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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.05.2004
Aktenzeichen: 2 A 12079/03.OVG
Rechtsgebiete: GG, BGB, LBG, SchulG


Vorschriften:

GG Art. 34
GG Art. 34 Satz 1
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
LBG § 86
LBG § 86 Abs. 1
LBG § 86 Abs. 1 Satz 1
LBG § 64
LBG § 65
SchulG § 2
SchulG § 2 Abs. 1
SchulG § 59
1. Beschädigt eine im Dienst des Landes stehende Lehrkraft vorsätzlich oder grob fahrlässig eine vom kommunalen Schulträger für den Unterrichtsgebrauch beschaffte Sache, so kann dieser als Träger der Sachkosten vom Land die Geltendmachung des Schadens im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber der Lehrkraft verlangen.

2. Zu den Sorgfaltsanforderungen beim Gebrauch von Fotokopiergeräten zur Herstellung von Fotokopien auf Plastikfolien.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 A 12079/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Ersatzes von Sachschaden

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2004, an der teilgenommen haben

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte, mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die diese jeweils selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klage ist auf Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gerichtet.

Der Kläger ist Träger des Gymnasiums in D-Stadt, an dem die im Dienst des Beklagten stehende Beigeladene in der Zeit vom Februar bis Juli 1999 als Lehrerin eingesetzt war. In Ausübung dieser Tätigkeit verursachte sie am 26. Mai 1999 einen Sachschaden, als sie ein vom Kläger geleastes Fotokopiergerät durch die Verwendung einer hierfür nicht geeigneten Plastikfolie beschädigte. Die Folie hatte die Beigeladene von der Schulsekretärin erhalten. Für die Behebung des eingetretenen Schadens musste der Kläger einen Betrag von 1.550,83 DM (= 792,93 €) aufwenden.

Nachdem der Kläger zunächst die Beigeladene - erfolglos - zum Ersatz des Schadens aufgefordert hatte, wandte er sich in den Jahren 2000 und 2001 mehrfach an den Beklagten mit dem Antrag, die entstandenen Reparaturkosten als Drittschaden bei der Beigeladenen geltend zu machen. Als diese mit Schreiben vom 5. April 2001 erklärte, dass ihrer Meinung nach die Schulsekretärin eine Mitschuld an der Entstehung des Schadens treffe, lehnte der Beklagte gegenüber dem Kläger noch im gleichen Monat die geforderte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ab.

Mit seiner am 20. Dezember 2002 erhobenen Klage hat der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Geltendmachung und anschließenden Abführung des Schadensersatzes begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte den entstandenen Schaden von der Beigeladenen im Wege der sog. Drittschadensliquidation einfordern müsse, da ihm - dem Kläger - keine eigene Anspruchsgrundlage zur Seite stehe. Demgegenüber habe der Beklagte nach beamtenrechtlichen Grundsätzen einen Ersatzanspruch gegen die Beigeladene, da diese den Schaden durch Verwendung einer zum Fotokopieren nicht geeigneten Folie grob fahrlässig verursacht habe. Die Beigeladene sei von der Schulsekretärin ausdrücklich danach gefragt worden, ob sie die Folie für den Overhead-Projektor oder zum Kopieren benötige. Hierauf habe sie geantwortet, dass sie die Folie für den Overhead-Projektor brauche.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, gegen die Beigeladene einen Ersatzanspruch in Höhe von 792,93 € im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen und an ihn abzuführen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass sie von der Schulsekretärin lediglich danach gefragt worden sei, ob die Folie zum Beschriften gebraucht werde. Eine weitergehende Frage, ob die Folie zum Kopieren oder zum Beschriften von Hand benutzt werden solle, habe die Schulsekretärin ihr nicht gestellt. Auch sei über dem Kopiergerät kein Hinweisschild angebracht gewesen. Im Übrigen sei sie weder im Gebrauch des Fotokopierers unterwiesen noch auf die Folgen der Verwendung ungeeigneter Kopierfolien hingewiesen worden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2003 ergangene Urteil stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger aus dem zwischen Schulträger und Land bestehenden Gemeinschaftsverhältnis ein Anspruch gegen den Beklagten auf Geltendmachung des Schadens, der durch die unsachgemäße Benutzung des Kopiergerätes durch die Beigeladene entstanden sei, im Wege der Drittschadensliquidation zustehe. Die Voraussetzungen dieses, auch im Beamtenrecht anerkannten, Rechtsinstituts lägen vor, weil der Kläger einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch weder gegen den Beklagten noch gegen die Beigeladene habe und die Vermögensschädigung im Rahmen eines obhutsähnlichen Verhältnisses eingetreten sei. Der Beigeladenen sei eine Verletzung der ihr obliegenden Pflicht, die ihr im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit zur Verfügung gestellten Lehrmittel pfleglich zu behandeln und vor Schäden zu bewahren, vorzuwerfen. Diese Pflicht habe sie grob fahrlässig verletzt, weil sie von der Schulsekretärin ausdrücklich nach der Art des Gebrauchs der benötigten Folie gefragt worden sei. Daher habe es sich ihr geradezu aufdrängen müssen, dass zwischen den beiden vorgehaltenen Folienarten ein Unterschied bestehe und gerade nicht jede Art von Folie kopiergeeignet sei. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass über dem Kopiergerät ein Schild angebracht gewesen sei, wonach Folien für den Kopierer ausschließlich im Sekretariat erhältlich seien. Die dort tätige Schulsekretärin sei besonders sensibilisiert gewesen, weil seinerzeit mehrfach Schäden an der Druckwalze des Fotokopierers durch Verwendung nicht geeigneter Folien entstanden seien.

