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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: 7 A 11726/04.OVG
Rechtsgebiete: LVwVG, StVO


Vorschriften:

LVwVG § 63 Abs. 1
LVwVG § 66 Abs. 1 S. 2
StVO § 42 Abs.4 Nr. 2
An der Freihaltung des einem Behinderten gemäß § 42 Abs. 4 Nr. 2 StVO i.V.m. Zeichen 314 sowie Zusatzzeichen 1044-11 zugeteilten Schwerbehindertenparkplatzes von unberechtigt parkenden Fahrzeugen besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Deshalb kann ein dort verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug grundsätzlich sofort abgeschleppt werden.

Wurde das auf einem Schwerbehindertenparkplatz im vorbezeichneten Sinne abgestellte Fahrzeug des Parkberechtigten abgeschleppt, weil der Parkausweis entgegen § 42 Abs. 4 Nr. 2 StVO nicht gut lesbar ausgelegt war, so dass die Ordnungsbehörde von einem unberechtigten Parken ausgehen musste, kann die Erstattung der entstandenen Kosten von dem Parkberechtigten verlangt werden.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 A 11726/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Abschleppkosten

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hoffmann Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Cloeren ehrenamtliche Richterin Angestellte Burghardt-Kiwitz ehrenamtliche Richterin Juristin und Hausfrau Bastian

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 2. Juli 2004 - 7 K 693/04.NW - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbescheid, durch den von ihm die Erstattung von Abschleppkosten sowie Gebühren und Auslagen verlangt wird.

Dem Kläger ist gemäß § 42 Abs. 4 Nr. 2 StVO i.V.m. Zeichen 314 sowie Zusatzzeichen 1044-11 ein Schwerbehindertenparkplatz zugeteilt. Am 10. Juni 2003 gegen 8.30 Uhr war das Fahrzeug, dessen Halter der Kläger ist, auf diesem Parkplatz abgestellt, ohne dass der Parkausweis sichtbar ausgelegt war. Da die Beklagte deshalb von einer unbefugten Nutzung des Behindertenparkplatzes des Klägers ausging, ließ sie das Fahrzeug von einem Abschleppunternehmen auf den daneben befindlichen öffentlichen Parkplatz umsetzen.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2003 forderte die Beklagte vom Kläger die Erstattung der Abschleppkosten in Höhe von 80,67 € sowie weiteren 38,20 € Gebühren und 5,62 € Auslagen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass das Fahrzeug auf dem ihm zugewiesenen Parkplatz mit der Nr. 100770 gestanden habe. Am Tag zuvor sei er in der Dunkelheit nach Hause gekommen und habe nicht bemerkt, dass der Behindertenparkausweis verrutscht sei und auf dem Boden vor dem Beifahrersitz gelegen habe. Da von dem Fahrzeug keine Behinderung ausgegangen sei, sei die Abschleppmaßnahme unverhältnismäßig und daher rechtswidrig gewesen. Das Verwarnungsgeld habe er allerdings bezahlt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2003 hat der Stadtrechtsausschuss den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für das als Ersatzvornahme zu wertende Abschleppen erfüllt gewesen seien. Das Fahrzeug des Klägers sei zwar auf dem ihm zugeteilten Parkplatz abgestellt worden. Jedoch habe die Ausnahmegenehmigung für das Parken nicht gegolten, weil der Parkausweis nicht sichtbar ausgelegt worden sei. Zu Nachforschungsversuchen, die mit ungewissen Erfolgsaussichten und nicht absehbaren weiteren Verzögerungen verbunden gewesen wären, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz habe dem Abschleppen nicht entgegengestanden. Entscheidend sei, dass zugunsten von Schwerbehinderten an der Freihaltung der ihnen zugewiesenen Parkplätze in aller Regel ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe.

Die hiergegen erhobene Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, dass ihm der Parkplatz seit 10 Jahren zugewiesen und es hin und wieder vorgekommen sei, dass der Behindertenparkausweis auf den Boden gefallen sei. Dies habe aber bisher lediglich zu Strafzetteln geführt, die nach Vorlage des Behindertenausweises immer zurückgenommen seien. Die Abschleppmaßnahme in Form der Umsetzung des Fahrzeuges auf einen danebenliegenden Parkplatz sei unverhältnismäßig und daher rechtswidrig gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

den Kostenbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Verpflichtung für die Ordnungsbehörde bestehe, den Aufenthaltsort des Verantwortlichen zu ermitteln. Gleichwohl sei im vorliegenden Fall - wie bei allen Abschleppfällen - versucht worden, den Halter festzustellen. Wegen eines technischen Problems sei es jedoch nicht zum erfolgreichen Abschluss der Anfrage gekommen.

