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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 6 A 11314/03.OVG
Rechtsgebiete: VwGO, HeilBG, ÄWeitBiO


Vorschriften:

VwGO § 113
VwGO § 113 Abs. 5
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2
HeilBG § 28
HeilBG § 28 Abs. 2
HeilBG § 28 Abs. 3
HeilBG § 32
HeilBG § 32 Abs. 1
HeilBG § 32 Abs. 1 Nr. 5
ÄWeitBiO § 8
ÄWeitBiO § 8 Abs. 2
ÄWeitBiO § 8 Abs. 6
ÄWeitBiO § 8 Abs. 9
Der Landesärztekammer steht ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung zu, ob ein Arzt fachlich und persönlich geeignet ist, die Weiterbildung anderer Ärzte verantwortlich zu leiten.

Der Begriff der persönlichen Eignung umfasst vor allem charakterliche und im weitesten Sinne pädagogische Persönlichkeitsmerkmale, nicht aber die Frage, ob ein Weiterbilder ein schlüssiges zeitliches Konzept für die ordnungsgemäße Durchführung der von ihm beabsichtigten Weiterbildung vorzulegen vermag.

Die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Weiterbildung kann nach pflichtgemäßem Ermessen der Landesärztekammer Gegenstand einer Auflage sein, die mit der Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung verbunden werden darf.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 A 11314/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Weiterbildungsermächtigung

hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2003, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hehner Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Beuscher Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski ehrenamtlicher Richter Geschäftsführer Hahl ehrenamtliche Richterin Hausfrau Hirsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 21. März 2003 - 7 K 849/02.NW - wird die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers, ihm die Befugnis zur Weiterbildung im Bereich Betriebsmedizin zu erteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Rechtszüge haben die Beteiligten je zur Hälfte zu tragen. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, ein niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin mit Weiterbildungsbefugnissen für dieses Gebiet sowie für den Bereich "Naturheilverfahren", erstrebt die Befugnis zur Weiterbildung von Ärzten auch im Bereich "Betriebsmedizin". Sein darauf gerichteter Antrag wurde nach Einholung von Stellungnahmen zweier erfahrener Betriebsmediziner mit der Begründung abgelehnt, er könne die erforderliche ganztägige, über neun Monate währende betriebsmedizinische Weiterbildung nicht gewährleisten, da er gleichzeitig seine Allgemeinarztpraxis betreibe und im Institut für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit als Leitender Arzt tätig sei.

Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hat der Kläger sein Begehren mit der Klage weiterverfolgt. Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich in vollem Umfang zu eigen macht.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 8. Juni 2001 und des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2002 zur Erteilung der vom Kläger begehrten Weiterbildungsbefugnis verpflichtet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Befugnis dürfe nur verweigert werden, wenn der darum nachsuchende Arzt fachlich und/oder charakterlich als Weiterbilder ungeeignet sei. Dies ergebe sich aus § 28 Abs. 2 des Heilberufsgesetzes - HeilBG -. Diese Vorschrift räume der Beklagten weder ein Ermessen noch einen Beurteilungsspielraum ein. Da die Beklagte an der fachlichen und an der persönlichen Eignung des Klägers als Weiterbilder nicht zweifle, habe er einen Anspruch auf die Erteilung der Befugnis. Ob er eine Weiterbildung ordnungsgemäß durchführen könne, spiele bei der Erteilung der Weiterbildungsbefugnis keine entscheidende Rolle. Zwar verpflichte § 28 Abs. 3 HeilBG den zur Weiterbildung befugten Arzt, die Weiterbildung entsprechend den Bestimmungen des HeilBG sowie der Weiterbildungsordnung - ÄWeitBiO - durchzuführen. Diese Verpflichtung setze jedoch voraus, dass zuvor die Befugnis erteilt worden sei. Deshalb gehöre aus systematischen Gründen die ordnungsgemäße Durchführung der Weiterbildung nicht zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis. Diese Systematik finde sich auch in den Vorschriften des § 8 ÄWeitBiO. Dafür spreche insbesondere die Regelung des § 8 Abs. 9 ÄWeitBiO, wonach die Ärztekammer die Weiterbildungsbefugnis mit den für eine ordnungsgemäße Durchführung erforderlichen Auflagen erteilen könne.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie vertritt die Auffassung, an der erforderlichen persönlichen Eignung zur Weiterbildung fehle es auch dann, wenn der betreffende Arzt wegen anderer Verpflichtungen nicht in der Lage sei, die Weiterbildung persönlich zu leiten und auch im Übrigen ordnungsgemäß durchzuführen. Eine von Anfang an feststehende Unmöglichkeit oder ein Unvermögen, die Weiterbildung höchstpersönlich zu leiten und in zeitlich vertretbarem Umfang zu betreuen, sei als Mangel der persönlichen Eignung anzusehen und müsse schon im Verfahren um die Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung berücksichtigt werden. Dies folge auch aus der Gesetzesbegründung zum HeilBG, in der es zu § 28 heiße, die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 für die Erteilung der Ermächtigung schlössen die Fähigkeit des Kammermitglieds, die Weiterbildung dem Bewerber zu vermitteln, mit ein. Beim Kläger seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, zumal er nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht habe ausschließen wollen, gleichzeitig sowohl Weiterbildungsassistenten im Bereich der Betriebsmedizin als auch auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin auszubilden. Außerdem habe der Kläger als niedergelassener Arzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Verpflichtungen, die eine erhebliche zeitliche Belastung darstellten. Der Weiterbilder müsse aber dem Weiterbildungsassistenten in einem angemessenen zeitlichen Rahmen zur Verfügung stehen und die Weiterbildung persönlich leiten, was angesichts der sonstigen beruflichen Belastungen des Klägers nicht gewährleistet sei. Daher fehle es an der persönlichen Verfügbarkeit des Klägers für die erstrebte Weiterbildung. Dies lasse seine persönliche Eignung entfallen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Unter der persönlichen Eignung zur Weiterbildung sind nach seiner Ansicht ausschließlich solche Umstände zu verstehen, die in der Person des Kammermitglieds begründet sind, während Umstände, die das Kammermitglied selbst nicht beeinflussen könne, nicht zur persönlichen Eignung gehörten. Auf das Verhalten des Kammermitglieds, insbesondere dessen persönliche Zeiteinteilung im beruflichen und privaten Bereich, komme es demgegenüber nicht an, zumal im Zeitpunkt der Befugniserteilung nicht sicher vorhergesehen werden könne, wie das Kammermitglied die Weiterbildung tatsächlich durchführe. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten angestellten Spekulationen seien unzutreffend. Insbesondere beabsichtige der Kläger nicht, die Weiterbildung zu delegieren. Eine zeitliche Entlastung des Klägers trete jedoch dadurch ein, dass er sich bei der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit im Übrigen in nicht nur unerheblichem Umfang ärztlicher und nichtärztlicher Mitarbeiter bedienen könne. Seine vertragsärztliche Allgemeinpraxis übe er zusammen mit einem Jobsharing-Partner aus.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat nur zum Teil Erfolg.