Mit der - vom Verwaltungsgericht in dem Urteil zugelassenen - Berufung vertritt der Beklagte auch weiterhin die Auffassung, dass die Voraussetzungen des Rechtsinstituts der Drittschadensliquidation nicht gegeben seien, weil diese gerade im öffentlichen Recht restriktiv anzuwenden sei. Da der Kläger gegen die Beigeladene einen eigenen (deliktsrechtlichen) Ersatzanspruch habe, sei auch ohne die Anwendung der Drittschadensliquidation eine angemessene und dem Gerechtigkeitsgefühl entsprechende Lösung erreichbar. Weil die deliktische Haftung schon bei leichter Fahrlässigkeit eingreife, müsse allerdings der Haftungsmaßstab den beamten- und tarifrechtlichen Regelungen zur Haftung entnommen werden, so dass eine Ersatzpflicht im Verhältnis zum Schulträger erst bei grober Fahrlässigkeit eintrete. Das Haftungsprivileg des § 839 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - stehe der Anwendung einer derartigen Rechtsanalogie nicht entgegen, da diese Norm nicht im Verhältnis Lehrkraft und Schulträger greife.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und hält unter Ergänzung und Vertiefung seiner bisherigen Ausführungen daran fest, dass die Zulässigkeit der Drittschadensliquidation in Fällen der vorliegenden Art sowohl durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch durch den erkennenden Senat anerkannt sei. Hinzuweisen sei auch auf eine Landesverordnung, in der eine Zuständigkeitsregelung für das Verlangen von Schadensersatz getroffen worden sei.

Die Beigeladene, die sich dem Antrag des Beklagten anschließt, ist nach wie vor der Auffassung, dass ihr keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei. Sie sei von der Schulsekretärin lediglich gefragt worden, ob die Folie beschriftet werden solle. Dies habe sie - die Beigeladene - bejaht, da sie mit einer unbeschrifteten Folie im Unterrichtsgebrauch keinen Nutzen habe ziehen können. Als die Schulsekretärin die Folie aus dem Schrank gezogen habe, habe sie - die Beigeladene - nicht feststellen können, ob es sich bei der herausgegebenen Folie um eine besonders hitzebeständige oder um eine "normale" Folie gehandelt habe. An ein Hinweisschild über dem Fotokopierer könne sie sich nicht erinnern. Sie habe auch nicht damit rechnen müssen, dass ein derartiger Schaden eintreten werde, zumal die Fertigung einer Fotokopie im Schulbetrieb ein alltäglicher Vorgang sei. Der Vorfall, bei dem ein Schüler durch eine mitgebrachte Folie den Kopierer beschädigt hatte, habe vor ihrer Zuweisung zum Gymnasium stattgefunden.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem Inhalt der zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie den vorgelegten Verwaltungsvorgängen (2 Hefter), die sämtlich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, den durch die Verwendung einer zum Fotokopieren nicht geeigneten Folie entstandenen Schaden des Klägers (in der - von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogenen - Höhe der Reparaturkosten von 792,93 €) gegenüber der Beigeladenen geltend zu machen und das hierbei Erlangte anschließend an den Kläger abzuführen.

