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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 05.07.2005
Aktenzeichen: VGH B 28/04
Rechtsgebiete: LBauO


Vorschriften:

LBauO § 44
LBauO § 44 Abs. 8
LBauO § 85 Abs. 1
LBauO § 85 Abs. 2
LBauO § 15
LBauO §§ 27 ff.
LBauO § 50
LBauO § 85 Abs. 1
1. Die Pflicht des Staates, Leben und Gesundheit seiner Bürger durch Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge zu schützen, gebietet von Verfassungs wegen nicht, jedes nützliche und verantwortungsbewusste Verhalten gesetzlich vorzuschreiben.

Der Gesetzgeber darf bei seiner Entscheidung, in welchem Umfang er seiner Schutzpflicht genügt, die Grundentscheidung der Verfassung für Freiheit und Selbstverantwortung der Menschen (Art. 1 Abs. 2 LV) ebenso berücksichtigen wie Gründe der Verwaltungspraktikabilität und der Vermeidung zusätzlicher Regelungsdichte.

2. Hiernach ist der Landesgesetzgeber nicht verpflichtet, auch für bestehende Wohngebäude die Anbringung von Rauchwarnmeldern vorzuschreiben.


VERFASSUNGSGERICHTSHOF RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VGH B 28/04

In dem Verfahren

betreffend die Verfassungsbeschwerde des Kindes ..., vertreten durch ihre Mutter ...,

wegen unterbliebener gesetzlicher Anordnung einer Installationspflicht für Rauchwarnmelder auch in bestehenden Wohngebäuden

hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2005, an der teilgenommen haben

Präsident des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Meyer Präsident des Oberlandesgerichts Dr. Bamberger Präsident des Oberlandesgerichts Dury Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Universitätsprofessor Dr. Dr. Merten Kreisverwaltungsdirektorin Kleinmann Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Dr. Freimund-Holler Landrätin Röhl Rechtsanwalt Schnarr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Mit der Verfassungsbeschwerde begehrt die Beschwerdeführerin ein gesetzgeberisches Tätigwerden. Sie beanstandet, dass der Landesgesetzgeber es unterlassen habe, auch für bestehende Wohngebäude die Installation von Rauchwarnmeldern vorzuschreiben.

I.

Mit Landesgesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 22. Dezember 2003 (GVBl. S. 396) wurde § 44 Landesbauordnung - LBauO - um Absatz 8 ergänzt, der wie folgt lautet:

"In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird."

Da nachträgliche Anforderungen bei bestehenden baulichen Anlagen nach § 85 Abs. 1 LBauO nur gestellt werden können, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere für Leben oder Gesundheit, erforderlich ist, findet § 44 Abs. 8 LBauO nur auf Neubauten und nach § 85 Abs. 2 LBauO auf wesentliche Änderungen von Gebäuden Anwendung. Diese Beschränkung war vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt (vgl. Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, LT-Drucks. 14/2314 S. 3).

Bereits vor Beratung und Beschlussfassung dieses Gesetzes hatte sich der Landtag mehrfach mit der Frage befasst, ob Rauchwarnmelder gesetzlich vorgeschrieben werden sollten. So wurde eine Petition aus dem Jahr 1997 dahin beschieden, dass die Brandschutzbestimmungen der Landesbauordnung ausreichend seien; zusätzliche Sicherungsvorkehrungen wie etwa das Anbringen von Rauchwarnmeldern sei Sache der jeweiligen Wohnungsinhaber. Im September 2001 antwortete die Landesregierung auf zwei Kleine Anfragen zu dem Thema. Darin hielt sie Rauchwarnmelder für durchaus sinnvoll, lehnte aber eine gesetzliche Verpflichtung zu deren Anbringung ausdrücklich ab. Stattdessen solle auf Information und Aufklärung der Bevölkerung gesetzt werden. Hierzu gehöre die im Jahr 2000 gestartete Aktion "Rauchmelder für mehr Sicherheit in Ihrer Wohnung" einschließlich des hierzu herausgegebenen Faltblattes. Der gestiegene Absatz von Heimrauchmeldern von 100.000 Stück bundesweit im Jahr 1997 auf 555.000 im Jahr 2000 zeige einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung. Die Bauministerkonferenz der Länder habe sich für Heimrauchmelder ausgesprochen, sei jedoch der Auffassung, dass die Installation der Melder eigenverantwortlich erfolgen sollte.

