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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.02.2007
Aktenzeichen: 1 L 10/07
Rechtsgebiete: LSA-UrlVO


Vorschriften:

LSA-UrlVO § 17
LSA-UrlVO § 18 Abs. 1
Zum regelmäßigen Umfang der Gewährung von Sonderurlaub (hier: Jugendarbeit) und zu den Voraussetzungen des Vorliegens eines besonders begründeten Falles.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 L 10/07

Datum: 20.02.2007

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 5. Dezember 2006 hat keinen Erfolg.

Die vom Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

"Ernstliche Zweifel" an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg; ist hingegen der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens lediglich offen, rechtfertigt dies die Zulassung der Berufung nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Mai 1997, DVBl. 1997, 1327; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. November 1997, NVwZ 1998, 530; Beschluss vom 22. April 1998, DVBl. 1999, 120; OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschlüsse vom 26. Januar 1998 - Az.: A 3 S 197/97 -, vom 19. Februar 1999 - Az.: A 3 S 71/97 -, vom 22. April 2004 - Az.: 3 L 228/02 -, vom 16. Januar 2006 - Az.: 1 L 270/05 -). Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen. Dies erfordert, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - Az.: 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Mithin ist zugleich erforderlich, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Mai 1997 - Az.: 11 B 799/97 -, DVBl. 1997, 1344; Beschluss vom 9. Juli 1997 - Az.: 12 A 2047/97 -, DVBl. 1997, 1342; OVG LSA, Beschluss vom 22. April 2004 - Az.: 3 L 228/02 -; vgl. auch zu den entsprechenden Anforderungen an eine Revisionsbegründung: BVerwG, Beschluss vom 23. September 1999 - Az.: 9 B 372.99 -; Urteil vom 30. Juni 1998 - Az.: 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Urteil vom 3. März 1998 - Az.: 9 C 20.97 -, BVerwGE 106, 202; Urteil vom 25. Oktober 1988 - Az.: 9 C 37.88 -, BVerwGE 80, 321). An die Begründung des Antrags im Zulassungsverfahren sind insoweit keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die Revisionsbegründung (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 27. Januar 1997 - Az.: Bs IV 2/97 -, NVwZ 1997, 689; OVG LSA, Beschluss vom 22. April 2004 - Az.: 3 L 228/02 -; BVerwG, Beschluss vom 23. September 1999, a. a. O. [m. w. N.]).

Das Vorbringen des Klägers begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.

Das Antragsvorbringen genügt weitenteils den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO insofern nicht, als es sich in bloßen Angriffen gegen die behördliche Entscheidung bzw. in der Einnahme einer bloßen Gegenposition ohne substantiierte Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erschöpft (vgl. insbesondere Seite 4 ff. der Antragsbegründungsschrift). Soweit der Kläger im Übrigen wiederholt einwendet, das Verwaltungsgericht habe den Ausführungen der Beklagten nicht "ohne weiteres folgen dürfen" und es lasse die Bedeutung bestimmter Ausführungen nicht erkennen (vgl. insbesondere Seite 5 f., 8 f. und 10 der Antragsbegründungsschrift), sind die Rügen nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung darzulegen. Die Rügen betreffen vielmehr die Sachverhaltserforschungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO), die Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO) und den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Etwaige Mängel in diesen Bereichen stellen indes Verfahrensfehler dar, die nicht geeignet sind, ernstliche Zweifel am Urteilsergebnis zu begründen, weil sich die in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten "ernstlichen Zweifel" auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen, nicht auf das Verfahren (vgl.: OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 17. November 2004 - Az.: 3 L 402/03 - [m. w. N.], Beschluss vom 6. Oktober 2005 - Az.: 3 L 544/03 -, Beschluss vom 23. Januar 2006 - Az.: 1 L 11/06 - und Beschluss vom 3. Januar 2007 - Az.: 1 L 245/06 -). Auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO hat sich der Kläger indes nicht berufen.

Soweit sich die Antragsbegründungsschrift mit den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes auseinandersetzt, werden diese nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Mit seinen Einwendungen dahin, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung durch die Beklagte aus (vgl. Seite 2, 4 ff. der Antragsbegründungsschrift), vermag der Kläger nicht durchzudringen. Gemäß § 17 Satz 1 UrlVO LSA kann in den dort im Einzelnen aufgeführten Fällen - hier Nr. 4 - Urlaub unter Fortzahlung der Besoldung gewährt werden, wenn dienstliche Belange nicht entgegen stehen. In dieser Regelung hat das Verwaltungsgericht zutreffend eine Ermessensbestimmung gesehen, was auch seitens des Klägers nicht weiter angegriffen wird (siehe Seite 3 [unten] der Antragsbegründungsschrift). Tatbestandliche Voraussetzung für die Ermessensausübung ist indes, dass dienstliche Belange der Urlaubsgewährung nicht entgegen stehen. Des Weiteren bestimmt § 17 Satz 2 UrlVO LSA i. V. m. § 18 Abs. 1 Satz 1 UrlVO LSA, dass in den Fällen des § 17 UrlVO LSA Urlaub im Einzelfall drei Arbeitstage oder bei mehreren Veranstaltungen fünf Arbeitstage nicht überschreiten darf. Hiervon ausgehend hat die Beklagte - wie das Verwaltungsgericht in rechtlich nicht zu erinnernder Weise ausführt - zutreffend den Umfang des dem Kläger gewährten Urlaubs bestimmt. Soweit der Kläger geltend macht, gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 UrlVO LSA könne Urlaub bis zu zehn Arbeitstagen im Urlaubsjahr gewährt werden, vermag er damit gleichfalls in der Sache nicht durchzudringen. Denn die insoweitige Ermessensausübung setzt tatbestandlich voraus, dass es sich um einen "besonders begründeten Fall" handelt. Nur in solchen Fällen kann überhaupt - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht ausführt (siehe Seite 4 [oben] der Urteilsabschrift) - Urlaub von mehr als drei bzw. fünf Arbeitstagen gewährt werden. Von einem "besonders begründeten Fall" ist vorliegend indes nicht auszugehen; Gegenteiliges legt auch die Antrags(begründungs)schrift nicht zulassungsbegründend dar.

