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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 28.01.2009
Aktenzeichen: 8 A 10938/08.OVG
Rechtsgebiete: EGV, EGVO 1782/2003


Vorschriften:

EGV Art. 234
EGVO 1782/2003 Art. 44 Abs. 2
Vorabentscheidungsersuchen zur Frage, ob es sich um beihilfefähige Flächen im Sinne der Betriebsprämienregelung handelt, wenn ein Schäfereibetrieb diese Flächen aufgrund von Bewirtschaftungsverträgen nutzt, die von Behörden aus Gründen des Naturschutzes mit ihm abgeschlossen wurden.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

8 A 10938/08.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Subvention

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler ehrenamtlicher Richter Ingenieur Dipl.-Ing. Buchwald ehrenamtlicher Richter Angestellter Gewehr

beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Art. 234 Abs. 1 und 2 EGV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Handelt es sich auch dann um eine landwirtschaftliche Fläche im Sinne von Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, wenn deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient (Beweidung zwecks Schafhaltung), der überwiegende Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht?

2. Für den Fall, dass Frage 1) zu bejahen ist:

Wird eine Fläche für nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt im Sinne von Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, wenn die Tätigkeit überwiegend dem Naturschutz dient oder jedenfalls dann, wenn der Landwirt bei der Erfüllung der Naturschutzziele Weisungen der Naturschutzbehörde unterliegt?

3. Für den Fall, dass eine landwirtschaftliche Fläche vorliegt (Frage 1), die auch für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird

(Frage 2):

Setzt die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb (landwirtschaftliche Fläche des Betriebes im Sinne von Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003) voraus,

a) dass sie dem Betrieb aufgrund eines Pachtvertrages oder eines ähnlichen befristeten Geschäftes gegen Entgelt zur Verfügung steht?

b) Verneinendenfalls: Ist es für die Betriebszuordnung unschädlich, wenn die Flächen dem Betrieb unentgeltlich oder nur gegen Übernahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zur Nutzung in bestimmter Weise und innerhalb eines begrenzten Zeitraumes entsprechend den Zielen des Naturschutzes überlassen werden?

c) Bejahendenfalls: Ist es für die Betriebszuordnung unschädlich, wenn der Betrieb verpflichtet ist, auf den Flächen bestimmte Leistungen zu erbringen und dafür eine Vergütung erhält?

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Flächen bei der Festsetzung von Zahlungsansprüchen für die Betriebsprämie.

Die Beigeladene ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Schafhaltung. Die Nutzung von Grundstücken erfolgt zu etwa 40 % aufgrund von Pachtverträgen, zu etwa 10 % aufgrund mündlicher unentgeltlicher Gestattung und zu etwa 50 % aufgrund von Vertragsnaturschutz. Den zum Zweck des Naturschutzes überlassenen Grundstücken liegen zwei Verträge zugrunde.

Nach dem Bewirtschaftungsvertrag vom 12. November 1998 mit dem Land Rheinland-Pfalz darf die Beigeladene unentgeltlich, aber gegen Übernahme der Beiträge für die Berufsgenossenschaft, Flächen im Umfang von 5,2029 ha als Mähwiese und Weide mit bestimmten Einschränkungen nutzen. So dürfen die Flächen in der Zeit vom 1. November bis zum 15. Juni nicht gemäht werden. Die Mahd darf nicht mit Saug- oder Kreiselmähern durchgeführt werden. Anstelle des zweiten Mähganges ist eine Beweidung mit Schafen und Ziegen in Form der Umtriebs- oder Hütebeweidung möglich, wobei die Dauer des Weideganges mit der Landespflegebehörde abzustimmen ist. Das Land hat seinerseits die Flächen von den Eigentümern angepachtet.