Im Juli 2003 wurde der Entwurf zur Einführung des § 44 Abs. 8 LBauO aus der Mitte des Landtags eingebracht. Dieser Entwurf sah ursprünglich noch die Verpflichtung vor, die Rauchwarnmelder an die Stromversorgung der Wohnung anzuschließen. Im Hinblick auf den Bestandsschutz bereits errichteter Wohnungen wurde darauf verzichtet, die Installation von Rauchwarnmeldern allgemein vorzuschreiben.

II.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die sechsjährige Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Mutter, die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 und Art. 17 Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV -. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Der Gesetzgeber habe mit § 44 Abs. 8 LBauO eine unzureichende Regelung getroffen. Die bereits bestehenden Gebäude seien nicht erfasst. Da sie in einer bereits 1979 erbauten Wohnung lebe, sei ihr Leben im Falle eines Brandes und der damit verbundenen Rauchentwicklung nicht geschützt. Dies gelte sowohl beim Aufenthalt in der Erdgeschosswohnung ihrer Mutter als auch im Falle der Übernachtung bei ihrer Großmutter in der darüber liegenden Wohnung. Insbesondere dort bestehe im Falle eines Brandes Lebensgefahr, weil kein rauchfreier Fluchtweg vorhanden sei. Nach Feuerwehrstatistiken blieben bei Ausbruch eines Brandes lediglich vier Minuten zur Flucht. Diese Zeit könnte zur Lebensrettung genutzt werden, würde ein Rauchwarnmelder sofort Alarm schlagen. Solche Rauchwarnmelder seien leicht zu installieren und für weniger als 10,-- € im Handel erhältlich. Der Gesetzgeber habe die Notwendigkeit von Rauchwarnmeldern gerade in Altbauten außer Acht gelassen. Damit habe er zunächst seine Pflicht zum Schutz des Lebens verletzt. Art. 3 LV verpflichte den Gesetzgeber zum Erlass notwendiger Schutzvorkehrungen. Ohne Rauchwarnmelder seien insbesondere Kinder großen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Wegen der Bedeutung dieser höchsten Rechtsgüter könne nicht auf Bestandsschutzargumente verwiesen werden. Auch der für die Überwachung der Funktionsfähigkeit der Anlagen erforderliche staatliche Aufwand sei zu dem Zweck der Rettung auch nur eines Menschenlebens nicht unverhältnismäßig. Zur Wirksamkeit einer gesetzlichen Installationspflicht könne neben der Anschnallpflicht auf die Pflicht zum Einbau von Kindersicherheitssitzen in Personenkraftwagen verwiesen werden. Ferner habe der Gesetzgeber durch seine Regelung in § 44 Abs. 8 LBauO gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Gegenüber den in Neubauten wohnenden Kindern werde sie in willkürlicher Art und Weise benachteiligt. Das Bestandsschutzargument könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Übrigen sei die Anschaffung batteriebetriebener Rauchwarnmelder wegen ihres geringen Preises für alle Hauseigentümer zum Schutz des Lebens der Kinder zumutbar. Auch der Überwachungsaufwand für den Staat sei angesichts des überragenden Schutzgutes kein Grund für die gegenwärtige Ungleichbehandlung.

III.

Der Landtag Rheinland-Pfalz äußert in seiner Stellungnahme bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. Er bezweifelt das Rechtsschutzbedürfnis, da die Beschwerdeführerin durch ihre sorgeberechtigte Mutter jederzeit die Möglichkeit zur Installation von Rauchwarnmeldern in ihrer und der Wohnung der Großmutter habe. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Dem Gesetzgeber stehe bei Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtlichen Grenzen seien nicht verletzt. Die von staatlichen Organen betriebene Aufklärung sei ein geeignetes Mittel zur Gefahrenvorsorge. Die ungleiche Behandlung von Alt- und Neubauten sei aus Gründen des Bestandsschutzes und auch deshalb gerechtfertigt, weil zunächst der Vollzug der bei Neubauten eingeführten Regelung abgewartet werden dürfe.