Mit Urteil vom 2. Juli 2004 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Kostenbescheid und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 63 LVwVG für die Erstattung der Abschleppkosten vorlägen. Denn der Kläger habe sein Fahrzeug verbotenerweise auf dem in Rede stehenden Parkplatz abgestellt, da er den notwendigen Parkausweis nicht gut sichtbar ausgelegt habe. Jedoch sei die Anordnung der Ersatzvornahme nicht verhältnismäßig gewesen und deshalb ermessenswidrig erfolgt. Dies beruhe darauf, dass die Freihaltung eines Behindertenparkplatzes, der ausschließlich für eine Person reserviert sei, anders als bei Behindertenparkplätzen, die allen behinderten Verkehrsteilnehmern mit Sonderausweisen offen stünden, nicht im öffentlichen Interesse stehe. Außerdem sei das Verlangen der Beklagten nach Kostenerstattung hier ausnahmsweise unverhältnismäßig. Es entspreche nicht dem Zweck der Ermächtigung und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Beklagte Kosten erhebe, die nicht entstanden wären, wenn sie das ihr Zumutbare getan hätte, das Vorhandensein eines Behindertenparkausweises für das abgeschleppte Fahrzeug in Erfahrung zu bringen. Die Beklagte hätte mit erheblich geringerem Arbeitsaufwand per Handy oder Funk innerhalb weniger Minuten feststellen können, ob eine Parkberechtigung für das betroffene Fahrzeug auf dem Behindertenparkplatz bestehe.

Die Beklagte hat die gegen dieses Urteil vom Senat zugelassene Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Abschleppen des Fahrzeugs des Klägers sei zu Recht erfolgt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Halter zu ermitteln. Hierfür hätte nur dann Anlass bestanden, wenn aufgrund von bestimmten am Ort erkennbaren Anzeichen Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass Nachforschungen Erfolg gehabt hätten. Deshalb gehe es nicht zu ihren Lasten, dass durchgeführte Ermittlungen an technischen Problemen gescheitert seien. Die Anordnung des Abschleppens sei schließlich ermessensfehlerfrei gewesen, weil die Parkberechtigung des Klägers für die Mitarbeiter des Ordnungsamts nicht erkennbar gewesen sei. Somit habe die Umsetzung des Fahrzeuges dazu gedient, dem Behinderten die einfache und unkomplizierte Möglichkeit der Nutzung zu gewährleisten. Hieran bestehe auch bei einem Behindertenparkplatz ein öffentliches Interesse, der nicht allgemein, sondern nur einem einzelnen Behinderten zugänglich sei. Auch die Erhebung der Kosten sei nicht rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung müsse von einer Kostenerstattung nur dann abgesehen werden, wenn es sich um einen atypischen Einzelfall handele, bei dem die Maßnahme der Allgemeinheit zuzurechnen sei. Dies sei der Fall bei der Umsetzung eines ursprünglich ordnungsgemäß abgestellten Fahrzeuges aus Gründen, die nicht in der Risikosphäre des Halters lägen. Im vorliegenden Fall sei jedoch das Nichtauslegen des Parkausweises als Pflichtverletzung des Klägers anzusehen, die das Abschleppen verursacht habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger, der die Zurückweisung der Berufung begehrt, hat ergänzend vorgetragen, dass die Beklagte andere Fahrzeuge, die unberechtigterweise auf seinem Parkplatz gestanden hätten, bisher auch dann nicht habe abschleppen lassen, als er ausdrücklich darum gebeten habe. Außerdem sei an der Heckscheibe des PKWs ein kleiner "Behindertenaufkleber" angebracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und den Inhalt der Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen den Kostenbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2003 abweisen müssen, da diese rechtmäßig sind.

Das Anfordern der Kosten für das Abschleppen des Pkws des Klägers findet seine Rechtsgrundlage in § 63 Abs. 1 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes - LVwVG - vom 8. Juli 1957 (GVBl S. 101). Danach können die Kosten für die Durchführung einer - wie noch auszuführen sein wird - rechtmäßigen Ersatzvornahme gegenüber dem Pflichtigen geltend gemacht werden.

