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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 7 A 11671/05.OVG
Rechtsgebiete: AuslG, AufenthG, LAufnG, StVollzG, VwKostG


Vorschriften:

AuslG § 81
AuslG § 82
AuslG § 82 Abs. 1
AuslG § 83
AuslG § 83 Abs. 1
AuslG § 83 Abs. 1 Nr. 2
AuslG § 83 Abs. 4
AuslG § 83 Abs. 4 Satz 1
AufenthG § 69
AufenthG § 66
AufenthG § 66 Abs. 1
AufenthG § 67
AufenthG § 67 Abs. 1
AufenthG § 67 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 67 Abs. 4
AufenthG § 67 Abs. 4 Satz 1
LAufnG § 5
LAufnG § 5 Satz 2
StVollzG § 50
StVollzG § 50 Abs. 2
VwKostG § 14
VwKostG § 14 Abs. 2
VwKostG § 14 Abs. 2 Satz 1
1. Die Pflicht, die Kosten der Abschiebung zu tragen, besteht auch dann, wenn die Abschiebung des Ausländers tatsächlich nicht vollzogen wurde.

2. Kosten der Abschiebungshaft können nur erhoben werden, wenn die Anordnung und Dauer der Abschiebungshaft rechtmäßig waren.

3. § 83 AuslG (jetzt: § 67 AufenthG) stellt eine spezialgesetzliche Regelung des Umfangs der Kostenhaftung auch im Verhältnis zu § 5 Satz 2 LAufnG i.V.m. § 50 StVollzG dar.

4. Der Umfang der Kostenhaftung ist durch § 83 AuslG (jetzt: § 67 AufenthG) auf solche tatsächlich entstandene Kosten begrenzt, die mit der Abschiebung in einem direkten inneren sachlichen Zusammenhang stehen (hier: zu den Kosten bei der Abschiebungshaft in der Gewahrsamseinrichtung Ingelheim).


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 A 11671/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Kostenhaftung (Türkei)

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2006, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richter am Verwaltungsgericht Dr. Stahnecker ehrenamtliche Richterin Hauswirtschaftsmeisterin Seiler ehrenamtliche Richterin Hausfrau Wittkopf

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 20. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Abschiebungshaftkosten.

Er ist türkischer Staatsangehöriger. Nach erfolgloser Durchführung eines Asyl- und eines Folgeverfahrens nahm er die ihm vom Beklagten jeweils eingeräumte Gelegenheit zur freiwilligen Ausreise nicht wahr. Seit Oktober 2001 war sein Aufenthalt unbekannt. Im November 2003 stellte er einen weiteren Asylfolgeantrag. Auf Antrag des Beklagten ordnete das Amtsgericht Alzey mit Beschluss vom 10. November 2003 zur Sicherung der Abschiebung Abschiebungshaft an. Daraufhin wurde der Kläger am folgenden Tage in die Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim verbracht. Mit Bescheid vom 11. November 2003 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und drohte dem Kläger erneut die Abschiebung in die Türkei an. Seine hiergegen und gegen die Anordnung der Abschiebungshaft erhobenen Rechtsbehelfe blieben erfolglos.

Mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten, der beim Beklagten am 24. November 2003 einging, beantragte der Kläger die Erteilung einer Duldung und die Entlassung aus der Abschiebehaft. Seine Lebensgefährtin sei von ihm schwanger und aufgrund der Umstände könne eine Risikoschwangerschaft bestehen. Dem beigefügten ärztlichen Attest vom 14. November 2003 zufolge bestand bei der Lebensgefährtin eine Schwangerschaft in der 25. Woche. Laut eines weiteren, am 28. November 2003 übersandten ärztlichen Attestes bedeutete eine Abschiebung des Kindsvaters ein Risiko für den Verlauf der Schwangerschaft. Eine am 24. November 2003 vom Beklagten eingeholte Auskunft des Ausländerzentralregisters ergab, dass die Lebensgefährtin im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis-EG war. Mit Schriftsatz seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 13. Januar 2004 erklärte der Kläger, er beabsichtige, seine Lebensgefährtin zu heiraten, die griechische Staatsangehörige sei. Die Eheschließung stehe unmittelbar bevor. Er wolle die Vaterschaft für das Kind anerkennen und zusammen mit der Mutter das gemeinsame Sorgerecht ausüben. Dem Antrag waren unter anderem eine eidesstattliche Versicherung der Lebensgefährtin und ein auf den Kläger ausgestelltes Ehefähigkeitszeugnis beigefügt. Am 14. Januar 2004 fand eine Besprechung zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Beklagten statt, deren Ergebnis ausweislich eines Aktenvermerks eine Vereinbarung des Inhalts war, dass der Kläger alle bisher entstandenen Kosten ablöse und innerhalb von vier Wochen eine Vaterschaftsanerkennung sowie gültige Personalpapiere vorlege. Sodann werde der Beklagte eine Duldung mit Erlaubnis zum Verlassen des räumlichen Geltungsbereichs erteilen. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2004 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass dieser mit der vereinbarten Vorgehensweise einverstanden sei. Die Frau seines Bruders sei Inhaberin eines Imbisses und finanziell in der Lage, den Kostenforderungen nachzukommen. Am 16. Januar 2004 hob das Amtsgericht Alzey auf Antrag des Beklagten die Abschiebungshaft auf, worauf der Kläger am gleichen Tage aus der Gewahrsamseinrichtung entlassen wurde.

Unter dem 16. Januar 2004 teilte das beigeladene Land dem Beklagten mit, dass sich die Kosten der Abschiebungshaft auf 87,00 € je Hafttag beliefen, bei einem Aufenthalt von 67 Tagen somit auf 5.829,00 €. Abzüglich eines gemäß § 7 AsylbLG vom Kläger einbehaltenen Betrags von 148,41 € ergäben sich demnach noch einzufordernde Kosten in Höhe von 5.680,59 €. Mit Bescheid vom gleichen Tage erließ der Beigeladene einen "Bescheid über Kostenersatz" nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG. Danach habe der Kläger, soweit Einkommen und Vermögen vorhanden sei, die in der Gewahrsamseinrichtung erhaltenen Leistungen zu erstatten. Erhoben werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 861,81 € unter anderem für Unterbringung und Verpflegung, wovon ein Betrag von 148,41 € als "festgestelltes Einkommen und Vermögen" abgezogen werde.

Mit Leistungsbescheid vom 5. Februar 2004 forderte der Beklagte vom Kläger Abschiebungshaftkosten in Höhe von 5.680,59 € sowie weitere Abschiebungskosten, insgesamt 6.081,50 €, wovon der vom Kläger - unter dem Vorbehalt endgültiger rechtlicher Prüfung - bereits bezahlte Betrag von 1.000,00 € abgezogen wurde.

Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch beanstandete der Kläger die Höhe der Haftkosten und beantragte zugleich die Gewährung von Ratenzahlung in Höhe von 100,00 € monatlich. Im März 2004 erfolgte eine Teilzahlung in Höhe von 500,00 € an den Beklagten. Unter dem 13. April 2004 teilte der Beklagte mit, Ratenzahlung könne gewährt werden, wenn der Kläger monatlich 300,00 € zahle.

Anlässlich einer Vorsprache beim Beklagten am 19. April 2004 unterzeichnete der Kläger eine Erklärung, dass er gewillt sei, die noch ausstehenden Kosten zu begleichen, aus wirtschaftlichen Gründen jedoch Ratenzahlung in Höhe von 300,00 € beantrage. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. April 2004 focht er diese Erklärung nach § 119 BGB an. Er sei der deutschen Sprache nicht vollständig mächtig, so dass er den Inhalt der Erklärung nicht verstanden habe. Er habe gedacht, dass es bei dieser Erklärung allein um die Ratenzahlung gehe. Seinen Widerspruch halte er aufrecht. Der Kreisrechtsausschuss des Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2004 als unbegründet zurück.

