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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.06.2003
Aktenzeichen: 7 A 11941/02.OVG
Rechtsgebiete: GemO, GemHVO


Vorschriften:

GemO § 68 Abs. 4
GemO § 105
GemO § 107
GemHVO § 21 Abs. 1
Zur Abgrenzung von Kassenmitteln der von der Verbandsgemeinde geführten einheitlichen Kasse (§ 107 GemO) zu "Geldanlagemitteln", über die die Ortsgemeinde in ihrem Haushalt selbständig verfügt.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 A 11941/02.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen kommunalaufsichtlicher Beanstandung

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2003, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hoffmann Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl Richter im Nebenamt Prof. Dr. Schröder ehrenamtliche Richterin Hausfrau Chmelius ehrenamtlicher Richter Dipl.-Pädagoge Heimann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Ortsgemeinde, wendet sich gegen eine kommunalaufsichtliche Verfügung des beklagten Landkreises, mit der dieser einen vom Gemeinderat gefassten Beschluss über die Verwendung einer Rücklage beanstandet hat. In der Sitzung vom 16. Dezember 1999 beschloss der Gemeinderat der Klägerin, den Erlös aus dem Verkauf des Gemeindewaldes "S..." in Höhe von 525.000,-- DM einer Rücklage zur Stärkung des Anlagevermögens zuzuführen, um damit in Zukunft langfristige Vermögensinvestitionen zu finanzieren. Der Rücklagenbestand sollte im Rahmen eines Zuwachssparvertrages bei der Sparkasse Rhein-Nahe mit einer einjährigen Kündigungsfrist angelegt werden. Nachdem der Bürgermeister der beigeladenen Verbandsgemeinde den Beschluss des Ortsgemeinderats ausgesetzt hatte und dieser daraufhin in der Sitzung vom 22. Mai 2000 an ihm festgehalten hatte, entschied die Kreisverwaltung B... als Aufsichtsbehörde im Rahmen einer Entscheidung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Gemeindeordnung - GemO - unter dem 20. Oktober 2000, die Aussetzung nicht zu bestätigen. Zur Begründung wurde angeführt, dass sich die Aussetzung des Bürgermeisters der Beigeladenen allein auf die von der Klägerin geforderte konkrete Anlage des Verkaufserlöses bezogen habe. Die Anlageform des Vermögens selbst sei jedoch nicht Inhalt des protokollierten Ratsbeschlusses gewesen, der sich entgegen seiner ausdrücklichen Formulierung tatsächlich auf eine Einstellung des Betrages in eine allgemeine Rücklage bezogen habe.

Daraufhin beschloss der Gemeinderat der Klägerin in seiner Sitzung vom 23. November 2000, den Erlös aus dem durchgeführten Waldverkauf in einer allgemeinen Rücklage "außerhalb des Kassenverbundes nach § 68 Abs. 4 GemO" zur Erzielung eines optimalen Zinsgewinnes anzulegen.