1. Die Pflicht zur Geltendmachung des durch das Verhalten der Beigeladenen entstandenen Schadens durch den Beklagten folgt aus dem zwischen ihm und dem Kläger als Träger des Gymnasiums bestehenden schulrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis. Gemäß §§ 2 Abs. 1, 59 Satz 1 des Landesgesetzes über die Schulen in Rheinland-Pfalz (Schulgesetz - SchulG -) wirken das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften bei der Erfüllung des Auftrags der Schule zusammen. Im Rahmen dieses Gemeinschaftsverhältnisses stellt das Land die Lehrkräfte und kommt für die hiermit verbundenen Personalkosten auf (§§ 61 Abs. 1, 62 Abs. 1 SchulG), während der kommunale Schulträger gemäß §§ 61 Abs. 3, 62 Abs. 2 SchulG alle sonstigen Aufwendungen, insbesondere die Sachkosten trägt, zu denen auch Reparaturkosten für einen geleasten Fotokopierer zählen. Aus diesem besonderen verwaltungsrechtlichen Verhältnis zwischen dem Dienstherrn der in den Schulen eingesetzten Lehrkräfte einerseits und dem kommunalen Schulträger andererseits ergibt sich für den Beklagten die Verpflichtung, bei von seinen Lehrkräften schuldhaft verursachten Schäden die ihm als Dienstherr zur Verfügung stehenden Ersatzansprüche diesen gegenüber auch ohne eigenen Schaden geltend zu machen und den dabei erhaltenen Schadensersatz an den kommunalen Schulträger abzuführen, sofern der Schulträger über keine eigenen Ersatzansprüche verfügt. Letzteres ist hier der Fall, weil der kommunale Schulträger bei Beschädigungen von schuleigenen (bzw. - wie hier - geleasten) Gegenständen durch Lehrer als Träger der Sachkosten zwar regelmäßig einen Schaden, jedoch keine (unmittelbare) Rechtsgrundlage für einen Ersatzanspruch gegenüber dem Land oder der Lehrkraft hat. Um den Schulträger vor hierdurch entstehenden, unbilligen Ergebnissen zu schützen, ist in verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08. Dezember 1994, Buchholz 237.6 § 86 NdsLBG Nr. 3; Urteile des Senats vom 18. Mai 1988, AS 22, 196 [199] und 5. Dezember 1997, AS 27, 81 [92 f.]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04. April 1973, ZBR 1974, 337) und Literatur (Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, Stand März 2004, § 78 Rn. 46 a; Franke, in: Fürst, GKÖD, Stand Mai 2004, § 78 BBG Rn. 41; Weiss/Niedermayer/Summer/Zängl, BayBG, Stand Januar 2004, Art. 85 Anm. 13 b; Battis, BBG, 2. Auflage, § 78 Rdnr. 10; Burmeister, Die Haftung des niedersächsischen Schulleiters gegenüber dem Schulträger, PersV 1997, S. 481 ff.; Beckmann, Zum Schadensersatzanspruch des Dienstherrn gegen den Beamten, ZBR 2004, S. 109 ff.) nahezu einhellig anerkannt, das im Zivilrecht für bestimmte Fallkonstellationen vertraute Institut der Schadensliquidation im Drittinteresse (vgl. BHGZ 40, 91 [100]) auf die Haftung von Bediensteten der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden.

Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger vom Beklagten eine solche Liquidation seines Schadens gegenüber der Beigeladenen verlangen kann, sind im hier zu entscheidenden Fall erfüllt. Insbesondere stehen dem Kläger gegenüber dem Beklagten keine Amtshaftungsansprüche aus Art. 34 Satz 1 Grundgesetz - GG - i.V.m. § 839 Abs. 1 BGB zur Seite. Denn die Erfüllung des Schulauftrags ist - wie vorstehend dargelegt - dem Land als Dienstherrn der Lehrkräfte und dem Kläger als kommunalem Schulträger gemeinsam auferlegt. In diesem schulrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis tritt, wie auch von der Berufung nicht in Zweifel gezogen wird, der Kläger dem Beklagten nicht als Außenstehender und somit nicht als "Dritter" im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG, § 839 Abs. 1 BGB gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1973, BGHZ 60, 371). Dies schließt nach allgemeiner Ansicht (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, § 78 Rn. 46, m. w. N.) von vornherein aus, den Schaden wegen Verletzung einer Amtspflicht geltend zu machen.

Auf eine unmittelbare Inanspruchnahme der Beigeladenen kann der Kläger gleichfalls nicht verwiesen werden. In Betracht zu ziehen ist hierfür in erster Linie ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Dienstpflicht aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG - (i.V.m. § 14 Bundesangestellten-Tarifvertrag - BAT -). Deren erfolgreiche Geltendmachung scheitert jedoch daran, dass der Kläger nicht "Dienstherr" der Beigeladenen ist. Weder ist der kommunale Schulträger gegenüber den in seinen Gebäuden unterrichtenden Lehrern als Dienstvorgesetzter weisungsbefugt noch trifft die im Dienst des Landes stehenden Lehrkräfte eine dem Schulträger gegenüber wirkende Dienstpflicht. Die von den Lehrern zu erbringende Unterrichtstätigkeit wird, ebenso wie die damit verbundenen Vor- und Nachbereitungen, vielmehr nur im Verhältnis zum Land als Anstellungskörperschaft geschuldet. Da jedoch § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG ausschließlich den Dienstherrn begünstigt, kann der Kläger aus dieser Haftungsgrundlage nicht erfolgreich gegen die Beigeladene vorgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1985, NVwZ 1985, 904 - zu einer entsprechenden Vorschrift -; Franke, in: Fürst, GKÖD, § 78 Rn. 14; Beckmann, a. a. O., S. 115; das Urteil des BGH vom 7. Mai 1973, BGHZ 60, 371, beruht auf Besonderheiten des bayerischen Landesrechts und ist deshalb nicht übertragbar).

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Kläger gegen die Beigeladene aber auch keine unmittelbare Anspruchsgrundlage für den Ersatz des ihm entstandenen Schadens aus den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 823 ff. BGB. Abgesehen davon, dass der geltend gemachte Ersatz der gezahlten Reparaturkosten für das vom Kläger geleaste Fotokopiergerät als Vermögensschaden nicht unter die in § 823 Abs. 1 BGB aufgeführten Rechtsgüter fällt, so dass schon aus diesem Grund ein Vorgehen aus Deliktsrecht nicht Erfolg versprechend sein kann, ist die Haftung von Landesbediensteten in § 86 LBG abschließend und erschöpfend geregelt. Dies gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung jedenfalls bei Vorliegen eines besonderen Näheverhältnisses zwischen dem anspruchsberechtigten Dienstherrn und der geschädigten Stelle - wie hier -. § 86 LBG bewirkt in diesen Fällen - ebenso wie die bundesrechtlichen Haftungsnormen des § 78 Bundesbeamtengesetz bzw. § 34 Zivildienstgesetz - eine Anspruchskonzentration, die Haftungsvorschriften des allgemeinen Rechts und damit auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung ausschließt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. April 1977, BVerwGE 52, 255 [256] und vom 13. Oktober 1994, DÖD 1995, 252; Beschluss vom 8. Dezember 1994, NJW 1995, 978).

Diese Anspruchskonzentration führt zu einer Beschränkung der Haftung des Beamten (bzw. des Angestellten, entsprechend § 14 BAT) auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten, was ausdrücklich Zweck der Neufassung des § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG durch Artikel 1 Nr. 26 des 2. Landesgesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1993 (GVBl. S. 647) war und dem Geschädigten wegen des Näheverhältnisses bei der Aufgabenwahrnehmung auch zumutbar ist. Damit erübrigen sich die Erwägungen des Beklagten, dasselbe Ziel durch eine restriktive Anwendung der zivilrechtlichen Delikthaftung zu erreichen.