Die Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Mai 2005 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die dem Leistungsbescheid zugrunde gelegte Haftdauer von 67 Tagen sei rechtmäßig. Der Kläger hätte insbesondere nicht bereits am 24. November 2003 entlassen werden müssen. Denn erstmals der Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. Januar 2004 habe Angaben enthalten zu der beabsichtigten Anerkennung der Vaterschaft, der gemeinsamen Sorgerechtserklärung und der Zustimmung der Kindesmutter hierzu sowie zu einer beabsichtigten und bereits in die Wege geleiteten Eheschließung. Selbst zu jenem Zeitpunkt habe die Eheschließung noch nicht unmittelbar bevorgestanden, da kein Termin anberaumt gewesen sei und das vorgelegte Ehefähigkeitszeugnis des Klägers noch einer Korrektur bedurft habe. Der angesetzte Tagessatz in Höhe von 87,00 € sei ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Betrag sei einer Vereinbarung der Justizverwaltungen des Bundes und der Länder über den Kostenausgleich in Staatsschutz-Strafsachen entnommen. Er sei jedenfalls nicht höher als die tatsächlich entstandenen Kosten, die sich nach einer Kostenaufstellung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion für die Gewahrsamseinrichtung im Jahre 2002 auf rund 113,00 € pro Tag und Häftling beliefen.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Die Heranziehung zu den Abschiebungshaftkosten verstoße in seiner finanziellen Lage gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er habe für Frau und Kind zu sorgen, arbeite im Imbiss seines Bruders und beziehe ergänzende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Außerdem hätte er bereits am 24. November 2003 aus der Haft entlassen werden müssen. Für die Höhe der Abschiebungskosten seien gemäß § 5 Satz 2 LAufnG die Sätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, hilfsweise der Haftkostenbeitrag gemäß § 50 Abs. 2 StVollzG heranzuziehen. Die Pflicht zur Erstattung der tatsächlich entstandenen Haftkosten müsse auch aus verfassungsrechtlichen Gründen Obergrenzen unterliegen. Es sei unverhältnismäßig, für eine Zelle mit zwei Personen den Preis eines Mittelklassehotels zu verlangen. Bei mehrwöchiger oder mehrmonatiger Abschiebungshaft hätten die Betroffenen Kosten in Höhe von mehreren tausend Euro zu tragen. Anträge auf Befristung der Wirkungen der Abschiebung würden von der vollständigen Begleichung der Abschiebungshaftkosten abhängig gemacht. Familienzusammenführungen zu in Deutschland lebenden Ehegatten und Kindern würden aufgrund dieser Regelung unmöglich gemacht. Es verstoße ferner gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach bisheriger Praxis ein Ausländer in anderen Bundesländern nur zu dem Haftkostenbeitrag nach § 50 Abs. 2 StVollzG herangezogen werde. Schließlich bestünden gegen die Kostenaufstellung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gravierende Bedenken, insbesondere gegen die Einstellung von Baukosten und sonstigen Investitionen in die Berechnung sowie gegen die Abhängigkeit der Abschiebungshaftplatzkosten von der Belegungszahl in der Gewahrsamseinrichtung.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 20. Mai 2005 den Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 1. Juli 2004 insoweit aufzuheben, als Haftkosten in Höhe von 5680,59 € gefordert werden.

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte macht zur Sache keine weiteren Ausführungen.

