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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 19.06.2009
Aktenzeichen: 7 B 10469/09.OVG
Rechtsgebiete: AufenthG, EMRK


Vorschriften:

AufenthG § 25
AufenthG § 25 Abs. 4
AufenthG § 25 Abs. 4 Satz 2
AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 25 Abs. 5 Satz 1
AufenthG § 104a
AufenthG § 104a Abs. 1
AufenthG § 104a Abs. 1 Satz 1
AufenthG § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
EMRK Art. 8
EMRK Art. 8 Abs. 1
EMRK Art. 8 Abs. 2
Eine gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Bestimmung entgegenstehende vorsätzliche Täuschung der Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände liegt auch dann vor, wenn die Täuschung nicht kausal für den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet war.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

7 B 10469/09.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Aufenthaltserlaubnis

hier: vorläufiger Rechtsschutz

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 19. Juni 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 20. April 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

Soweit die Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Ablehnung ihres am 17. Oktober 2006 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Antrages "auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis" durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. November 2008 begehren, ist dieses Begehren schon nicht als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen diesen Bescheid, sondern nur als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statthaft. Vorläufiger Rechtsschutz kann im Falle der Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nur dann nach § 80 Abs. 5 VwGO gewährt werden, wenn aufgrund dieses Antrages gemäß § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde der Aufenthalt des Ausländers als erlaubt bzw. sein Aufenthaltstitel als fortbestehend oder doch seine Abschiebung als ausgesetzt gilt; die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs führt dann zur Aussetzung der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht bzw. im Falle des § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erneut zur Aussetzung der Abschiebung (vgl. nur die Beschlüsse des Senats vom 8. November 2007 - 7 B 11014/07.OVG - und vom 10. Januar 2008 - 7 B 11205/07.OVG -, beide m.w.N.). Da die Antragsteller seit Ablauf des 12. Oktober 2006 nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels waren und sich deshalb nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, galten aufgrund ihres am 17. Oktober 2007 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Antrages auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse diese nicht gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend (vgl. nur Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Loseblatt, Stand April 2009, § 81 Rn. 38 ff. m.w.N., auch für die Gegenansicht, sowie Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1329) und auch nicht etwa gemäß § 81 Abs. 3 AufenthG ihr Aufenthalt als erlaubt oder doch ihre Abschiebung als ausgesetzt. Vorläufiger Rechtsschutz könnte ihnen deshalb insoweit allein nach § 123 VwGO gewährt werden (vgl. erneut die Beschlüsse des Senats vom 8. November 2007 - 7 B 11014/07.OVG - und vom 10. Januar 2008 - 7 B 11205/07.OVG -, beide m.w.N.).

Indessen scheidet insoweit auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des von den Antragstellern geltend gemachten Anspruchs auf (Neu-) Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus. Ein solcher Anspruch steht den Antragstellern nämlich nicht zu.

Dies gilt zunächst, soweit sich die Antragsteller auf § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berufen. Nach Nr. 4 dieser Bestimmung ist Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, dass der Ausländer "die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat". Die Antragsteller zu 1. und 2. haben jedoch die Antragsgegnerin über ihre Identität sowie über die Staatsangehörigkeit der Antragsteller zu 1., 3. und 4. und damit über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht. Dies räumen sie durchaus selbst ein, gehen jedoch davon aus, dass diese Täuschung kausal für ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet hätte sein müssen, was sie jedoch nicht gewesen sei. Beides trifft jedoch nicht zu.

