl. die Ausführungen des Vorstehers des Finanzamtes in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2003 sowie die sich hierauf stützenden und mit Zulassungsrügen nicht angegriffenen Ausführungen der Vorinstanz, Urteilsabdruck S. 8).

Zum Nachweis des sich im Jahre 2000 erneut ergebenden Verdachts einer Dienstpflichtverletzung im Zusammenhang mit den Kurierfahrten des Klägers brauchte der Beklagte sich nicht der Mitarbeiter der Finanzverwaltung zu bedienen. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung herausgearbeitet, so dass entsprechend § 130 b Satz 2 VwGO auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (Urteilsabdruck S. 7) verwiesen werden kann. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung der Vorinstanz, wonach der Nachweis der außerhalb des Finanzamtes erfolgten Dienstpflichtverletzungen nur durch entsprechend ausgebildetes Personal (Detektive) effektiv zu erbringen war und derartige Ermittlungen gegen den eigenen Kollegen den Bediensteten des Finanzamtes nicht zumutbar gewesen sind.

Die vom Kläger hiergegen angeführten Gesichtspunkte ändern an diesem Ergebnis nichts. Sein Zulassungsantrag setzt sich insoweit mit den für die Entscheidungsbildung des Verwaltungsgerichts maßgebenden Erwägungen nicht hinreichend auseinander. Soweit von ihm die Ausführungen des von der Vorinstanz als Zeugen vernommenen Vorstehers des Finanzamts als "unerheblich" eingestuft werden, sind hiermit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts dargelegt. Denn gerade die früheren Verhaltensweisen des Klägers ergaben für seinen Dienstvorgesetzten die Notwendigkeit einer sicheren Beweisführung. Da die vom Kläger in diesem Zusammenhang geforderte vorherige Konfrontation mit den Vorwürfen ihn nur gewarnt hätte, bestand auch kein "einfacherer, schnellerer oder effektiverer" Weg, ihm seine Dienstverfehlungen nachzuweisen. Die gegenteilige Auffassung des Klägers ist - auch unter Berücksichtigung der mit Zulassungsrügen nicht zutreffend angefochtenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der von ihm an den Tag gelegten Diensteinstellung - lebensfremd.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 3 GKG.



Ende der Entscheidung

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