Nach dem Pflege- und Bewirtschaftungsvertrag mit dem beklagten Landkreis vom 1. Mai 2000 bis 30. November 2005, der inhaltlich weitgehend mit dem vorgelegten neuen Vertrag vom 8. Mai 2006 übereinstimmt, ist die Beigeladene - als "Auftragnehmerin" - verpflichtet, bestimmte Flächen im Sinne des Naturschutzes zu pflegen und zu bewirtschaften. Dafür erhält sie eine Vergütung von 13.870,00 € im Jahr. Sie hat konkrete vertragliche Vorgaben sowie weitere Anweisungen der Naturschutzbehörde - etwa zur Intensität der Beweidung - zu befolgen und wird durch Pflegemaßnahmen der Naturschutzbehörde unterstützt, etwa durch vorbereitende Mahd von Teilbereichen sowie laufende Entbuschungs- und Rodungsmaßnahmen durch Dritte. Die Flächen stehen zum Teil im Eigentum des Landes, zum Teil haben die Eigentümer eine naturschutzorientierte Beweidung erlaubt, zum Teil wurden die Eigentümer durch naturschutzrechtliche Allgemeinverfügungen zur Duldung der Pflege durch die Beigeladene verpflichtet.

Die Beigeladene gab die aufgrund dieser Verträge genutzten Flächen im Rahmen der Förderanträge für die Agrarförderung als betriebszugehörige Dauergrünlandflächen an. Auf dieser Grundlage ergingen verschiedene Förderbescheide, u.a. der Bescheid vom 20. Februar 2006 über die Festsetzung und Zuweisung von Zahlungsansprüchen nach der Betriebsprämienregelung. Damit wurden der Beigeladenen 1,18 Acker-Zahlungsansprüche à 329,30 € und 81,12 GrünlandZahlungsansprüche à 100,86 € zugewiesen.

Der Bescheid vom 20. Februar 2006 wurde auf ministerielle Anweisung durch Bescheid vom 14. Mai 2007 mit der Begründung abgeändert, dass die aufgrund der Bewirtschaftungsverträge genutzten Flächen nicht förderfähig seien. Zugunsten der Beigeladenen wurden lediglich 40,74 Grünland-Zahlungsansprüche à 154,3 € festgesetzt. Dagegen erhob die Beigeladene Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2007 gab der Kreisrechtsausschuss des Beklagten dem Widerspruch statt und hob den Änderungsbescheid vom 14. Mai 2007 im Wesentlichen mit folgender Begründung auf: Der Ausgangsbescheid vom 20. Februar 2006 sei zu Recht ergangen. Die umstrittenen Flächen würden als Dauergrünland und damit landwirtschaftlich genutzt. Die Beweidung mit Nutztieren zur Erzielung eines Einkommens sei eine klassische landwirtschaftliche Tätigkeit. Die Flächen stünden der Beigeladenen 10 Monate im Jahr zur Verfügung. Soweit der Beigeladenen eine Vergütung gewährt werde, handele es sich nicht um einen Lohn für die Beweidung sondern eine Erschwerniszulage, weil die Bewirtschaftung aus ökologischen Gründen in einer bestimmten, sehr aufwendigen Art und Weise durchgeführt werden solle. Die Beweidung selbst diene jedoch dem landwirtschaftlichen Betrieb, da die Schafe sonst anderweitig gefüttert werden müssten.

Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen staatlichen Beanstandungsklage hat die Klägerin vorgetragen: Förderfähig seien nur Flächen, die beihilfefähig seien und dem Betrieb zur Verfügung stünden. Die aufgrund der Bewirtschaftungsverträge vom 12. November 1998 und 8. Mai 2006 genutzten Flächen seien nicht beihilfefähig im Sinne von Art. 42 Abs. 2 VO(EG) Nr. 1782/2002. Es handele sich nicht um landwirtschaftliche Flächen, denn sie dienten nicht hauptsächlich einer landwirtschaftlichen Tätigkeit. Vielmehr seien sie hauptsächlich dem Naturschutz gewidmet. Diesem Zweck sei die zeitweilige Beweidung durch Schafe untergeordnet. Die gezahlte Vergütung belege, dass die landwirtschaftliche Nutzung nicht wirtschaftlich sei. Sie hätten dem Betrieb der Beigeladenen weder zum maßgeblichen Zeitpunkt am 17. Mai 2005 noch für einen Zeitraum von 10 Monaten im Wirtschaftsjahr zur Verfügung gestanden. Zur Verfügung stehe eine Fläche nur, wenn der Betriebsinhaber die tatsächliche Verfügungsgewalt ausübe und damit auch die Verpflichtungen aus den Cross-Compliance-Vorschriften erfüllen könne. Das sei in der Regel nur der Fall, wenn der Betriebsinhaber Eigentümer oder Pächter sei. Mit dem Vertrag vom 8. Mai 2006 seien keine Flächen zur Verfügung gestellt worden, sondern die Beigeladene sei gegen Entgelt zu bestimmten Leistungen verpflichtet worden. Soweit die Nutzung durch eine naturschutzrechtliche Allgemeinverfügung ermöglicht werde, bestehe das Risiko, dass die Eigentümer selbst die Nutzung vornähmen. Nach dem Vertrag vom 12. November 1998 dürften die Flächen vom 1. November bis zum 15. Juni nicht bewirtschaftet werden, stünden in dieser Zeit also nicht zur Verfügung.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 2. Juli 2006 der Beanstandungsklage stattgegeben, den Widerspruchsbescheid aufgehoben und damit den Änderungsbescheid vom 14. Mai 2007 wiederhergestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Bescheid vom 14. Mai 2007 sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 20. Februar 2006 lägen vor. Insbesondere sei die Zuweisung von 81,12 Zahlungsansprüchen für Dauergrünland statt von 40,47 Zahlungsansprüchen rechtswidrig gewesen. Förderfähig sei jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebes, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt werde. Weise die Bewirtschaftung sowohl Merkmale einer naturschutzorientierten Pflege als auch die einer extensiven landwirtschaftlichen Tätigkeit auf, komme es auf das zugrunde liegende Nutzungsrecht an. Die Betriebsprämienregelung bezwecke keine Einkommensbeihilfe für die Erfüllung von Naturschutzaufgaben, mit deren Wahrnehmung der Betriebsinhaber durch die Behörde des Mitgliedstaates beauftragt worden sei. Eine landwirtschaftliche Nutzung liege nur vor, wenn dem Betrieb die Befugnis zur landwirtschaftlichen Nutzung übertragen worden sei. Dies geschehe durch Landpacht oder ähnliche Geschäfte. Die hier vorliegenden Bewirtschaftungsverträge hätten keine Landpacht zum Gegenstand, sie seien nicht auf Überlassung der Grundstücke, sondern nur auf Ausübung des Weide-und Mahdrechtes gerichtet und deshalb mit der Landpacht nicht vergleichbar. Die Überlassung erfolge nicht zu landwirtschaftlichen Zwecken, sondern mit naturschutzrechtlicher Zielsetzung. Die Nutzung sei auch nicht entgeltlich. Das Recht, auf den Flächen Schafe zu landwirtschaftlichen Zwecken zu halten, hätten die Behörden der Beigeladenen nicht übertragen können, weil sie die Bewirtschaftungsverträge nur zur Erfüllung naturschutzrechtlicher Aufgaben abschließen durften. Die Behörden hätten die Grundstückseigentümer auch nur zur Duldung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege verpflichten können. Zwar sei die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen ökologischen Zustand Bestandteil der landwirtschaftlichen Tätigkeit, dies setze aber voraus, dass die Flächen zu dem geförderten Betrieb gehörten und dieser zur landwirtschaftlichen Nutzung befugt sei, woran es hier fehle.