In derartigen Fällen der gemeinsamen Aufgabenerfüllung durch das Land und die kommunalen Schulträger steht für die Heranziehung der Lehrkräfte zum Schadensersatz durch das Rechtsinstitut der Drittschadensliquidation ein effektives und die Interessen der Beteiligten angemessen berücksichtigendes Rechtsinstitut zur Verfügung. So hat etwa der Dienstherr (und nicht der Geschädigte) bei einer Inanspruchnahme der Lehrkraft für einen Drittschaden zu prüfen, ob - z. B. wegen einer außergewöhnlichen Schadenshöhe oder aus sonstigen Fürsorgegründen - eine Stundung oder die Einräumung von Ratenzahlungen in Betracht kommt. Zudem würde sich der Landesbedienstete entgegen dem in Art. 34 Satz 1 GG zum Ausdruck kommenden Grundsatz in derartigen Fällen einem möglichen Schadensersatzbegehren außerhalb seines Dienstverhältnisses ausgesetzt sehen. Ein solches Haftungs- und Prozessrisiko soll nach der gesetzlichen Wertung - wie oben dargelegt - jedoch gerade vermieden werden.

2. Die danach grundsätzlich anwendbare Schadensliquidation im Drittinteresse führt auch im konkreten Fall zum Erfolg, weil - was für die Stattgabe der hierauf gerichteten Klage weiter erforderlich ist - die Voraussetzungen der beamtenrechtlichen Haftung gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG (i. V. m. § 14 BAT) durch das Verhalten der Beigeladenen beim Schadensfall vom 26. Mai 1999 erfüllt sind. Denn indem sie eine hierfür nicht geeignete Folie zum Kopieren verwendete, hat sie die ihr auferlegten Pflichten im Sinne von §§ 64, 65 LBG (i. V. m. § 8 Abs. 1 BAT) verletzt. Im unmittelbaren Verhältnis zum Dienstherrn gehört es - wie auch von der Beigeladenen nicht in Zweifel gezogen wird - zur selbstverständlichen Pflicht einer Lehrerin, für den Unterrichtsgebrauch verwendete Gegenstände vor vermeidbaren Schäden zu bewahren.

Die Pflichtverletzung erfolgte auch, wie § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG weiter voraussetzt, grob fahrlässig. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht mit eingehender Begründung zutreffend herausgearbeitet, so dass gemäß § 130 b Satz 2 VwGO auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden kann. Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Beigeladenen zu bemerken, dass sie auch nach Auffassung des Senats die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten beim Gebrauch des Fotokopierers besonders schwerwiegend verletzt hat.

Grob fahrlässig im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG handelt derjenige, der die im konkreten Einzelfall erforderliche Sorgfalt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB) im Umgang mit dienstlich bereitgestellten Gegenständen in besonders schwerem Maße missachtet; wer mit anderen Worten das nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten musste, und wer selbst einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1996, NJW 1997, 1012 [1013]); Grabendorff/Arend, LBG Rheinland-Pfalz, Stand: August 2003, Teil B, § 86 Erl. 1. c); Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, § 78 Rdnr. 25, jeweils m. w. N.; vgl. insoweit auch die sozialhilferechtliche Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Diesen Vorwurf kann man der Beigeladenen nicht ersparen.

