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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 1 L 118/05
Rechtsgebiete: StPO, VwVfG LSA


Vorschriften:

StPO § 153 a
VwVfG LSA § 49 II Nr. 1
VwVfG LSA § 49 II Nr. 5
VwVfG LSA § 49 III
1. In einem Zuwendungsverhältnis ist von mangelnder Zuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers auszugehen, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass der Zuwendungsempfänger nicht die Gewähr für eine dem Zuwendungszweck entsprechende Verwendung der Fördermittel oder für einen reibungslosen Ablauf des Zuwendungsverfahrens bietet.

2. Bei einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO sind die Verwaltungsbehörden gehindert, allein aufgrund der Zustimmung des Beschuldigten und der Einstellung als solcher davon auszugehen, dem Beschuldigten sei nachgewiesen, dass er die vorgeworfene Tat begangen habe; dies gilt auch für den Fall, dass der Beschuldigte die ihm auferlegte Geldbuße gezahlt hat (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 16.01.1991 - 1 BvR 1326/90 -, NJW 1991, 1530).

3. Die Verwaltungsbehörde trägt grundsätzlich die materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts vorliegen (Anschluss an BFH, Urteil vom 08.11.1972 - VII R 98/68 -, BFHE 107, 482; Urteil vom 13.10.1983 - VII R 33-34/82 -).

4. Von einer mangelnden Zuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers bei der Wohnungsbauförderung kann wegen der Wahl eines unzuverlässigen Generalunternehmers nur ausgegangen werden, wenn die Beauftragung des Unternehmers geeignet ist, den Zuwendungszweck, insbesondere im Hinblick auf die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel, oder den Ablauf des Zuwendungsverfahrens zu gefährden, und der Zuwendungsempfänger von den Umständen, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausführung der Bau- oder sonstigen Maßnahmen durch das beauftragte Unternehmen begründen, wusste oder jedenfalls unter Beachtung der im Zuwendungsverfahren erforderlichen Sorgfalt wissen musste.

5. Zur Frage, ob aus der Beauftragung eines vorbestraften Unternehmers auf die Unzuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers zu schließen ist.

6. Der Zuwendungsempfänger ist nicht verpflichtet, sich vor der Erteilung eines Auftrags über Bauleistungen kundig zu machen, ob für die jeweiligen Arbeiten eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich war oder ob ggf. die Eintragung erfolgt ist. Er ist auch nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob bei dem beauftragten Unternehmen ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb mit einer ordnungsgemäßen Buchführung besteht, sofern nicht Anhaltspunkte für das Fehlen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs erkennbar sind. Aus dem Unterbleiben solcher Erkundigungen kann nicht auf die mangelnde Zuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers geschlossen werden.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 118/05

Datum: 22.06.2006

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem ein Subventionsbescheid zur Bewilligung von Wohnungsbaufördermitteln widerrufen und die gewährte Förderung zurückgefordert wurde.

Auf Antrag des Klägers gewährte das damalige D-Instituts dem Kläger mit Bescheid vom 11.12.1995 Aufwendungszuschüsse zur Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem Wohnraum für das Wohngebäude E-Weg in F-Stadt in Höhe von bis zu 148.240,00 DM. Mit weiteren Bescheiden und Vorbescheiden bewilligte es in der Zeit vom 15.08.1995 bis zum 08.09.1997 Zuschüsse für andere Objekte, die Gegenstand mehrerer Parallelverfahren sind. Bestandteil des Bescheides waren gemäß der Regelung in Nr. IV die als Anlage beigefügten allgemeinen Hinweise und Auflagen, nach deren Nr. 1 unter anderem die Richtlinie über die Gewährung von Aufwendungszuschüssen zur Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem Wohnraum in Sachsen-Anhalt vom 13.03.1995 (Miet-ModR-LSA 1995) sowie die dem Bescheid beigefügten "Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)" für die Förderung maßgeblich waren. Gemäß Nr. 5 Buchst. a der allgemeinen Hinweise und Auflagen konnte der Bewilligungsbescheid unter anderem ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn der Zuwendungsempfänger gegen die Bestimmungen der Miet-ModR-LSA 1995 verstößt.

Nach Beendigung der Baumaßnahmen reichte der Kläger mit Schreiben vom 23.03.1996 die Schlussrechnung ein. Teilbeträge aus der Schlussrechnung ergeben sich aus Rechnungen der Firma G Baustoffe und Bauausführungen, die von Herrn AA., dem Vater des Klägers, geleitet wurde. Herr AA. wurde in den Jahren 1978 bis 1996 wegen insgesamt sieben Straftaten, darunter Steuerhinterziehung und Betrug, verurteilt, zuletzt am 26.03.1996 wegen verspäteter Konkursanmeldung, zuvor am 25.08.1989 wegen Unterschlagung.

Mit - inzwischen bestandskräftigem - Bescheid vom 03.07.1996 widerrief das damalige D-Instituts den Bewilligungsbescheid vom 11.12.1995 teilweise und setzte den Aufwendungszuschuss auf der Grundlage nachgewiesener Gesamtkosten von 883.055,00 DM auf nunmehr 141.288,00 DM fest. Dieser Betrag wurde bis zum 01.07.1998 in vier Raten an den Kläger ausgezahlt.