Sowohl der Beklagte als auch die Beigeladene haben die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Der Beklagte trägt vor: Das Verwaltungsgericht stelle fälschlich auf das Bestehen eines förmlichen Pachtvertrages ab. Entscheidend sei die berechtigte tatsächliche Nutzung. Die Nutzungsberechtigung könne auch öffentlich-rechtlich begründet und an Dritte weitergegeben sein. Eine landwirtschaftliche Nutzung liege auch dann vor, wenn sie umweltbedingten Einschränkungen unterliege. Auch bei der Beweidung von Magerrasen und Heiden handele es sich um eine landwirtschaftliche Tätigkeit. Das Verwaltungsgericht habe eigene Aufgaben und Befugnisse der Naturschutzverwaltung mit der Inanspruchnahme Privater im Rahmen der privaten Nutzung von Grundstücken vermischt. Bei einer unterlassenen Bewirtschaftung dürfe die Naturschutzbehörde auch Pflegemaßnahmen einschließlich landwirtschaftlicher Tätigkeiten anordnen. Die Eigentümer hätten die Pflege nicht fristgerecht aufgenommen und seien mit der Bewirtschaftung durch die Beigeladene einverstanden. Die Flächen stünden der Beigeladenen auch ganzjährig zur Verfügung. In österreichischen und französischen Förderprogrammen würden die zum Zwecke des Naturschutzes überlassenen Flächen bei der Förderung mit der Betriebsprämie berücksichtigt.

Die Beigeladene trägt vor, die aufgrund von Bewirtschaftungsverträgen genutzten Flächen seien beihilfefähig. Es handele sich um landwirtschaftliche Flächen. Maßgeblich sei die konkrete Nutzung für die Landwirtschaft, die nicht deswegen ausgeschlossen sei, weil die Flächen auch dem Naturschutz und der Landespflege dienten. Die gewährte Vergütung sei kein Lohn für die Pflege der Flächen, sondern eine Erschwerniszulage. Ohne diese Zulage müsse sie andere beihilfefähigen Flächen bewirtschaften. Für die Zuordnung zu ihrem Betrieb komme es ebenfalls entscheidend auf die tatsächliche Nutzung an und nicht darauf, ob die Bewirtschaftungsverträge pachtähnliche Geschäfte seien. Die Berechtigung zur Nutzung sei nur von Bedeutung, wenn eine Doppelnutzung durch verschiedene Nutzer vorliege oder der Nutzer sich das Nutzungsrecht offensichtlich anmaße. Die Flächen stünden auch in 10 Monaten des Jahres zur Verfügung. Die Beigeladene sei die einzige Nutzungsberechtigte.

Die Klägerin verweist auf ihren früheren Vortrag und die Begründung des angefochtenen Urteils. In anderen Bundesländern werde in gleicher Weise verfahren.

II.

Der Rechtsstreit wird in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO ausgesetzt und es wird gemäß Art. 234 Abs. 1 und 2 EGV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zur Auslegung von Art. 44 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 (ABl. L 270 vom 21. Oktober 2003, S. 1) eingeholt. Art. 44 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 lautet:

Eine "beihilfefähige Fläche" ist jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt wird, ausgenommen die für Dauerkulturen, Wälder oder nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten Flächen.

Der Gerichtshof ist zuständig, da es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht geht.

Die vorgelegten Fragen zur Auslegung der Verordnung sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof.

Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt davon ab, ob der Bescheid vom 20. Februar 2006 rechtswidrig war. Rechtswidrig war er nur dann, wenn durch ihn Zahlungsansprüche unter Berücksichtigung nicht beihilfefähiger Flächen im Sinne von Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 festgestellt und zugewiesen wurden. Ob es sich um beihilfefähige Flächen handelt, entscheidet sich nach der Beantwortung der Vorlagefragen. Die Klage hat nicht bereits aus anderen Gründen keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Aufhebung des Bescheides ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 des Marktorganisationsgesetzes (MOG) findet und die Benennung von § 10 Abs. 2 MOG als Rechtsgrundlage unschädlich ist. Es hat weiter zutreffend festgestellt, dass die Ausschlussfrist nach § 10 Abs. 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG wegen der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts nicht zu berücksichtigen ist, sowie, dass die Rücknahmeentscheidung auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes unterbleiben muss (etwa Art. 73 Abs. 4 VO (EG) Nr. 796/2004 oder § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 10 Abs. 1 MOG).