Der Gesetzeswortlaut stellt in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 AufenthG allein auf eine vorsätzliche Täuschung der Ausländerbehörde als solche ab; das Verhalten des Ausländers muss nach der gesetzlichen Formulierung nur im Rahmen der zweiten Alternative des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG kausal für das Unterlassen oder die Verzögerung einer Abschiebung sein (ebenso VGH BW, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 13 S 2751/08 - NVwZ-RR 2009, 181 f., Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 104a AufenthG, zu Abs. 1 Nr. 3.5 [06/2009] sowie Funke-Kaiser a.a.O., Stand Dezember 2008, § 104a Rn. 40). Für dieses Verständnis der Bestimmung sprechen auch ihre Entstehungsgeschichte und die Absicht des Gesetzgebers: Die erste Alternative in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG und die Regelung im Bleiberechtsbeschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 17. November 2006 unter II.6.1 sind, abgesehen davon, dass erstere als Erteilungsvoraussetzung und letztere als - selbständiger - Ausschlussgrund ausgestaltet ist, wortgleich; gleiches gilt für die zweite Alternative in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG und die Regelung im Bleiberechtsbeschluss unter II.6.2. Da "die Voraussetzungen und Ausschlussgründe für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104a (...) zum großen Teil eng an die des Bleiberechtsbeschlusses angelehnt" werden sollten (so BT-Drucks. 16/5065 S. 202), spricht auch dies gegen die Übertragbarkeit des ursprünglich in Nr. II.6.2 des Bleiberechtsbeschlusses und nunmehr in der zweiten Alternative des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG enthaltenen Kausalitätserfordernisses auf die dortige, dem selbständigen Ausschlussgrund in Nr. II.6.1 des Bleiberechtsbeschlusses entsprechende erste Alternative.

Entgegen der auch vom Verwaltungsgericht Hamburg (Urteil vom 24. Februar 2009 - 17 K 2497/07 - Asylmagazin 5/2009 S. 34) vertretenen Auffassung der Antragsteller gebieten Gegenteiliges auch nicht etwa Sinn und Zweck von § 104a AufenthG. Richtig ist zwar, dass die als Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Bestimmung in deren Absatz 1 genannten "Kriterien (...) diejenigen begünstigen (sollen), die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben" (so BT-Drucks. 16/5065 S. 202). Nicht rechtstreu verhält sich aber auch derjenige Ausländer, der die Ausländerbehörde vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände täuscht, und zwar unabhängig davon, ob eine Aufenthaltsbeendigung auch im Falle richtiger Angaben unterblieben wäre. Im Übrigen trifft es entgegen der Annahme der Antragsteller und des Verwaltungsgerichts Hamburg nicht zu, dass nur die Nrn. 5 und 6 des § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG "die Grenze für ein nicht mehr rechtstreues Verhalten markieren", Nr. 4 hingegen "aus den vielfältigen Gründen für eine langjährige Duldung diejenigen heraus(filtert), die es den Ausländerbehörden verwehrt haben, die gesetzlich vorgeschriebene Ausreisepflicht durchzusetzen". Denn zumindest die erste Alternative des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG verlangt ebenfalls als Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, dass dem Ausländer ein darin näher umschriebenes, nicht rechtstreues und zum Teil - wie auch im vorliegenden Fall - sogar in § 95 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 49 Abs. 2 AufenthG unter Strafe gestelltes Verhalten nicht vorgeworfen werden kann, und markiert damit wie die Nrn. 5 und 6 "die Grenze für ein nicht mehr rechtstreues Verhalten". Zwar schließt die zweite Alternative des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift auch im Falle eines Verhaltens des Ausländers aus, das keine vorsätzliche Täuschung der Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände, jedoch eine Behinderung oder Verzögerung behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bedeutete. Damit setzt selbst diese zweite Alternative schon nicht voraus, dass es der Ausländerbehörde (vollständig und durchgängig) "verwehrt" gewesen sein muss, die Ausreisepflicht des Ausländers durchzusetzen, vor allem aber sind beide Alternativen voneinander zu unterscheiden, sodass das Kausalitätserfordernis der zweiten Alternative nicht auf die erste Alternative übertragen werden kann.

Auch die in diesem Zusammenhang weitergehende Annahme der Antragsteller und des Verwaltungsgerichts Hamburg, "dem Ziel des Gesetzes," mit § 104a AufenthG "die Problematik der langjährig geduldeten Ausländer umfassend zu lösen", entspreche "eine enge Auslegung des Ausschlussgrunds nach § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG" dahin, das Kausalitätserfordernis in dessen zweiter Alternative auf die erste zu erstrecken, trifft zumindest so nicht zu. § 104a AufenthG zielt nicht auf die umfassende Lösung der Problematik aller langjährig geduldeten Ausländer, sondern will "dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung tragen" und "diejenigen begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben" (so BT-Drucks. 16/5065 S. 201 f., Hervorhebungen jeweils durch den Senat). Weitere Einschränkungen selbst nur dieser Zielrichtung der gesetzlichen Altfallregelung finden sich zudem im Versagungsgrund des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG und im Ausreiseerfordernis des § 104b AufenthG. Die Zielrichtung der gesetzlichen Altfallregelung ist überdies so abstrakt, dass daraus ein derart konkreter Auslegungsmaßstab wie die Erstreckung des Kausalitätserfordernisses in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 AufenthG auf die erste Alternative dieser Bestimmung nicht gewonnen werden kann (vgl. Funke-Kaiser a.a.O., Stand Dezember 2008, § 104a Rn. 39).