Der Beigeladene trägt vor: Zur Geltendmachung von Abschiebungshaftkosten sei der Tagessatz aufgrund der Vereinbarung des Bundes und der Länder über den Kostenausgleich in Staatsschutz-Strafsachen von derzeit 87,00 € entsprechend zugrunde gelegt worden. Die tatsächlichen Haftplatzkosten der Gewahrsamseinrichtung seien höher als dieser Pauschalbetrag: Für die Haushaltsjahre 2002, 2003 und 2004 seien Haftkosten in Höhe von 113,85 €, 118,16 € und 109,43 € pro Tag und Person ermittelt worden. Wegen der schwankenden Auslastung der Gewahrsamseinrichtungen für den Abschiebungshaftbereich habe eine Aufteilung in belegungsabhängige und belegungsunabhängige Ausgaben erfolgen müssen. Die im Vergleich zu einer Justizvollzugsanstalt höheren Haftplatzkosten seien durch höhere Personalkosten bedingt. Zwar würden in einer Justizvollzugsanstalt Maßnahmen zur Resozialisierung durchgeführt. In der Gewahrsamseinrichtung sei jedoch eine aufwändige Betreuung durch Sozialarbeiter und Dolmetscher erforderlich. Außerdem müsse eine kleine Einrichtung wie die Gewahrsamseinrichtung mit einem relativ größeren Aufwand betrieben werden als eine Justizvollzugsanstalt mit mehreren hundert Insassen. Schließlich seien für die Gewahrsamseinrichtung Nutzungsentgelte an den Landesbetrieb für Liegenschafts- und Baubetreuung, der Eigentümer der Gewahrsamseinrichtung sei, zu zahlen, nicht hingegen bis zum Jahre 2003 für die Justizvollzugsanstalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte 4 L 640/04.MZ verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Klage ist nicht schon deswegen unzulässig, weil der Kläger unter dem 19. April 2004 schriftlich erklärt hatte, er sei gewillt, die noch ausstehenden Abschiebungskosten zu begleichen, beantrage jedoch aus wirtschaftlichen Gründen Ratenzahlung in Höhe von 300,00 € monatlich. Dies gilt auch dann, wenn man die Erklärung des Klägers als Rücknahme des Widerspruchs ansieht, die grundsätzlich nicht wegen Willensmängeln entsprechend §§ 119 ff. BGB angefochten werden kann (vgl. BVerwGE 57, 342). Denn in diesem Fall ist das Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 23. April 2004, mit der er diese Erklärung angefochten und angegeben hat, er halte seinen Widerspruch aufrecht, als erneute, wenn auch verfristete (§ 70 Abs. 1 VwGO) Widerspruchseinlegung zu verstehen. Durch die trotz Fristversäumnis ergangene Sachentscheidung im Widerspruchsbescheid, zu der die Widerspruchsbehörde als Herrin des Vorverfahrens berechtigt ist, ist die Klagemöglichkeit wieder eröffnet worden (vgl. BVerwGE 15, 306 [310]; stRspr.).

Der Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2004, soweit darin Abschiebungshaftkosten in Höhe von 5.680,59 € gefordert werden, ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Forderung der Abschiebungshaftkosten sind die §§ 81 Abs. 1 und 2 Satz 2, 82 Abs. 1 und 83 des Ausländergesetzes - AuslG - vom 9. Juli 1990. Da der Widerspruchsbescheid vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes erlassen worden ist und hier keine Übergangsregelung eingreift, ist das bis zum 31. Dezember 2004 geltende Ausländergesetz anwendbar.

Gemäß § 81 Abs. 1 AuslG (vgl. jetzt: § 69 Abs. 1 AufenthG) werden für Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Daneben findet das Verwaltungskostengesetz Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält (§ 81 Abs. 2 Satz 2 AuslG; jetzt: § 69 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Nach § 82 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 66 Abs. 1 AufenthG) hat der Ausländer die Kosten, die durch die Abschiebung entstehen, zu tragen. Zu diesen Kosten zählen gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG (jetzt: § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) unter anderem die bei der Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten einschließlich der Kosten für die Abschiebungshaft.

Der Forderung der Abschiebungshaftkosten steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht abgeschoben worden ist. Die Kostentragungspflicht nach § 82 Abs. 1 AuslG setzt nicht voraus, dass eine Abschiebung des Ausländers tatsächlich vollzogen wurde (a.A.: Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand April 2005, § 66 Rn. 8). Eine solche Voraussetzung lässt sich insbesondere nicht aus dem in §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 AuslG verwendeten Begriff der "Abschiebung" herleiten. Gegen diese Annahme spricht bereits der Wortlaut des § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG, wonach die Kosten der Abschiebung auch die bei der Vorbereitung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten umfassen. Vor allem aber stünde diese Auffassung nicht in Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 82 Abs. 1 AuslG. Diese Regelung dient nämlich der Präzisierung und Erweiterung der fortbestehenden Veranlasserhaftung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, nicht hingegen ihrer Begrenzung (vgl. BVerwGE 124, 1 [5]). Die Unterbringung eines Ausländers in Abschiebungshaft auf der Grundlage des § 57 Abs. 2 AuslG (jetzt: § 62 Abs. 2 AufenthG) dient ausschließlich der Durchsetzung seiner Ausreisepflicht. Die Tatsache, dass es aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände nicht zur Ausreise des Ausländers kommt, ändert nichts daran, dass er die entstandenen Kosten veranlasst und daher auch zu tragen hat (im Ergebnis ebenso BayVGH, InfAuslR 2004, 252; VGH BW, Urteil vom 19. Oktober 2005 - 11 S 646/04 -, juris).