Die vorgelegten Fragen zur Auslegung von Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof, da sie für sich nicht ohne weiteres anhand der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu beantworten sind und von erheblicher praktischer Bedeutung für die Abgrenzung der Förderung nach der Betriebsprämienregelung sind.

Zur ersten Frage:

Nach Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ist beihilfefähige Fläche nur landwirtschaftliche Fläche, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt wird.

Der Begriff landwirtschaftliche Fläche ist in Art. 2 Buchstabe a) Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. L 141 vom 30. April 2004, S. 1) definiert als Gesamtheit der Flächen an Ackerland, Dauergrünland und Dauerkulturen. Dauergrünland ist definiert nach Art. 2 Buchstabe e) Verordnung (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. Art. 2 Nr. 2 Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. L 141 vom 30. April 2004, S. 18) als Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebes sind. Daraus ergibt sich, dass landwirtschaftliche Flächen für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden müssen. Unklar ist, ob es bei einer mehreren Zwecken dienlichen Nutzung einer Fläche (etwa zusätzlich als Naturschutzfläche oder für Zwecke eines Flugplatzes oder Golfplatzes) ausreicht, wenn zumindest auch ein landwirtschaftlicher Zweck verfolgt wird, oder ob es in diesem Fall auf den überwiegenden Zweck ankommt. Dann würde sich weiter die Frage stellen, nach welchen Kriterien sich der überwiegende Zweck bestimmt, etwa nach der überwiegenden Nutzungsabsicht des Eigentümers oder des Landwirts oder der unterschiedlichen Intensität der Nutzung.

Nach Ansicht des Senats reicht es aus, wenn mit der Nutzung der Fläche zumindest auch ein landwirtschaftlicher Zweck verfolgt wird, wenn also etwa der Aufwuchs der Flächen als Viehfutter Verwertung findet, auch wenn der Wert des gewonnenen Viehfutters nebensächlich ist im Verhältnis zu der Bedeutung der Freihaltung der Fläche für den Naturschutz. Eine landwirtschaftliche Nutzung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie auch oder in erster Linie dem Naturschutz dient. Da ein landwirtschaftlicher Zweck schon dann verfolgt wird, wenn es lediglich um die Erhaltung der Fläche in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand geht (Art. 2 Buchstabe c) Verordnung (EG) Nr. 1782/2003), ist eine bloße Erhaltung in einem solchen Zustand schon eine landwirtschaftliche Nutzung, die die Annahme einer landwirtschaftlichen Fläche rechtfertigt.

Zur zweiten Frage:

Nach Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ist eine landwirtschaftliche Fläche dann nicht beihilfefähig, wenn es sich um eine für nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzte Fläche handelt. Der Begriff landwirtschaftliche Tätigkeit ist definiert nach Art. 2 Buchstabe c) Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 als die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischem Zustand gemäß Art. 5. Daraus folgt nach Auffassung des Senats, dass eine aktuelle landwirtschaftliche Erzeugung nicht erforderlich ist, andererseits aber auch die bloße Verbesserung allein des ökologischen Zustandes keine landwirtschaftliche Tätigkeit mehr darstellt. Aus Art. 3 und 5 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, wonach der geförderte Betriebsinhaber Anforderungen an die Betriebsführung erfüllen muss, folgert der Senat, dass als landwirtschaftliche Tätigkeit nur eine solche angesehen werden kann, bei der der Betriebsinhaber eigenverantwortlich handelt und keinen Weisungen unterliegt.