Die Formulierung "in besonders begründeten Fällen" enthält einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von den Verwaltungsgerichten uneingeschränkt zu überprüfen ist. Welche Fälle hiervon erfasst sind, ist in der Vorschrift selbst nicht unmittelbar geregelt. Ihr ist aber zu entnehmen, dass es sich um vom Regelfall abweichende Sachverhalte handeln muss. Diese können sich aus dem Inhalt der jeweiligen Veranstaltung bzw. des jeweiligen Anlasses oder etwa aus einer besonderen, über das übliche Maß hinausgehenden Intensität und Qualität ergeben. Die Annahme eines "besonders begründeten Falles" mag sich im Einzelfall auch aus dem besonderen Nutzen für die dienstliche Tätigkeit des einzelnen Beamten ergeben. Indes rechtfertigt eine über drei oder fünf Tage hinausgehende Veranstaltung für sich allein die Annahme eines besonderen Falles nicht. Andernfalls wäre die Begrenzung des Urlaubs auf drei bzw. fünf Arbeitstage im Regelfall überflüssig (vgl. zu den insoweit tatbestandsgleichen §§ 7, 8 SUrlV: BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1987 - Az.: 2 C 12.85 -, Buchholz 232.4 § 7 SUrlV Nr. 1; Beschluss vom 14. Dezember 1989 - Az.: 1 WB 45.89 -, BVerwGE 86, 232).

Hiervon ausgehend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die "Ferienzeit", an welcher der Kläger in der Zeit vom 22. Juli 2006 bis 5. August 2006 als Betreuer teilgenommen hat, auch im Hinblick auf seine dortige Tätigkeit eine über das übliche Maß einer ehrenamtlichen Jugendarbeit hinausgehende Intensität und Qualität aufgewiesen hat. Dass der Kläger als Betreuer an der "Ferienzeit" teilgenommen hat, stellt jedenfalls keine Besonderheit im Sinne der dargelegten Anforderungen an einen "besonders begründeten Fall" dar, denn es handelt sich nicht um eine erkennbar das normale Maß überschreitende Mitarbeit im Rahmen ehrenamtlicher Jugendarbeit. Einen besonderen Nutzen dieser "Ferienzeit" unmittelbar für seine dienstliche Tätigkeit hat der Kläger nicht geltend gemacht; für diesen bestehen auch anderweitig keine Anhaltspunkte.

Ebenso wenig erfüllt die Dauer der "Ferienzeit" von 15 Tagen die benannten Anforderungen an einen "besonders begründeten" Fall im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 UrlVO LSA. Aus ihrer Dauer ergibt sich nämlich nicht, dass es sich um eine vom Regelfall abweichende, d. h. das übliche Maß überschreitende Dauer gehandelt hat, die die Gewährung von mehr als den hier gewährten Urlaubstagen rechtfertigen könnte. Aus den insoweit unwidersprochen gebliebenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtes und den Verwaltungsvorgängen der Beklagten (Beiakte A) ergibt sich vielmehr, dass eine etwa 15-tägige Dauer - über 10 Arbeitstage - bei den "Ferienfreizeiten" die Regel war. Schon hieraus wird offenkundig, dass sich die hier maßgebliche "Ferienfreizeit", an der der Kläger als Betreuer teilgenommen hat, allein wegen ihrer - üblichen - Dauer nicht als besonders begründeter Fall darstellt (vgl. insoweit auch: BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989, a. a. O.).

Da nach alledem hier ein "besonders begründeter Fall" im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 2 UrlVO LSA nicht gegeben war, war die Beklagte von Rechts wegen gehindert, gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 UrlVO LSA - im Wege einer Ermessensausübung - über eine weitergehende Gewährung von Urlaub als bewilligt zu entscheiden. Hieraus folgt zugleich, dass der Kläger die Entscheidungserheblichkeit seiner weitergehenden Einwendungen nicht zulassungsbegründend dargelegt hat. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte ihr - nicht zustehendes - Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat oder der Gewährung zusätzlichen Urlaubs zudem dienstliche Belange entgegen standen. Dass die Beklagte im Übrigen - wie der Kläger einwendet - keinen "Einzelfall" entschieden hätte, ist ungeachtet der vorstehenden Ausführungen weder zulassungsbegründend dargelegt noch (§ 114 Satz 2 VwGO) anderweitig ersichtlich. Darauf, dass ihm vor dem Jahr 1999 mehrfach ein 10 Tage umfassender Urlaub bewilligt worden wäre, vermag sich der Kläger angesichts der hier gebundenen Verwaltungsentscheidung jedenfalls nicht mit Erfolg zu berufen. Hinzu kommt, dass sowohl die Beklagte als auch das Verwaltungsgericht in rechtlich nicht zu erinnernder Weise darauf hingewiesen haben, dass dienstliche Belange im Fall der Urlaubsgewährung gegenüber Auszubildenden ersichtlich geringer berührt werden als im Fall der Urlaubsgewährung gegenüber einem - dienstlich stärker benötigten - Lebenszeitbeamten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren folgt aus §§ 40, 47, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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