Im Januar 1998 wurde gegen den Kläger ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Subventionsbetrugs (6 Js 658/99 Staatsanwaltschaft Bielefeld) eröffnet. Das Verfahren wurde am 27.12.2000 vorläufig und nach Zahlung eines Geldbetrages von 275.000 DM am 18.01.2001 endgültig gemäß § 153a StPO eingestellt. In einem Vermerk der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 20.12.2000 heißt es:

"Zwar sind sämtliche Rechnungen von dem Beschuldigten entsprechend den Förderrichtlinien bezahlt worden, doch dürfte es Rückflüsse in erheblicher Größenordnung gegeben haben, was in einem Gesamtvolumen von 5 % (A.) auch nachweisbar ist. Zudem sind auf den Konten der Firma G Abhebungen in erheblicher Größenordnung zu verzeichnen, hinter denen sich ebenfalls erhebliche Rückflüsse an die Beschuldigten verbergen dürften".

Nach Anhörung des Klägers widerrief das damalige D-Instituts mit Bescheid vom 23.04.2001 den Bewilligungsbescheid vom 11.12.1995 in Verbindung mit dem Teilwiderrufsbescheid vom 03.07.1996 mit Wirkung für die Vergangenheit und forderte die bereits gewährte Förderung in Höhe von 141.288,00 DM zuzüglich Zinsen zurück. Zur Begründung hieß es: Der Widerrufsgrund des § 49 Abs. 3 VwVfG LSA sei erfüllt, da der Kläger eine mit dem Verwaltungsakt verbundene Auflage, nämlich das Gebot der Zuverlässigkeit nach Ziff. 3 Miet-ModR-LSA 1995, nicht eingehalten habe. Die Auferlegung der hohen Geldbuße im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren bestätige, dass dem Kläger ein nicht geringes Vergehen zur Last zu legen sei. Dieses sei als Nachweis dafür anzusehen, dass der Kläger nicht die für die Erfüllung der ordnungsgemäßen Verwaltung erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Im Hinblick auf den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Haushaltsmitteln gemäß § 7 LHO werde der Bewilligungsbescheid unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens widerrufen. Individuelle oder atypische Besonderheiten, die eine abweichende Ermessensentscheidung nahe legen könnten, lägen nicht vor.

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 11.05.2001 Widerspruch, den er wie folgt begründete: Aus der Zustimmung zu einer Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO sei nicht darauf zu schließen, dass der Beschuldigte die gegen ihn gerichteten Vorwürfe einräume. Dies widerspreche der Unschuldsvermutung. Er, der Kläger, habe die Zustimmung allein aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen erteilt. Aus dem Widerrufsbescheid ergebe sich kein konkreter Vorwurf gegen ihn. Von seiner Unzuverlässigkeit oder mangelnder Leistungsfähigkeit könne nicht ausgegangen werden, zumal keines der von ihm erstellten Objekte Not leidend sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22.06.2004 zurück. Der Widerrufsgrund des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG LSA sei erfüllt, denn gemäß Nr. 5 Buchst. a der Anlage des Bewilligungsbescheides sei der Bewilligungsbescheid bei Verstößen gegen die maßgebliche Richtlinie zu widerrufen. Zwar dürfe aus der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 153a StPO unter Zahlung einer Geldbuße nicht auf einen Nachweis für die zur Last gelegten Taten geschlossen werden; insoweit halte man an der Begründung der mangelnden Zuverlässigkeit in dem angefochtenen Widerrufsbescheid nicht mehr fest. Die Überprüfung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten rechtfertige jedoch keine andere als die im Widerrufsbescheid getroffene Entscheidung. Der Kläger habe sich als nicht zuverlässig erwiesen. Aus dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 20.12.2000 ergebe sich, dass von den Zahlungen auf die von der Firma G ausgestellten Rechnungen Rückflüsse von 5 % nachweisbar seien. Über die demzufolge eingetretene Minderung der tatsächlichen Gesamtkosten habe der Kläger weder die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin noch den betroffenen Landkreis informiert. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich auch daraus, dass dieser die Firma H bei einem anderen Bauprojekt um die Ausstellung überhöhter Rechnungen und - nach deren Begleichung - um Rückzahlung des Differenzbetrags zu den tatsächlichen Kosten gebeten habe. Zudem sei auch deshalb auf die Unzuverlässigkeit des Klägers zu schließen, weil dieser im Bewilligungsverfahren bewusst Scheinrechnungen der Firma G vorgelegt habe. Schließlich habe der Kläger die illegale Beschäftigung von Ausländern bei den geförderten Baumaßnahmen gebilligt. Aufgrund dieser Umstände, insbesondere der Nichtanzeige der nach dem Vermerk der Staatsanwaltschaft nachweisbaren Rückflüsse, sei auch der Widerrufsgrund des § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG LSA gegeben. Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Haushaltsmitteln gebiete die Aufhebung des Bewilligungsbescheides, insbesondere wenn - wie hier - wesentliche Förderungsvoraussetzungen nicht vorlägen bzw. eingehalten würden.