Die Landesregierung hat ebenfalls Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. Aber auch nach ihrer Auffassung ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht begründet. Die Pflicht des Staates zum Schutz von Leib und Leben aus Art. 3 Abs. 1 und 3 LV verlange nicht Vorkehrungen gegenüber allen nur erdenklichen Gefahren auf möglichst hohem Niveau, vor allem dann nicht, wenn Abwendungsmöglichkeiten in eigener Verantwortung bestünden. Der Gesetzgeber habe den ihm im Rahmen der Brandbekämpfung zustehenden Entscheidungsspielraum fehlerfrei ausgeschöpft. Auch sei der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe zu Recht keine realistische Möglichkeit gesehen, die Anbringung von Rauchwarnmeldern im gesamten Wohngebäudebestand des Landes zu überwachen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Der Verfassungsgerichtshof hat Bedenken zurückgestellt, ob überhaupt ein Rechtschutzbedürfnis besteht oder nicht unzulässig eine Popularklage erhoben worden ist. Die Bedenken gründen darin, dass die Beschwerdeführerin den begehrten Schutz ihres Lebens und der körperlichen Unversehrtheit durch Maßnahmen ihrer sorgeberechtigten Mutter leicht selbst erreichen könnte.

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt erkennen, dass ihre Mutter um die Bedeutung von Rauchwarnmeldern zur Gefahrenvorsorge weiß. Es ist nicht vorgetragen, dass sie ihr diesen Schutz vorenthalten will oder zur Anbringung von Rauchwarnmeldern aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist. Hierfür ist angesichts des Umstandes, dass ihre Großmutter Eigentümerin des von der Beschwerdeführerin bewohnten Hauses ist, auch nichts ersichtlich. Angesichts dessen ist zweifelhaft, ob hier subjektiver Rechtsschutz begehrt oder nicht bloß ein Tätigwerden des Gesetzgebers im Interesse der Allgemeinheit verlangt wird.

C.

Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls nicht begründet.

Die Beschwerdeführerin ist nicht dadurch in ihren Grundrechten aus der Landesverfassung verletzt, dass der Landesgesetzgeber die Pflicht zur Anbringung von Rauchwarnmeldern auf Neubauten beschränkt und von einer Erstreckung auf Altbauten abgesehen hat.

I.

Eine solche Pflicht zu gesetzgeberischem Tätigwerden ergibt sich zunächst nicht aus den Freiheitsgrundrechten der Landesverfassung, insbesondere nicht aus Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 LV.

1. Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 LV stellt das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Menschen unter den Schutz der Verfassung. Die Freiheitsgrundrechte der Landesverfassung begründen jedoch in erster Linie Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe. Darüber hinaus beinhalten sie aber zugleich eine Wertentscheidung für die genannten Rechtsgüter. Deren Bewahrung wird dadurch zur umfassenden Aufgabe staatlicher Organe (vgl. Merten, in: Festschrift für Burmeister, 2005, S. 227 [231]). Hieraus kann auch eine Pflicht zum Tätigwerden des Staates erwachsen, um andere Gefährdungen der grundrechtlich geschützten Rechtsgüter abzuwenden. Diese aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt des jeweiligen Grundrechts hergeleitete Schutzpflicht ist in der Verfassung für Rheinland-Pfalz ausdrücklich anerkannt. Denn nach Art. 1 Abs. 2 LV gehört es zur Aufgabe des Staates, die persönliche Freiheit und Selbständigkeit des Menschen zu schützen. Der Staat ist deshalb gehalten, sich schützend und fördernd vor die verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsgüter zu stellen, sie insbesondere vor Eingriffen anderer zu bewahren (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 29, 23 [31]; BVerfGE 88, 203 [251]; 66, 39 [58]; 49, 89 [141]; Süsterhenn/Schäfer, Kommentar der Landesverfassung, 1950, Art. 1 Anm. 3 a; Gusy, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 1 Rn. 15; H. H. Klein, DVBl. 1994, 289 [290]; Merten, a.a.O., S. 236).

