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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 13.08.2007
Aktenzeichen: 7 B 10703/07.OVG
Rechtsgebiete: KiTaG, GemO, VwVfG


Vorschriften:

KiTaG § 7
KiTaG § 10
KiTaG § 10 Abs. 2
GemO § 14
GemO § 14 Abs. 2
VwVfG § 49
VwVfG § 49 Abs. 2
VwVfG § 49 Abs. 2 Nr. 3
1. Die Beendigung einer rechtmäßigen Aufnahme in einen Kindergarten auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses (durch Satzung geregelter Betrieb eines gemeindlichen Kindergartens) ist wegen Fehlens einer spezialgesetzlichen Ermächtigung nur auf der Grundlage des § 49 Abs. 2 VwVfG möglich.

2. Zu den Voraussetzungen nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG, wenn durch den Widerruf einem Bedürfnis der Sicherstellung der Planungsvorstellungen von Jugendhilfeträger und Gemeinde Rechnung getragen werden soll.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

7 B 10703/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Kindergartenrechts

hier: aufschiebende Wirkung

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 13. August 2007, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff

beschlossen:

Tenor:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 25. Juni 2007 wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Mai 2007 wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, ein am 4. Juni 2004 geborenes Kind, wendet sich gegen die sofortige Vollziehung eines Bescheides der Antragsgegnerin, mit der sie aufgefordert wird, die von dieser als Gemeinde getragene Kindertagesstätte zu verlassen und in eine benachbarte Einrichtung der Wohnsitzgemeinde ihrer Eltern zu wechseln. Als Kind unter 3 Jahren wurde sie Mitte des Jahres 2006 in eine so genannte altersgemischte Gruppe des aus insgesamt zwei Gruppen bestehenden Kindergartens der Antragsgegnerin aufgenommen. Die altersgemischte Gruppe dort hat nach der Kindergartenplanung des zuständigen Jugendamtes eine zentrale Funktion für das Gebiet der gesamten Verbandsgemeinde. Daher legt der Kindergartenträger im Einvernehmen mit dem Träger des Jugendamtes Wert darauf, dass ab dem Alter von 3 Jahren ein Wechsel zu dem "an sich zuständigen" Kindergarten am Wohnsitz der Eltern stattfindet. Nachdem die Antragstellerin sich gegen ein entsprechendes Ansinnen zur Wehr gesetzt hatte, erließ die Antragsgegnerin einen Bescheid vom 24. Mai 2007, mit dem die Antragstellerin aufgefordert wurde, die Einrichtung mit Vollendung des 3. Lebensjahres zu verlassen.

Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde mit der Begründung angeordnet, dass nur auf diese Weise die Planungssicherheit für die Organisation der Kindertagesstätten entsprechend der Kindergartenplanung gewährleistet werden könne.

Dagegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt, im Wesentlichen mit der Begründung, der Aufnahmeakt habe eine entsprechende Begrenzung nicht vorgesehen. Im Übrigen fehle es an den in der Satzung der Antragstellerin für die Kindertagesstätten genannten Ausschlussgründen; für die Beendigung des Kindergartenverhältnisses sei deshalb die Bestimmung in der Satzung gültig, dass Kinder "bis zum Eintritt der Schulpflicht" aufgenommen würden. An einer Rechtsgrundlage für die vorzeitige Beendigung fehle es vorliegend. Zudem mangele es dem Bescheid auch an der erforderlichen Interessenabwägung, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie an einer Laktoseunverträglichkeit leide und ein Wechsel der Einrichtung insoweit mit gesundheitlichen Nachteilen verbunden sein könne; ferner habe nicht Berücksichtigung gefunden, dass auch der kleine Bruder in der Einrichtung angemeldet worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt, insbesondere mit der Begründung, der angegriffene Bescheid sei offensichtlich rechtmäßig und könne sich auf die Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes stützen, welche die gesetzlichen und die freiwilligen Aufgaben der Gemeinden im Zusammenhang mit der Kindertagesstättenplanung regelten.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Auf die Beschwerde hin war die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO abzuändern, weil hinreichende Gründe dafür dargelegt worden sind.

Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung kann - anders als das Verwaltungsgericht annehmen will - dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beendigung des Kindergartenverhältnisses nicht schon deshalb der Vorrang eingeräumt werden, weil der Bescheid sich als offensichtlich rechtmäßig erweisen würde. Im Gegenteil spricht alles für die Rechtswidrigkeit dieses Bescheids, so dass schon deswegen ein überwiegendes Interesse an dem Aufschub der Vollziehung besteht.

1. Die Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes selbst bieten für die Beendigung des Kindergartenverhältnisses keine unmittelbare Rechtsgrundlage. Sie regeln das Kindergartenverhältnis nicht im Einzelnen, sondern stellen im Wesentlichen einen Rahmen für die Planung des Jugendhilfeträgers und die darauf beruhende finanzielle Förderung der Einrichtung der Kindergärten und der Personalkosten dar. Die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Bestimmungen in §§ 10 Abs. 2 und 7 Kindertagesstättengesetz (KiTaG) befassen sich in diesem Zusammenhang mit der subsidiären Aufgabenstellung der Gemeinden. In § 10 Abs. 2 KiTaG ist geregelt, dass, soweit sich kein Träger der freien Jugendhilfe für einen im Bedarfsplan vorgesehenen Kindergarten findet, die Übernahme der Trägerschaft Aufgabe der Gemeinde als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung ist. Anders als bei Begründung und Beendigung des Schulverhältnisses (vgl. etwa § 62 Abs. 2 Satz 2 SchulG für die mögliche Entscheidung einer vom Schulbezirk abweichenden Zuweisung) entscheidet im Bereich der Kindertagesstätten keine behördliche Verwaltung über Begründung oder Beendigung des Kindergartenverhältnisses. Dies ergibt sich bereits aus der Struktur der Einrichtungen und der Art der Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz, wobei das Gesetz vom Vorrang der freien Träger ausgeht und die Entscheidung für die Aufnahme insoweit dem Privatrechtsverhältnis überantwortet. Der im Gesetz begründete Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab einem Alter von drei Jahren beschränkt sich - was die freien Träger angeht - auf eine Gewährleistungsverantwortung des Trägers der Jugendhilfe, der aufgrund seiner Planungs- und Finanzierungsverantwortung Einwirkungsmöglichkeiten auf die Träger der Einrichtungen besitzt (vgl. zu diesem Gewährungsleistungs- und Verschaffungsanspruch Nds OVG, Beschluss vom 24. Januar 2003, 4 ME 596/02 - juris -; OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 1999, 16 B 1677/99 - juris -). Nur in einem Ausnahmefall wie vorliegend, in dem in Umsetzung des im Gesetz ausgesprochenen Subsidiaritätsgrundsatzes eine gemeindliche Einrichtung betrieben wird, kommt eine Begründung des Kindergartenverhältnisses - je nach Ausgestaltung der öffentlichen Einrichtung - auch auf öffentlich-rechtlicher Grundlage in Betracht. In diesen Fällen greift das Recht der gemeindlichen Einrichtungen Platz. Im vorliegenden Fall ist das Benutzungsverhältnis aufgrund der Satzung der Antragsgegnerin über die Zulassungs- und Kostenregelung zu den Kindertagesstätten öffentlich-rechtlich geregelt, so dass die Zulassungs- bzw. Aufnahmeentscheidung (§ 1 Abs. 2 der Satzung) durch Verwaltungsakt erfolgt, der hier mangels schriftlichen Bescheids in der konkludenten Handlung der tatsächlichen Aufnahme liegt (zur Vermutung für die öffentlich-rechtliche Regelung des Benutzungsverhältnisses einer öffentlichen Einrichtung vgl. OVG NRW, NJW 1976, 820).

2. Weder ist vorliegend diese Aufnahme inhaltlich in zeitlicher Hinsicht wirksam begrenzt worden oder ergibt sich eine solche zeitlich begrenzte Wirkung der Aufnahme aus einer etwa zu treffenden Unterscheidung hinsichtlich der Einrichtungen für jüngere und ältere Kinder (a), noch bietet sich für den angegriffenen Bescheid eine wirksame Rechtsgrundlage für die Beendigung des Kindergartenverhältnisses (b).