Am 22.07.2004 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht C-Stadt Klage erhoben. Er hat vorgetragen: Rückzahlungen der Firma G oder seines Vaters, Herrn AA., habe es nicht gegeben. Die entsprechende Behauptung der Staatsanwaltschaft werde durch nichts belegt. Es sei nicht seine Aufgabe, derartige Vorwürfe "auszuräumen". Für überhöhte Rechnungen und Rückzahlungen an ihn, den Kläger, ergebe sich auch nichts aus den Zeugenaussagen zu den angeblichen Vereinbarungen mit der Fa. Firma H. Er habe im Zusammenhang mit dem betroffenen Objekt lediglich Zahlungen für von ihm erbrachte Dienste erhalten. Auch seien die Rechnungen der Firma G keine Scheinrechnungen. Die aufgeführten Leistungen seien tatsächlich erbracht worden; die berechneten Preise seien üblich und angemessen. Erst während des Ermittlungsverfahrens sei ihm bekannt geworden, dass es bei dem Unternehmen an einer ordnungsgemäßen Buchführung gefehlt habe. Auf den Baustellen seien auch keine Schwarzarbeiter tätig gewesen. Die zuständigen Arbeitsämter hätten bei mehrfachen Kontrollen keinen Anlass zu Beanstandungen gehabt.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

der Widerrufsbescheid des D-Institutss vom 23.04.2001 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 22.06.2004 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