Mit der staatlichen Pflicht zum Schutz der grundrechtlich verbürgten Rechtsgüter ist jedoch zunächst nur eine Staatsaufgabe als solche umschrieben. Wie die staatlichen Organe ihre Schutzpflicht erfüllen, ist von ihnen in eigener Verantwortung zu entscheiden (vgl. BVerfGE 96, 56 [64]). Entwicklung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts sind grundsätzlich Sache des Gesetzgebers. Ihm steht bei der Erfüllung der Schutzpflicht ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 79, 174 [202] - Verkehrslärmschutz -). Der Umfang dieses Wertungsrahmens hängt von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs und der Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter ab. Es obliegt der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, ob er eine staatliche Reglementierung für notwendig erachtet und welchen Inhalt er ihr gibt. Verfassungsrechtlichen Bindungen unterliegt er umso mehr, je existenzieller und fundamentaler die betroffenen Grundrechtsgüter für den Einzelnen sind und je mehr dieser auf staatliche Hilfe angewiesen ist (vgl. zur Proportionalität der Schutzpflicht: Merten, a.a.O., S. 242).

Die verfassungsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob der Gesetzgeber die genannten Faktoren ausreichend berücksichtigt und seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat (vgl. BVerfGE 88, 203 [262]). Eine Verletzung der Schutzpflicht liegt insbesondere dann vor, wenn die staatlichen Organe gänzlich untätig geblieben oder die bisher getroffenen Maßnahmen völlig unzureichend sind (vgl. BVerfGE 79, 174 [202]). Kommt der Gesetzgeber seiner derart umschriebenen verfassungsrechtlichen Schutzpflicht nicht nach, hat der Träger des Grundrechts einen Anspruch auf Erfüllung dieser Pflicht, den er mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen kann (vgl. BVerfG, a.a.O.; H.H. Klein, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Bd. I, 2004, § 6 Rn. 68).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des rheinland-pfälzischen Gesetzgebers, für den vorhandenen Bestand von ca. 1,9 Millionen Wohnungen im Land das Anbringen von Rauchwarnmeldern gesetzlich nicht anzuordnen, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

Der Gesetzgeber ist hinsichtlich der durch Brand verursachten Gefahren für Leib und Leben nicht untätig geblieben. Der Brandschutz war schon immer Kernanliegen des Bauordnungsrechts. Die §§ 15, 27 ff. und 50 LBauO sowie ergänzende Rechtsverordnungen enthalten zahlreiche Anforderungen zur Beschaffenheit baulicher Anlagen und gewährleisten damit vorbeugenden wie abwehrenden Brandschutz. Hinzu kommen Vorschriften im Brand- und Katastrophenschutzgesetz. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Maßnahmen völlig unzureichend sind.

Bei der von der Beschwerdeführerin verlangten Anbringung von Rauchwarnmeldern handelt es sich um eine Maßnahme der weiteren Gefahrenvorsorge. Auch insofern ist der Gesetzgeber nicht untätig geblieben. Vielmehr hat er sich eingehend mit dem Nutzen dieser Geräte vertraut gemacht. Er hat erkannt, dass Rauchwarnmelder ein geeignetes Mittel sind, um entstehende Brände frühzeitig zu bemerken und dadurch Schutzmaßnahmen rechtzeitig zu ergreifen. Hieraus folgt indessen noch nicht die verfassungsrechtlich zwingende Pflicht, die Anbringung von Rauchwarnmeldern in allen vorhandenen Wohnungen gesetzlich anzuordnen.

a) Nicht jedes nützliche und verantwortungsbewusste Verhalten von Personen bedarf der gesetzlichen Regelung. Nicht jede gesetzliche Regelung zur Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge ist verfassungsrechtlich zwingend geboten. Der Staat hat bei der Entscheidung über ein Tätigwerden auch die verfassungsrechtliche Grundaussage für die Freiheit und Selbstverantwortung der Menschen zu beachten (Art. 1 Abs. 2 LV). Hierin kommt die subsidiäre Zweckbestimmung des Staates zum Ausdruck, die in der Verfassung von Rheinland-Pfalz ihre besondere Ausprägung erfahren hat (vgl. Süsterhenn/Schäfer, a.a.O., vor Art. 1, Anm. I). Es ist deshalb legitimes Ziel der Gesetzgebung, den Bestand an Normen auf das unbedingt Notwendige zu beschränken.