a) Eine Feststellung durch Verwaltungsakt, dass die Wirkung der Aufnahme begrenzt wäre, kommt hier nicht in Betracht. Auf eine ausdrückliche inhaltliche Begrenzung der Aufnahme - etwa in dem Sinne, dass für unter 3-jährige Kinder die Aufnahme nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres erfolgt - beruft sich nicht einmal die Antragsgegnerin. Auch soweit sie im schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß darauf hinaus will, aus den Gesamtumständen ergebe sich eine derartige Begrenzung, folgt der Senat dem nicht. Dafür gibt die Unterscheidung zwischen den Kindern mit Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz (§ 5 Abs. 1 KiTaG) und den übrigen Kindern, soweit eine Aufnahme erfolgt ist, nichts her. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 der Satzung werden in den Kindergarten Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt aufgenommen. Hinsichtlich Kindern unter drei Jahren ist geregelt (Tagesbetreuung von Kleinkindern), dass diese aufgenommen werden können, soweit hierfür Plätze vorhanden sind. In § 3 Abs. 2 der Satzung ist eine "Aufnahmeberechtigung" vorgesehen für jedes Kind, dessen Eltern bzw. Erziehungsberechtigte mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde gemeldet sind. Die Satzung enthält insoweit die zutreffende Differenzierung im Hinblick einmal auf den im Gesetz vorgesehenen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, der sich nicht unmittelbar gegen die einzelne Einrichtung richtet, sondern lediglich einen Gewährleistungsanspruch gegenüber dem Träger der Jugendhilfe beinhaltet, und andererseits dem Kreis der rechtlichen Regelungen des Gemeinderechts, die einen Anspruch der Einwohner auf Zulassung zu den örtlichen gemeindlichen Einrichtungen gewährleisten (vgl. § 14 Abs. 2 GemO). Die Satzung sieht aber außerhalb solcher Rechtsansprüche in § 3 Abs. 3 vor, dass - soweit der Bedarf an Plätzen für Kinder mit Rechtsanspruch gedeckt ist und noch zusätzliche Plätze zur Verfügung stehen - die Aufnahme sich nach der in der Satzung festgelegten Prioritätenliste richtet, mithin auch insoweit eine Aufnahme erfolgen kann.

Ist die Aufnahme im Rahmen dieser Satzungsregelung für die gemeindliche Einrichtung erfolgt, so liegt eine rechtmäßige Aufnahme der Antragstellerin in den Kindergarten der Antragsgegnerin vor. Eine davon zu unterscheidende gesonderte Einrichtung einer Kindertagesstätte zur Betreuung von Kleinkindern ist demgegenüber nicht vorhanden, wie sich bereits daraus ergibt, dass die Aufnahme innerhalb des Kindergartens in eine altersgemischte Gruppe erfolgt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 KiTaG). Mithin haben die definitorischen Aussagen des Gesetzes über die verschiedenen Arten der Einrichtung von Kindertagesstätten (vgl. § 1 Abs. 1 KiTaG: "Kindergärten, Horte, Krippen und andere Tageseinrichtungen für Kinder - Kindertagesstätten -") keine selbständige Bedeutung für die Begrenzung des Aufnahmeverhältnisses. Dass die Betreuung von kleineren Kindern insoweit vom Gesetz nicht grundsätzlich unterschieden wird, zeigt sich auch in dem Wortlaut der Bestimmung des § 7, wonach das Jugendamt "die bedarfsgerechte Bereitstellung von Plätzen in für diese Altergruppe geeigneten Kindertagesstätten gewährleisten soll".

Nach der sich aus dem Empfängerhorizont für die Eltern ergebenden Aufnahmeentscheidung liegt es auch nicht nahe, sie als in irgendeiner Form als begrenzt anzusehen, wenn dies nicht eigens zum Ausdruck gebracht wird. Dem steht schon der Umstand entgegen, dass aus pädagogischen Gründen und unter Berücksichtigung des Wohls der Kinder eine möglichst kontinuierliche Betreuung in solchen Einrichtungen anzustreben sein wird. Die Antragsgegnerin hat im Übrigen mitgeteilt, die Verwaltungspraxis habe sich aufgrund der Erfahrungen dahin geändert, dass nunmehr bei der Aufnahme von unter dreijährigen Kindern eine entsprechende zeitliche Begrenzung ausdrücklich ausgesprochen werde.