Unabhängig davon könnte aber auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegnerin eine Beendigung des Aufenthaltes der Antragsteller unmöglich gewesen wäre, wäre sie nicht von den Antragstellern zu 1. und 2. über die die Identität der Antragsteller und über die Staatsangehörigkeit der Antragsteller zu 1., 3. und 4. getäuscht worden. Da § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 AufenthG - anders als Nr. II.6.1 des Bleiberechtsbeschlusses - als Erteilungsvoraussetzung ausgestaltet ist, trägt der Ausländer bezüglich deren Erfüllung mithin die materielle Beweislast. Schon von daher genügt es - das Erfordernis der Kausalität der Täuschung für die unterbliebene Abschiebung entgegen den obigen Ausführungen einmal unterstellt - nicht, dass die Antragsteller weitgehend unsubstantiiert geltend gemacht haben, sie hätten weder nach Mazedonien noch in das Kosovo abgeschoben werden können, da die Antragsteller zu 1., 3. und 4. mazedonische Staatsangehörige seien, die Antragstellerin zu 2. hingegen Kosovarin und/oder Serbin sei und da sie in Mazedonien oder im Kosovo ein dauerhaft gesichertes Familienzusammenführungsrecht, wenn überhaupt, dann "sicherlich" nur dann hätten, wenn der Lebensunterhalt der gesamten Familie gesichert sei. Vielmehr müsste es auch bei Annahme eines Kausalitätserfordernisses gesichert sein, dass die Antragsteller selbst dann nicht hätten abgeschoben werden können, wenn sie der Antragsgegnerin ihre wahre Identität und Staatsangehörigkeit offenbart hätten (vgl. auch Bay VGH, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 19 ZB 07.2196 - juris). Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung darauf hingewiesen hat, mittlerweile (auch) im Fall der Antragsteller eine Rückübernahmeerklärung der mazedonischen Behörden erhalten zu haben. Von der Richtigkeit dieses Vorbringens geht der Senat trotz des - zumal völlig unsubstantiierten - Bestreitens der Antragsteller aus. Von daher müsste es auch bei Annahme eines Kausalitätserfordernisses sogar gesichert sein, dass die Abschiebung der Antragsteller erst nunmehr aufgrund einer nach ihrem Geständnis eingetretenen Änderung der mazedonischen Rechtslage oder doch Verwaltungspraxis möglich geworden ist. Hierfür fehlt indessen jeglicher Anhaltspunkt.

Haben nach alledem die Antragsteller zu 1. und 2. keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG, so gilt gleiches für ihre nach wie vor minderjährigen Söhne, die Antragsteller zu 3. und 4., da im Rahmen der gesetzlichen Altfallregelung minderjährige Kinder nur ein von ihren Eltern abgeleitetes Aufenthaltsrecht erhalten können. Insoweit verweist der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, da sich in der Beschwerdebegründung hierzu keinerlei Ausführungen finden.

Den Antragstellern kann entgegen ihrer Annahme aber auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden. Zwar sind sie infolge der Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 20. November 2008 gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig geworden, doch ist ihre Ausreise, wie § 25 Abs. 1 Satz 1 AufenthG weiter voraussetzt, weder aus tatsächlichen Gründen - dies machen die Antragsteller selbst nicht geltend - noch aus rechtlichen Gründen unmöglich.

Eine Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG dann aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen (wie etwa das Fehlen erforderlicher Einreisepapiere oder sonstige Einreiseverbote in den Zielstaat) oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen unter anderem auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Beim Bestehen solcher Abschiebungsverbote hat die zwangsweise Rückführung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben. Dann aber ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG (so BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 [197] = InfAuslR 2007, 4 [6] m.w.N.).