Mit Urteil vom 17.12.2004 hat das Verwaltungsgericht C-Stadt - 1. Kammer - die Klage abgewiesen: Die Voraussetzungen für einen Widerruf des Bewilligungsbescheides gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG LSA i. V. m. den Widerrufsregelungen des Bewilligungsbescheides seien erfüllt. Aus den Erkenntnissen des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Bielefeld ergebe sich, dass sich der Kläger sich bei der Verwendung der bewilligten Fördermittel als unzuverlässig erwiesen habe. Die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO schließe die Berücksichtigung der strafrechtlichen Ermittlungsergebnisse nicht aus. Voraussetzung für die Einstellung nach dieser Vorschrift sei das Bestehen eines Tatverdachts und einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung. Angesichts der Feststellungen der Staatsanwaltschaft, dass Rückflüsse in Höhe von 5 % nachweisbar seien, habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Kläger in nicht unerheblichem Maße Fördermittel nicht zweckgerichtet eingesetzt habe. Gegenteiliges habe der Kläger nicht nachweisen können, obwohl er hierfür darlegungspflichtig gewesen sei, weil die maßgeblichen Vorgänge allein in seinem Bereich gelegen hätten. Ausschließlich er sei in der Lage zu belegen, dass die von der Staatsanwaltschaft festgestellten Rückflüsse tatsächlich keine förderungswidrigen Geldleistungen gewesen seien. Habe sich der Kläger demnach als unzuverlässig erwiesen, komme es nicht darauf an, welches konkrete Objekt von den Rückflüssen betroffen gewesen sei. Deshalb sei es auch unerheblich, ob die Sanierung des jeweiligen geförderten Objekts einwandfrei erfolgt sei.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Zwar sei es der Beklagten nicht verwehrt, Erkenntnisse aus dem gegen ihn geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zu verwenden. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten jedoch die Bewertung der Staatsanwaltschaft Bielefeld aus dem Vermerk vom 20.12.2000 schlicht übernommen, ohne den Sachverhalt einer eigenen Beurteilung zu unterziehen. In den Ermittlungsakten gebe es keine Hinweise auf einen Mittelrückfluss. Für einen Vorgang, der sich nicht ereignet habe, könne er, der Kläger, auch nicht darlegungspflichtig sein. Zudem habe das Finanzamt die Rechnungen für die geförderten Objekte jeweils in voller Höhe anerkannt. Soweit die Staatsanwaltschaft Bielefeld vermute, dass bei der Firma G Bargeschäfte erfolgt seien, habe er darauf keinen Einfluss gehabt. Er selbst habe mit der Firma G keine Bargeschäfte getätigt. Auf Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben, an dem die Firma H beteiligt gewesen sei, könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie den Bewilligungsbescheid hinsichtlich dieses Vorhabens nicht widerrufen habe. Soweit ihm vorgeworfen werde, dass die von ihm für die Durchführung der geförderten Maßnahmen beauftragte Firma G ein unredliches Geschäftsgebaren gezeigt habe, seien ihm diese Umstände nicht bekannt gewesen. Er habe zwar von Vorstrafen seines Vaters gewusst, sei aber davon ausgegangen, dass dieser nicht erneut mit dem Gesetz in Konflikt geraten werde. Von den Steuerhinterziehungen seines Vaters habe er nichts gewusst. Für ihn sei auch unvorstellbar gewesen, dass der Betrieb seines Vaters nicht über eine ordnungsgemäße Buchhaltung verfügt habe. Abweichungen der Rechnungsbeträge von den Angebotspreisen habe es nicht gegeben, zumal er mit der Firma G und anderen Unternehmen grundsätzlich Pauschalfestpreise vereinbart habe. Er sei auch davon ausgegangen, dass die - im Handelsregister eingetragene - Firma G die übernommenen Arbeiten habe ausführen dürfen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 1. Kammer - vom 17. Dezember 2004 abzuändern und den Widerrufsbescheid des D-Instituts vom 23.04.2001 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 22.06.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Sie habe sich die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft über die erfolgten Rückflüsse zu eigen machen und davon ausgehen dürfen, dass der Kläger Fördermittel in nicht unerheblichem Maße nicht zweckgerichtet eingesetzt habe. Die von der Staatsanwaltschaft getroffene Tatsachenfeststellung sei geeignet, den Mangel an der Zuverlässigkeit des Klägers zu begründen, auch wenn sie, die Beklagte, keine konkreten Belege für die erfolgten Zahlungen vorlegen könne. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, die von der Staatsanwaltschaft gewonnenen Erkenntnisse in Frage zu stellen, zumal ihr die notwendigen Mittel zur Führung eines "Ermittlungsverfahrens" nicht zur Verfügung ständen. Wenn der Kläger der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße zugestimmt habe, sei es dessen Pflicht nachzuweisen, dass die Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung eine falsche Tatsachenfeststellung getroffen habe. Die steuerrechtliche Überprüfung der Rechnungen sei nicht geeignet, die Feststellungen der Staatsanwaltschaft auszuräumen, zumal das Finanzamt die Kontobewegungen zwischen dem Kläger und der Firma G bzw. deren Komplementärs nicht überprüft habe. Unabhängig davon ergebe sich die Unzuverlässigkeit des Klägers daraus, dass er sich zur Durchführung des Vorhabens der Firma G als Generalunternehmerin bedient habe, deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter, Herr AA., schon vor der Auftragserteilung strafrechtlich erheblich in Erscheinung getreten und auch im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Objekt wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden sei. Es bestehe keine hinreichende Gewissheit, dass in den vom Kläger vorgelegten Rechnungen der Firma G tatsächlich entstandene Kosten ausgewiesen seien. Aus Vernehmungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ergebe sich, dass Herr AA. bei der Rechnungsstellung keine Unterlagen hinzugezogen habe. Zudem habe Herr AA. gegenüber dem Finanzamt eingeräumt, dass er sich nicht immer an die tatsächlichen Kosten gehalten habe. Die Firma G sei auch nicht zur Erbringung von Leistungen im Bauhauptgewerbe berechtigt gewesen, da es an einer Eintragung in der Handwerksrolle gefehlt habe. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sein Vater erheblich vorbestraft gewesen sei und nicht über eine dem Baugewerbe zuzuschreibende Qualifikation verfügt habe. Gerade im Hinblick auf den erheblichen Umfang der Bauvorhaben habe der Kläger eine ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten und insbesondere der Abrechnungen nicht erwarten können. Zudem sei davon auszugehen, dass der Kläger davon gewusst habe, dass es bei der Firma G an einem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb und einer ordnungsgemäßen Buchführung gefehlt habe. Insbesondere die Aussage des Zeugen I. gegenüber der Staatsanwaltschaft belege, dass dem Kläger das unredliche Geschäftsgebaren seines Vaters bekannt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Bielefeld in den Verfahren 6 Js 546/99, 6 Js 547/99, 6 Js 658/99 und 6 Js 599/99 Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, weil der Widerrufsbescheid des damaligen D-Instituts vom 23.04.2001 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 22.06.2004 rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Voraussetzungen für einen Widerruf des Bewilligungsbescheides vom 11.12.1995 in der Gestalt des Teilwiderrufsbescheides vom 03.07.1996 gemäß § 49 VwVfG LSA sind nicht erfüllt. Ein Widerruf gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG LSA i. V. m. Nr. 5 Buchst. a der dem Bewilligungsbescheid beigefügten allgemeinen Hinweise und Auflagen und Nr. 3 der Richtlinie über die Gewährung von Aufwendungszuschüssen zur Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem Wohnraum in Sachsen-Anhalt vom 13.03.1995 (Miet-ModR-LSA 1995) scheidet aus. Von einem Verstoß gegen Nr. 3 der Miet-ModR-LSA 1995 kann nicht ausgegangen werden. Nach dieser Vorschrift muss der Zuwendungsempfänger die erforderliche Zuverlässigkeit und die Gewähr für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Durchführung der baulichen Maßnahmen bieten. Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats (§ 108 VwGO) steht nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass der Kläger nicht die nach Maßgabe der Förderrichtlinien erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

