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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.08.2009
Aktenzeichen: 7 A 10443/09.OVG
Rechtsgebiete: SGB VIII


Vorschriften:

SGB VIII § 86
SGB VIII § 86 Abs. 2
SGB VIII § 86 Abs. 2 Satz 1
SGB VIII § 86 Abs. 3
SGB VIII § 86 Abs. 6
SGB VIII § 86 Abs. 6 Satz 1
SGB VIII § 89a
SGB VIII § 89a Abs. 1
Nach Beginn der Leistung entfällt die örtliche Zuständigkeit für eine Jugendhilfeleistung nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII und richtet sich nach § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 und 4 SGB VIII, wenn dem allein sorgeberechtigten Elternteil die Personensorge entzogen wurde (Prinzip der dynamischen und wandernden Zuständigkeit, vgl. OVG RP, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 12 A 11107/04.OVG - in Abgrenzung zu SächsOVG, Urteil vom 4. Oktober 2004 - 5 B 770/03 -).
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 A 10443/09.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Jugendhilfe (Kostenerstattung)

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 13. August 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richter am Verwaltungsgericht Schnug ehrenamtliche Richterin Hausfrau Bastian ehrenamtliche Richterin Betriebswirtin Bocklet

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. März 2009 wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der klagende Donnersbergkreis begehrt von der beklagten Stadt Bad Kreuznach die Erstattung von Kosten der Jugendhilfe, die er für die Unterbringung und Betreuung einer Hilfeempfängerin aufgewendet hat.

Hilfeempfängerin ist die am 23. Juni 1989 geborene und inzwischen volljährige M. Z.. Diese lebte bis zum 15. Oktober 1999 bei ihrer nicht sorgeberechtigten Mutter in F.. Der sorgeberechtigte Vater, Herr E. Z., wohnte in B.. Wegen einer Umschulungsmaßnahme wurde M. sodann von seiner in N./Donnersbergkreis lebenden Halbschwester, Frau S. W., und ihrem Ehemann betreut; insoweit bewilligte die Beklagte ab dem 5. November 1999 Hilfe zur Erziehung in Form eines Tagesgeldes. Bei ihrem Vater hielt sich die Hilfeempfängerin zeitweise an den Wochenenden auf. Nach der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Vaters wurden für M. ab dem 19. Juni 2000 als Pflegekind in der Familie W. Leistungen in Form der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gewährt. Am 5. April 2002 entzog das Amtsgericht - Familiengericht - R. dem Vater die elterliche Sorge und übertrug sie auf die Pflegeeltern. Gemäß einem Antrag der Beklagten vom 20. Mai 2003 übernahm der Kläger ab dem 1. Dezember 2003 die Hilfeleistungen, die sich bis zum 30. September 2007 auf insgesamt 25.387,40 € beliefen. Am 1. Oktober 2003 verzog der Vater der Hilfeempfängerin nach Me./Landkreis B. und zum 1. Januar 2006 von dort nach B./Landkreis M.-B..

Mit Schreiben vom 12. November 2004 machte der Kläger zunächst gegenüber der Stadt F. einen Kostenerstattungsanspruch geltend, den diese allerdings nicht anerkannte. Seine daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht F. mit Urteil vom 4. Februar 2008 (Az.: 7 E 741/07) mit der Begründung ab, die Stadt B. sei erstattungspflichtig.

Daraufhin wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 15. Februar 2008 unter Beifügung des vorgenannten Urteils an die Beklagte und forderte nunmehr von ihr die Erstattung der bis zum 30. September 2007 aufgewendeten Kosten. Die Beklagte lehnte ihrerseits eine Erstattung ab und führte aus, dass ihrer Ansicht nach die Hilfeempfängerin ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn der Hilfe in der Stadt F. gehabt habe.