Zunächst ist es entgegen ihrer Auffassung beim Gebrauch eines Fotokopierers durchaus kein "alltäglicher Vorgang", ein Schriftstück auf eine Plastikfolie zu kopieren. Im Unterschied zum Kopieren auf Papier, bei dem man sich des im Kopiergerät vorhandenen Papiervorrats bedient, erfordert das Kopieren auf Folie besondere Arbeitsschritte, wie insbesondere das individuelle Einlegen des Kopieträgers. Das ist ein nicht alltäglicher Gebrauch des Fotokopierers. Von daher musste es sich der Beigeladenen geradezu aufdrängen, einen derartigen Vorgang erst nach vorheriger Rücksprache mit der Schulsekretärin oder einem sonst zuständigen (technischen) Mitarbeiter der Schule vorzunehmen. Dies gilt umso mehr, als der Beigeladenen - wie sie selbst vorträgt - die Funktionsweise des Kopierers wegen der seinerzeit erst kurz zuvor erfolgten Aufnahme ihrer Tätigkeit am Gymnasium im Einzelnen nicht bekannt war. Bei einer solchen Sachlage durfte das Unterbleiben einer allgemeinen Unterweisung der Schule im Umgang mit dem Kopiergerät die Beigeladene nicht zur Sorglosigkeit verleiten. Vielmehr muss in derart atypischen Fällen die Initiative für eine Unterweisung vom Bediensteten ausgehen, zumal schon wegen des relativ hohen Wertes des zur Verfügung gestellten Gerätes die Sorgfaltsanforderungen beim Gebrauch deutlich erhöht sind (vgl. zu diesem Sorgfaltsmaßstab: Beschluss des Senats vom 26. Februar 2004, IÖD 2004, 123).

Dies berücksichtigend genügte es keineswegs, die Schulsekretärin lediglich um eine nicht näher definierte "Folie" zu bitten und auf die in diesem Zusammenhang erfolgende Nachfrage, wofür sie - die Beigeladene - die Folie denn benötige, ohne weitere Erläuterung mit der Formulierung "zum Beschriften" zu antworten. Denn im allgemeinen Sprachgebrauch wird ein Kopiervorgang keinesfalls mit einem "Beschriften" gleichgesetzt. Das gilt insbesondere dann, wenn (wie der Beigeladenen bekannt war) zugleich Folien für den Gebrauch am Overhead-Projektor vorgehalten werden. Des Weiteren wäre die Beigeladene auch wegen der ungewöhnlichen Frage der Schulsekretärin in jedem Fall verpflichtet gewesen, sich ihrerseits durch Rückfrage eines ungefährlichen Gebrauchs der ihr übergebenen Folie zu vergewissern. Indem sie das alles unterließ, hat sie gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten in besonders schwerwiegender Weise verstoßen, so dass sie für den durch ihr Verhalten (adäquat kausal) entstandenen Schaden haftet.

Die dadurch eingetretene Vermögensschädigung erfolgte, was für die Anwendbarkeit einer Drittschadensliquidation weiter erforderlich ist, auch im Rahmen eines zwischen den Beteiligten bestehenden Obhutverhältnisses. Dieses ergibt sich aus dem gemeinsamen Pflichtenkreis des Klägers als Träger des Gymnasiums und des Beklagten als Dienstherr der dort eingesetzten Lehrkräfte. Der ihnen gemeinsam übertragene Schulauftrag (§§ 2, 59 SchulG) ist sinnvoll nur dann zu erfüllen, wenn die im Dienst des Landes stehenden Lehrkräfte mit den vom Schulträger zur Verfügung gestellten Gegenständen sorgfältig umgehen und ihn insofern vor Schäden bewahren.

Der Ersatzanspruch ist schließlich nicht verjährt, da die Verjährungsfrist des § 86 Abs. 2 LBG noch nicht abgelaufen ist. Auch insoweit kann auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden. Danach tritt - wie von der Berufung nicht in Zweifel gezogen wird - in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 2 Satz 2 LBG an die Stelle des Zeitpunktes, in dem der Dienstherr vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat (§ 86 Abs. 2 Satz 1 LBG) derjenige Zeitpunkt, in dem die Notwendigkeit des Dienstherrn zum Tätigwerden gegenüber seinem Bediensteten diesem gegenüber rechtskräftig festgestellt wird. Gegen diese rechtliche Bewertung ist nichts zu erinnern. Denn die Interessenlage ist sowohl in Fällen der mittelbaren Schädigung des Dienstherrn als auch bei Vorliegen einer Drittschadensliquidation die gleiche: in beiden Fällen hat der Dienstherr das vom Bediensteten Erlangte letztlich (lediglich) weiterzuleiten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG genannten Art nicht vorliegen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 792,93 € festgesetzt (§§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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