I.

Sie ist zulässig, obwohl die Berufungsbegründung nicht mit einem ausdrücklich gestellten Antrag verbunden war, wie dies in § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - vorgeschrieben ist. Denn an die Bestimmtheit des Berufungsantrags sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen; vielmehr reicht es aus, dass die Berufungsbegründung eindeutig erkennen lässt, dass und in welchem Umfang das Urteil des Verwaltungsgerichts angegriffen wird und inwiefern es dem Berufungskläger unrichtig erscheint (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl. 2003, § 124 a Rdnrn. 30 f.). Da dem Zusammenhang der Berufungsbegründung ohne weiteres entnommen werden kann, dass die Beklagte den Verpflichtungsausspruch in dem angefochtenen Urteil insgesamt aufgehoben sehen möchte, weil sie die Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis in der Person des Klägers nicht als erfüllt ansieht, lässt sich das Berufungsbegehren der Beklagten eindeutig ermitteln.

II.

Die Berufung ist jedoch nur zum Teil begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage nicht abweisungsreif. Allerdings kommt der Senat - abweichend vom Verwaltungsgericht - zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Weiterbildungserlaubnis hat, sondern lediglich einen solchen auf Neubescheidung seines darauf gerichteten Antrages. Dies beruht auf zwei voneinander unabhängigen Gründen. Zum einen hat die Beklagte von dem ihr bei der Prüfung der Voraussetzungen der Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis eingeräumten Beurteilungsspielraum einen - wenn überhaupt - nur fehlerhaften Gebrauch gemacht (1.). Zum anderen kann ein Verpflichtungsurteil auch deswegen nicht ergehen, weil die Beklagte hinsichtlich der Frage, ob und gegebenenfalls welche Auflagen der Befugnis beigefügt werden sollen, einen Ermessensspielraum hat (2.).