Bei dem Begriff der "erforderlichen Zuverlässigkeit" nach Nr. 3 der Miet-ModR LSA 1995 handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff (vgl. auch Hess. VGH, Beschluss vom 13.02.1995 - 8 TG 3493/94 -, MDR 1996, 323). Nach der - hier maßgeblichen - Rechtsprechung zum Gewerberecht ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (BVerwG, Urteil vom 02.02.1982 - 1 C 146/80 -, BVerwGE 65, 1). In einem Zuwendungsverhältnis ist der Begriff der Zuverlässigkeit insbesondere nach Maßgabe des Förderzwecks und des öffentlichen Interesses an einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung der Fördermittel zu bestimmen (vgl. auch Hess. VGH, a. a. O.). Der Zuwendungsempfänger soll die Gewähr dafür bieten, dass die Zuwendung allein für das geförderte Vorhaben entsprechend den maßgeblichen Förderrichtlinien verwendet und nicht fehlgeleitet wird. Ferner soll eine ordnungsgemäße Durchführung der geförderten Baumaßnahme und anschließende Einhaltung der Zweckbestimmung der Wohnungen sowie eine reibungslose Abwicklung des Zuwendungsverfahrens gewährleistet werden. Von einer mangelnden Zuverlässigkeit im Sinne der Förderrichtlinien ist demnach auszugehen, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass der Zuwendungsempfänger nicht die Gewähr für eine dem Zuwendungszweck entsprechende Verwendung der Fördermittel oder für einen reibungslosen Ablauf des Zuwendungsverfahrens bietet.

Unter diesen Voraussetzungen ist von einer mangelnden Zuverlässigkeit des Klägers nicht auszugehen. Es fehlt an Tatsachen, die mit hinreichender Gewissheit auf ein die Unzuverlässigkeit begründendes Fehlverhalten des Klägers - insbesondere im Zusammenhang mit der zweckentsprechenden Verwendung der Fördergelder - schließen lassen.

Dem Kläger war nicht nachzuweisen, dass er Fördermittel nicht dem Zuwendungszweck entsprechend eingesetzt hat. Zwar ist die Staatsanwaltschaft Bielefeld in ihrem Vermerk vom 20.12.2000 - allerdings ohne nähere Begründung - davon ausgegangen, dass Geldbeträge, die der Kläger auf Rechnungen im Zusammenhang mit geförderten Bauprojekten geleistet hat, an diesen zurückgeflossen seien. Bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit sind die Ordnungsbehörde und das Verwaltungsgericht jedoch rechtlich nicht an die Beurteilungen in strafgerichtlichen Entscheidungen gebunden. Dies gilt auch für die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO (BVerwG, Urteil vom 26.03.1996 - 1 C 12.95 - BVerwGE 101, 24). Bei einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO sind die Verwaltungsbehörden gehindert, allein aufgrund der Zustimmung des Beschuldigten zur Einstellung und der Einstellung als solcher davon auszugehen, dem Beschuldigten sei nachgewiesen, dass er die vorgeworfene Tat begangen habe; dies gilt auch für den - hier gegebenen - Fall, dass der Beschuldigte die ihm auferlegte Geldbuße gezahlt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.01.1991 - 1 BvR 1326/90 -, NJW 1991, 1530).

Aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bielefeld in den Strafverfahren gegen den Kläger (6 Js 547/99 und 6 Js 658/99) und gegen seinen Vater, Herrn AA. (6 Js 568/99), ergeben sich keine konkreten Tatsachen für die im Vermerk der Staatsanwaltschaft Bielefeld angesprochenen "Rückflüsse". Hierfür sind auch keine Beweismittel ersichtlich. Die Ermittlungsakten enthalten keinen Hinweis auf Kontobewegungen, die mit hinreichender Gewissheit auf Rückzahlungen an den Kläger schließen lassen. Es gibt auch keinen Nachweis dafür, dass Gelder aus den in dem Vermerk der Staatsanwaltschaft angesprochenen Abhebungen vom Konto der Firma G an den Kläger gezahlt wurden. Die Aussage des Zeugen I. bei der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft am 29.02.2000 ist ebenfalls nicht geeignet, einen Nachweis für Zahlungen der Firma G bzw. des Herrn AA. an den Kläger zu erbringen. Zwar hat der Zeuge ausgesagt, dass Herr AA. die Rechnungen immer in der Höhe ausgestellt hat, die den jeweiligen Gutachten entsprochen habe, wobei die tatsächlichen Kosten erheblich niedriger gewesen seien. Herr AA. habe auf den Vorhalt, dass er auf dieses Weise erhebliche Gewinne erziele, erklärt, dass es ihm nicht verwehrt sei, "Personen, die er besonders lieb" habe, "mit Schenkungen zu bedenken". Über solche Schenkungen habe "es demnach Rückflüsse aus den Gewinnen der Firma G an die Familienmitglieder gegeben". Diese Angaben reichen als Nachweis für die behaupteten Rückzahlungen nicht aus. Der Zeuge hat ausdrücklich erklärt: "Wann, wo und in welcher Form tatsächlich Zahlungen erfolgt sind, weiß ich aber nicht". Ergibt sich demnach bereits aus der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung des Zeugen I.., dass dieser keine Kenntnis über konkrete Zahlungen der Firma G an den Kläger hatte, so hat für den Senat auch kein Anlass für eine weitere Vernehmung des Zeugen bestanden. Die Aussagen des Zeugen sind insgesamt zu vage, um Zahlungen aus den vorliegenden Investitionsvorhaben an den Kläger zu belegen. Das gilt auch für die - offensichtlich gegriffene - Höhe des Betrages von 5 % des Gesamtvolumens, der nach dem Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 20.12.2000 "nachweislich" an den Kläger zurückgeflossen sein soll. Belege für Zahlungen in dieser Höhe sind nämlich nicht ersichtlich. Im Übrigen räumt auch die Beklagte ein, dass ein Nachweis für konkrete Zahlungsvorgänge nicht erbracht werden kann. Es besteht auch keine Möglichkeit für eine weitere Sachverhaltsaufklärung, da Beweismittel nicht ersichtlich sind.

