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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 1 L 101/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 152a
Neben der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist für sonstige außerordentliche Rechtsbehelfe gegen unanfechtbare verwaltungsgerichtliche Entscheidungen kein Raum mehr.
Gründe:

Die gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO statthafte Anhörungsrüge der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat nicht im Sinne von § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO vorliegen, mithin das beschließende Gericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Der Einwand der Klägerin, der Senat habe rechtliches Gehör verletzt, in dem er seinen Beschluss darauf gestützt habe, dass sie - die Klägerin - nicht dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass und wie ihre Prozessbevollmächtigten die Einhaltung der Weisung zur Faxübermittlung von Rechtsmittelschriften überprüften, greift nicht durch. Der sich aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergebende Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es zwar grundsätzlich, eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse zu stützen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1982 - BVerwG 1 C 46.79 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 125; Urteil vom 22. März 1983 - 9 C 860.82 -, BVerwGE 67, 83 f.). Unabhängig davon, dass es hier um die Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag mit den entsprechenden nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO fristgebundenen Darlegungslasten ging, kann die Anhörungsrüge deswegen keinen Erfolg haben, weil die angegriffene Entscheidung des Senats auf dem geltend gemachten Gehörsverstoß nicht beruhen kann. Denn die Einwendungen der Klägerin beziehen sich allein auf eine Hilfserwägung des Senats, nämlich die Frage, ob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für eine Büroorganisation gesorgt hat, die eine Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auf die Verwendung einer zutreffenden Empfängernummer gewährleistet. Gegen die selbständig tragende Begründung der Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrages, dass dieser bereits unzulässig war, weil die Frist für die Stellung des Antrages versäumt wurde, werden dagegen Einwände betreffend eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht erhoben. Vielmehr hält die Klägerin insbesondere der Annahme des Senats, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr ausgerechnet sowohl die Eingangsbestätigung vom 9. Mai 2006 mit dem Hinweis auf die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung als auch der Verwerfungsbeschluss vom 9. Juni 2006 nicht zugegangen sein sollen, während bislang alle sonstigen Sendungen offenbar ohne Schwierigkeiten angekommen sind, lediglich schlicht die Behauptung entgegen, beide Sendungen seien bei ihr nicht eingegangen. Dem ist indes nicht nur aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu folgen, sondern zugleich auch deswegen, weil die vorbezeichneten Schriftstücke auch nicht als "unzustellbar" durch den Postvertrieb an das beschließende Gericht zurückgesandt wurden.

Soweit die Klägerin zudem eine Gegenvorstellung erhoben hat, ist dieser außerordentliche Rechtsbehelf wegen Unstatthaftigkeit bereits unzulässig. Denn neben der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist für sonstige außerordentliche Rechtsbehelfe gegen unanfechtbare verwaltungsgerichtliche Entscheidungen kein Raum mehr (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 2007 - 2 B 101.07 u. a. -; Beschluss vom 8. Oktober 2007 - 3 B 16.07 -, m. w. N.; Beschluss vom 1. Juni 2007 - 7 B 14.07 -; siehe auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Februar 2005 - 3 S 83/05 -, zitiert jeweils nach juris). Mit der Regelung des § 152a VwGO hat der Bundesgesetzgeber in Umsetzung des Plenarbeschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 30. April 2003 (Az.: 1 PBvU, BVerfGE 107, 395) aus Gründen des Rechtsstaatsprinzipes eine Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe bewusst nur für den Fall geschaffen, dass ein Gericht den sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebenden Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) verletzt hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O. unter Hinweis auf BT-Drs. 15/3966 vom 20. Oktober 2004; siehe zudem BT-Drs. 15/3706, S. 14, 22). Für eine analoge Anwendung von § 152a VwGO über die Möglichkeit der Abhilfe bei Erhebung von Gehörsrügen hinaus mangelt es aufgrund dessen sowohl an einer planwidrigen als auch an einer absichtlichen Regelungslücke (vgl. hierzu: BT-Drs. 15/3706, S. 14 [Ziffer 3 a. E.]).

Ungeachtet dessen wäre die Gegenvorstellung auch zurückzuweisen. Gegenvorstellungen gegen Beschlüsse, die - wie hier nach § 152 Abs. 1 VwGO - mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbar sind, waren jedenfalls bislang nur in solchen Fällen zulässig und konnten im Wege einer etwaigen "Selbstkorrektur" überhaupt nur zu einer erneuten Sachentscheidung führen, wenn es um die Beseitigung erheblicher prozessualer Fehler im Zusammenhang mit der vorangegangenen Entscheidung geht. Solche schwerwiegenden Fehler wurden angenommen etwa bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (siehe nunmehr aber § 152a VwGO), der anderenfalls nur mit der Verfassungsbeschwerde erfolgreich geltend gemacht werden könnte, oder soweit die Entscheidung jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt (vgl. etwa: BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 1986 - 2 BvR 152/83 -, FamRZ 1987, 142; BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1984 - 9 B 689.81 -, DVBl. 1984, 568; Beschluss vom 20. November 2000 - 5 B 65.00 -, NJW 2001, 1294; Beschluss vom 16. Mai 2002 - 6 B 28.02 und 6 B 29.02 -, DVBl. 2002, 1055; [jeweils m. w. N.]).

Solche Fehler hat die Klägerin nicht dargelegt; sie sind ebenso wenig ersichtlich. Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen wendet sich die Klägerin vielmehr in der Art eines Rechtsmittels, das im Verwaltungsprozess gegen Beschlüsse des Berufungsgerichtes gerade nicht gegeben ist (§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nur gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Senates. Mit ihrem Vorbringen begehrt die Klägerin letztlich eine andere, ihr günstigere Würdigung der Frage, ob das Hindernis zur rechtzeitigen Beantragung der Berufungszulassung - den Nichteingang der Eingangsbestätigung unterstellt - auch bereits mit der Erstellung der Begründung des Berufungszulassungsantrages weggefallen ist, weil ihr Prozessbevollmächtigter bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt wegen des Nichtvorliegens einer gerichtlichen Eingangsbestätigung hätte bemerken müssen, dass der Eingang des Zulassungsantrages beim Verwaltungsgericht zweifelhaft war, und er sich deswegen der Fristwahrung hätte vergewissern müssen. Ausführungen dazu, dass und aus welchen Gründen die Entscheidung des Senats im Sinne der vorstehenden Ausführungen jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrte, enthält die Gegenvorstellung jedoch nicht. Im Übrigen handelte es sich auch bei der diesbezüglichen Würdigung des Senats um eine weitere selbständig tragende Hilfsbegründung für die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrages. Was insbesondere den Zugang von Eingangsverfügung und Verwerfungsbeschluss angeht, beschränkt sich das Vorbringen der Klägerin auch im Zusammenhang mit der Gegenvorstellung auf die - eine "greifbare Gesetzeswidrigkeit" ersichtlich nicht begründende - bloße Behauptung, die beiden Schriftstücke seien nicht angekommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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