Nachdem auch in der Folgezeit zwischen den Beteiligten keine Einigung über die Frage der Kostenerstattung erzielt werden konnte, hat der Kläger am 29. Dezember 2008 Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zur Zahlung der an die Hilfeempfängerin geleisteten 25.387,40 € zu verurteilen. Zur Begründung hat er die Ansicht vertreten, es sei allein auf den damaligen Wohnort des Kindesvaters im Zuständigkeitsbereich der Beklagten abzustellen, da nur dieser bei Hilfeleistung das Sorgerecht ausgeübt habe. Dass er nach dem später erfolgten Entzug des Sorgerechts umgezogen sei, ändere hieran nichts. Denn in Fällen der vorliegenden Art sei von einer statischen Zuständigkeit auszugehen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 25. März 2009 stattgegeben und zur Begründung im Einzelnen darauf abgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der ihm im streitigen Zeitraum entstandenen Kosten aus § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zustehe, weil er für die Unterbringung M.s in Vollzeitpflege gemäß § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII zuständig sei, während zuvor eine Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestanden habe. Die zuletzt genannte Bestimmung sei hier zugrunde zu legen, denn der personensorgeberechtigte Vater habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt in B. gehabt. Durch die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Pflegeeltern am 5. April 2002 habe sich hieran nichts geändert. § 86 SGB VIII lasse sich nämlich das Bestreben des Gesetzgebers entnehmen, im Unterschied zu einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts Veränderungen in der Personensorgeberechtigung soweit als möglich nicht zu einer Zuständigkeitsveränderung führen zu lassen. Dies spreche dafür, im Bereich des § 86 Abs. 2 SGB VIII eine an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern oder eines Elternteil anknüpfende örtliche Zuständigkeit vom Entzug der Personensorge während der Leistungserbringung zumindest dann unberührt zu lassen, wenn, wie hier, nach dem Entzug keiner der beiden Elternteile sorgeberechtigt sei. Die sachliche Zuständigkeit verbleibe dann in Wohnortnähe zu dem zuletzt sorgeberechtigten Elternteil. Auch der zeitlich nachfolgende Wegzug des Vaters der Hilfeempfängerin aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten führe zu keiner anderen Betrachtung. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass ein Umzug für die Dauer des Entzugs des Personensorgerechtes irrelevant sei und erst mit deren Aufhebung, die allerdings soweit ersichtlich nicht vorliege, wieder Bedeutung erlangen könne.

Die Beklagte hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Mit dem Entzug der Personensorge am 5. April 2002 sei es entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einem Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 3 SGB VIII gekommen, da in einem solchen Fall an den gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfeempfängers anzuknüpfen sei, der sich in N. befunden habe. Daraus folge indes, dass der Kläger selbst zuständig geworden und eine Kostenersatzpflicht von vornherein nicht gegeben sei. Hierbei sei in Rechnung zu stellen, dass nach dem Zweck der Regelungen in § 86 SGB VIII von einer "wandernden" Zuständigkeit ausgegangen werden müsse, weil stets ein Bezug des örtlichen Trägers zu den Eltern bzw. dem Kind selbst zu fordern sei. Davon könne vorliegend jedoch keine Rede sein. Denn im Fall der Hilfeempfängerin M. Z. habe zuletzt kein Elternteil, kein Personensorgeberechtigter und nicht einmal das betreffende Kind in ihrem Zuständigkeitsbereich gelebt. Davon abgesehen könne sie jedenfalls im Hinblick auf § 89a Abs. 3 SGB VIII und den erfolgten Umzug des Kindesvaters nach Me. und später nach B. nicht zu einer Kostenerstattung in Anspruch genommen werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. März 2009 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf seine bisherigen Darlegungen und führt ergänzend aus, dass unter Zugrundelegung der Auffassung der Beklagten ein effektiver Schutz der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Bereich der Pflegestellen nicht mehr zu gewährleisten sei. Dies gelte zumindest dann, wenn der Kostenträger, wie hier, weder der Personensorgeberechtigung noch das Aufenthaltsbestimmungsrecht habe und ein Hilfeempfänger ohne sein Zutun in seinen Zuständigkeitsbereich verbracht werde. Sowohl aus der Gesetzesbegründung als auch aus der Gesetzessystematik des § 86 Abs. 1 bis § SGB VIII folge, dass es bei einer Zuständigkeit der Beklagten gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII verbleiben müsse. Insbesondere liege es im Wesen einer statischen Zuständigkeit, dass weitere Wechsel im Aufenthalt des ehemals personensorgeberechtigten Elternteils nicht zu einem Zuständigkeitswechsel hinsichtlich der Kostenerstattungspflicht führen könnten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von ihm im Zeitraum vom 1. Dezember 2003 bis zum 30. September 2007 erbrachten Leistungen im Jugendhilfefall M. Z..