Aus dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 20.12.2000 (S. 798 des Strafverfahrens 6 Js 658/99) ergibt sich im Übrigen, dass das "nachdrücklich um Mithilfe" gebetene Landesförderinstitut wie auch das Regierungspräsidium C-Stadt einer zweifach geäußerten Bitte um Unterstützung der Ermittlungen nicht nachgekommen sind. Auch der - mehr als dreijährige - Zeitraum zwischen dem Erlass des Widerrufsbescheides und des Widerspruchsbescheides wurde - wie sich aus dem Verwaltungsvorgang ergibt - von der Beklagten nicht dazu genutzt, den nach wie vor allein auf die Verfügung der Staatsanwaltschaft gestützten Vorwurf des "Mittelrückflusses" durch konkrete Belege zu bekräftigen. Schließlich blieben auch die von der Beklagten aufgrund des Zulassungsbeschlusses des Senats vom 20.12.2005 unternommenen Bemühungen, von der Staatsanwaltschaft die vom Senat angemahnten Belege für die vermuteten Mittelrückflüsse zu erhalten, erfolglos, wie sich u. a. aus der entsprechenden Mitteilung der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 08.02.2006 ergibt.

Daher lassen sich derartige Zahlungen letztlich nicht beweisen. Die behaupteten Zahlungen sind deshalb bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Klägers im Bewilligungsverfahren nicht heranzuziehen. Denn die Behörde trägt grundsätzlich die materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts vorliegen (BFH, Urteil vom 08.11.1972 - VII R 98/68 -, BFHE 107, 482; Urteil vom 13.10.1983 - VII R 33-34/82 -, juris; vgl. auch - zur Rücknahme eines Verwaltungsakts - BVerwG, Urteil vom 25.03.1964 - VI C 150.62 -, BVerwGE 18, 168). Etwas anderes gilt zwar, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch unrichtige oder unvollständige Tatsachen erwirkt hat (BFH, Urteil vom 13.10.1983, a. a. O.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23.04.1970 - II C 142.67 -, DÖV 1970, 783). Hierfür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte und wurde ebenso wenig seitens der Beklagten dargelegt.

Den Kläger trifft auch keine Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es die behaupteten Rückflüsse nicht gegeben hat, etwa weil die Vorgänge "in seinen Bereich" fallen. Für eine Beweislastumkehr, weil die Vorgänge um die von der Staatsanwaltschaft vermuteten Rückzahlungen allein im Verantwortungs- und Verfügungsbereich des Klägers liegen (vgl. dazu OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 13.06.2002 - 12 A 693/99 -, NVwZ-RR 2003, 803; BVerwG, Beschluss vom 11.02.1986 - 6 B 117/85 -, NVwZ 1986, 923), ist kein Raum, denn ein Verantwortungsbereich, der allein dem Kläger unterfällt, besteht nicht. Es steht nämlich nicht fest, dass der Kläger überhaupt "Rückflüsse" der Firma G oder des Herrn AA. erhalten hat, zu deren Rechtsgrund oder Verwendung allein er Angaben machen könnte. Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, nur der Kläger könne belegen, dass die "von der Staatsanwaltschaft festgestellten" Rückflüsse keine förderungswürdigen Geldleistungen gewesen seien, lässt es unberücksichtigt, dass bereits das Vorliegen von Zahlungen an den Kläger nicht zu verifizieren und damit nicht nachgewiesen ist.

Soweit sich aus den Aussagen der Zeugen I. vom 29.02.2000 und J. vom 05.08.1999 im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren darauf schließen lassen sollte, dass die von der Firma G berechneten Kosten weit höher gelegen haben als die dem Unternehmen tatsächlich entstandenen Kosten, wird dadurch die Annahme der fehlenden Zuverlässigkeit des Klägers nicht belegt. Schon weil zwischen dem Kläger und der Firma G Pauschalfestpreise vereinbart waren und deshalb die in Rechnung gestellten Beträge gar nicht von vertraglichen Vereinbarungen abweichen konnten, besteht für die Annahme von "Scheinrechnungen" von vorneherein kein Raum. Im Übrigen hat die Beklagte nicht den Beweis geführt, dass der Kläger von "Scheinrechnungen" bzw. absichtlich überhöht berechneten Kosten wusste. Die Kenntnis ergibt sich insbesondere nicht aus der Aussage des Zeugen I. Der Zeuge hat lediglich darüber berichtet, dass er mit dem Kläger und Herrn AA. an Skatrunden beteiligt war, bei denen über den Erwerb und die Renovierung von Immobilien in den neuen Bundesländern und über Zuschüsse gesprochen wurde. Soweit im weiteren Verlauf der Aussage von überhöhten Rechnungen die Rede ist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Verfahrensweise zwischen dem Kläger und Herrn AA. abgesprochen war oder Herr AA. den Kläger hiervon in Kenntnis gesetzt hat. Vielmehr sprechen die Aussagen des Zeugen I. in diesem Zusammenhang: "er" (Herr AA.) "hat mir später auch mal gesagt ..." (Vernehmungsprotokoll, S. 3, unten), "das hat mir Herr AA. ausdrücklich so erklärt (S. 7, unten)" und "ich habe Herrn AA. deshalb mal vorgehalten ..." (S. 8, Mitte) (Hervorhebungen jeweils durch den Senat) dafür, dass der Zeuge allein über Herrn AA. von dessen Praktiken erfahren hat, und die Vorgehensweise nicht in gemeinsamer Runde - unter Beteiligung des Klägers - besprochen wurde. Auch die Aussage der Zeugin J. enthält keine Hinweise dahin, dass der Kläger in etwaige unredliche Abläufe bei der Firma G eingeweiht war.