Nachdem die mazedonischen Behörden der Antragsgegnerin eine die Antragsteller betreffende Übernahmeerklärung übermittelt haben, dürften daneben förmliche Passersatzpapiere für die Einreise nach Mazedonien nicht mehr erforderlich sein; zumindest ist davon auszugehen, dass auch solche Papiere zumindest in absehbarer Zeit vorliegen werden. Da die Antragsteller gemeinsam nach Mazedonien abgeschoben werden sollen und da sie dort angesichts der Übernahmeerklärung auch zusammen leben können, steht dem auch nicht etwa Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK entgegen, soweit letzterer die Achtung des Familienlebens gebietet. Das gilt aber auch, soweit gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK jedermann Anspruch auf Achtung seines Privatlebens hat. Dieses Recht umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275 [277] und vom 10. August 2007 - 2 BvR 535/06 - InfAuslR 2007, 443 [446], beide m.w.N.). Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechtes nur statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral und zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Aus Art. 8 EMRK folgt jedoch grundsätzlich kein Recht eines Ausländers, in ein bestimmtes Land einzureisen und sich dort aufzuhalten (vgl. EGMR, Entscheidungen vom 16. Juni 2005 - 60654/00 - "Sisojewa I", InfAuslR 2005, 349, vom 17. Oktober 2004 - 33743/03 - "Dragan", NVwZ 2005, 1043 [1045], und vom 16. Juni 2004 - 11103/03 - "Ghiban", NVwZ 2005, 1046; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1997 - 1 C 18.96 -,NVwZ 1998, 189 m.w.N.). Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass ein Ausländer nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht auf einen anderen Staat verwiesen werden kann. Letzteres ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Zugunsten der Antragsteller spricht zwar die Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind im Mai 1993, also vor 16 Jahren, im Alter von 27 bzw. 24 Jahren nach Deutschland gekommen, die Antragsteller zu 3 und 4 wurden vor 14 1/2 bzw. 13 1/2 Jahren im Bundesgebiet geboren und haben hier ihre entscheidende Prägung erfahren.

Die Antragsteller zu 1. und 2. haben jedoch nicht etwa nur irgendwann einmal während ihres Aufenthaltes die Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht, was gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG zur Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Bestimmung genügt (s.o.), sondern vom Zeitpunkt ihrer Einreise im Mai 1993 an bis zu ihrem Geständnis im Juli 2008 und damit mehr als 15 Jahre lang unter Angabe falscher Vor- und Nachnamen sowie eines falschen Geburts- und früheren Aufenthaltsortes und die Antragstellerin zu 2. auch unter Nennung eines falschen Geburtsdatums über ihre wahre Identität und ihre Herkunft aus Mazedonien getäuscht; auch wenn die Antragstellerin zu 2. im Kosovo geboren wurde, so hat sie in Mazedonien am 14. Februar 1988 den Antragsteller zu 1. geheiratet, dort am 5. April 1988 einen Personalausweis ausgestellt bekommen, dort am 22. Juni 1988 und am 21. Dezember 1989 zwei Kinder geboren und dort auch noch nach der Unabhängigkeitserklärung Mazedoniens am 19. November 1991 - der Belgrad nicht entgegengetreten ist; der Abzug der jugoslawischen Volksarmee war schon Ende März 1992 abgeschlossen - gelebt. Wie oben aufgezeigt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. auch dann nicht schon kurz nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet und die Antragsteller zu 3. und 4. dann nicht schon alsbald nach ihrer Geburt hätten nach Mazedonien abgeschoben werden können, wenn die Antragsteller zu 1. und 2. von Anfang an ihre wahre Identität und Herkunft offenbart und ihre diesbezüglich vorhandenen Identitätsnachweise vorgelegt hätten. Stattdessen haben sie durch deren Unterdrückung sowie durch falsche Angaben über ihre Identität und Herkunft in ihren zahlreichen Asylanträgen wie auch gegenüber der Ausländerbehörde zunächst eine Aufenthaltsgestattung und dann Duldungen erschlichen.