1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis nicht im Ermessen der Beklagten steht. Nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 1 HeilBG "kann" die Befugnis zur Weiterbildung nur erteilt werden, wenn das Kammermitglied fachlich und persönlich geeignet ist. Daraus darf jedoch nicht der Schluss gezogen werden, die Beklagte könne nach ihrem Ermessen die Weiterbildungsbefugnis auch dann ablehnen, wenn das darum nachsuchende Kammermitglied fachlich und persönlich geeignet ist. Bei der durch Landes- und Satzungsrecht geregelten Weiterbildungsbefugnis handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung i.S.d. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz, die nur zulässig ist, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen und sie nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwiderläuft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972, BVerfGE 33, 125 <162> = NJW 1972, 1504; BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1988 - 3 B 75/88 -) . Dass der Beklagten gleichwohl bei der Erteilung der Weiterbildungsbefugnis ein verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum eröffnet ist, ergibt sich aus § 8 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz - ÄWeitBiO - in der Fassung der 9. Änderung vom 15. Mai 2002, die am 2. August 2002 in Kraft getreten ist. Diese Bestimmung beruht auf der Ermächtigung in § 32 Abs. 1 Nr. 5 HeilBG, wonach die Weiterbildungsordnung die Voraussetzungen für die Befugnis von Kammermitgliedern zur Weiterbildung zu regeln hat. § 8 Abs. 2 ÄWeitBiO lautet:

"Die Befugnis zur Weiterbildung kann nur bei fachlicher und persönlicher Eignung erteilt werden. Wer für ein Gebiet, einen Schwerpunkt oder einen Bereich zur Weiterbildung befugt wird, muss in diesem Gebiet, Schwerpunkt oder Bereich umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten besitzen, die zur Vermittlung einer gründlichen Weiterbildung befähigen. Diese Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten sollen in mehrjähriger Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung in verantwortlicher Stellung erworben sein. Die Befugnis kann - von den Fällen des Absatzes 3 abgesehen - nur für das Gebiet oder den Schwerpunkt oder den Bereich erteilt werden, dessen Bezeichnung geführt wird. Sie kann grundsätzlich nur für ein Gebiet und einen zugehörigen Schwerpunkt erteilt werden."

Aus dem Zusammenhang des § 8 Abs. 2 ÄWeitBiO wird deutlich, dass die Beklagte einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage hat, ob ein Arzt fachlich und persönlich geeignet ist, eine Weiterbildung zu leiten. Ein solcher Einschätzungs- oder Bewertungsspielraum ist typischerweise anzunehmen, wenn die Eignung von Personen für ein bestimmtes Amt oder für eine sonstige bestimmte Tätigkeit aufgrund charakterlicher Eigenschaften oder der Befähigung zu beurteilen ist (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl. 1999, § 31 Rdnr. 21 m.w.N.). Dem § 8 Abs. 2 ÄWeitBiO lässt sich des Weiteren entnehmen, welche Kriterien für die Ausfüllung dieses Beurteilungsspielraums seitens der Beklagten zu beachten sind. Zunächst wird in § 8 Abs. 2 Satz 2 für die fachliche Eignung vorausgesetzt, dass der Kandidat über umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in dem betreffenden Gebiet, Schwerpunkt oder Bereich verfügt. Diese Qualifikation soll nach § 8 Abs. 2 Satz 3 ÄWeitBiO in mehrjähriger Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung erworben sein. Dies bedeutet, dass regelmäßig nur solche Ärzte zur Weiterbildung befugt werden, die die erwähnte umfassende Befähigung in verantwortlicher Stellung erlangt haben. Ausnahmsweise wird aber auch ein umfassend befähigter Arzt die Befugnis erhalten können, wenn seine Qualifikation nicht aus der Wahrnehmung einer verantwortlichen Position erwachsen ist. Neben diesen Gesichtspunkten, die der Satzungsgeber der Weiterbildungsordnung für die Beurteilung der fachlichen Eignung aufgestellt hat, sind bei der Ausfüllung ihres Entscheidungsspielraums auch bestimmte Kriterien im Hinblick auf die Bewertung der persönlichen Eignung zu berücksichtigen. Einmal ist die in § 8 Abs. 2 Satz 2 ÄWeitBiO umschriebene Befähigung zur Vermittlung einer gründlichen Weiterbildung zu beachten. Außerdem gehören zur persönlichen Eignung auch charakterliche Merkmale. Inwieweit auch der Umfang der Befugnis, der nach § 8 Abs. 6 ÄWeitBiO von den an die Weiterbildung gestellten Anforderungen unter Berücksichtigung des Versorgungsauftrags und der Ausstattung der Weiterbildungsstätte abhängt, der sachverständigen Bewertung der Beklagten unterliegt, bedarf hier keiner Erörterung (vgl. hierzu VGH Kassel, Urteil vom 12. März 1996, ESVGH 46, 195 ff. = NJW 1997, 1653).