Gemäß § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre.

Zwar hat der Kläger im vorgenannten Zeitraum Kosten für M.s Vollzeitpflege aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendet. Denn die Hilfeempfängerin lebte bereits seit Mitte Oktober 1999 bei ihrer Tante und deren Familie in N. und ihr Verbleib war dort auch auf Dauer zu erwarten, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Allerdings war die Beklagte nicht die zuvor zuständige Trägerin der örtlichen Jugendhilfe im Sinne des § 89a Abs. 1 SGB VIII. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:

Kostenerstattungspflichtig ist gemäß der vorgenannten Vorschrift allein der örtliche Träger, der für die Jugendhilfeleistung bei Anwendung der Regelungen in § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständig geblieben oder geworden wäre, wäre hierfür nicht abweichend von diesen Regelungen eine Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII begründet worden (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 26. Februar 2003 - 12 A 11452/02.OVG - ZfSH/SGB 2003, 280 [281]). Dabei bleibt die konkrete Regelung innerhalb des Achten Buches Sozialgesetzbuch, aus der sich zu Beginn und während einer Leistung die Zuständigkeit eines örtlichen Trägers ergibt, nicht stets dieselbe. § 86 SGB VIII stellt vielmehr zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf eine Reihe verschiedener Umstände ab und sieht vor, wie insbesondere aus § 86 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Sätze 1 und 2 sowie Abs. 6 Sätze 1 und 3 SGB VIII folgt, dass sich bei einer Änderung dieser Umstände die örtliche Zuständigkeit gegebenenfalls aus einer anderen Regelung innerhalb des § 86 SGB VIII ergibt und deshalb eventuell sogar ein anderer örtlicher Träger der örtlichen Jugendhilfe zuständig wird (Prinzip der dynamischen und wandernden Zuständigkeit; vgl. Urteil des Senats vom 21. Oktober 2004 - 12 A 11107/04.OVG -, ESOVGRP, sowie Urteil vom 26. Februar 2003, a.a.O.).

Dies gilt auch dann, wenn sich die örtliche Zuständigkeit für eine Jugendhilfeleistung zunächst aus § 86 Abs. 2 SGB VIII herleitet und später dem allein sorgeberechtigten Elternteil die Personensorge entzogen wird mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB VIII zur Anwendung kommt (so ausdrücklich Urteil des Senats vom 21. Oktober 2004, a.a.O., Reisch in Jans/Happe/Sauerbier/Maas, Art. 1 KJHG, § 86 Rn. 41; Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 86 Rn. 36; a.A. SächsOVG, Urteil vom 4. Oktober 2004 - 5 B 770/03 - JAmt 2005, 200, Wiesner in Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/ Struck, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 86 Rn. 32 a). Denn in einem solchen Fall ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem systematischen Zusammenhang zwischen § 86 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB VIII, dass mit dem umfassenden Entzug der elterlichen Sorge bei schon vor der Leistung vorhandenen verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten der Elternteile das hier wesentliche und nicht nur sekundär gegebene Anknüpfungsmerkmal für die örtliche Zuständigkeit weggefallen ist (so auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 6. Juni 2005, JAmt 2005, 406, 407).

Dies vorausgeschickt war die Beklage zwar ursprünglich nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII für die Hilfeleistungen zuständig gewesen, weil beide Elternteile der Hilfeempfängerin über verschiedene gewöhnliche Aufenthalte verfügten, indes der allein personensorgeberechtigte Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt in B., also im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, hatte.