Mit Verfügung vom 15. Januar 2001 beanstandete die Kreisverwaltung B... den Beschluss und stellte zur Begründung darauf ab, dass er in die Zuständigkeit der beigeladenen Verbandsgemeinde eingreife. Denn die Verbandsgemeindeverwaltung führe gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GemO die Kassen- und Rechnungsgeschäfte für die Ortsgemeinden, wobei die Kasse der Verbandsgemeinde und diejenigen der Ortsgemeinden eine Einheitskasse bildeten. Die Stellung der Verbandsgemeinde werde bestärkt durch die Bestimmung des § 68 Abs. 4 Satz 2 GemO, wonach Kassenkredite nur von der Verbandsgemeinde aufgenommen werden dürften. Darüber hinaus ergebe sich aus § 105 GemO, dass Kassenkredite nur zulässig seien, wenn keine anderen Mittel zur Verfügung stünden. Schließlich schreibe § 19 Abs. 1 Satz 3 der Gemeindekassenverordnung - GemKVO - vor, Kassenmittel so anzulegen, dass sie bei Bedarf verfügbar seien. Ziffer 4 der Verwaltungsvorschrift zu § 21 der Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO - regele deshalb konsequent, dass der Verbandsgemeindeverwaltung die Anlage und Verwaltung der Rücklagemittel der Ortsgemeinden obliege. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Erzielung eines möglichst hohen Ertrages sei es geboten, die Rücklagen der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde bei einer Stelle anzulegen. Davon abgesehen werde durch den beanstandeten Beschluss der Klägerin die Verfügbarkeit ihrer Rücklagen beeinträchtigt. Nach § 106 GemO i.V.m. § 21 Abs. 1 GemHVO müssten Rücklagen nämlich sicher und ertragbringend angelegt werden und für ihren Zweck rechtzeitig verfügbar sein. Eine rechtzeitige Verfügbarkeit sei jedoch bei dem angestrebten Zuwachssparvertrag in den ersten zwölf Monaten nicht gegeben. Ferner könnten vorliegend Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie der Gleichbehandlung der Ortsgemeinden innerhalb der Verbandsgemeinde verletzt sein.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, mit der sie geltend machte, als Ortsgemeinde habe sie in Verwaltungsangelegenheiten nach § 68 Abs. 1 GemO eine Weisungsbefugnis gegenüber der Verbandsgemeindeverwaltung, die auch die Führung der Kassen- und Rechnungsgeschäfte einschließlich der Kassenanordnung umfasse. Ihre Haushaltspläne für 2000 und 2001 seien ausgeglichen, so dass der Erlös aus dem Verkauf des Gemeindewaldes im Zeitpunkt des Geldeinganges nicht benötigt worden sei. Weiterhin sei die erheblich bessere Verzinsung bei der Anlageentscheidung zu berücksichtigen, selbst wenn wegen kurzfristiger Liquiditätsengpässe die Aufnahme von Kassenkrediten erforderlich werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2001 wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ... den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der in der kommunalaufsichtlichen Verfügung getroffenen Begründung zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 17. Januar 2002 Klage erhoben und zur Begründung vorgebracht, gerade die Bestimmung des § 68 Abs. 4 GemO belege, dass es außerhalb der Aufnahme von Kassenkrediten bei der Weisungsbefugnis der Ortsgemeinden gegenüber der Verbandsgemeindeverwaltung verbleibe. Eine Verfügbarkeit ihrer Rücklagen sei nicht beeinträchtigt, weil ihr Kassenbestand zum Stichtag 31. Dezember 2000 einen Aktivsaldo in Höhe von 919.000,-- DM aufgewiesen habe. Zudem dürften Rücklagen anderer Ortsgemeinden nur kurzfristig und vorübergehend zur Kassenbestandsverstärkung eingesetzt werden, andernfalls seien diese Mittel wie Darlehen zu behandeln. Daraus folge aber, dass die Ortsgemeinden eigenverantwortlich entscheiden könnten, ob sie ein Darlehen an andere Ortsgemeinden, etwa zu einem Zinssatz von 3,5 %, oder aber an eine Bank oder Sparkasse zu einem höheren Zinssatz vergeben wollten. Eine Liquiditätslücke bestehe nicht, da sie keine Rücklagen anderer Ortsgemeinden benötigt habe. Ihre eigenen Rücklagen dürften daher konsequenterweise nicht zur Auffüllung von Liquiditätsschwierigkeiten anderer Ortsgemeinden verwendet werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Kreisverwaltung B... vom 15. Januar 2001 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 13. Dezember 2001 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat daran festgehalten, dass der Grundsatz der Einheitskasse in § 68 Abs. 4 GemO keine eigene Kassenführung der Ortsgemeinden zulasse. Die einheitliche Verbandsgemeindekasse habe vielmehr die ständige Liquidität sowohl der Verbandsgemeinde als auch der einzelnen Ortsgemeinden sicherzustellen. Durch die Regelungen der Gemeindeordnung, der Gemeindehaushaltsverordnung und der Gemeindekassenverordnung sei für die Kassenlage im Bereich der Verbandsgemeinde ein gewisser Ausgleich im Sinne einer Solidargemeinschaft ermöglicht. Auch treffe es nicht zu, dass bei der Klägerin keine Liquiditätsengpässe bestanden hätten. Im Jahr 2000 habe ihr Kassenbestand in einem Monat, im Jahr 2001 sogar in acht Monaten einen negativen Saldo aufgewiesen.

Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Kassenaufstellung für den Kassenbestand der Klägerin in den Jahren 2000 sowie 2001 vorgelegt und sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2002 ergangenem Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angegriffene kommunalaufsichtliche Beanstandung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der beanstandete Beschluss des Gemeinderats, den Verkaufserlös in Form einer allgemeinen Rücklage außerhalb des Kassenverbundes der Verbandsgemeindekasse anzulegen, sei rechtswidrig. Der Beschluss verstoße gegen das Prinzip der Einheitskasse, wie es in § 68 Abs. 4 GemO zugrunde gelegt sei. Innerhalb dieses Rahmens der einheitlichen Kasse dürfe die Verbandsgemeindeverwaltung auch über die Rücklagen der einzelnen Ortsgemeinden verfügen, nicht anders als sie zugunsten der Haushaltswirtschaft einzelner Gemeinden auch Kassenkredite aufnehmen könne. Aufgrund der rechtlichen Stellung der Einheitskasse wirke sie damit in der Art einer Clearingstelle, woraus folge, dass sie einerseits Gläubiger der Ortsgemeinden sei, die einen längerfristigen Negativsaldo aufweisen, andererseits Schuldner derjenigen Ortsgemeinden, deren an sich rentabel anzulegende Rücklagen für kasseninterne Zwecke verwendet würden. Die Aufgaben seien ihr zur alleinigen Erfüllung übertragen, so dass ein wie immer geartetes Weisungsrecht einer Ortsgemeinde nicht bestehe. Es würden in diesem Sinne keine verschiedenen Kassen der Verbandsgemeinde einerseits und der einzelnen Ortsgemeinden andererseits geführt, sondern es bestehe eine Trennung einzig im Wege der Buchführung. Eine konkrete Zuordnung der vorhandenen Kassenmittel sei daher nicht möglich; dies betreffe auch Rücklagen. Die Regelung in § 68 Abs. 4 GemO über die einheitliche Führung der Verbandsgemeindekasse gehe der allgemeinen Bestimmung in § 68 Abs. 1 Satz 2 GemO vor. Wenn auch die Führung des Haushalts danach nach den Weisungen der Ortsgemeinde erfolge, so sei die Führung der Kasse selbst den Einwirkungen der Ortsgemeinde grundsätzlich entzogen.