Die Ausfüllung dieses Beurteilungsspielraums durch die Beklagte wird verwaltungsgerichtlich lediglich darauf überprüft, ob die anzuwendenden Begriffe oder der normative Rahmen, in dem sich die Beklagte halten muss, verkannt wurden. Zu beanstanden ist eine solche Entscheidung auch bei Vorliegen eines Beurteilungsausfalls, wenn also die Beklagte den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht ausgefüllt hat. Schließlich liegt ein Beurteilungsmissbrauch vor, wenn bei der Entscheidung allgemein gültige Wertmaßstäbe oder das Gebot der Sachlichkeit außer Acht gelassen wurden (vgl. Wolff/Bachof/Stober, a.a.O., § 31 Rdnrn. 26 ff.). Gemessen daran kann im vorliegenden Zusammenhang bereits bezweifelt werden, dass die Beklagte sich des ihr zukommenden Beurteilungsspielraums überhaupt bewusst war. Dies kann indessen auf sich beruhen. Denn die Entscheidung der Beklagten leidet an einer Verkennung des Begriffs der persönlichen Eignung. Wie bereits erwähnt, werden damit charakterliche und im weitesten Sinne pädagogische Persönlichkeitsmerkmale erfasst, nicht aber die Frage, ob ein Weiterbilder ein schlüssiges zeitliches Konzept für die ordnungsgemäße Durchführung der von ihm beabsichtigten Weiterbildung vorzulegen vermag. Wie das Verwaltungsgericht bereits insoweit zutreffend ausgeführt hat, kann die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Weiterbildung Gegenstand einer Auflage nach § 8 Abs. 9 ÄWeitBiO sein, die mit der Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung verbunden werden kann. Ein Arzt, der nicht genügend Zeit für eine ordnungsgemäße Durchführung der Weiterbildung hat, verliert dadurch indessen nicht seine persönliche Eignung, wenn sie im Übrigen besteht.

Die Beklagte ist angesichts dessen dazu zu verpflichten, über den Antrag des Klägers neu zu entscheiden und dabei zu berücksichtigen, dass Zweifel an der hinreichenden zeitlichen Verfügbarkeit des Klägers für die Durchführung einer Weiterbildung nicht im Rahmen der Prüfung seiner persönlichen Eignung eine Rolle spielen können. Allerdings kann durch eine Auflage gemäß § 8 Abs. 9 ÄWeitBiO - wie bereits vom Verwaltungsgericht angedeutet - seitens der Beklagten sichergestellt werden, dass der Kläger von einer ihm erteilten Weiterbildungsbefugnis nur in ordnungsgemäßer Weise Gebrauch macht. Eine solche Auflage darf weder dem Zweck der Befugniserteilung zuwiderlaufen noch die Ausübung der Befugnis praktisch unmöglich machen. Die Beifügung einer Auflage, wie sie in dem Vergleichsvorschlag des Berichterstatters enthalten ist, kommt aber beispielsweise in Betracht.

2. Wegen dieser Möglichkeit der Beklagten, nach ihrem Ermessen der Befugnis zur Weiterbildung gemäß § 8 Abs. 9 ÄWeitBiO eine Auflage beizufügen, scheidet der Erlass eines Urteils, mit dem die Beklagte zur Erteilung einer (uneingeschränkten) Befugnis verpflichtet wird, ebenfalls aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25. November 1997, NVwZ-RR 1999, 74) ist eine Sache nämlich auch dann nicht spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, wenn in Verbindung mit einer gebundenen Erlaubnis individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich sind, ob diese oder jene gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung hinzuzufügen ist. Unter solchen Umständen kann das Tatsachengericht kein Verpflichtungs-, sondern lediglich ein Bescheidungsurteil im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO erlassen. Soweit der Kläger dem gegenüber meint, aus § 28 Abs. 3 Satz 1 HeilBG folge, dass eine Auflage zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung der Weiterbildung stets erst nach Erteilung der Weiterbildungsbefugnis ergehen dürfe, folgt dem der Senat nicht. Zwar verpflichtet § 28 Abs. 3 Satz 1 HeilBG das "befugte" Kammermitglied, die Weiterbildung nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften durchzuführen. Eine Auflage hierzu wird dementsprechend regelmäßig der Befugniserteilung nachfolgen. Zwingend ist dies, wenn sich die Notwendigkeit einer Auflage erst nachträglich herausstellt. Aus § 28 Abs. 3 Satz 1 HeilBG kann jedoch nicht geschlossen werden, eine bereits bei der Erteilung der Befugnis seitens der Beklagten für erforderlich gehaltene Auflage zur Durchführung der Weiterbildung dürfe erst in einem zweiten Schritt, gesondert von der Befugnis, erlassen werden. Vielmehr erlaubt die auf der Ermächtigung in § 32 Abs. 1 Nr. 5 HeilBG beruhende Vorschrift des § 8 Abs. 9 ÄWeitBiO ausdrücklich, beide Entscheidungen zu verbinden. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der inhaltlichen Beschränkung eines Verwaltungsakts durch eine sogenannte modifizierende Auflage, die der selbständigen Anfechtung nicht unterliegt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15. November 1991, NVwZ-RR 1992, 529; Urteil vom 8. März 1990, BVerwGE 85, 24; Urteil vom 17. Februar 1984, NVwZ 1984, 366).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 4000,- € festgesetzt (§§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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