In Mazedonien drohte den Antragstellern zu 1. und 2. nämlich im Jahr 1993 keine Drangsalierung durch serbische Amtswalter und Sicherheitskräfte und dem Antragsteller zu 1. nicht die Einberufung zur serbisch dominierten jugoslawischen Volksarmee, sodass die Antragsteller zu 1. und 2. dort hätten bleiben bzw. nach dorthin hätten zurückkehren können, sollten sie tatsächlich 1992 aus der damals bereits selbständigen Republik Mazedonien vorübergehend illegal in das damals noch serbische Kosovo übergesiedelt sein. In Mazedonien drohte ihnen, selbst wenn sie Ashkali sein sollten, deswegen keine Drangsalierung durch die albanische Bevölkerungsmehrheit des Kosovo; die Versuche ihrer Abschiebung am 31. August 2001 bzw. am 28. Oktober 2002, die aufgrund ihrer unrichtigen Angaben in das Kosovo erfolgen sollten, wurden jedoch jeweils deshalb nahezu buchstäblich in letzter Minute durch das Ministerium des Innern und für Sport bzw. durch das Verwaltungsgericht gestoppt. Den Aufforderungen der Antragsgegnerin, sich einen serbischen Reisepass ausstellen zu lassen, kam die Antragstellerin zu 2. erst gar nicht nach, während der Antragsteller zu 1 auch bei seinen vermeintlichen diesbezüglichen Bemühungen jeweils einen falschen Vor- und Nachnamen sowie einen falschen Geburts- und früheren Wohnort angab, sodass die serbischen Behörden seine angebliche Herkunft aus dem Kosovo nicht feststellen konnten.

Die minderjährigen Antragsteller zu 3. und 4. müssen sich die Täuschungen ihrer Eltern zurechnen lassen (so BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2009 - 1 C 40.07 - AuAS 2009, 122 [124]), sodass deshalb die Legitimität ihres Aufenthalts wie die des Aufenthaltes ihrer Eltern zumindest bis zu deren Geständnis und damit nahezu durchgängig gravierend belastet ist. Unter diesen Umständen wäre die Abschiebung aller Antragsteller trotz der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland und ungeachtet des Standes ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse allenfalls dann unverhältnismäßig, wenn sie sich in die Verhältnisse in Mazedonien nicht (wieder) einfinden könnten. Davon kann aufgrund des Vorbringens der Antragsteller indessen nicht ausgegangen werden.

Soweit in der Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang darauf verwiesen wird, der Antragsteller zu 1. habe einen Herzinfarkt gehabt, so war bereits in der Antragsschrift vom 19. Februar 2009 angekündigt worden, der Antragsteller zu 1. werde ab dem 1. März 2009 wieder arbeiten. Beigefügt war dem ein "vorläufiger medizinischer Entlassungsbericht" vom 11. Januar 2009, wonach die Rehabilitationsmaßnahme unkompliziert verlaufen sei und guten Erfolg gehabt habe und wonach noch für voraussichtlich eine Woche Arbeitsunfähigkeit bestehe. In der Beschwerdebegründung vom 19. Mai 2009 wurde zumindest eingeräumt, dass sich der Antragsteller zu 1. bereits "in der Wiedereingliederungsphase" befindet. Von daher werden ihm zwar bestimmte, vor allem schwere körperliche Arbeiten sicherlich nicht möglich sein, auch dürfte die offizielle Arbeitslosenquote in Mazedonien noch immer knapp 35 % betragen. Angesichts seiner selbst geltend gemachten und von der Antragsgegnerin bestätigten sehr guten Deutschkenntnisse weist er in Mazedonien allerdings eine Zusatzqualifikation auf, die ihm das Finden eines Arbeitsplatzes mit Sicherheit erleichtern wird. Es kommt hinzu, dass die Antragstellerin zu 2. - soweit ersichtlich - uneingeschränkt arbeitsfähig ist und dass die Antragsteller zu 3. und 4. aufgrund ihres zwischenzeitlich erreichten Alters nicht mehr ständiger Beaufsichtigung bedürfen. Angesichts von alledem ist den Antragstellern zu 1. und 2. eine Rückkehr nach Mazedonien möglich und deshalb zumutbar. Dies gilt umso mehr, als davon ausgegangen werden muss, dass ihnen bei ihrer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben in Mazedonien auch Verwandte behilflich sein werden. Zwar wird in der Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang behauptet, die Antragsteller zu 1. und 2. verfügten "nach 16 Jahren Abwesenheit weder in Makedonien noch im Kosovo über persönliche Freundschaften oder einer Reintegration dienliche Kontakte." Angesichts des üblichen Vorhandenseins von Verwandten im Herkunftsstaat bedürfte es aber substantiierter Ausführungen der Antragsteller zu 1. und 2., dass und weshalb sie in Mazedonien keine Verwandten - mehr - haben, um insoweit von der Richtigkeit ihrer vorgenannten Behauptung ausgehen zu können.