Dagegen hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und ergänzend vorgetragen: Aus der Rechtsprechung des Senats (AS 24, 391) ergebe sich, dass - indem der Senat das entscheidende Kriterium für die Kostentragungslast bei der Aufnahme von Kassenkrediten herausgearbeitet habe - die Kassen- und Rechnungsgeschäfte von der Verbandsgemeinde im Namen und im Auftrag der Ortsgemeinden geführt würden, soweit es um die Durchführung des Haushalts der Ortsgemeinde gehe. Damit sei aber notwendig verbunden, dass dem Ortsgemeinderat insoweit wie bei sonstigen Aufgaben der Gemeinde ein Weisungsrecht zustehe. Damit sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht vereinbar, das unter Rückgriff auf die von ihm als Sonderbestimmung angesehene Vorschrift des § 68 Abs. 4 GemO davon ausgehe, dass die Führung der Kasse als solche jeglichen Einwirkungen der Ortsgemeinde entzogen sei. Es sei zwar einzuräumen, dass der Senat in seinem Beschluss vom 7. Mai 2002 - 7 A 11788/01.OVG - die rechtliche Stellung der Kasse als Clearingstelle beschrieben habe. Dies sei aber mit der rechtlichen Stellvertreterstellung - wie sie in der Leitentscheidung des Senats herausgestellt worden sei - nicht vereinbar. Es sei ohnehin fraglich, ob § 68 Abs. 4 GemO für die hier in Frage stehende Rücklagenbildung von Ortsgemeinden zur Anwendung komme, da § 68 Abs. 4 Satz 2 GemO eine Beschränkung nur im Hinblick auf die Kassenkredite ausspreche. Es müsse jedenfalls der zentrale Gedanke der Entscheidung des Senats AS 24, 391 zur Anwendung gelangen, dass durch die gemeinsame Kassenführung nicht die Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Ortsgemeinde für ihren Haushalt aufgegeben werde. Jedenfalls müsse die Gemeinde, selbst wenn man eine Weisungsbefugnis im Hinblick auf die Art der Anlage nicht anerkennen wolle, so gestellt werden, dass ihr bei längerfristiger Inanspruchnahme ihrer Rücklagemittel eine Verzinsung gewährleistet werde, die dem entspreche, was eine marktgerechte ertragbringende Anlage erzielen würde. Angemessen sei jedenfalls nicht der hier von der Verbandsgemeinde und der Aufsichtsbehörde zugrunde gelegte Zinssatz für Drei-Monats-Festgelder.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz gemäß ihrem Antrag erster Instanz zu erkennen;

hilfsweise,

unter Abänderung von Ziffer 5 des Bescheides vom 15.1.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides den Beklagten zu verpflichten, zugunsten der Klägerin folgende Zinszahlungen der Beigeladenen aufzuerlegen: aus 550.000,-- DM 4,1 % für das 1. Jahr, 4,5 % für das 2. Jahr, 4,7 % für das 3. Jahr, 5,25 % für das 4. Jahr und 6 % für das 5. Jahr.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er nimmt Bezug auf das Urteil des Verwaltungsgerichts und sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend wird ausgeführt: § 68 Abs. 4 GemO, der die Führung einer Einheitskasse vorsehe, sei auch auf die Verfügung über die Rücklagemittel anzuwenden; selbstverständlich bestimme die Ortsgemeinde eigenständig über die Bildung von Rücklagen im Rahmen ihrer Haushaltsführung; bei der Verfügbarkeit der Rücklagemittel sei aber zu berücksichtigen, dass Kassenkredite nur von der Verbandsgemeinde aufgenommen werden dürften und nach § 105 GemO vor der Aufnahme eines Kassenkredits die Prüfung erforderlich sei, ob keine anderen Mittel verfügbar seien. Die Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Ortsgemeinde für ihren Haushalt werde nicht beeinträchtigt. Lediglich die Kassenabwicklung sei ihr entzogen. Der Verweis in § 68 Abs. 4 GemO auf § 105 GemO ermächtige damit die Verbandsgemeinde, vor der Aufnahme eines Kassenkredits auch Rücklagenbestände der Ortsgemeinden zur Kassenbestandsverstärkung einzusetzen. Die Höhe eines Vergütungsanspruchs der Ortsgemeinde für die Inanspruchnahme der Gelder sei hier nicht Streitgegenstand; die Beanstandung enthalte keine Aussage darüber, ob etwa der Zinssatz für Drei-Monats-Festgelder angemessen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten und die Gerichtsakte 2 K 3382/00.KO Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die gegen die kommunalaufsichtliche Verfügung des Beklagten ergangene Anfechtungsklage abgewiesen; die Beanstandung des Gemeinderatsbeschlusses vom 23. November 2000 ist nämlich nach §§ 118 i.V.m. 121 GemO zu Recht ergangen, weil die beschlossene "Geldanlage außerhalb des Kassenverbundes" mit geltender Rechtslage nicht zu vereinbaren ist. Der im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag erweist sich bereits als unzulässig, da Ziffer 5 im Bescheid vom 15. Januar 2001 nicht am Regelungsgehalt der kommunalaufsichtlichen Verfügung Teil hat, sondern nur unselbständiges Begründungselement ist.