Deshalb ist für einen feststellenden Verwaltungsakt dahin, dass das Kindergartenverhältnis mit Vollendung des dritten Lebensjahres beendet sei, kein Raum.

b) Die für die Beendigung des Kindergartenverhältnisses einzig in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage trägt schließlich die von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung nicht. Da es in der Satzung - abgesehen von den hier nicht einschlägigen Gründen für einen Ausschluss nach § 8 - keine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für die Beendigung des Kindergartenverhältnisses gibt, kommt dafür lediglich die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung des § 49 Abs. 2 VwVfG in Betracht, wonach unter bestimmten Voraussetzungen ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden darf. Einschlägig ist hier insoweit allenfalls Nr. 3 der Bestimmung, wonach dies möglich ist, "wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde."

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig, weil es an jeglicher Ermessensausübung fehlt; die Antragsgegnerin war sich offenkundig nicht der Notwendigkeit einer solchen Ermessensausübung bewusst. Dies geht bereits daraus hervor, dass sie zu Unrecht angenommen hat, es gehe vorliegend um eine Frage gleichsam der "örtlichen Zuständigkeit", so dass für Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres der Kindergarten unzuständig würde. Der Vergleich indessen etwa mit Zuständigkeitsbezirken wie im Schulrecht trifft nicht zu. Eine örtliche Zuständigkeit von Kindergärten in diesem Sinne gibt es nicht. Daran ändert auch der Hinweis der Antragsgegnerin nichts, dass die Nachbargemeinde eine Mitfinanzierung "ortsfremder" Kinder abgelehnt habe. Wegen der weit überwiegenden Übernahme der Kostenlast durch den Träger der Jugendhilfe, die Beiträge des Landes sowie die Elternbeiträge und wegen der in der gesetzlichen Struktur angelegten Aufgabenstellung des Trägers der Jugendhilfe zur Bereitstellung eines wohnortnahen Kindergartenplatzes ist die "Zuständigkeit" auch eines gemeindlichen Kindergartens nicht auf den unmittelbaren Kreis der Gemeindeeinwohner beschränkt. Dem trägt letztlich auch die Satzungsregelung hier Rechnung, indem die ins Ermessen gestellte Aufnahme nicht auf Gemeindeeinwohner beschränkt ist.

Neben der fehlenden Ermessensausübung ist vorliegend des Weiteren zu beanstanden, dass schon die Voraussetzungen für die Eröffnung des Widerrufsermessens nicht erfüllt sind. Zwar mag es so liegen, dass im Sinne des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG nachträglich Tatsachen eingetreten sind, aufgrund deren die Antragsgegnerin berechtigt wäre, die Zulassung derzeit zu verweigern. Die nachträgliche Tatsache liegt in dem Umstand, dass die Antragstellerin das dritte Lebensjahr vollendet hat. Bei dieser Sachlage hätte die Aufnahmeentscheidung unter anderen Prämissen gestanden als bei der Aufnahme jüngerer Kinder, weil für letztere nach den gemeinsamen Planungsvorstellungen im Verbandsgemeindebereich lediglich die Einrichtung der Antragsgegnerin zur Verfügung steht. Ob die nach der Satzung für die "Kann-Aufnahme" geforderte soziale und pädagogische Dringlichkeit wie bei den jüngeren Kindern auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres bei der Antragstellerin vorliegen würde, die nunmehr in ihrem Heimatort ein Kindergartenplatz beanspruchen kann, mag deshalb zweifelhaft sein. Aber auch insoweit käme es für eine ermessensgerechte Aufnahmeentscheidung noch darauf an, ob freie Plätze verfügbar sind und was im Einzelnen gegen die Aufnahme eines solchen "ortsfremden" Kindes sprechen könnte, wenn nun einmal berechtigte Interessen für die Aufnahme gerade in diesem Kindergarten geltend gemacht werden. Immerhin wären insoweit auch die individuellen Interessen des Kindes zu gewichten und abzuwägen.