Das Abschleppen des Pkws des Klägers stellt eine Ersatzvornahme im Sinne der vorgenannten Vorschrift dar, da sie der Vollstreckung der Allgemeinverfügung dient, die in dem Verkehrszeichen Nr. 314 i.V.m. dem Zusatzzeichen 1044-11 gemäß § 42 Abs. 4 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung - StVO - vom 16. November 1970 (GVBl I 1565) zum Ausdruck kommt. Danach ist es verboten, ohne gut lesbar ausgelegten Parkausweis auf dem hier in Rede stehenden Behindertenparkplatz zu parken. Hiergegen hat der Kläger als Halter des abgestellten Fahrzeuges verstoßen, da sein Fahrzeug am 10. Juni 2003 auf dem Behindertenparkplatz abgestellt worden ist, ohne dass der Parkausweis gut lesbar ausgelegt war. Selbst wenn man die materielle Berechtigung des Klägers zum Parken auf "seinem" Parkplatz berücksichtigt, musste die Beklagte gleichwohl von einem Verstoß im o.g. Sinne ausgehen, weil der Anschein einer entsprechenden Zuwiderhandlung vorlag, den sie nicht verursacht hatte (vgl. zur sog. Anscheinsgefahr Roos, Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz - POG -, 3. Aufl., § 9 Rdnr. 20). Vielmehr beruhte er auf dem o.g. Verhalten des Klägers.

Das Zeichen Nr. 314 i.V.m. dem Zusatzzeichen 1044-11 war gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl I S. 686) sofort vollziehbar. Darüber hinaus bedurfte es gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 LVwVG keiner vorherigen Androhung der Ersatzvornahme.

Die durchgeführte Ersatzvornahme in Gestalt des Abschleppens des Fahrzeuges, die im Ermessen der zuständigen Behörde stand, hat nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Nach der Rechtsprechung mehrerer Obergerichte darf ein verbotswidrig auf einem allgemein zugänglichen Behindertenparkplatz abgestelltes Fahrzeug sofort abgeschleppt werden. Die parkbevorrechtigten Benutzer sollen nach der gesetzgeberischen Wertung darauf vertrauen können, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen unbedingt zur Verfügung steht. Deshalb besteht an der Freihaltung von Behindertenparkplätzen ein erhebliches öffentliches Interesse (vgl. Bay.VGH, Urteil vom 29. Januar 1996 - 24 B 94.1712 - NJW 1996, 979; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19. März 2002 - 4 L 118/01 -, NVwZ-RR 203, 647; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2002 - 3 B 67.02 -, VRS 103, 309; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Februar 2003 - 1 S 1248/02 -, NVwZ-RR 203, 558). Diese Rechtsprechung ist auf einen Behindertenparkplatz, der - wie im vorliegenden Fall - einer einzelnen Person zugeteilt ist, nicht nur zu übertragen, sondern das öffentliche Interesse an der Freihaltung eines solchen personenbezogenen Parkplatzes ist sogar noch höher zu bewerten. Dies beruht darauf, dass er sich in aller Regel in der Nähe der Wohnung des Berechtigten befinden, so dass seine Benutzung für den Behinderten von gesteigerter Bedeutung ist.

Das erhebliche öffentliche Interesse, das somit an der Freihaltung des dem Kläger zugewiesenen Parkplatzes besteht, war aus Sicht der Beklagten dadurch beeinträchtigt, dass ein Fahrzeug dort abgestellt war, ohne dass die Parkberechtigung aufgrund des gut lesbar ausgelegten Parkausweises erkennbar war. Hiervon ausgehend lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, das Fahrzeug abschleppen zu lassen. Dieses Ermessen hat die Beklagte durch die Anordnung der Umsetzung des Fahrzeugs ordnungsgemäß ausgeübt, da sie wegen des durch den Kläger verursachten Irrtums davon ausgehen konnte, gerade zu seinen Gunsten zu handeln.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen hat, dass andere Fahrzeuge, die seinen Parkplatz unberechtigterweise benutzt haben, trotz seiner Bitten immer wieder, zuletzt am 18. November 2004, nicht umgesetzt worden sind, spricht einiges dafür, dass das Unterlassen des Abschleppens gerade in einem Fall, in dem der Parkberechtigte den Parkplatz benutzen will, ermessensfehlerhaft ist. Allerdings hat dies keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der hier in Rede stehenden Ersatzvornahme.