Zwar sind die Gemeinden in ihrer Haushaltsführung selbständig (§§ 93 f. GemO). Mit dem in § 68 Abs. 4 GemO festgelegten Prinzip der Einheitskasse lässt sich indessen nicht vereinbaren, dass die Ortsgemeinde unbegrenzt und ohne weitere formale Voraussetzungen eine eigene Anlagepolitik hinsichtlich zufließender Gelder verfolgt. Nach § 68 Abs. 4 GemO, der insoweit eine gewisse Durchbrechung des Prinzips der selbständigen Haushaltsführung beinhaltet, bilden die Kasse der Verbandsgemeinde mit den Kassen der Ortsgemeinden eine einheitliche Kasse im Sinne der §§ 107 und 108 GemO. Kassenkredite (§ 105 GemO) dürfen danach nur von der Verbandsgemeinde aufgenommen werden. Kassenkredite dienen der Liquiditätssicherung im Vollzug des Haushaltsplans. Sie sollen lediglich den verzögerten Eingang von Deckungsmitteln überbrücken. Durch die Zusammenfassung der Kassenkredite in der Einheitskasse ergeben sich Vorteile für die Gemeinden in der Liquiditätshaltung. Nach § 105 GemO kann die Verbandsgemeinde Kassenkredite bis zu dem in der Haushaltssatzung festgelegten Höchstbetrag auch nur dann aufnehmen, soweit für die Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 8. März 1994 - 7 A 10437/93.OVG = AS 24, 385, 397 dazu ausgeführt, dass das Gesetz mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kasse offensichtlich davon ausgeht, dass der kurzfristige Ausgleich zwischen Überschüssen einzelner Kommunen im Kassenbestand und Fehlbeträgen anderer möglich ist und zur Sicherung der "Betriebsmittel" in diesem Sinne auch die allgemeine Rücklage dienen soll, soweit in § 20 Abs. 2 GemHVO vorgesehen ist, dass die allgemeine Rücklage die rechtzeitige Leistung von Ausgaben sichern soll (Betriebsmittel der Kasse) und zu diesem Zweck ein Betrag vorhanden sein muss, der sich in der Regel auf mindestens 1 v.H. der Ausgaben des Verwaltungshaushalts beläuft. Im Übrigen können Rücklagen der Verstetigung der Haushaltswirtschaft dienen (§ 106 GemO). Nach § 105 GemO ist die Aufnahme von Kassenkrediten gegenüber der eigenen Inanspruchnahme vorhandener Kassenbestandsmittel wie der als Betriebsmittel dienenden Rücklage nachrangig. Der Senat hat bisher offen lassen können (vgl. AS 24, 385, 398), ob Rücklagen auch darüber hinaus gleichsam zur "inneren Finanzierung" im Rahmen der Einheitskasse herangezogen werden können, wenn bei der Kassenführung sowie Haushaltsplanung absehbar wäre, dass für eine bestimmte Gemeinde angenommene Mittel nicht alsbald von dieser im Rahmen der Haushaltswirtschaft benötigt würden, so dass sich die Form einer ertragbringenden Anlage anbieten würde. Nach § 78 Abs. 2 GemO ist das Gemeindevermögen pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten. Bei Geldanlagen ist danach zwar einerseits auf ausreichende Sicherheit zu achten; sie sollen andererseits indessen auch einen angemessen Ertrag erbringen. Häufig wird sich eine Vereinbarung zwischen der Ortsgemeinde und der Verbandsgemeinde als Kassenführer anbieten, die eine innere Finanzierung einvernehmlich zum gegenseitigen Vorteil vorsieht. Die Inanspruchnahme von Kassenkrediten wird häufig eine höhere Zinsbelastung mit sich bringen, als umgekehrt Guthabenzinsen bei der Anlage von Rücklagen zu gewinnen wären.

