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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 2 B 11281/06.OVG
Rechtsgebiete: LBG, HochSchG, LV


Vorschriften:

LBG § 55
LBG § 55 Abs. 2
LBG § 55 Abs. 2 Satz 1
LBG § 54
LBG § 54 Abs. 1
LBG § 54 Abs. 1 Satz 1
LBG § 186
LBG § 186 S. 1
HochSchG § 81
HochSchG § 81 Abs. 1
HochSchG § 81 Abs. 1 Satz 1
HochSchG § 81 Abs. 1 Satz 2
LV Art. 39
Eine Verneinung des dienstlichen Interesses an der Verlängerung der aktiven Dienstzeit eines Hochschulpräsidenten (hier: Präsident der Fachhochschule M.) wegen des im Hochschulbereich bestehenden Bedürfnisses nach Innovation ist rechtlich nicht zu beanstanden.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

2 B 11281/06.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Hinausschiebens des Ruhestands hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 23. November 2006, an der teilgenommen haben Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 19.684,50 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - unter Vorwegnahme der Hauptsache aufzugeben, den Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand um ein Jahr bis zum 30. April 2008 hinauszuschieben. Auch nach Auffassung des Senats hat der Antragsteller den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung). Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist bereits der Tatbestand des § 55 Abs. 2 Satz 1 Landesbeamtengesetz - LBG - nicht erfüllt. Es spricht alles dafür, dass die Verneinung des dienstlichen Interesses an der Verlängerung der aktiven Dienstzeit des Antragstellers nicht zu beanstanden ist. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Beschluss im Einzelnen ausführlich und überzeugend dargelegt. Auf diese Ausführungen, denen sich der Senat anschließt, wird entsprechend § 130 b Satz 2 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Auch das Beschwerdevorbringen des Antragstellers legt keinen sachlichen Ansatzpunkt dar, der zur Annahme eines dienstlichen Interesses durch den Antragsgegner führen müsste. Im Hinblick darauf ist lediglich ergänzend auszuführen:

Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 LBG besteht für den Dienstherrn die Möglichkeit, ausnahmsweise auf Antrag im Einzelfall den Eintritt in den Ruhestand abweichend von der gemäß § 186 Satz 1 LBG auch für Beamte auf Zeit geltenden Regelaltersgrenze des vollendeten 65. Lebensjahres (§ 54 Abs. 1 Satz 1 LBG) zeitlich hinauszuschieben, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Nach der Konzeption des Gesetzgebers muss die Dienstzeitverlängerung ihre sachliche Rechtfertigung im dienstlichen Bereich finden. Erforderlich ist die positive Feststellung, dass der Dienstherr mit Blick auf die ihm übertragenen Aufgaben ein sachlich nachvollziehbares Interesse an der Weiterbeschäftigung des konkreten Beamten auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres hat. Denn das dienstliche Interesse im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBG bezeichnet das Interesse des Dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung. Es bestimmt sich mithin ausschließlich nach dem gesetzlichen Auftrag der Behörde und den dort vorhandenen personalwirtschaftlichen und organisatorischen Möglichkeiten. Die steigende Lebenserwartung und das damit einhergehende Bedürfnis nach individueller Bestimmung der persönlichen (Lebens)Arbeitszeit spielen indessen - entgegen der Ansicht des Antragstellers - bei der Bestimmung des dienstlichen Interesses keine Rolle. Ihnen hat der Gesetzgeber vielmehr abschließend durch die Einräumung des Antragsrechts Rechnung getragen, wodurch die Initiative für eine Dienstzeitverlängerung auch von den Beamten selbst ausgehen kann (vgl. Amtl. Begr. des Gesetzesentwurfs der Landesregierung, LT-Drucks. 14/953, S. 10 und 12).

Ein anderes Normverständnis ist auch nicht mit Rücksicht auf das Hochschulrecht geboten. Insbesondere beruft sich der Antragsteller ohne Erfolg darauf, dass für die Dauer der Amtszeit ein dienstliches Interesse an dem Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand von Hochschulpräsidenten wegen des den Hochschulen in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Verfassung für Rheinland-Pfalz gewährleisteten Rechts der Selbstverwaltung allein schon bei deren Leistungsbereitschaft und -fähigkeit anzunehmen ist. Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 Hochschulgesetz - HochSchG - sind Hochschulpräsidenten nach den Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes zu Beamten auf Zeit zu ernennen. Damit gilt für diese kraft Hochschulrechts das allgemeine Beamtenrecht mit den Abweichungen, die in §§ 185 ff. LBG normiert sind. Dies wird bestätigt durch die Bestimmung des § 81 Abs. 1 Satz 2 HochSchG. Sie regelt die Voraussetzungen, unter denen Hochschulpräsidenten in den Ruhestand treten. Dabei behandelt das Hochschulrecht an dieser Stelle ausdrücklich den sich nach beamtenrechtlichen Vorschriften vollziehenden Eintritt in den Ruhestand als gleichrangige Alternative im Verhältnis zum Ablauf der Amtszeit nach § 81 Abs. 1 Satz 1 HochSchG (s. zur vergleichbaren Problematik bei kommunalen Wahlbeamten auf Zeit: VGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. November 2006 - VGH B 27/06 und VGH A 28/06 -).

Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben ist die Verneinung des dienstlichen Interesses durch den Antragsgegner bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung, auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner stützt die ablehnende Entscheidung bei verständiger Würdigung seiner Ausführungen auf das im Hochschulbereich sowohl generell als auch in der aktuellen (Umbruch)Situation der Fachhochschule M. bestehende Bedürfnis nach Innovation. Das Amt des Hochschulpräsidenten sei kraft Gesetzes als Zeitbeamtenverhältnis mit relativ kurzer Amtszeit ausgestaltet und damit auf einen regelmäßigen personellen Wechsel ausgelegt. Das Präsidentenamt dürfe auch in der gegenwärtigen Situation nicht statisch gesehen werden. Die anstehenden Aufgaben beispielsweise im Zusammenhang mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge beträfen fortlaufende Entwicklungsprozesse. Dies mache es erforderlich, regelmäßig neue Aspekte und Ideen in die Hochschulleitung einzubringen. Auch im Zusammenhang mit den übrigen vom Antragsteller aufgezählten Aufgabenbereichen (Neubau der Fachhochschule, Einführung des Globalhaushaltes sowie des Flächenmanagements und Erarbeitung eines Strategiekonzepts) werde kein dienstliches Interesse an dem Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand des Antragsstellers erkennbar. Es handele sich insoweit zweifellos um wichtige Aktivitäten. Sie gehörten jedoch zu den regulären Dienstaufgaben eines Hochschulpräsidenten, zu deren Erfüllung jeder potentielle Nachfolger in gleicher Weise geeignet sei. Der Antragsgegner sieht insbesondere in dem vom Antragsteller im Laufe seiner Amtszeit erworbenen Erfahrungswissen keinen ausreichenden Grund für eine Dienstzeitverlängerung. Auch dahinter steht offensichtlich die Überlegung, dass der Hochschulbereich in besonderem Maße auf innovatives Handeln und neue Impulse angewiesen ist. Die Begründung des Antragsgegners ist nachvollziehbar und sachlich gerechtfertigt. Der Personenwechsel zur Sicherung der im Hochschulbereich gebotenen Innovationen stellt ein legitimes personalpolitisches Anliegen dar. Es ist nicht erkennbar, dass eine kontinuierliche Erfüllung der zum allgemeinen Anforderungsprofil des Amtes des Hochschulpräsidenten gehörenden und gegenwärtig vom Antragsteller wahrgenommenen Aufgaben durch seinen Nachfolger im Amt nicht sichergestellt ist.

Soweit sich der Antragsteller der Sache nach gegen die gemäß § 186 Satz 1 LBG auch für Beamte auf Zeit geltende Regelaltersgrenze des § 54 Abs. 1 Satz 1 LBG als solche wendet, kann er daraus ebenfalls nichts für das hier geltend gemachte subjektive Recht auf Ausübung des Präsidentenamtes über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus herleiten. Die Festlegung von Altersgrenzen obliegt dem Gesetzgeber. Zwar mögen neuere Erkenntnisse der Medizin und Altersforschung einen Anlass bieten, die derzeit bestehende gesetzliche Altersgrenze zu überdenken. Eine konkrete Verpflichtung folgt daraus für den Gesetzgeber aber nicht. Dies gilt umso mehr, als die Festlegung von Altersgrenzen nicht nur durch die Erwägung bestimmt sein muss, eine kontinuierliche und effektive Amtsführung zu gewährleisten. Vielmehr ist ebenso die Absicht zulässig, einer Überalterung entgegenzuwirken und innovatives Handeln zu fördern wie auch Zukunftschancen Jüngerer in den Blick zu nehmen (vgl. VGH Rheinland-Pfalz, a.a.O., m.w.N.). Auch vor diesem Hintergrund ist es Ausdruck eines legitimen personalwirtschaftlichen Konzepts, die Verlängerung der aktiven Dienstzeit des Antragstellers über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus zugunsten eines personellen Wechsels in der Hochschulleitung zum Zwecke der Innovationsförderung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz und entspricht einem Viertel des 13-fachen Betrages des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe B 3.

Ende der Entscheidung

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