Dies kann allerdings offen bleiben, da nicht ersichtlich ist, dass - jedenfalls gegenwärtig - ohne den Widerruf im Sinne der Voraussetzungen der Vorschrift des § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG das öffentliche Interesse gefährdet würde. Dafür ist nicht schon ausreichend, dass der Widerruf lediglich allgemein im öffentlichen Interesse läge (vgl. BVerwG, NVwZ 1992, 565). Er muss vielmehr zur Abwehr der Gefährdung des öffentlichen Interesses erforderlich sein, das heißt zur Verhinderung einer sonst unmittelbar drohenden Gefahr für die betroffenen Gemeinschaftsgüter. Notwendig ist insoweit eine durch den Bestand des Verwaltungsakts gegebene konkrete Gefährdung, zu deren Beseitigung der Widerruf geeignet und erforderlich ist (vgl. BVerwG, NVwZ 1984, 102; VGH BW, NVwZ-RR 1989, 540).

Eine solche konkrete Gefährdung hat die Antragsgegnerin mit dem angegriffenen Bescheid nicht geltend machen können. Abgestellt wird lediglich auf allgemeine planerische Grundsätze, die dahin zielen, dass genügend Plätze im Kindergarten der Antragsgegnerin für jüngere Kinder und solche mit Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz aus der Gemeinde selbst zur Verfügung stehen. Dies ist indessen nach dem Stand des Verfahrens konkret schon deshalb nicht gefährdet, weil unstreitig gegenwärtig für das kommende Kindergartenjahr noch vier Plätze für spätere Aufnahmen zur Verfügung stehen. Allein die angestrebte planerische Vorsorge vermag den hier einschlägigen Begriff der konkreten Gefährdung des öffentlichen Interesses nicht auszufüllen.

Im Hinblick auf eine spätere mögliche Änderung der Verhältnisse bemerkt der Senat abschließend: Selbst bei einer unerwünschten Verknappung der hier aufgrund der Planung für bevorzugte Ansprüche zur Verfügung stehenden Plätze käme es für die Bewertung des genannten Widerrufsinteresses darauf an, ob der hier angestrebte Beitrag zur Wahrung dieser Belange überhaupt erheblich ins Gewicht fallen kann. Die Antragsgegnerin hat zwar darauf hingewiesen, dass insgesamt sechs Kinder, die in die altersgemischte Gruppe als Kinder unter drei Jahren aufgenommen worden waren, nach Vollendung des dritten Lebensjahres in die eigentlich "zuständige" Einrichtung wechseln sollen. Sie hat damit eine Art Interesse an der Verhinderung von Berufungsfällen geltend gemacht. Es ist jedoch in diesem Zusammenhang nicht dargelegt, dass die übrigen fünf Kinder oder auch nur eine Mehrzahl davon sich weigern, den Wechsel vorzunehmen, bzw. vergleichbare Einwendungen wie vorliegend geltend machen.

Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf gegeben sein sollten, mag es zwar so liegen, dass eine gewisse Intention des Gesetzes in die Richtung des Widerrufs führt (vgl. dazu: BVerwG, NVwZ 1992, 565).

Indessen gilt dies nur für den Regelfall und enthebt nicht einer Würdigung der für und gegen den Widerruf anzuführenden Gründe, wobei gerade im Bereich des Kindergartenwesens dem Vertrauensschutz wegen der im Allgemeinen angestrengten Kontinuität der Verhältnisse keine unwesentliche Rolle zukommt. Dabei ist auch auf die individuellen Verhältnisse des jeweils betroffenen Kindes einzugehen, wobei es trotz der von der Antragsgegnerin benannten organisatorischen Vorkehrungen in dem für den Wechsel vorgesehenen Kindergarten nicht ausgeschlossen erscheint, dass gerade für die gesundheitlich beeinträchtigte Antragstellerin nicht mehr überschaubare Nachteile gegenüber dem bewährten Zustand verbunden sein können. Bei den individuellen Interessen wird auch die Lage der Eltern und der Umstand zu berücksichtigen sein, dass der kleinere Bruder ebenfalls für einen gewissen Zeitraum auf die Einrichtung der Antragsgegnerin angewiesen sein wird und die Unterbringung der Kinder in einer einzigen Einrichtung regelmäßig von Vorteil ist. Schließlich wird das Interesse der Antragsgegnerin dadurch relativiert, dass die hier angestrebte Verlässlichkeit der Kindergartenplanung im Allgemeinen auch gesichert werden kann, ohne in bestandsgeschützte Kindergartenverhältnisse einzugreifen. So kann für die Zukunft - soweit erforderlich - die Anpassung dadurch ermöglicht werden, dass die Aufnahme jüngerer Kinder mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Ende der Entscheidung

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