Der angefochtene Leistungsbescheid ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil er keine Ermessenserwägungen dazu enthält, ob von einer Heranziehung des Klägers zu den Abschiebungshaftkosten ganz oder teilweise abgesehen wird. Dabei kann offen bleiben, ob die vom Bundesverwaltungsgericht zu § 84 AuslG (jetzt: § 68 AufenthG) entwickelten Grundsätze auch für die Fälle der Kostentragungspflicht nach § 82 AuslG heranzuziehen sind (so BayVGH, a.a.O.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand April 2006, § 66 AufenthG Rn. 2 und § 68 AufenthG Rn. 20; vgl. auch VGH BW, Urteil vom 19. Oktober 2005, a.a.O. und Beschluss vom 7. März 2006 - 13 S 155/06 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 31. Mai 2006 - 7 E 10334/06.OVG -). Danach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Kostenerstattung heranzuziehen, ohne dass es dahingehender Ermessenserwägungen bedarf. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten eingeräumt werden. Besonderheiten des Einzelfalles sind insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die individuelle Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht erst im Vollstreckungsverfahren, sondern bereits bei der Geltendmachung der Kostenforderung zu berücksichtigen (vgl. BVerwGE 108, 1 [17 f.]).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedenfalls nicht vor, so dass es keiner Ermessenserwägungen im Kostenheranziehungsverfahren bedurfte. Der Beklagte konnte vielmehr davon ausgehen, dass die Heranziehung nicht zu einer unzumutbaren Belastung des Klägers führen würde. So hat dieser während des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens nicht geltend gemacht, er könne die Abschiebungskosten von insgesamt 6081,50 € oder auch nur die Haftkosten nicht tragen, sondern lediglich aus wirtschaftlichen Gründen um Ratenzahlung gebeten. Zur Gewährung von Ratenzahlung in Höhe von 300,00 € monatlich hat sich der Beklagte auch bereit erklärt. Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 15. Januar 2004 dem Beklagten mitgeteilt, die in Deutschland lebenden Brüder seien ebenfalls bereit, die vom Beklagten gesetzten Bedingungen zu erfüllen. Die Frau eines Bruders sei Inhaberin eines Imbisses und finanziell in der Lage, den Kostenforderungen nachzukommen. Bis Ende März 2004 wurden dann auch tatsächlich zwei Teilzahlungen in Höhe von 1.000,00 € und 500,00 € geleistet.

Auch die Dauer der gegen den Kläger verhängten Abschiebungshaft ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Heranziehung eines Ausländers zu den Kosten der Abschiebungshaft setzt die Rechtmäßigkeit deren Anordnung und Fortdauer voraus. Dies folgt aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG, wonach Kosten nicht erhoben werden dürfen, die bei richtiger Behandlung der Sache durch die Behörde nicht entstanden wären (vgl. BVerwGE 124, 1 [7 f.]). Der Kläger selbst behauptet nicht, dass die Anordnung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht Alzey rechtswidrig gewesen wäre. Hierfür ist auch nichts ersichtlich. Es war auch nicht rechtlich geboten, ihn bereits vor dem 16. Januar 2004 aus der Haft zu entlassen. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend im Einzelnen dargelegt, auf dessen Ausführungen daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Die Höhe des geltend gemachten Tagessatzes von 87,00 € begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