Staatlicher Schutz ist umso mehr geboten, je stärker der Einzelne Gefahren ausgeliefert ist. Dies gilt insbesondere bei Gefahren von dritter Seite. Umgekehrt unterliegt der Gesetzgeber dann umso weniger konkreten Handlungspflichten, je mehr der Einzelne die Gefahrenlage und die Möglichkeit zu ihrer Abwendung selbst beherrscht. Bedeutung hat dies gerade für die vielfältigen Gefahren im häuslichen Bereich, und zwar nicht beschränkt auf die eigene Wohnung. Es gilt gleichermaßen für den Aufenthalt in fremden Wohnungen. Auch insofern kann auf die Eigenverantwortung des Einzelnen und das Verantwortungsbewusstsein derjenigen vertraut werden, in deren Obhut er sich begibt. Für minderjährige Kinder ergibt sich nichts anderes, da sie ohnehin in ihrem gesamten Lebensumfeld auf das Verantwortungsbewusstsein ihrer Sorgeberechtigten angewiesen sind. Es ist daher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber das Anbringen von Rauchwarnmeldern grundsätzlich der Eigenverantwortung der Wohnungsnutzer überlassen und seine Schutzmaßnahmen auf die Unterrichtung der Bevölkerung und den Appell an deren Verantwortungsbewusstsein beschränkt hat (vgl. zur Öffentlichkeitsarbeit als staatliche Schutzmaßnahme: BVerfG, NJW 1987, 2287).

b) Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber beim Erlass materieller Normen immer auch deren Vollzug zu bedenken hat. Wo die Verwirklichung gesetzlich angeordneter Schutzvorkehrungen letztlich doch vom Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein des Einzelnen abhängt, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bereits beim Erlass materieller Standards Zurückhaltung übt und auf Gesetze verzichtet, die ohnehin nur mahnenden Charakter haben. Dies gilt in verstärktem Maße wegen des Bemühens des Gesetzgebers, Umfang und Dichte des Normbestandes zurückzuführen.

Angesichts von ca. 1,9 Millionen Wohnungen im Land ist es nicht fehlerhaft, wenn der Gesetzgeber den zur Gewährleistung der Funktionssicherheit der Rauchwarnmelder erforderlichen Kontrollaufwand als unverhältnismäßig hoch bewertet hat. Um die Verwirklichung der Vorsorgemaßnahme dauerhaft sicherzustellen, müsste nicht nur die Anbringung der Rauchwarnmelder, sondern auch die Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit überwacht werden. Hierzu zählt bei batteriebetriebenen Rauchwarnmeldern, die auch nach Auffassung der Beschwerdeführerin bei Altbauten allein in Betracht kommen, insbesondere das rechtzeitige Auswechseln der Batterien. Diese Wartungsarbeit kann zeitnah nur durch den Wohnungsinhaber erbracht werden. Wenn somit die Aufrechterhaltung der Funktionssicherheit batteriebetriebener Rauchwarnmelder letztlich doch von der Eigenverantwortung des jeweiligen Wohnungsnutzers abhängt, ist die Abwägung des Gesetzgebers von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, auch bereits in Bezug auf den Einbau dieser Warnmelder auf das Verantwortungsbewusstsein der Menschen zu vertrauen.

Soweit die Beschwerdeführerin auf die verordnungsrechtliche Verpflichtung zum Gebrauch spezieller Kindersicherungssysteme in Kraftfahrzeugen hinweist (vgl. § 21 Abs. 1 a Straßenverkehrsordnung), mag dies zwar die rechtspolitische Forderung nach einer umfassenden Installationspflicht für Rauchwarnmelder unterstützen. Sie belegt indes nicht die verfassungsrechtliche Pflicht, das Anbringen von Rauchwarnmeldern auch in vorhandenen Wohnungen gesetzlich anzuordnen. Denn ungeachtet des grundsätzlichen Einwands, dass nicht jede sinnvolle gesetzliche Regelung zur Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge in grundrechtlichen Schutzpflichten zwingend vorgegeben ist, kann die staatliche Überwachung des Betriebs und der Nutzung von Kraftfahrzeugen durch die dort ohnehin vorhandenen Kontrollen in ungleich größerem Umfang gewährleistet werden, als dies für die Nutzung von Rauchwarnmeldern innerhalb der Wohnung möglich wäre.