Fraglich kann sein, ob es solche ausscheidbaren Geldanlagen als Vermögensbestandteile der einzelnen Ortsgemeinden geben kann, die sich von den Mitteln unterscheiden, wie sie als Mittel der Liquiditätsplanung in die Institution der Einheitskasse eingebunden sind (vgl. § 21 Abs. 1 GemHVO). Bei einem solchen Begriff eines ausgegliederten Geld-Anlage-Vermögens träte die Selbständigkeit der Haushaltsführung der einzelnen Gemeinden - ebenso wie im Falle der Aufnahme eines Deckungskredits - wieder zutage, so dass die Beschlussfassung durch die zuständigen Gemeindeorgane im Sinne einer Weisung an die Verwaltung das Prinzip der Einheitskasse nicht tangieren würde. Der Senat verkennt indessen nicht, dass eine Abgrenzung zwischen "Kassenmitteln und anderen Mitteln der Geldanlage" anhand formaler Kriterien möglich sein müsste, weil eine bloß materiell-rechtliche Abgrenzung schwer zu bewerkstelligen sein würde. Vorauszusetzen wäre über den bloßen Zufluss der Mittel an die Kasse hinaus eine haushaltsmäßige Rücklagenbildung im Sinne des § 106 GemO und als Zweckvermerk im Haushaltsplan die Anlagenentscheidung für die entsprechenden Mittel; diese müssten für eine gewisse Dauer zur Verfügung stehen, ohne dass die Liquidität und Haushaltswirtschaft der Gemeinde gefährdet wäre.

Die Fragen können auch hier letztlich offen bleiben, da es im vorliegenden Fall schon an den genannten Voraussetzungen fehlen würde. Es fehlt bereits in der Haushaltssatzung an der förmlichen Zuführung an die Rücklage im Vermögenshaushalt der Gemeinde zum Zweck einer bestimmten Geldanlage. Ebenso fehlt es hier daran - was bei formal richtiger Vorgehensweise im Rahmen der Aufsicht über die Haushaltsbeschlüsse der Ortsgemeinde zu prüfen wäre -, dass die Mittel auf absehbare Zeit im Sinne einer eigenständigen Anlageentscheidung nach § 21 Abs. 1 GemHVO verfügbar gewesen wären. Wie die Aufstellung der Verbandsgemeinde als Anlage zum Schriftsatz vom 15. März 2002 (Bl. 45 GA) zeigt, wurden die vereinnahmten Mittel überwiegend zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit schon im Haushaltsjahr 2001 benötigt. So betrugen die Salden zu Beginn 05/2001 minus 196.945,83 DM, zu Beginn 06/2001 minus 168.766,98 DM, zu Beginn 10/2001 minus 142.025,45 DM, zu Beginn 11/2001 minus 393.055,20 DM, zu Beginn 12/2001 minus 435.145,31 DM. Die Aufstellung ist von der Klägerin substantiiert nicht in Abrede gestellt worden. Für die Beurteilung der Notwendigkeit der Liquiditätshaltung kommt ohnehin der Kassenverwaltung insoweit ein Beurteilungsspielraum gegenüber der Gemeinde zu (vgl. auch Senat, Beschluss vom 7. Mai 2002 - 7 A 11788/01.OVG - S. 5). Die Aufsichtsbehörde ist vorliegend daher zu Recht zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Anlage der Mittel außerhalb des Kassenverbundes angesichts der gegebenen Umstände gegen das Prinzip der Einheitskasse und damit gegen die Zuständigkeit der Beigeladenen verstieß.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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