§ 83 AuslG (jetzt: § 67 AufenthG) stellt eine spezialgesetzliche Regelung des Umfangs der Kostenhaftung für ausländerrechtliche Abschiebungen dar. § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG (jetzt: § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) bestimmt, dass die in Abs. 1 und 2 genannten Kosten, zu denen nach Abs. 1 Nr. 2 die Kosten für die Abschiebungshaft zählen, in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben werden. Eine Begrenzung auf den so genannten Haftkostenbeitrag nach § 50 StVollzG scheidet daher aus (vgl. BVerwGE 124, 1 [8 ff.]). Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 5 Satz 2 des Landesaufnahmegesetzes herleiten. Danach gelten für den Vollzug der Abschiebungshaft in Abschiebungshafteinrichtungen die §§ 3 bis 108 und 173 bis 175 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend, soweit nicht in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Asylbewerberleistungsgesetz oder im Bundessozialhilfegesetz, etwas anderes bestimmt ist oder Eigenart und Zweck der Abschiebungshaft oder die besonderen Verhältnisse der Abschiebungshafteinrichtung entgegenstehen. Eine solche andere, der entsprechenden Anwendung des Strafvollzugsgesetzes vorgehende Bestimmung enthält nämlich gerade die genannte spezialgesetzliche Regelung des § 83 AuslG.

Eine generelle Begrenzung des Umfangs der zu erstattenden Abschiebungshaftkosten auf den Haftkostenbeitrag nach § 50 StVollzG ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten. Soweit die Pflicht zur Erstattung der Haftkosten wegen ihrer Höhe zu einer faktischen Einreisesperre führt, ist deren Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung über die Wiedereinreise und dem Antrag auf Befristung der Wirkungen der Abschiebung zu prüfen, steht aber der Erhebung dieser Kosten nach § 83 Abs. 4 AuslG nicht entgegen (vgl. BVerwGE 124, 1 [10]).

Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach bisheriger Praxis ein Ausländer in einigen anderen Bundesländern nur zu dem Haftkostenbeitrag nach § 50 StVollzG herangezogen wurde. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gewährt nämlich nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung durch den nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Hoheitsträger (vgl. BVerfGE 76, 1 [73]).

Für die Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Tagessatzes von 87,00 € ist nicht entscheidend, dass der Beklagte hierzu den Pauschalbetrag aufgrund der Vereinbarung des Bundes und der Länder über den Kostenausgleich in Staatsschutz-Strafsachen entsprechend zugrunde gelegt hat und wie sich dieser Pauschalbetrag errechnet. Maßgeblich ist nach § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG allein, ob in dieser Höhe Haftkosten tatsächlich entstanden sind. Dies ist ausweislich der vom Beigeladenen vorgelegten Kostenaufstellungen für den hier in Rede stehenden Zeitraum der Jahre 2003 und 2004 der Fall. Danach sind in beiden Haushaltsjahren sogar deutlich höhere Haftplatzkosten in der Gewahrsamseinrichtung entstanden als der geltend gemachte Betrag von 87,00 €, nämlich in 2003 118,16 € und in 2004 109,43 €.

Gegen die vorgelegten Kostenaufstellungen bestehen ganz überwiegend keine rechtlichen Bedenken. Jedenfalls in Höhe des geltend gemachten Tagessatzes von 87,00 € sind berücksichtigungsfähige Haftplatzkosten tatsächlich entstanden.

Unbedenklich ist zunächst die vorgenommene Aufteilung in von der Belegungszahl abhängige und unabhängige Kosten. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Auslastung der Gewahrsamseinrichtung schwankt, wie der Beigeladene nachvollziehbar dargelegt hat.

Ferner ist die Kostenposition "Nutzungsentgelte und Pachten an LBB" rechtlich nicht zu beanstanden. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, ist der Landesbetrieb für Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) Eigentümer der Gewahrsamseinrichtung und stellt für die Überlassung des Gebäudes an den Beigeladenen eine Miete in Rechnung. Bei dem an den LBB gezahlten Nutzungsentgelt handelt es sich demnach um Kosten, die der Gewahrsamseinrichtung tatsächlich entstanden sind. Kosten für die Nutzung der Gebäude sind entgegen der Auffassung des Klägers auch berücksichtigungsfähig. Der Umfang der Kostenhaftung ist durch § 83 AuslG zwar auf solche Kosten begrenzt, die mit der Abschiebung in einem direkten inneren sachlichen Zusammenhang stehen und hierfür erforderlich sind (vgl. BayVGH, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind jedoch bei den genannten Gebäudekosten der Gewahrsamseinrichtung ersichtlich gegeben, selbst wenn sich die Höhe des Nutzungsentgelts auch an den Kosten für die Errichtung orientieren sollte. Es trifft auch nicht zu, dass der Beigeladene in seinem Schriftsatz vom 21. Februar 2006 selbst die Auffassung vertreten hätte, der so genannte Baukostensatz, das heißt die Kosten für die Errichtung und Nutzung der Gebäude, könne nicht in die Berechnung von Haftkosten einbezogen werden. Vielmehr beziehen sich die dortigen Aussagen zur Nichteinbeziehung des Baukostensatzes allein auf die Berechnung des Pauschalbetrages für den Kostenausgleich in Staatsschutz-Strafsachen und damit auf die Haftkosten in Justizvollzugsanstalten, die bis zum Jahr 2003 keine Nutzungsentgelte an den LBB abführen mussten. Für die Gewahrsamseinrichtung hat er hingegen ausdrücklich die Nutzungsentgelte an den LBB als Beispiel für belegungsunabhängige Kosten genannt.