II.

Die Beschwerdeführerin wird dadurch, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zum Anbringen von Rauchwarnmeldern auf die Errichtung und wesentliche Änderung baulicher Anlagen gemäß § 44 Abs. 8 in Verbindung mit § 85 Abs. 1 und Abs. 2 LBauO beschränkt hat, auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 17 Abs. 1 und 2 LV) gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dabei obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist nur verletzt, wenn sich - bezogen auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs - ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst wie einleuchtender Grund für die betreffende Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Hierbei hat der Verfassungsgerichtshof lediglich darüber zu wachen, dass die äußeren, von der Verfassung gesetzten Grenzen der normativen Gestaltungsfreiheit beachtet werden (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 25, 418 [419]; AS 29, 23 [30 f.]; NJW 2005, 410 [414]; Caesar, in: Grimm/Caesar, Art. 17 Rnrn. 12 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht festzustellen. Es ist einleuchtend, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, das Anbringen von Rauchwarnmeldern auch in den bereits vorhandenen Gebäuden gesetzlich anzuordnen.

Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass für den vorhandenen Wohnbestand aus Gründen des Bestandsschutzes nur der Einsatz batteriebetriebener Rauchwarnmelder verlangt werden könnte. Auch die Beschwerdeführerin fordert nur die Verpflichtung zum Einbau dieser Anlagen. Die Einrichtung eines an das Stromnetz angeschlossenen und vernetzten Rauchwarnmeldersystems, das von den Sachverständigen aus Gründen der Zuverlässigkeit und Funktionssicherheit empfohlen wird, wäre nämlich unter anderem wegen der Notwendigkeit eines eigenen Stromanschlusses an der Zimmerdecke mit nicht unerheblichem Aufwand und hohen Kosten verbunden (vgl. die Sachverständigenanhörung im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags am 4. November 2003, Protokoll der 35. Sitzung, S. 9). Das Verlangen einer solch aufwändigen Maßnahme der Gefahrenvorsorge würde das verfassungsrechtlich geschützte Bestandsinteresse der Gebäudeeigentümer unverhältnismäßig stark beeinträchtigen. Um das Anbringen batteriebetriebener Rauchwarnmelder und vor allem die Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit zu überwachen, wäre ein im Vergleich zur Neuerrichtung oder wesentlichen Änderung von Gebäuden unverhältnismäßig hoher und im Endergebnis doch nicht lückenloser Kontrollaufwand erforderlich. Letztlich hinge die Verwirklichung der Gefahrenvorsorgemaßnahme bei Altbauten doch von der Eigenverantwortung des jeweiligen Wohnungsnutzers ab.

Demgegenüber durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass bei Neubauten eine Installationspflicht viel leichter umgesetzt und auch besser überwacht werden kann. Denn hier kann das Anbringen der Rauchwarnmelder ohne zusätzlichen Aufwand bereits bei der Planung des Gebäudes berücksichtigt und im Rahmen der allgemeinen Baukontrolle mit überwacht werden. Was die Bedenken gegen die dauerhafte Funktionsfähigkeit batteriebetriebener Rauchwarnmelder anbelangt, so hat sich der Gesetzgeber ersichtlich von der Vorstellung leiten lassen, dass die Regelung in § 44 Abs. 8 LBauO bei der Neuerrichtung von Gebäuden in einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle zur Einrichtung eines stromnetzgebundenen und vernetzten Rauchwarnmeldersystems führen wird, womit die Notwendigkeit nachträglicher Kontrollen weitgehend entfällt (vgl. die Stellungnahmen der Abgeordneten im Haushalts- und Finanzausschuss des Landestages, a.a.O., S. 10 f. des Protokolls).

Vor diesem Hintergrund war es sachlich gerechtfertigt, die Installationspflicht für Rauchwarnmelder auf Neuerrichtungen und wesentliche Änderungen baulicher Anlagen zu beschränken.

Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist kostenfrei (§ 21 Abs. 1 VerfGHG). Eine Auslagenerstattung findet nicht statt (§ 21 a Abs. 3 VerfGHG).

Ende der Entscheidung

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