Der Senat hat Zweifel, ob noch eine landwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, wenn die Tätigkeit des Landwirts durch Anweisungen der Naturschutzbehörde, etwa hinsichtlich der in einer konkreten Situation witterungsbedingt zulässigen Bewirtschaftungsintensität, maßgeblich gesteuert werden kann und er insoweit weisungsgebunden ist.

Zur dritten Frage:

Nach § 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 muss es sich bei beihilfefähigen Flächen um Flächen des Betriebes handeln.

a) Nach Ansicht der Klägerin muss eine solche Fläche dem Betrieb 10 Monate lang im Wirtschaftsjahr zur Verfügung stehen (Art. 44 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003), so dass auch die zur Einhaltung der Cross-Compliance-Vorschriften erforderliche Verfügungsbefugnis besteht. Dies sei aber nur der Fall, wenn ein Pachtvertrag oder eine ähnliche Art von befristeten Geschäften im Sinne von Art. 2 Buchstabe h) der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vorliege, da andere Vertragsverhältnisse nicht erwähnt würden.

Der Senat teilt diese Auffassung nicht, wonach die Verfügungsbefugnis des Betriebes nur bei einem Pachtvertrag oder einem ähnlichen Geschäft vorliegt. Die Definition von Pacht in Art. 2 Buchstabe h) Verordnung (EG) Nr. 795/2004 bezieht sich offensichtlich auf die Art. 20 und 22 Verordnung (EG) Nr. 795/2004 und betrifft nicht die Beihilfefähigkeit der im Jahr 2005 angemeldeten Flächen. Im Übrigen geht Art. 20 davon aus, dass eine kostenlose Übertragung durch Pacht möglich ist. Gerade Schäfer nutzen die landwirtschaftlichen Flächen traditionell oft extensiv und unentgeltlich aufgrund gewohnheitsrechtlicher Duldung durch die Eigentümer.

b) Im Hinblick auf den Vertrag vom 12. November 1998 stellt sich die Frage, ob eine Fläche, die dem Betrieb unentgeltlich oder lediglich gegen Übernahme der Beiträge für die Berufsgenossenschaft aus Gründen des Naturschutzes zu landwirtschaftlicher Nutzung unter Einschränkungen nach Zeit und Art der Nutzung zur Verfügung gestellt wird, eine Fläche des Betriebes ist. Trotz der Einschränkung der Nutzung ist noch eine landwirtschaftliche Nutzung möglich, da der Aufwuchs als Futter verwendet werden kann. Die Fläche kann zwar nicht 10 Monate im Jahr genutzt werden (vgl. früher § 44 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, geändert durch Art. 1 Nr. 3 Verordnung (EG) Nr. 146/2008 des Rates vom 14. Februar 2008, Abl. L 46 vom 21. Februar 2008, S. 1), weil die Ausübung der Nutzung zeitlich beschränkt ist. Es reicht nach Ansicht des Senats jedoch aus, dass in diesem Zeitraum keine andere landwirtschaftliche Nutzung erfolgt und der Betrieb den in 10 Monaten herangewachsene Aufwuchs als Futter nutzen kann.

c) Im Hinblick auf den Vertrag vom 8. Mai 2006 stellt sich die Frage, ob eine Fläche des Betriebes vorliegt, wenn der Betriebsinhaber sich zu bestimmten Maßnahmen auf der Fläche verpflichtet und dafür eine Vergütung erhält. Nach Ansicht der Beigeladenen kommt es nur darauf an, dass tatsächlich eine landwirtschaftliche Nutzung durch den Betrieb erfolgt. Nach Ansicht des Senats handelt es sich bei der Fläche, auf der diese Maßnahmen auszuführen sind, nicht um eine Fläche des Betriebes, sondern um eine Fläche des Auftraggebers, auf der sich der Betrieb - als Auftragnehmer - verpflichtet, bestimmte Maßnahmen durchzuführen.

Ende der Entscheidung

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