Das Umsetzen des Fahrzeugs des Klägers war ferner auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Beklagte der Nachforschungs- und Wartepflicht nicht ausreichend genügt hätte. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 2. Februar 1999 - 7 A 12148/98.OVG -) gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwar, dass nicht in jedem Fall dann, wenn das Abschleppen aufgrund der gegebenen Situation an sich gerechtfertigt ist, diese Maßnahme auch sofort angeordnet wird. Wenn etwa bei einem vorschriftswidrig abgestellten Kraftfahrzeug anhand von Aufschriften, wie sie bei Liefer- oder Handwerkerfahrzeugen üblich sind, oder durch sonstige Hinweise, etwa durch einen angebrachten Zettel erkennbar ist, dass dieses Fahrzeug einem bestimmten Anwohner gehört, spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Halter bzw. Fahrer gefunden werden kann und er das Fahrzeug selbst entfernen wird. Daher wäre es in einem solchen Fall unverhältnismäßig, wenn das Fahrzeug umgehend abgeschleppt würde, ohne dass eine sich aufdrängende Nachforschung nach dem Fahrzeugführer angestellt bzw. eine gewisse Zeit auf die Rückkehr des Fahrzeugführers gewartet würde. Der Umfang, der aus Verhältnismäßigkeitsgründen zu fordernden Nachforschungs- und Wartepflicht ist aber vor dem Hintergrund der Bedeutung des Verkehrsverstoßes und der mit dem Abschleppen verbundenen eher niedrigen Kostenfolge zu bestimmen. Im Übrigen ist es in erster Linie Aufgabe der Verkehrsüberwachungskräfte, den ruhenden Verkehr zu überwachen. Es kann nicht verlangt werden, dass sie umfangreiche, zeitraubende aber nicht Erfolg versprechende Suchmaßnahmen nach dem Fahrer unternehmen und die eigentlichen Aufgaben darüber zurückstellen.

Auch nach diesen Grundsätzen ist die Vorgehensweise der Beklagten im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Nach dem Vorbringen der Beteiligten haben keine Anhaltspunkte vorgelegen, die darauf hindeuteten, dass der Fahrer oder Halter des abgeschleppten Fahrzeuges ohne weitere Verzögerung auffindbar gewesen war. Ein solcher Hinweis ist auch nicht in dem "Behindertenaufkleber" zu sehen, der sich nach dem insoweit neuen Vorbringen der Mutter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf der Heckscheibe des Fahrzeugs befunden haben soll. Zum einen ist unklar, ob dieser Aufkleber von den Mitarbeitern der Beklagten wahrgenommen wurde. Zum anderen sagt er allein noch nichts über die Parkberechtigung aus. Dass im Übrigen die Halteranfrage aus technischen Gründen gescheitet ist, begründet bereits deshalb keinen Ermessensfehler, weil die Beklagte zu dieser Maßnahme nicht verpflichtet war.

Schließlich lagen auch nicht die Voraussetzungen vor, unter denen die Geltendmachung der Kosten trotz der Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme ausnahmsweise rechtswidrig sein kann. Die Abgrenzung der Verantwortungssphären zwischen der Allgemeinheit und dem betroffenen Kraftfahrzeughalter ist dadurch gekennzeichnet, dass grundsätzlich von der Kostenpflichtigkeit des Verantwortlichen auszugehen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn außerordentliche oder unvorhergesehene Ereignisse, die der Allgemeinheit zuzurechnen waren, das Abschleppen des Fahrzeugs erforderlich gemacht haben. In einem solchen Fall wäre die Kostenbelastung des Fahrzeughalters unangemessen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 1. Oktober 1996 - 7 A 11667/95.OVG -). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr wurde das Abschleppen nötig, weil der Parkausweis nicht gut lesbar im Fahrzeug ausgelegt war. Dies ist allein dem Verantwortungsbereich des Fahrzeughalters bzw. des Fahrers zuzurechnen, so dass es angemessen ist, dass er und nicht die Allgemeinheit die entstandenen Kosten für das Abschleppen trägt.

Die festgesetzten Gebühren und Auslagen finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 8 Abs. 2, 10 der Kostenordnung zum Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG-KostO) vom 11. Dezember 2001 (GVBl 2002, 35) i.V.m. §§ 3 bzw. 10 des Landesgebührengesetzes - LGebG - vom 3. Dezember 1974 (GVBl S. 578).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 124,49 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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