Was die Antragsteller zu 3. und 4. anbelangt, die in Deutschland geboren wurden und hier ihre maßgebliche Prägung erfahren haben, so wird ihnen eine Eingliederung in die mazedonischen Verhältnisse sicherlich besonders schwer werden, aber gleichwohl möglich und damit zumutbar sein. So ist davon auszugehen, dass sie fließend albanisch sprechen, schon weil ihre Mutter nur wenig deutsch spricht. Dies wird in der Beschwerdebegründung ebenso ausdrücklich eingeräumt wie zumindest rudimentäre schriftliche Kenntnisse des Albanischen, die damit aber ausbaufähig sind. Soweit in der Beschwerdebegründung geltend gemacht wird, Mazedonisch könnten sie überhaupt nicht, dürfte dies nach Einschätzung des Senats zwar zutreffen und ihre Eingliederung in die mazedonischen Verhältnisse sicherlich erschweren, jedoch nicht verhindern. Immerhin sind rund ein Viertel der mazedonischen Staatsbürger ethnisch Albaner, die Albanisch als Muttersprache sprechen. Seit September 2001 ist Albanisch in Kommunen, in denen mehr als 20 % der Bevölkerung albanisch sprechen, zweite Amtssprache. Jedes Kind in Mazedonien hat Anspruch auf eine Grund- und Mittelschulbildung in seiner Muttersprache, Mazedonisch muss dort nur zusätzlich gelehrt werden (vgl. nur www. laender-lexikon.de/Makedonien und www.news.at/articles/0718/15/172267_s3/). Im Übrigen müssen die Antragsteller zu 3. und 4. nicht allein nach Mazedonien reisen, vielmehr werden sie von ihren Eltern begleitet, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen werden. Ohne dass es darauf entscheidend ankäme, ist daneben auch von der Hilfestellung durch sonstige Verwandte in Mazedonien auszugehen (s.o.).

Sind nach alledem schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt, so bedurfte es keiner Ermessenserwägungen im Rahmen dieser Bestimmung oder aber im Rahmen von § 5 Abs. 3 AufenthG.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil diese Vorschrift nur die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglicht, deren Geltungsdauer noch nicht abgelaufen ist oder aber deren Verlängerung vor Ablauf der Geltungsdauer beantragt wurde und die deshalb gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG - anders als im vorliegenden Fall (siehe oben) - als fortbestehend gilt (vgl. den Beschluss des Senats vom 10. Januar 2008, a.a.O. sowie Burr in GK-AufenthG, Loseblatt, Stand Juni 2007, § 25 Rn. 90 m.w.N.). Unabhängig davon besteht keine außergewöhnliche Härte im Sinne dieser Bestimmung, weil den Antragstellern eine (Wieder-)Eingliederung in die mazedonischen Verhältnisse zumutbar ist, wie oben im Zusammenhang mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG und mit Art. 8 EMRK bereits ausgeführt wurde.

Weitere Anspruchsgrundlagen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an sie machen die Antragsteller in der Beschwerdebegründung nicht geltend.

Ist aber ein Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nicht hinreichend wahrscheinlich, so fehlt es an einem Grund dafür, der Antragsgegnerin durch einstweilige Anordnung die Abschiebung der Antragsteller vorläufig zu untersagen bzw. sie durch einstweilige Anordnung zur vorläufigen Duldung der Antragsteller zu verpflichten.

Da die Antragsteller durch die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 20. November 2008 gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig wurden, ohne dass ihre Abschiebung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unmöglich ist (s.o.), so ist zugleich ihr statthafter und auch sonst zulässiger Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche, soweit sich diese gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. November 2008 enthaltenen Abschiebungsandrohungen richten, unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 und mit § 52 Abs. 1 und 2 GVG.

Ende der Entscheidung

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