Bedenken bestehen hingegen bei den belegungsabhängigen Ausgaben der Hauptgruppe 5 hinsichtlich der Position "Gerichts- und ähnliche Kosten" (26,68 € im Jahre 2004), da diese Kosten offenbar auf einem konkreten Anlass beruhen. Gleiches gilt im Ergebnis für die belegungsabhängigen Ausgaben der Hauptgruppe 6 "Krankenkosten AsylbLG" und "Leistungen nach dem AsylbLG (Taschengeld, Arbeitsentgelt, Hygiene, Kleidung)". Insoweit ist fraglich, ob diese Ausgaben, die jedenfalls bei den Krankenkosten je nach Einzelfall unterschiedlich sein können, wie die sonstigen belegungsabhängigen Kosten auf alle Abschiebungshäftlinge gleichmäßig umgelegt werden dürfen, oder ob es rechtlich geboten ist, sie nur demjenigen Abschiebungshäftling in Rechnung zu stellen, bei dem sie individuell angefallen sind. Dies kann vorliegend jedoch offen bleiben. Denn auch bei Nichtberücksichtigung der genannten belegungsabhängigen Kostenpositionen liegen die tatsächlich entstandenen und berücksichtigungsfähigen Haftplatzkosten in den Jahren 2003 und 2004 über dem geltend gemachten Betrag von 87,00 € täglich. So belaufen sich im Jahre 2003 allein die belegungsunabhängigen Kosten auf 93,95 €. Im Jahre 2004 errechnen sich ohne die genannten Kostenpositionen belegungsabhängige Ausgaben von 20,38 €, zusammen mit den belegungsunabhängigen Ausgaben von 81,49 € somit Gesamtkosten von ebenfalls deutlich über 87,00 €.

Den Umstand, dass in der Gewahrsamseinrichtung höhere Haftplatzkosten angefallen sind als in einer Justizvollzugsanstalt, obwohl im Strafvollzug auch Kosten anfallen, die Abschiebungshäftlinge nicht betreffen wie z.B. Maßnahmen zur Resozialisierung (vgl. BVerwGE 124, 1), hat der Beigeladene nachvollziehbar mit den höheren Personalkosten der vergleichsweise kleinen Einrichtung, der aufwändigen Betreuung durch Sozialarbeiter und Dolmetscher und der Verpflichtung zur Zahlung von Nutzungsentgelten für die Überlassung der Gebäude begründet. Dies ist vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogen worden.

Der Kläger ist schließlich auch nicht in rechtswidriger Weise mit dem angefochtenen Leistungsbescheid und dem Bescheid über Kostenersatz vom 16. Januar 2004 doppelt für Unterbringung und Verpflegung in der Gewahrsamseinrichtung in Anspruch genommen worden. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, enthält der Bescheid vom 16. Januar 2004 keine Forderung an den Kläger, insgesamt 861,81 € zu zahlen, sondern stellt lediglich die Rechtsgrundlage für die Einbehaltung des Barbetrages in Höhe von 148,41 € nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dar. Dieser Betrag ist bei der Berechnung der Abschiebungshaftkosten berücksichtigt worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.680,59 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG)

Ende der Entscheidung

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