Von einer Unzuverlässigkeit des Klägers kann auch nicht wegen unredlicher Vereinbarungen mit der vom Zeugen K. geleiteten Firma H ausgegangen werden. Der Zeuge K. hat bei seiner polizeilichen Vernehmung am 10.02.2000 ausgesagt, dass er bei einem Bauprojekt in L-Stadt - das nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Fördermaßnahme ist - "aufgrund seiner Koordinierungstätigkeit und seiner Bauaufsicht eine Festpreisminderung von der Firma H erhalten wollte". Die vereinbarten Abschlagszahlungen sollten vollständig geleistet werden. Der Kläger habe Herrn K. jedoch aufgefordert, "wegen der niedriger ausgefallenen Handwerkerrechnungen und seiner Eigenleistungen eine Preisminderung bzw. eine Vergütung für Eigenleistungen zu gewähren". Nach Angaben des Klägers erfolgten die Zahlungen an ihn allein als Vergütung für von ihm erbrachte Leistungen für die Firma H. Es kann letztlich dahinstehen, ob die Zahlungen zu einer Minderung der Gesamtkosten des Projekts und damit zu einer überhöhten Förderung geführt haben. Jedenfalls waren die Zahlungen nicht geeignet, die Zuverlässigkeit des Klägers generell in Frage zu stellen, denn es handelte sich lediglich um einen einmaligen Vorfall bei einem zudem hier nicht streitgegenständlichen Förderprojekt. Überdies ist die Einlassung des Klägers, dass die Zahlungen - jedenfalls im Wesentlichen - als Vergütung für erbrachte Eigenleistungen erfolgt seien, nicht zu widerlegen; sie entspricht auch der Aussage des Zeugen K. Schließlich konnte der Senat auch berücksichtigen, dass auch die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin keinen Anlass gesehen hat, den Zuwendungsbescheid für das betreffende Projekt zu widerrufen und die gewährte Förderung zurückzuverlangen.

Ferner lässt sich eine fehlende Zuverlässigkeit des Klägers nicht aus einer Feststellung dahingehend herleiten, dieser habe die illegale Beschäftigung von Ausländern bzw. Asylbewerbern bei den geförderten Baumaßnahmen veranlasst oder gebilligt. Der Zeuge M. hat zwar bei seinen staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen am 29.10. und 12.11.1999 ausgesagt, dass auf den Baustellen in F-Stadt, N-Stadt, O-Stadt und P-Stadt polnische Staatsangehörige und auch Asylbewerber tätig gewesen seien. Diese wurden jedoch - nach der Zeugenaussage - von Herrn AA. oder einem Herrn Q. eingestellt und beaufsichtigt. Soweit der Zeuge angegeben hat, dass der Kläger gelegentlich auf den Baustellen anwesend war, etwa auf den Baustellen in F-Stadt und N-Stadt, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass dort zu diesen Zeiten überhaupt Ausländer tätig waren und der Kläger von etwaiger illegaler Beschäftigung wusste. Die Zeugenaussage lässt auch nicht darauf schließen, dass sich dem Kläger aufgrund der Anzahl der auf den Baustellen tätigen Ausländer oder aufgrund sonstiger Umstände der Verdacht illegaler Beschäftigung aufdrängen musste, zumal auf mehreren Baustellen nach Kenntnis des Zeugen keine Ausländer (illegal) tätig waren.

Die Annahme mangelnder Zuverlässigkeit des Klägers kann des Weiteren nicht darauf gestützt werden, dass sich dieser durch die Wahl eines unzuverlässigen Generalunternehmers selbst als unzuverlässig erwiesen hat. Es kann dahinstehen, ob die Rolle der Firma G bei der Durchführung der geförderten Baumaßnahmen derjenigen eines Generalunternehmers entsprochen hat. Zwar kann die Beauftragung eines unzuverlässigen Generalunternehmens oder sonst im Rahmen der Bauausführung tätigen Unternehmens grundsätzlich einen Umstand darstellen, der die eigene Unzuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers selbst begründet. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Beauftragung des unzuverlässigen Unternehmens geeignet ist, den Zuwendungszweck, insbesondere im Hinblick auf die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel, oder den Ablauf des Zuwendungsverfahrens zu gefährden, und der Zuwendungsempfänger von den Umständen, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausführung der Bau- oder sonstigen Maßnahmen durch das beauftragte Unternehmen begründen, wusste oder jedenfalls unter Beachtung der im Zuwendungsverfahren erforderlichen Sorgfalt wissen musste.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zunächst ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von einem unlauteren Geschäftsgebaren der Firma G Kenntnis hatte.