Allerdings ist diese Zuständigkeit mit dem Entzug des Sorgerechtes und seine Übertragung auf die in N. lebenden Eheleute W. mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - R. vom 5. April 2002 nachträglich entfallen. Haben nämlich die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt § 86 Abs. 2 und 4 SGB VIII entsprechend.

Demzufolge wäre jedoch die Klägerin selbst zuständig geworden, wenn man in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII als maßgebenden Zeitpunkt auf den Beginn der Vollzeitpflege am 19. Juni 2000 abstellt. Denn hiernach wird eine originäre Zuständigkeit desjenigen Trägers der Jugendhilfe begründet, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte M. innerhalb des fraglichen Zeitraums indes gerade durchgängig in N., sodass die Beklagte ihre Zuständigkeit verloren hat.

Nichts anderes ergibt sich im Übrigen, wenn man im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der verschiedenen Hilfeleistungen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9/03 - BVerwGE 120,116 [119 ff.]) als Zeitpunkt des Leistungsbeginns die am 5. November 1999 erstmals erfolgte Bewilligung von Tagespflegegeld durch die Beklagte zugrunde legt. Davon ausgehend wäre entsprechend § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII der gewöhnliche Aufenthalt des Elternteils relevant, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Da sich M. vor Bewilligung der Tagespflege zuletzt bei ihrer Mutter aufgehalten hat, wäre demzufolge eine Zuständigkeit der Stadt F. gegeben.

Einer abschließenden Entscheidung, welche der vorgenannten Alternativen hier einschlägig ist, bedarf es nicht, da jedenfalls die Beklagte, worauf es entscheidend ankommt, nach beiden Betrachtungen als richtige Anspruchsgegnerin ausscheidet.

Nach allem kann der Kläger auch nicht einwenden, dass damit der von § 89a SGB VIII bezweckte Schutz der Pflegestellen unterlaufen würde. Dieser Schutzzweck ist nämlich dann nicht beeinträchtigt, wenn zuletzt entweder der Kläger selbst oder die Stadt F. zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewesen ist. Dass der Kläger die Stadt F. aufgrund des rechtskräftigen Urteils des dortigen Verwaltungsgerichts vom 4. Februar 2008 (a.a.O.), worin entgegen der Rechtsauffassung des Senats und in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) und des Verwaltungsgerichts Koblenz eine sog. statische Zuständigkeit nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII angenommen wurde, tatsächlich nicht mehr in Anspruch nehmen kann, ändert daran nichts. Die Auffassung des Klägers würde demgegenüber dazu führen, dass ein anfangs zuständig gewordener Jugendhilfeträger, wie die Beklagte, unbegrenzt kostenerstattungspflichtig bliebe, obwohl mit dem Entzug des Personensorgerechts des Vaters am 5. April 2002 der bis dahin maßgebende Bezugspunkt weggefallen ist und ein sonstiger Bezug, wie ein gewöhnlicher Aufenthalt der Mutter, sonstiger Personensorgeberechtigter oder des Hilfeempfängers in seinem Zuständigkeitsbereich zu keinem Zeitpunkt bestanden hat. Von daher zeigt gerade der vorliegende Fall eines Umzugs der Hilfeempfängerin unmittelbar vom gewöhnlichen Aufenthaltsort der nicht sorgeberechtigten Mutter zu den im Zuständigkeitsbereich des Klägers lebenden Pflegeeltern, dass keine sachliche Rechtfertigung dafür besteht, das zuständigkeitsbegründende Merkmal der Personensorge über dessen Entziehung hinaus fortbestehen zu lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Revision ist im Hinblick auf die in der Rechtsprechung umstrittene Frage, ob sich eine nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII begründete Zuständigkeit durch Entzug der Personensorge eines allein sorgeberechtigten Elternteils und deren Übertragung auf einen Dritten während der Leistungserbringung ändert, gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 25.387,40 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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