Die Vorstrafen des Geschäftsinhabers, Herr AA., reichen für einen Rückschluss auf die Unzuverlässigkeit des Klägers nicht aus. Die Straftaten Nr. 1 bis 4 aus der Zentralregisterauskunft vom 23.06.2000 lagen zurzeit der Auftragsvergabe mehr als 15 Jahre zurück. Auch hinsichtlich der Taten Nr. 5 und 6 bestand zwischen den Taten und der Auftragsvergabe ein Zeitablauf, der nahe der zehnjährigen Tilgungsfrist gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BZRG liegt, die als äußerste zeitliche Grenze für die Berücksichtigung einer rechtskräftigen Strafverurteilung des unmittelbar Betroffenen angesehen wird (vgl. Tettinger, in: Tettinger/Wank, GewO, § 35 Rdnr. 40). Dieser erhebliche Zeitablauf spricht gegen die Annahme, dass der Kläger im Hinblick auf diese Taten (noch) von einer Unredlichkeit seines Vaters bzw. des von diesem geführten Unternehmens ausgehen musste. Hinsichtlich der verspäteten Konkursanmeldung (Straftat Nr. 7 aus der Zentralregisterauskunft), die zur Verurteilung durch das Amtsgericht Minden am 26.03.1996 geführt hat, gibt es keine Hinweise darauf, dass der Kläger hiervon zurzeit der Auftragsvergabe überhaupt Kenntnis hatte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, von dieser Straftat nichts gewusst zu haben. Anhaltspunkte wie Beweismittel für das Gegenteil sind nicht ersichtlich. Insoweit kann dem Kläger auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, sich eines unzuverlässigen (General-)Unternehmers bewusst bedient oder dies billigend in Kauf genommen zu haben.

Die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers kann schließlich nicht darauf gestützt werden, dass es sich bei der Firma G ursprünglich um ein Speditionsunternehmen gehandelt hat, das nicht als Bauunternehmen in der Handwerksrolle der Handwerkskammer eingetragen war und nicht über eine ordnungsgemäße Buchführung verfügt hat. Zunächst ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger diese Umstände bekannt waren. Im Übrigen kann es dahinstehen, ob für die von der Firma G durchgeführten Arbeiten eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich war. Denn jedenfalls ergibt sich weder aus den Förderrichtlinien noch nach sonstigen Rechtsgrundsätzen die Pflicht des Zuwendungsempfängers, sich vor der Erteilung eines Auftrags kundig zu machen, ob für die jeweiligen Arbeiten eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich war und ob ggf. die Eintragung tatsächlich erfolgt ist. Der Kläger war auch nicht gehalten, das Bestehen einer ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs mit einer ordnungsgemäßen Buchführung bei der Firma G näher zu überprüfen. Eine solche Pflicht kann allenfalls dann bestehen, wenn für den Zuwendungsempfänger Anhaltspunkte für das Fehlen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs erkennbar sind. Der Kläger hat hierzu erklärt, er sei davon ausgegangen, dass die Buchhaltung von Frau J. durchgeführt worden sei, die für Herrn Herr AA. die Schreibarbeiten erledigt habe und zuvor Leiterin der Lohnbuchhaltung einer größeren Küchenmöbelfabrik gewesen sei. Diese Einlassung lässt sich nicht widerlegen. Allein aus der von der der Firma G angegebenen Betriebsanschrift mussten sich Zweifel am Bestehen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs nicht ergeben, denn es ist nicht ersichtlich, dass der Betrieb größere Geschäftsräume in Anspruch nehmen musste.

Schließlich bemerkt der Senat, dass sämtliche im Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben geführten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, der Steuerbehörden sowie der Zollbehörden gegen den Kläger und andere Personen keinerlei Hinweise auf ein ordnungswidriges bzw. gar strafbares Verhalten des Klägers ergeben haben. Aus dem Bescheid über die Verwendungsnachweisprüfungen des Landesförderinstituts vom 14.05.1999 ergibt sich zudem, dass sämtliche Bauarbeiten ordnungsgemäß ausgeführt und in keinem Gewerk Unstimmigkeiten mit den aufgeführten Bauleistungen festgestellt worden sind.

Ist demnach von einer fehlenden Zuverlässigkeit des Klägers im Sinne der Förderrichtlinien nicht auszugehen, so sind damit auch die Voraussetzungen für einen Widerruf des Zuwendungsbescheides nach § 49 Abs. 3 VwVfG LSA nicht erfüllt. Wie oben ausgeführt, kann dem Kläger keine Nichteinhaltung der Auflage zur Befolgung der Anforderungen aus der Miet-ModR-LSA 1995 vorgeworfen werden. Auch eine Verfehlung des Zuwendungszwecks liegt nicht vor. Insbesondere kann dem Kläger nicht nachgewiesen werden, dass Fördermittel aus Rechnungen der Firma G an ihn zurückgeflossen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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